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B. Theoretischer Hintergrund

4. Aktueller Forschungsstand

4.3. Einflüsse auf die Emotionserkennung auf Seiten der Beurteiler

Ausgehend vom Beurteiler bzw. der Vpn, wird angenommen, dass zum einen altersbedingte kognitive Veränderungen auf die FzE Einfluss nehmen, zum anderen die Änderung in der FzE auf neuroanatomische Veränderungen zurückzuführen sind, oder eine Verschiebung in der Aufmerksamkeit, genauer dem Positivitätseffekt, einen Einfluss ausüben dürfte.

4.3.1. Beschreibung der Socioemotional selectivity theory und des Positivitätseffekts

Die Aufmerksamkeit auf emotionale Inhalte soll sich im Sinne der Socioemotional Selective Theory (SST; Carstensen, Isaacowitz & Charles, 1999), oder des Positivitätseffekts (Carstensen & Mikels, 2005), mit dem Alter verändern, wonach sich ältere Personen vermehrt eher den positiveren Emotionen zuwenden und die Wahrnehmung von Situationen emotional intensiver, auf den aktuellen Moment bezogen, erlebt wird (Carstensen, Pasupathi, Mayr & Nesselroade, 2000; Carstensen, Fung &

Charles, 2003). Die Beachtung, die bestimmten Reizen entgegengebracht wird, scheint sich demnach über die Lebensspanne zu verformen und bezogen auf negative Emotionen zu verkürzen. Wie Carstensen und Mikels (2005) betonen, kann in anderer Richtung solch eine vermehrte Hinwendung zu positiven Reizen in der Umgebung in jedem Lebensalter vermehrt auftreten, wo man mit dem Lebensende konfrontiert ist. Bei älteren Personen trifft dies jedoch besonders zu, da sie ihre Lebenszeit gehäuft als endlich wahrnehmen

und dieses Thema auch aufgrund körperlicher Veränderungen mit steigendem Alter immer zentraler wird. Auch Kellough und Knight (2012) konnten den Einfluss dieser Wahrnehmungsverzerrung bezogen auf das Lebensende aufzeigen. Sie gehen davon aus, dass nicht das Alter, sondern eben die Perspektive zum Lebensende hin ausschlaggebend sei. Dementsprechend ist das Vorliegen einer tödlichen Krankheit in jungem Alter mit derselben Veränderung in der Wahrnehmung und persönlichen Einschätzung zu sehen, was in einer Studie von Carstensen und Fredrickson (1998) an Personen, die mit dem Humanen-Immunodefizienz-Virus (HIV) infiziert waren untersucht wurde. Die Vpn mit aktuellen Symptomen der Erkrankung entschieden sich in der Bewertung von sozialen Beziehungen ganz im Sinne der älteren Personen, indem sie die emotionalen Komponenten am wichtigsten einschätzten und zukünftige Möglichkeiten eher außer Acht ließen. Auch das Vorliegen von lebensverändernden Entwicklungen oder ganz neuen Lebensaufgaben könne zu einer Wahrnehmungsveränderung führen.

Die SST weist darauf hin, dass die Emotionsregulation mit dem Alter erhalten bleibt, sich sogar verbessert. Das Emotionserleben scheint mit höherem Alter komplexer zu werden, wobei nicht nur eine Spezialisierung auf positive Emotionen anzutreffen ist.

Bis zu einem Alter um 60 Jahre konnten Carstensen und Kollegen (2000) eine stete Abnahme im Auftreten von negativen Emotionen feststellen. Ältere Personen scheinen auf problematische Situationen eher mit emotionalen Bewältigungsstrategien zu reagieren als Jüngere (Carstensen et al., 2000). Ein weiterer Einflussbereich der SST zeigt sich beim Gedächtnis, da z.B. autobiografisch gespeicherte Inhalte im Alter eher positiver wiederempfunden werden (Carstensen et al., 2003).

