• Keine Ergebnisse gefunden

3.7 Primäre und sekundäre Pniktide

3.7.3 Ein sekundäres Antimonid

3.7.3.1 [K(18-K-6)]SbPh2 [20]

Darstellung

K3As7[74] (0.050 g, 0.078 mmol), 18-K-6 (0.062 g, 0.234 mmol), elementares Kalium (0.018g, 0.468 mmol) und SbPh3 (0.083 g, 0.234 mmol) wurden in einem Handschuhkasten in ein Schlenkgefäß eingewogen. Während der Zugabe von etwa 30 ml Ammoniak nahm die Reaktionsmischung eine braune Farbe an. Nach relativ kurzer Zeit konnten rote Kristalle ausgemacht werden, von denen an einem geeignet erscheinenden Exemplar eine Röntgenstrukturanalyse durchgeführt wurde.

Die in diesem Abschnitt beschriebene Verbindung [K(18-K-6)]SbPh2 ist ein relativ häufig beobachtetes Nebenprodukt[74], welches immer dann zu entstehen scheint, wenn SbPh3 mit kaliumhaltigen Reduktionsmitteln wie elementarem Kalium selbst oder auch K3As7 umgesetzt wird.

Röntgenographische Charakterisierung

Die Lösung der Struktur erfolgte in der Raumgruppe C2/c und lieferte die Lage eines Antimon-, sowie eines Kaliumatoms. Im Zuge weiterer Verfeinerungszyklen wurde die asymmetrische Einheit um zwölf Kohlenstoff- und drei Sauerstoffatome ergänzt. Das Antimonatom Sb1 besetzt die spezielle Lage 4e, K1 hat die spezielle Lage 4d inne. Alle übrigen Atome befinden sich auf der allgemeinen Lage 8f. Nach einer empirischen Absorptionskorrektur des aufgenommenen Datensatzes mit dem Programm Platon (DELrefABS) [37] wurden die Auslenkungsparameter zur anisotropen Verfeinerung freigegeben. Alle Wasserstoffatome, welche ausschließlich an Kohlenstoffatomen gebunden sind, wurden mittels geeigneter Reitermodelle (HFIX) geometrisch konstruiert. Die Daten der Strukturlösung und -verfeinerung sind in Tabelle 32 aufgereiht.

Summenformel SbKC24O6H34

Molekulargewicht [g/mol] 579.39 Kristallgröße [mm3] 0.2 x 0.15 x 0.3

Kristallfarbe rot Kristallsystem monoklin

Raumgruppe C2/c

Zellparameter

a [Å] 19.650(2)

b [Å] 9.3123(5)

c [Å] 15.7552(9)

α [°] 90

β [°] 115.294(5)

γ [°] 90

Volumen [Å3] 2606.6(3)

Z 4

Detektorabstand [mm] 70

ϕ-Bereich [°] 0-180

ϕ-Inkrement [°] 0.6

Belichtungszeit [min] 3.5

Dichte [mg/m3] 1.476

Temperatur [K] 123(2)

Absorptionskorrektur DELrefABS [37]

Absorptionskoeffizient [mm−1] 1.253

F (000) 1184

θ - Bereich [°] 2.60 to 25.94

Gesamtzahl der Reflexe 4602 Zahl der unabhängigen Reflexe 2282

Rint 0.0484

Vollständigkeit gegenüber θ [%] 89.2

Parameter 158 Restraints 0

GooF 1.022

Röntgenquelle MoKα

Wellenlänge [Å] 0.71073

Monochromator Graphit R1 (I>2σ(I)) 0.0312

wR2 (I>2σ(I)) 0.0816 R1 (alle Reflexe) 0.0342 wR2 (alle Reflexe) 0.0826

Restelektronendichte [e · Å−3] 0.447/-0.498 Tabelle 32. Kristalldaten zur Strukturbestimmung von [K(18-K-6)]SbPh2

Strukturbeschreibung

Bestandteile der asymmetrischen Einheit sind ein SbPh-Fragment, ein Kaliumkation, sowie ein halbes Kronenethermolekül. Durch Anwendung der entsprechenden Symmetrie-operationen generieren sich aus diesen Fragmenten die in Abbildung 60 gezeigten Strukturelemente. Die Formeleinheit der Verbindung ist viermal in der Elementarzelle enthalten. Relevante Abstände innerhalb des Anions sind der Bildunterschrift zu Abbildung 60 zu entnehmen.

