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Die Edinburgh Musical Society – Eine Musikgeschichte vergessener Musiker in einer ›verlorenen Residenz‹

Auf den vorangegangenen Seiten wurden verschiedene historische Perspektiven rund um die Hintergründe der Edinburgh Musical Society vorgestellt, um den eigentlichen Kern der Untersuchung während der Lektüre der folgenden Seiten gedanklich in unterschiedliche Zusammenhänge bringen zu können. In jeder der dabei untersuchten Facetten, die um weitere ergänzt werden könnten, ging es um die Verortung verschiedener Faktoren, die zu einer der Grundlagen des speziellen musikkulturellen Engagements vergessener (Amateur-)Musiker wurden. Kultur- und musikgeschichtliche Aspekte spielten dabei ebenso eine Rolle wie wirtschaft-liche, soziale und regionale, die letztendlich alle in der besonderen Struktur der

›verlorenen Residenz‹ Edinburgh zusammenkamen und dort auf eine bestimmte Gruppe von Personen trafen, in deren Handeln sich wiederum all jene Aspekte spiegelten. Dass sich das Ganze fernab einer Historiographie der großen Namen und ›Werke‹ abspielte, lenkt musikhistoriographisch den Blick auf andere Musik-kulturen und ihre musikalischen, ideengeschichtlichen und historischen Wurzeln.

Vor diesen verschiedenen Folien ist es nun möglich, das Zusammenwirken, die Entwicklungen, die Netzwerke und die Musiker sowie die kulturellen Pra-xen rund um die Edinburgh Musical Society gleichsam nahtlos darzustellen und zu untersuchen. Die vorangegangenen perspektivierten ›Kontextualisierungen‹

haben gewissermaßen den Boden dazu bereitet, die Musikgeschichte Edin-burghs im 18. Jahrhundert mit ihrem ›Kulturträger Nr. 1‹, einer musikalischen Vereinigung, die keines professionellen Musikers als Initialzünder und Motor bedurfte, zusammenhängend verstehen zu können.

Eine musikalische Gesellschaft als Ausdruck aufgeklärten Zeitgeistes Erst in den 1720er Jahren  – und zwar mindestens ein Jahr, wahrscheinlich aber bereits drei Jahre vor der Gründung der Edinburgh Musical Society (EMS) 1728496  – ist (erneut) organisierte Aktivität von Musikliebhabern belegbar.

496 In den auf 1728 datierten Statuten der Society ist die Rede davon, dass seit einem Jahr regelmäßige Treffen zum Abhalten von Konzerten stattgefunden hätten; darüber hinaus leitet Joe Rock das Jahr 1725 aus der Tatsache ab, dass Alexander Bayne of Riries zunächst im März 1725 den oberen Saal in St Mary’s Chapel »for the use of the gentlemen who attend his College of Law« mietete und diesen innerhalb eines Monats zusätzlich gegen monatliche Extrazahlung auch für das Abhalten von Konzerten öff-nen wollte; vgl. Joe Rock, The Temple of Harmony. New Research on St Cecilia’s Hall, Edinburgh, in: Architectural Heritage 20/1 (2009), S. 55–74 (= Rock Harmony); 57.

In St  Mary’s Chapel in Niddry’s  Wynd fanden Konzerte und Versammlun-gen statt,497 in die vor allem Angehörige des College of Law498 involviert waren.

Dadurch ist von Anfang an die geistige Nähe zu einer anderen Institution gege-ben, die gleichsam als sozial verbindender Faktor für das Bilden der Gruppie-rung fungierte. Ein Drittel der EMS-Mitglieder waren Juristen, gehörten also zu denjenigen, die nach 1707 die Geschicke Edinburghs lenkten: Sie waren akade-misch gebildet, aufgeklärt, intellektuell interessiert, verfügten über ausreichende finanzielle Mittel sowie zeitliche Ressourcen und bewegten sich aktiv in den führenden sozialen Netzwerken der Stadt.499 Der Impuls für das gemeinsame organisierte instrumentale Musizieren ging somit eindeutig nicht von profes-sionellen Musikern, der Kirche oder dem Militär, sondern von Anfang an von Musikliebhabern aus, die sich amateurs, gentlemen performers oder einfach nur gentlemen nannten.

Vielleicht führte dieser juristische Hintergrund überhaupt dazu, dass man daran dachte, aus einer Interessensgemeinschaft eine (rechts)verbindliche In -stitution zu machen. Die zumindest teilweise vorhandene Bindung an das college of law löste sich recht schnell, seit spätestens 1727500 – also noch vor der Grün-dung der musikalischen Gesellschaft – scheinen die Musiker sich als selbstän-dige »Musicall Society«501 verstanden zu haben. Dies ist jedenfalls der Einleitung zu den Articles and Regulations zu entnehmen, die sich die Edinburgh Musical Society bei ihrer formellen Gründung am 19. März 1728 gaben und in denen sie nicht nur die verbindlichen Regeln der Gesellschaft, sondern auch den Zweck ihres Zusammenkommens festhielten:

At Edinburgh the Twentyninth day of March one thousand seven hundred and twenty eight years We the Members of the Musicall Society held weekly in Mary’s Chapell in Niddry’s Wynd, Either now subscribing, or who shall subscribe on, or before the second Wednesday, of June next, Being resolved for our Mutuall Diversion and Entertainment to continue the same, and to render it perpetuall, Have agreed, and do hereby agree, to assemble our selves weekly in the said place for the performance of concerts of Musick as we have already done for these twelve months past, under the following Articles and Regulations, which are hereby declared to be the fundamentall Laws of the Society.502

497 Vgl. auch die Ausführungen auf S. 103 und 132.

498 Rock Harmony, S. 57.

499 Vgl. dazu die folgenden Seiten sowie Macleod EMS, S. 26–33.

500 Vgl. hierzu auch die Ausführungen am Ende des vorangegangenen Kapitels.

501 GB-Ep W Y ML 28 MS, Sederunt Books, Bd. 1, Articles der Edinburgh Musical Society, S. 1; vgl. auch Maitland Edinburgh, S. 167f. sowie Macleod EMS, Appendix A, S. 234.

502 Ebd.; die originale Orthographie wurde beibehalten.

Um für das »Management of the affairs of the Society, […] a Governour, Deputy Governour, Treasurer, & five Directors«503 – also einen ›Vorstand‹ – aus ihren Rei-hen zu wählen,504 trafen sich die subscribers am 12. Juni 1728 zur ersten offiziellen der jährlich stattfindenden Mitgliederversammlungen.

Die Mitglieder, die männlichen Geschlechts sein mussten, stammten überwie-gend aus der gentry und den middle ranks von Edinburgh, wie eine Durchsicht der insgesamt acht erhaltenen Mitgliederlisten aus den Jahren 1728, 1729, 1731, 1732, 1744, 1750, 1755, 1778 und 1793 zeigt:506 Beamte, Angehörige juristischer Berufe und des Militärs gehörten ebenso dazu wie Landbesitzer, Kaufleute, 503 Ebd.

504 Im Jahr 1762 wurde aufgrund der gestiegenen Mitglieder die Zahl der Direktoren auf sieben erweitert; vgl. Macleod EMS, S. 48.

505 Die für das Diagramm verwendeten Zahlen entstammen den Quellen der EMS (GB-En Shelfmark APS.1.79.14, Reference note ESTC N471217, Shelfmark APS.1.80.40, Refe-rence note ESTC T170786 sowie GB-Ep W Y ML 28 MS) und sind mit der Tabelle in Macleod EMS, S. 30, abgeglichen, von der auch die Kategorisierung übernommen wurde.

506 Vgl. dazu GB-Ep W Y ML 28 MS, GB-En Shelfmark APS.1.79.14, Reference note ESTC N471217, GB-En Shelfmark APS.1.80.40, Reference note ESTC T170786 sowie Macleod EMS, S. 30–33.

Abb. 6 Mitgliedsstruktur der Edinburgh Musical Society zwischen 1728 und 1793505

Akademiker oder Ärzte.507 Die Entwicklung der Mitgliedsstruktur ist in Tabelle 1 dargestellt, der auch entnommen werden kann, dass entgegen der ursprüng-lichen Beschränkung auf 70 Mitglieder ihre Zahl, anscheinend um die Einnah-men der society zu erhöhen,508 kontinuierlich auf 197 im Jahr 1793 wuchs.509 Im Gegensatz zu den ›normalen‹ Mitgliedern waren die Vorsitzenden der Gesell-schaft, also die Governours und Deputy Governours, noble men von hohem gesellschaftlichen Ansehen und großem gesellschaftlichem Einfluss:510

507 Vgl. hierzu auch die Ausführungen von Jenny Burchell; Burchell Concert, S. 33.

508 Vgl. Macleod EMS, S. 26ff.

509 Jennifer Macleod spricht von 197 Mitgliedern im Jahr 1793 – vgl. Macleod EMS, S. 30 –, eine Zählung der Namen in der gedruckten Liste, die sich unter der Signatur YML 28 MS in GB-Ep befindet, ergibt 200.

510 Für Hintergrundinformationen zu den einzelnen Personen sei verwiesen auf das Kapi-tel Office-Bearers of the Society in Macleod EMS, S. 33–51.

511 Vgl. auch Macleod EMS, S. 33–51.

512 Vgl. James McMullen Rigg, Artikel »Bayne, Alexander«, in: Dictionary of National Biography, hrsg. von Leslie Stephen u. a., London 1885–1900, Bd. 3 (1885), S. 453f., online verfügbar unter: http://en.wikisource.org/wiki/Bayne,_Alexander_(DNB00) (Stand: 11. September 2019).

513 Vgl. David Dobson, Directory of Scottish Settlers in North America 1625–1825, 7 Bde., Baltimore 1984–1993, Bd. 1, 21985, S. 215.