Im Hinblick auf die FzE im Zusammenhang mit der SST konnten Williams und Kollegen (2009) feststellen, dass positive Emotionen (z.B. Freude) mit dem Alter besser erkannt werden. Negative Emotionen wurden in ihrer Studie mit steigendem Alter schlechter erkannt, was nach den Autoren besonders für 70- bis 79-Jährige gilt. Im Sinne dieser "Wahrnehmungsverzerrung" in positiver Richtung führen Riediger und Kollegen (2011) an, dass ältere Vpn Gesichter mit den Ausdrücken Ärger, Ekel, Angst und Trauer weniger stark dem negativen Valenzbereich zuordnen als jüngere Vpn. Bei Vpn mittleren Alters konnte dieser Effekt auch für Ekel und Trauer festgestellt werden. Bucks, Garner, Tarrant, Bradley und Mogg (2008) konnten einen Antwort-bias in ihren Daten feststellen, wonach ältere Vpn (61- bis 92-Jährige) ein anderes Antwortverhalten aufwiesen als Jüngere (18- bis 30-Jährige), wenn sie z.B. Ärger weniger oft auswählten und somit eher zu neutraleren Antwortmöglichkeiten tendierten (unter Verwendung von Ausdrücken, die aus jeweils zwei unterschiedlichen Emotionen bestanden und identifiziert werden sollten).

Anzumerken ist aber, dass sich die beiden Altersgruppen in der grundsätzlichen Fähigkeit, zwischen Emotionen zu differenzieren nicht statistisch auffällig unterschieden.

Die stärkere Hinwendung zu Gesichtern mit positiver Valenz (Freude) gegenüber solchen mit negativer Valenz (Ärger) scheint sich jedoch nicht sofort nach der Stimuluspräsentation zu ergeben, sondern geschieht unter Einbezug von kognitiven Prozessen kurz zeitversetzt, wie dies Isaacowitz, Allard, Murphy und Schlangel (2009) aufzeigten. Der Positivitätseffekt, wie er oben beschrieben wurde, scheint demnach nur auf kognitiv länger dauernde Prozesse zuzutreffen. In diesem Sinne konnten auch Leclerc und Kensinger (2008) keinen Positivitätseffekt in ihrer Studie feststellen, da sie sich unter Verwendung einer visuellen Suchaufgabe auf die unmittelbare Wahrnehmung konzentrierten. In ihrer Studie zeigten ältere Personen eine gesteigerte Wahrnehmung emotionaler Reize als jüngere Personen, die die positiven Reize mit höherem Erregungsfaktor schneller wahrnahmen.

Der Positivitätseffekt wird von einigen Autoren nicht als ausschlaggebend für die Unterschiede in der FzE diskutiert (Isaacowitz & Stanley, 2011). Nach Ruffman (2011) spricht dagegen, dass, wie oft postuliert, die Emotion Ekel mit dem Alter besser erkannt werden würde. Der von Mather und Carstensen (2003) postulierten bevorzugten Zuwendung zu Gesichtern mit positiver Valenz widersprechen Mill und Kollegen (2009) mit ihrem Studienergebnis, wo keine altersbedingte stärkere Zuwendung zu positiveren Emotionen festgestellt wurde. Auch die von Horning und Kollegen (2012) gefundene, sich verschlechternde Erkennung von Freude spricht dagegen. Unter Umständen könnte aber die limitierte Form an verwendeten positiven Emotionen (oft nur durch Freude veranschaulicht) auch ein Erklärungsgrund für diese Ergebnisse sein.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die SST vielfältig untersucht wurde und deren Hauptaussagen in mehreren psychologischen Bereichen aufgezeigt werden konnten. Inwieweit diese Theorie aber auch auf die Emotionserkennung in Gesichtern angewandt werden kann, lässt sich aufgrund bisheriger Studienergebnisse noch nicht eindeutig sagen, da z.B. die Befunde zur besseren Erkennung von Ekel, stellvertretend für eine Emotion mit negativer Valenz, im Alter dagegen sprechen würden. Grundsätzlich könnten die Befunde einer schlechteren Erkennung der Emotion Trauer (Horning, Cornwell & Davis, 2012) und besseren Erkennung von Freude (Brugger, 2009; Ebner, He

& Johnson, 2011; Murphy & Isaacowitz, 2010) mit steigendem Alter der Vpn für einen Positivitätseffekt sprechen. Jedoch fallen diese Ergebnisse nicht immer so eindeutig aus, wie in Kapitel 4.1. diskutiert, was einen Positivitätseffekt eher als fraglich erscheinen lässt.