C5

C1#1 C4 C6

C1

Sb1 C3 C2

K1

Abbildung 60: Wechselwirkungen zwischen K+ und dem π-Elektronensystem der Phenylsubstituenten in [K(18-K-6)]SbPh2

(Ellipsoide mit 50 % Aufenthaltswahrscheinlichkeit)

Abstände [Å]: Sb1 – C1 = 2.167(3), C1 – C2 = 1.408(4), C2 – C3 = 1.396(4), C3 – C4 = 1.397(4), C4 – C5 = 1.400(5), C5 – C6 = 1.396(4), C6 – C1 = 1.419(3); K1 – C2 = 3.602(3), K1 – C3 = 3.203(3), K1 – C4 = 3.454(2); Winkel [°]: C1 – Sb1 – C1#1 = 97.28(1).

Symmetrieoperation zur Generierung äquivalenter Atome: #1 = −x, y, 0.5-z.

Die beiden durch die Phenylsubstituenten aufgespannten Ebenen sind um 17.4(1) ° gegeneinander verkippt. Die Verknüpfung der Ionen untereinander erfolgt nicht über direkte K-Sb Kontakte, der kürzeste K-Sb Abstand beträgt 5.724 Å. Es bilden sich stattdessen Wechselwirkungen zwischen den K+ Ionen und dem π-Elektronensystem der Liganden aus.

K1 ist in η3-artiger Weise an die Phenylringe zweier symmetrieäquivalenter Anionen koordiniert. In der Struktur führt dies zur Ausbildung unendlicher, zig-zag förmiger Ketten, parallel zur kristallographischen [101] Richtung (Abbildung 61). Die K-C Abstände liegen im Bereich von 3.203(3) Å bis 3.602(3)Å.

Diese mononukleare Antimonspezies wurde erstmals bei der Reaktion von Diphenylstiban mit n-Buthyllithium, welche zu der Verbindung [Li(12-K-4)2]SbPh2 · 1/3 THF [30] führte,

erhalten. Ein Vergleich beider Anionen hinsichtlich ihrer Abmessungen zeigt keine nennenswerten Abweichungen.

a c

K O C Sb

Abbildung 61: Strukturausschnitt von [K(18-K-6)]SbPh2

4 Zusammenfassung und Ausblick

Die Einführung kovalent gebundener organischer Gruppen erwies sich als wirksame Methode um kettenförmige oder cyclische Anionen in Ammoniakaten zu etablieren. Im Bereich der substituierten catena-Polystannide konnten die Anionen Sn2Ph42−, Sn3Ph62−, und Sn6Ph122−

charakterisiert werden, welche alle durch Reduktion von Diphenylzinndichlorid mit Alkali- oder Erdalkalimetallen erhalten wurden. Die Bildung dieser mehrkernigen Anionen basiert offensichtlich auf der Abspaltung der beiden Chlorsubstituenten des Edukts und der Verknüpfung der intermediär entstehenden SnPh2-Fragmente. Bei jedem der drei Anionen liegt die energetisch bevorzugte all trans - Konformation vor. Die Sn-Sn Bindungslängen korrelieren mit der Ladungsverteilung innerhalb der anionischen Moleküle. So befindet sich der längste Abstand stets zwischen den terminalen, formal negativ geladenen Zinnatomen und ihren jeweiligen Nachbarn. Als Gegenionen für derartige Anionen konnten nur voluminöse Kationenkomplexe ausgemacht werden, zu welchen von Seiten der Anionen keine direkten ionischen Wechselwirkungen ausgebildet werden. Der Kontakt zwischen den Ionen erfolgt über Wasserstoffbrückenbindungen, in den Strukturen ergeben sich unendliche Stränge oder Schichten.

Die Reduktion von Dianisylzinndichlorid ((PhOMe)2SnCl2) mit Cäsium führte zu der Verbindung Cs4Sn7(PhOMe)6 · 6NH3. Mit dem anisylsubstituierten Heptastannid Sn7(PhOMe)64− konnte erstmals der im Bereich der Pniktide wohlbekannte Nortricyclankäfig auch für ein Element der vierten Hauptgruppe beobachtet werden. Essentiell für die Stabilität des Heptastannidkäfigs scheinen die an den äquatorialen Atomen kovalent gebundenen Anisylsubstituenten zu sein. Es bleibt zu überprüfen, ob neben dem Methoxysubstituenten auch mit anderen elektronenschiebenden oder auch elektronenziehenden Resten an den Phenylringen neuartige Polyanionen erhalten werden können.

