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3 GRUNDLAGEN

3.3 Pharmakokinetische Modelle

3.3.1 Ein-Kompartimente-Modelle

Die Ein-Kompartimente-Modelle sind historisch zuerst entstanden. Sie finden noch heute teilweise Anwendungen in bestimmten magnetresonanztomographischen Untersuchungen.

3.3.1.1 Modell nach Kety

Um das Jahr 1950 herum beschrieb Kety erstmals sein Modell (Kety, 1951; Kety et al., 1995) für ein inertes Gas, welches sich nach der Einatmung im gesamten Gewebe einschließlich der Zellen verteilt. Dieses Modell setzt eine Begrenzung der Perfusion bei einer gleichzeitig hohen Permeabilität der Gefäße für einen nicht zu metabolisierenden, frei diffusionsfähigen Spurstoff voraus. Die hohe Permeabilität bedingt zum einen eine gleichmäßige Verteilung dieser Substanz im Gewebe und zum anderen ein zu jedem Zeitpunkt bestehendes Gleichgewicht zwischen der Konzentration des Spurstoffs im Gewebe Ct und der im venösen Blut Cv, welches dieses verläßt (s. Abbildung 4).

Cv Ct

Gewebe Cb

venöses Blut arterielles

Blut

Abbildung 4: Schema des Modells nach Kety

Die im Modell von Kety vorausgesetzte hohe Permeabilität führt zu einer vollständigen Durchmischung des im zugeführten Blut befindlichen Spurstoffes (Cb) mit dem Gewebe. Durch dieses

Konzentrationsgleichgewicht des Spurstoffes zwischen dem Gewebe (Ct) und dem venösen Blut (Cv), kann indirekt mit Hilfe von der venösen Konzentration auf die Gewebskonzentration geschlossen werden.

Basierend auf dem Fickschen Prinzip, entwickelte Kety für eine homogen perfundierte Gewebsregion folgende Gleichung:

(3)

Hierbei ist kt eine für diese Gewebsregion spezifische Konstante, Cb die Konzentration des Spurstoffes im arteriellen Blut, und λt spiegelt das Verhältnis des Wasseranteils zwischen Blut und Gewebe wider. Der Term Ct/λt entspricht der Spurstoffkonzentration, die diese Gewebsregion im venösen Blut verläßt (Cv). Durch den in der vorausgegangenen Gleichung (Gl. 3) beschriebenen Zusammenhang ist es möglich, zu einem bestimmten Zeitpunkt tx die Spurstoffkonzentration Ct(tx) in einer definierten Gewebsregion über folgende Gleichung zu ermitteln:

( )

x = t t kttx

tx b kttx

t t k e C e dt

C λ 0 (4)

Das von Kety entwickelte Modell wird heutzutage vorwiegend im Bereich der PET mit H215O und bei der arteriellen Spin-Bolus-Markierung in MR-Untersuchungen verwendet.

Für MR-Untersuchungen, bei denen KM verwandt wird, eignet es sich nicht, wenn dieses KM die Zellmembranen nicht passieren kann und sie nicht zwingend frei diffusionsfähig sind.

3.3.1.2 Modell nach Rosen

Das Modell von Rosen (Rosen et al., 1989; Rosen et al., 1990) basiert auf dem Modell von Kety. Ersteres wurde speziell für MR-Untersuchungen mit KM um 1990 herum entwickelt. Es nutzt die starke Signaländerung bei der Passage eines hochkonzentrierten KM-Bolus durch das Gewebe aus, um mit diesem - in Verbindung mit der Indikatorverdünnungstheorie (Zierler, 1962) - einzelne physiologische Parameter wie die mittlere Transferzeit (Mean transit time, MTT), das CBV und den Blutfluß zu berechnen. Bei diesem Ein-Kompartimente-Modell wird eine intakte BHS vorausgesetzt.

Somit findet hier kein KM-Austausch vom intravaskulären Raum mit dem extravaskulären Gewebe statt. Für die Berechnungen wird deswegen lediglich der Bolus und die zeitliche Veränderung seiner Konzentration im Blut verwendet (s.

Abbildung 5).