4.3.2. Emotionserkennung und Neurophysiologie über die Lebensspanne Die neuronale Plastizität wird im Rahmen dieser Studie nicht spezifisch erforscht.

Viele Studienergebnisse gehen jedoch von einer Auswirkung auf die FzE aus. Die Hauptaussagen sollen hier näher erläutert werden.

Um den Einfluss von neuronalen Veränderungen im Alter auf die Emotionserkennung einschätzen zu können, ist es vorerst wichtig zu wissen, welche Gehirnbereiche zur Erkennung des emotionalen Gesichtsausdrucks beitragen. Im Jahr 1986 stellten Bruce und Young ein Modell zur Wahrnehmung von Gesichtern auf, bei dem zentral ist, dass sich die Wahrnehmung von persönlicher Identität und jener des Ausdrucks selbst unterscheiden. Haxby und Kollegen (2000) betonen darauf aufbauend, dass sich die Gesichtswahrnehmung in ein Kern- und ein erweitertes System aufteilt. In einer ersten Wahrnehmung sind, bezogen auf die Emotionserkennung in Gesichtern, die inferior occipitalen Gyri und der superior temporale Sulcus (STS) beteiligt. Narumoto, Okada, Sadato, Fukui und Yonekura (2001) betonen, dass der rechte STS bei der Gesichtserkennung eine besondere Rolle spielt. Darauf folgend trennt sich die Beteiligung verschiedener Gehirnbereiche auf die Wahrnehmung von Gesichtsausdruck und Identität auf. Für Ersteres sind dann Teile wie die Amygdala, das limbische System und die Insula wichtig, aber auch der rechte somatosensorische Kortex und der inferior frontale Kortex können eine Rolle spielen (Adolphs, 2002). Fusar-Poli und Kollegen (2009) konnte in ihrer Metastudie, unter Einbezug von 105 Studienergebnissen, eine Beteiligung des limbischen Systems bestätigen, und als weitere Beteiligte folgende anführen: visuelle Gehirnbereiche (mit einer Aktivierung für alle untersuchten Emotionen [Freude, Trauer, Ärger, Ekel, Angst und neutraler Ausdruck]), temporale Bereiche, sowie temporoparietale Bereiche, präfrontale, subkortikale Teile, als auch eine Aktivierung des Cerebellums. Sie zogen dabei nur Studien heran, die die Stimuli nach Gur und Kollegen (2002) als auch Ekman und Friesen (1976) verwendeten. Der Stellenwert der Amygdala wird auch von anderen Autoren betont, wobei die Mandelkerne neben ihrer Bedeutung für die richtige Erkennung (z.B. für Angst), auch bei der Hinwendung auf die informationsreicheren Teile des Gesichts, wie die Augen, einen Einfluss zu haben scheinen (Adolphs & Damasio, 2000;

Adolphs, 2006).

Adolphs (2006) fasst entsprechend zusammen, dass die Emotionserkennung sowohl aus einem unbewussten Teil, der in einem Bereich von 100 Millisekunden liegt, und auch einem bewussten Teil besteht. Die bisherige Annahme und dazugehörige Ergebnisse berichten von einem Zusammenhang zwischen der Erkennung von Ekel und der Aktivierung der Insula in der Großhirnrinde (Adolphs, 2006; Isaacowitz & Stanley, 2011; Jehna et al., 2011), aber auch, wenn auch mit größerer Sensitivität für Ekel, für ärgerliche Gesichter (Fusar-Poli et al., 2009). Für die Erkennung von ärgerlichen Gesichtern wurde außerdem eine erhöhte Aktivierung in mittleren und mehr anterioren frontalen Hirnbereichen, z.B. im anterioren cingulären Kortex festgestellt (Jehna et al., 2011). Gesichter mit freudigem Ausdruck scheinen mit einer erhöhten Aktivierung des anterioren cingulären Kortex einherzugehen (Fusar-Poli et al., 2009). Der gesamte

somatosensorische Kortex habe nach Adolphs und Damasio (2000) einen Einfluss auf die emotionalen Fähigkeiten des Menschen inne, wobei hier die rechte Hemisphäre größere Auswirkungen habe. Besonders der rechte temporoparietale Abschnitt des Kortex ist in diesem Zusammenhang anzuführen.