Die Synthese der im Rahmen dieser Arbeit beschriebenen Polystannide basiert auf der Verwendung mononuklearer Edukte mit geeigneten Abgangsgruppen. Im Verlauf einer modifizierten Wurtz-Kupplung kommt es zur Knüpfung neuer Zinn-Zinn Bindungen, wobei durch Verwendung von flüssigem Ammoniak als Reaktionsmedium milde Reaktionsbedingungen gewährleistet werden. Eine alternative Herangehensweise könnte in der reduktiven Bindungsspaltung organosubstituierter Polystannane bestehen. Zu solchen lichtempfindlichen σ-Polymeren existieren mehrere Zugangsmöglichkeiten. Die Wurtz-Kupplung, welche die Reaktion von Dialkylzinndihalogeniden mit Alkalimetallen in

organischen Lösungsmitteln beschreibt, eignet sich nur bedingt für die Synthese substituierter Polystannane, da bei den vorliegenden Reaktionstemperaturen aufgrund der schwachen Sn-Sn Bindung nur geringe Molekulargewichte zu erwarten sind. Durch metallkatalysierte, dehydrierende Kupplung von Dialkyl(aryl)-stannanen oder durch Reduktion von Dialkylzinndichloriden mit Samariumdiiodid konnten substituierte Polymere mit hohen Molekulargewichten und in guten Ausbeuten erhalten werden [24-26]. Möglicherweise gelingt durch Spaltung entsprechend substituierter Polystannane auch die Synthese alkylierter Polystannide.

Die durch Reduktion von Triphenylstiban erhaltenen phenylierten Polyantimonide Sb2Ph3−

und Sb3Ph4 zeigen, dass derselbe Ansatz auch bei Ausweitung auf die Elemente der Gruppe 15 erfolgreich ist. Die Strukturvielfalt bleibt jedoch noch weit hinter derjenigen der substituierten Polystannide zurück. Möglicherweise kann auch hier durch die Einführung funktioneller Gruppen an die Phenylringe Einfluss auf die entstehenden Polyanionen genommen werden.

Mit den Verbindungen Cs4Sn4 · 2NH3 und K6Sn4(OH)2 · 5NH3 konnte die Existenz der Sn44−

Clusterionen, welche lange Zeit ausschließlich als Bestandteil von Festphasen bekannt waren, in Ammoniakaten erneut bestätigt werden. Die zu P4 isostrukturellen Sn44− Ionen stehen im Einklang mit der von E. Zintl ursprünglich aufgestellten Regel, nach welcher die elektronegativere Komponente nach erfolgtem Elektronenübertrag Teilstrukturen ausbildet, die den Elementmodifikationen der Elemente mit gleicher Valenzelektronenzahl entsprechen.

Durch die strukturchemische Beteiligung der Solvensmoleküle kommt es in Cs4Sn4 · 2NH3

zum Bruch einiger Sn-Cs Kontakte. Dennoch zeigt ein Vergleich mit der binären Phase α-CsSn einen hohen Verwandtschaftsgrad. In K6Sn4(OH)2 · 5NH3 sind die strukturellen Unterschiede zu KSn als Folge des erhöhten Ammoniakgehaltes sowie der Anwesenheit einer zweiten anionischen Komponente erheblicher.

Das trigonal pyramidale SnPh3 Ion, welches durch reduktive Spaltung von Hexaphenyldistannan gewonnen wurde, bildet den anionischen Strukturteil der Verbindung {[Li(NH3)4](18-K-6)}SnPh3 · 2NH3. Es wird vermutet, dass sich dieses Anion auch bei der Reaktion von Triphenylzinnmonochlorid mit Alkalimetallen bildet. Es gestaltet sich jedoch schwierig, die in aller Regel farblosen Kristalle zwischen den zahlreichen, ebenfalls farblosen Alkalimetallhalogeniden auszumachen.

In [K(18-K-6)(NH3)2]P(H)Ph existiert mit dem P(H)Ph Anion ein primäres Phoshpid, welches keinerlei Wechselwirkungen zum Alkalimetall der Verbindung ausbildet. Entgegen den in der Literatur beschriebenen Beobachtungen waren dazu weder stark

elektronenziehende Reste an den Phenylringen noch sterisch anspruchsvolle Reste am Phosphoratom oder die Verwendung von Kryptanden zur vollständigen Abschirmung der Alkalimetallkationen notwendig.

Die sekundären Pniktide SbPh2 und BiPh werden aufgrund der mit steigender Ordnungszahl zunehmend schwachen E-C Bindung (E = Tetrel) häufig bei der Umsetzung von Triphenyl-stiban und Triphenylbismutin mit Alkalimetallen erhalten.

5 Anhang