Gewebe

Abbildung 5: Schema des Modells nach Rosen

Die Antwort im Gewebe auf die Applikation eines idealen Bolus ist die Residuenfunktion R(t), die zur Bestimmung der MTT herangezogen werden kann. In der Realität entspricht der verabreichte Bolus nicht diesen Bedingungen, sondern man erhält vielmehr den oben dargestellten Konzentrations-Zeit-Verlauf für die arterielle Eingangsfunktion Cb(t). Diese arterielle Eingangsfunktion Cb(t) - gefaltet mit der

Residuenfunktion R(t) - ergibt dann die tatsächlich gemessene Gewebskonzentration Ct(t) (s. Gl. 6).

Grundlage war bei Rosen das von Stewart (Stewart, 1894) bereits am Ende des 19.

Jahrhunderts entwickelte zentrale Volumentheorem. Anhand von diesem kann der Blutfluß (F) in einem Gewebe mit Hilfe des Gewebsblutvolumens (V) eines intravaskulären KM und der MTT bestimmt werden:

(5) MTT F = V

Um den Blutfluß zu erhalten, müssen zuerst die beiden anderen Parameter der Gl. 5 berechnet werden.

Der durch Injektion eines idealisierten Bolus resultierende Konzentrationszeitverlauf des KM im Gewebe läßt sich mit der sogenannten Residuenfunktion R(t) beschreiben. In vivo ist diese jedoch nicht meßbar, sondern ergibt - gefaltet mit der arteriellen Inputfunktion Cb(t) - die tatsächlich meßbare Gewebskonzentration Ct(t):

(6)

Hierbei kann Cb(t) beispielsweise mit Hilfe von Blutproben bestimmt werden. Ct(t) wird jedoch durch die Zirkulation des KM im Blut beeinflußt. Um die durch KM-Zirkulation entstehenden Artefakte zu beseitigen, werden die gemessenen Werte der Gewebskonzentration Ct(t) anhand einer gammavariaten Funktion angepaßt:

(7) )

( b (tc)

t t a t e

C = ⋅ ⋅

Durch diese Funktion wird der Einfluß auf den Bolus beim Durchgang des vorher idealen viereckigen Bolus bis zum Gewebe beschrieben.

Das Gewebeblutvolumen kann jetzt durch den Quotienten aus dem Integral über Ct(t) und dem Integral über Cb(t) berechnet werden.

Als weiterer Schritt wird durch Entfaltung, auf Grund des unter Gl. 6 angeführten Zusammenhangs, die Residuenfunktion und über die arterielle Inputfunktion die MTT ermittelt (Axel, 1980; Ostergaard et al., 1996). Da wegen der Applikationsdauer und der Veränderung der Bolusform durch Dispersion eine Injektion eines idealisierten Bolus praktisch unmöglich ist, muß die ermittelte MTT noch korrigiert (Axel, 1980) oder direkt am Gewebe gemessen werden, um die Voraussetzung für die Anwendung des zentralen Volumentheorems (Gl. 5) zu erfüllen. Abschließend kann nun der Blutfluß mit Hilfe des oben aufgeführten Theorems mit den beiden berechneten Parametern, das Gewebsblutvolumen und der korrigierten MTT, bestimmt werden.

Mit dem von Rosen entwickelten Modell können nur Läsionen im Bereich des Gehirns beschrieben werden, die eine intakte BHS aufweisen (s. oben). Dies gilt generell auch für andere dynamische MR-Untersuchungen, die auf dem Suszeptibilitätseffekt basieren. Deswegen wird diese Art der Untersuchungen überwiegend an Läsionen wie Hirninfarkten durchgeführt. Möchte man hingegen auch Aussagen über andere pathologische Strukturen, wie zum Beispiel Hirntumore, treffen, wo diese Bedingung nicht mehr erfüllt ist, so vergrößert sich der Fehler bei der Berechnung, oder es muß die Extravasation des KM mit in Betracht gezogen werden. Dies kann durch die Erweiterung der hier beschriebenen Methode zu einem Zwei-Kompartimente-Modell geschehen (Vonken et al., 2000).