Im Alter scheint eine veränderte Aktivierung der Hirnbereiche bei der Emotionserkennung aufzutreten. In der Metastudie von Fusar-Poli und Kollegen (2009) wird vor allem beschrieben, dass die Aktivierung im fusiformen Gyrus, dem Kleinhirn und dem Hippocampus vom Alter der Vpn beeinflusst wird. Gunning-Dixon und Kollegen (2003) konnten mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) zeigen, dass bei 19- bis 29-Jährigen, im Vergleich zu 57- bis 79-Jährigen, die Amygdala bei der Emotionserkennung stärker aktiviert ist. Ältere Personen aktivierten interessanterweise präfrontale Gehirnbereiche stärker, wie auch anterior cinguläre und parietale Regionen.

Dies konnten auch Tessitore und Kollegen (2007) für die Wahrnehmung von Angst und Freude bei älteren Personen zeigen, wobei auch die Aktivierung im posterioren fusiformen Gyrus geringer war als bei jüngeren Vpn, was in diesem Fall aber nicht mit einem altersbezogenen Unterschied in der Genauigkeit der Erkennung einherging.

Fischer und Kollegen (2005) konnten weiters zeigen, dass bei der Emotionswahrnehmung von Ärger ältere Vpn (70- bis 80-Jährige) gegenüber Jüngeren (20- bis 30-Jährigen) weniger Amygdala-Aktivierung aufwiesen. Im höheren Alter wurde mehr Aktivierung im Insula-Bereich festgestellt. Die Autoren gehen davon aus, dass im Alter die kortikale Aktivierung zunimmt (Fischer et al., 2005). Insgesamt könnte es auf einen Kompensationsmechanismus oder eine andere neuronale Verarbeitungsstrategie im Alter hindeuten (Fischer, Sandblom, Gavazzeni, Fransson, Wright & Bäckman, 2005; Fusar-Poli et al., 2009).

Im Gegensatz dazu stellten Jehna und Kollegen (2011) bei 17- bis 66-Jährigen, unter Bildung zweier Gruppen jeweils unter und über 31,5-Jähriger, keine bedeutenden Unterschiede in der Gehirnaktivierung bei der Erkennung emotionaler Gesichter fest.

Die veränderte Aktivierung verschiedener Gehirnbereiche mit höherem Alter scheint somit ein umfassendes Ergebnis zu sein, das sich bereits anhand vieler Studienergebnisse etabliert hat. Dieser Faktor sollte daher in Untersuchungen zur FzE beachtet werden und als möglicher Erklärungsgrund Bestand finden.

4.3.3. Einfluss der kognitiven Fähigkeiten auf die Emotionserkennung

Park (2000) fasst zusammen, dass sich fluide kognitive Fähigkeiten, wie die Verarbeitungsgeschwindigkeit, die Funktion des Arbeitsgedächtnisses und Inhibition über die Lebensspanne verändern und sich im Alter gar verschlechtern. Auch sensorische

Funktionen, wie das Sehen oder Hören nehmen im Alter ab. Kristalline Fähigkeiten, also erworbenes Wissen, scheint mit dem Alter erhalten zu bleiben bzw. sich zu vergrößern (Glisky, 2007). Zum Zusammenhang zwischen Emotion und Kognition gehen Hedden und Gabrieli (2005) davon aus, dass die emotionale Verarbeitung nicht von einem altersbezogenen Abbauprozess betroffen ist, wie auch Krendl und Ambady (2010;

Experiment 1), bezogen auf die generelle Emotionserkennungsfähigkeit vermuten. Nach Phillips und Kollegen (2002) hängt die FzE signifikant mit kristalliner Intelligenz (anhand Vokabelwissens untersucht) und fluider Intelligenz (im Sinne der Fähigkeit zum Schlussfolgern) zusammen. Garcia-Rodriguez und Mitarbeiter (2011) gehen von einem Einfluss der exekutiven Funktionen auf die FzE aus.

Die visuell-räumlichen Fähigkeiten, welche der fluiden Intelligenz zugeordnet werden können, scheinen bei der Emotionserkennung eine besondere Rolle einzunehmen, die noch größer als die verbalen Fähigkeiten, dem kristallinen Kompetenzbereich zuordenbar, zu sein scheinen (Suzuki et al., 2007).

Pawelak (2004) erfasste in der Studie mit VERT-K das Intelligenzniveau ihrer ProbandInnen. Die Autorin konnte keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Intelligenz (mittels Standard Progressive Matrices untersucht), und der Emotionserkennungsleistung ausmachen. Bezogen auf einzelne Emotionen zeigte sich jedoch ein Unterschied zwischen Personen mit durchschnittlicher sowie unterdurchschnittlicher Intelligenz bei der Erkennungsleistung der Emotion Ekel.

Von Drechsel wurde 2009 die Höhe der Intelligenz der Testpersonen zur FzE auch in Bezug gesetzt, wobei diese mit der Höhe des Intelligenzquotienten (IQ) zusammenzuhängen schien, was sich aber nur in einem signifikanten Zusammenhang mit kleinem Ausmaß zeigte. Drechsel (2009) konnte diesen Unterschied am effektivsten zwischen Personen mit einem IQ von 86 bis 99 und solchen mit einem IQ von über 115 zeigen. Zwischen diesen beiden Gruppen hatten die Emotionserkennungsleistungen den größten Abstand zueinander.

Neben der Intelligenz ist ein weiterer kognitiver Faktor die Verarbeitungsgeschwindigkeit, welche nach Ebner, He und Johnson (2011) einen Einfluss auf die Emotionserkennung über die Lebensspanne zu haben scheint (Sullivan et al., 2007; West et al., 2012). Drechsel (2009) konnte keinen Zusammenhang zwischen der psychomotorischen Geschwindigkeit und der FzE (mittels VERT-K untersucht) feststellen.

Hampson und Kollegen (2006) zeigten, dass die Wahrnehmungsgeschwindigkeit mit der Reaktionszeit bei der Aufgabe zur Emotionserkennung zusammenhing, die Variable Wahrnehmungsgeschwindigkeit beeinflusste aber nicht den von den Autoren festgestellten Geschlechtsunterschied in der FzE, der zugunsten der Frauen ausfiel. In

den Ergebnissen von Horning und Kollegen (2012) konnte der Einbezug von fluider Intelligenz, Verarbeitungsgeschwindigkeit und Merkleistung nicht die vollständige Verschlechterung in der FzE erklären. Jedoch betonen die Autoren, dass diese kognitiven Variablen im steigenden Alter (46-89 Jahre) dominanter in der Erklärung werden.

Ob und inwieweit sich kognitive Fähigkeiten auf die FzE im Alter auswirken, soll auch in dieser Studie näher untersucht werden.

4.3.4. Einfluss der Blickbewegungen auf die Emotionserkennung

Jüngere und ältere Personen scheinen sich in der Blickdauer und –bewegung auf die ihnen präsentierten Gesichter zu unterscheiden. In den Gesichtsbereichen der Augen, des Mundes und der Nase lassen sich Emotionen grundsätzlich am ehesten erkennen.

Für einzelne Emotionen scheinen diese Gesichtsbereiche jedoch wieder unterschiedlich wichtig zu sein (Eisenbarth & Alpers, 2011). Für Angst, Ärger und Trauer sind die Augen am ausschlaggebendsten. Die Defizite in der FzE, die bei älteren Personen, bezogen auf diese Emotionen, festgestellt wurden, versuchte die Forschergruppe um Sullivan (2007), durch Einbezug der Blickbewegung an jüngeren und älteren Vpn, zu untersuchen. Egal ob nur der Bereich des Mundes, oder der Augen vorgegeben wurde, bei jüngeren Vpn war es durchwegs wahrscheinlicher, dass sie gegenüber älteren Personen die Emotion richtig identifizierten. Wurden den Studienteilnehmern vollständige Gesichter präsentiert, hatten die älteren Vpn insgesamt signifikant längere Beobachtungszeiten. Wurden hingegen die Blicke auf die Augen- und Mundregion zu einem Gesamtwert berechnet, unterschieden sich die beiden Altersgruppen in der Blickdauer nicht mehr signifikant voneinander. Neben einem Haupteffekt der Gesichtsregion (Mund, Augen) ergab sich auch ein signifikanter Interaktionseffekt bestehend aus dem Faktor Gesichtsregion und den beiden Altersgruppen der Vpn. Jüngere Personen schienen unter Einbezug der gesamten Blickdauer länger auf die Augenregion zu schauen (mit 67%) als ältere Vpn (mit 52% der gesamten Blickrichtung). Aus den Daten schlussfolgern die Autoren, dass der gezielte Blick älterer Personen auf die Augenregion nicht mit der Fähigkeit zusammenhänge, Emotionen anhand dieser Blicke zu erkennen. Sie weisen jedoch darauf hin, dass ältere Personen oft mehr Zeit benötigen, um die Informationen aus der jeweiligen Gesichtsregion zu ziehen.

Murphy und Isaacowitz (2010) führen an, dass hinter der schlechteren Erkennung der Emotionen Ärger und Trauer die Blickbewegung der Probanden entscheidend sein könnte. Jüngere Untersuchungsteilnehmer schauten vermehrt in die Augenregion der Gesichter als die älteren Probanden, wie dies auch Isaacowitz und Stanley (2011) berichteten. Dies könnte nach den Autoren aber nicht immer auf alle Stimuli übertragbar sein. Die Forschergruppe um Wong (2005) stellte auch fest, dass ältere Personen

(Mittelwert=69,5 Jahre) häufiger die untere Hälfte der Gesichter fixierte als die jüngeren Studienteilnehmer (Mittelwert=19,2 Jahre). Inwieweit dieses Ergebnis aber mit der sich dort zeigenden besseren Emotionserkennung jüngerer Personen in Zusammenhang zu bringen ist, wird von Ruffman (2011) interessanterweise als kritisch gesehen. Er merkt nämlich an, dass die Autoren um Wong (2005) die zusammengefasste Blickdauer neben der Anzahl der Blicke, also der Fixationen, in ihrer Interpretation außer Acht ließen, was in zukünftiger Forschung stärker beachtet werden sollte.

Ebner und Mitarbeiter (2011) setzten in ihrer Folgestudie die Ergebnisse aus dem Jahr 2009 fort. Sie konnten dabei keine Unterschiede in der Blickdauer jüngerer und älterer Vpn auf die obere oder untere Gesichtshälfte feststellen; beide Altersgruppen schienen die obere Gesichtshälfte länger zu betrachten, was im Gegensatz zu der Annahme von Sullivan und Kollegen (2007) steht, die sich ja dafür aussprachen, dass nur oder besonders ältere Vpn mehr Zeit benötigten, um die wertvollen Informationen aus der Augenregion zu filtern. Ebner und Kollegen (2011) bezogen in die Auswertung in einem weiteren Schritt auch die nicht verwertbaren Blickrichtungen ein, wonach sich zeigte, dass diese vermehrt bei Personen mit schlechterer Verarbeitungsgeschwindigkeit auftrat.

Wird die Dauer der Blickrichtung, differenziert in obere und untere Gesichtshälfte, in Bezug zum Alter der Darsteller bei der FzE gesetzt, scheint nach Ebner und Kollegen (2011) folgendes Bild auf (berechnet in Form von linearen Regressionen): Die Emotionserkennungsleistung bei Gesichtern jüngerer Darsteller durch jüngere Vpn war höher, je länger sie auf die obere Gesichtshälfte blickten. Ältere Vpn, die Emotionen in Gesichtern jüngerer Darsteller einordnen sollten, erhöhten ihre FzE wenn sie mehr auf die untere Gesichtshälfte blickten. Abgesehen davon trat bei den emotionsbezogenen Berechnungen eine Ausnahme auf: Bei Ärger zeigte sich, dass alle Vpn insgesamt länger auf die obere Gesichtshälfte blickten, wenn die Darsteller älter waren. Dies zeigte sich sonst bei keiner anderen Emotion, denn die Blickbewegungen unterschieden sich nicht in Abhängigkeit vom Alter der Vpn oder der Darsteller. Diese Ausnahme bei Ärger könnte jedoch dafür sprechen, dass dieses Gefühl in älteren Gesichtern grundsätzlich schwerer erkannt würde, und daher einer längeren Beobachtungszeit bedurfte. Insgesamt fanden Ebner und Kollegen (2011) noch heraus, dass ihre Vpn länger auf Gesichter ihrer eigenen Altersgruppe blickten, was auch mit einer höheren Emotionserkennungsleistung einherging.

Die Existenz von Unterschieden in der Blickrichtung unterschiedlich alter Vpn scheint vor allem nach den Befunden von Sullivan und Kollegen (2007) sowie Murphy und Isaacowitz (2010) nicht abwägig zu sein, bedarf jedoch auch noch genauerer Untersuchungen, vor allem wenn das Alter der Darsteller zusätzlich beachtet wird, um eindeutige Ergebnisse berichten zu können. Inwieweit die Blickbewegungen mit einer

verschlechterten Emotionserkennungsleistung älterer Probanden einhergehen ist demnach noch nicht ganz eindeutig; unter Umständen könnte sich bei dieser Altersgruppe auch eine andere Art der Wahrnehmung entwickelt haben, die dennoch eine optimale Erkennung ermöglicht.

4.3.5. Emotionserkennung und Sozialkontakte

Riediger und Kollegen (2011), die die FzE mittels Gesichtern von Personen jüngeren, mittleren und höheren Alters untersuchten, führen als eine mögliche Erklärung des Altersunterschiedes in der FzE das Ausmaß des Sozialkontaktes an, das Personen in einem bestimmten Alter haben. Auch Ebner und Johnson (2009) konnten in ihrer Studie einen Einfluss des Sozialkontaktes auf die FzE feststellen: Grundsätzlich gaben alle Vpn an, mehr Kontakt mit Personen ihrer eigenen Altersgruppe zu haben. Genau dieser Faktor, das Ausmaß des Kontakts mit Personen der eigenen Altersgruppe, übte interessanterweise einen signifikanten Einfluss auf die FzE in Gesichtern aus. Je mehr Kontakt mit Gleichaltrigen bestand, desto schlechter konnten die Teilnehmer Emotionen der anderen Altersgruppe erkennen. So fiel es jüngeren Personen schwerer Emotionen in Gesichtern älterer Personen zu erkennen, wenn sie häufigen Kontakt zu jungen Personen angaben. Bei älteren Personen und der Emotionserkennung in Gesichtern Jüngerer war dieser Effekt nicht signifikant. Ebner und Mitarbeiter (2011) merken an, dass man über die

Riediger und Kollegen (2011), die die FzE mittels Gesichtern von Personen jüngeren, mittleren und höheren Alters untersuchten, führen als eine mögliche Erklärung des Altersunterschiedes in der FzE das Ausmaß des Sozialkontaktes an, das Personen in einem bestimmten Alter haben. Auch Ebner und Johnson (2009) konnten in ihrer Studie einen Einfluss des Sozialkontaktes auf die FzE feststellen: Grundsätzlich gaben alle Vpn an, mehr Kontakt mit Personen ihrer eigenen Altersgruppe zu haben. Genau dieser Faktor, das Ausmaß des Kontakts mit Personen der eigenen Altersgruppe, übte interessanterweise einen signifikanten Einfluss auf die FzE in Gesichtern aus. Je mehr Kontakt mit Gleichaltrigen bestand, desto schlechter konnten die Teilnehmer Emotionen der anderen Altersgruppe erkennen. So fiel es jüngeren Personen schwerer Emotionen in Gesichtern älterer Personen zu erkennen, wenn sie häufigen Kontakt zu jungen Personen angaben. Bei älteren Personen und der Emotionserkennung in Gesichtern Jüngerer war dieser Effekt nicht signifikant. Ebner und Mitarbeiter (2011) merken an, dass man über die