514 Für die Stammbaumrecherche sei beispielsweise verwiesen auf die Seite http://www.

thepeerage.com, und zwar insbesondere auf die Einträge zu Hew Dalrymple und Tabelle 1 Governours, Deputy Governours und Treasurers der Edinburgh Musical Society 511

Governours Leitung der society Amtszeit

Alexander Bayne of Rires

(1684–1737)512 Jurist und Universitätsprofessor für schottisches

Recht; Gründungsmitglied der EMS 1728–1731 Thomas Pringle

(1667–1735)513 Inhaber mehrerer hoher juristischer Verwaltungsämter wie Writer to und Deputy Keeper of the Signet

1731–1735

Hew Dalrymple, Lord Drummore

(1690–1755) Richter, Lord of Session und Lord of Justiciary;

Gründungsmitglied der EMS 1736–1755

William Dalrymple-Crichton,

5. Earl of Dumfries (1699–1768) Offizier514 1755–1761

Thomas Hamilton, 7. Earl of

Haddington (1721–1794) Keine öffentlichen Ämter; ausgedehnte Reisen

durch Europa 1761–1794

Henry Montagu-Douglas-Scott, Duke of Buccleuch and Queensbury (1746–1812)

Governor der Royal Bank of Scotland, Präsident der Royal Society of Edinburgh; Knight of the Thistle, Knight of the Garter

1794–1796

Tabelle 1 Fortsetzung

William Dalrymple-Crichton in:  http://thepeerage.com/p2924.htm#i29235 und http://thepeerage.com/p2388.htm#i23880 (Stand: 11. September 2019) – sowie auf die diese Einträge verbindenden Seiten.

515 Das Amt des Lord Provost ist mit dem eines Oberbürgermeisters vergleichbar;

Drummond erwarb im Laufe seines Lebens zahlreiche Verdienste, zunächst im Bereich der Finanzangelegenheiten der Union, dann bei einer Vielzahl sozialer Pro-jekte, die zum Ziel hatten, die Lebensverhältnisse in Edinburgh zu verbessern. Dazu zählte die medizinische Versorgung der Bevölkerung durch den Aufbau eines Kran-kenhauses genauso wie die Veränderung der Wohnsituation in der Stadt durch die Planung der Neustadt. Vgl. u. a. William Baird, George Drummond. An Edinburgh lord provost of the eighteenth century, Edinburgh 1912.

516 Der Schatzmeister hatte zahlreiche finanzielle und nicht-finanzielle Aufgaben: Bei-träge sammeln und verwalten, Versorgung des Orchesters mit professionellen Musi-kern inkl. Korrespondenz und Vertragswesen, Programmgestaltung der Konzerte;

vgl. dazu die Einträge in GB-Ep W Y ML 28 MS, Sederunt Books, Bd. 1, S. [50f.].

517 Als Writer to the Signet zugelassen im Jahr 1726; vgl. o. A., A History of the Society of Writers to Her Majesty’s Signet […], Edinburgh 1890 (= History Signet), S. 101.

Deputy Governours Stellvertretende Leitung der Society,

insbesondere administrative Aufgaben Amtszeit John Douglas (?–1752) Chirurg und Mitbegründer des Royal Infirmary

of Edinburgh, Fellow der Royal Society; Mitglied der Freimaurerloge Lodge of Kircaldy

1728–1752

Peter Wedderburn, Lord

Chesterhall (?–1756) Richter und Senator im College of Justice 1752–1756 George Drummond

(1688–1766) Sechsfacher Lord Provost von Edinburgh;515 Mitbegründer des Royal Infirmary of Edinburgh;

Grand Master der Grand Lodge of Scotland

1756–1766

Thomas Erskine, 6. Earl of Kellie

(1732–1781) Musiker und Komponist; Freimaurer, u. a.

Grand Master der Grand Lodge of the Ancients und der Grand Lodge of Scotland

1767–1781

Sir William Forbes, 6. Baronet of

Pitsligo (1739–1806) Bankdirektor; Grand Master der Grand Lodge

of Scotland 1781–1796

 

Treasurers Schatzmeister516 Amtszeit

Robert Lumsdain (?) Jurist, writer in Edinburgh 1728–1731

James Home, 6. Baronet Home, of

Blackadder (?–1755)517 Writer to the Signet; Neffe mütterlicherseits von

governour Thomas Pringle 1731–1739

Tabelle 1 Fortsetzung

Alleine anhand der kurzen Beschreibungen ihrer übrigen Tätigkeiten und Akti-vitäten wird deutlich, dass die Amtsträger der drei Hauptvorstandsämter der Musical Society in vielerlei Hinsicht miteinander verbunden waren: beruflich, familiär und – über die Verpflichtung in der musikalischen Gesellschaft hin-aus – in Bezug auf das, was heute ›ehrenamtliches‹ oder ›bürgerschaftliches‹

Engagement genannt werden würde. Die meisten von ihnen hatten einen juris-tischen Hintergrund, hatten in irgendeiner Form mit dem Court of Session oder der Society of Writers to Her Majesty’s Signet zu tun und stammten aus den juristisch führenden Familien Schottlands. Dies gilt beispielsweise für Hew Dalrymple und seinen Großcousin väterlicherseits William Dalrymple-Crich-ton, deren weite Verwandtschaft die Geschicke Schottlands über lange Zeit mit-bestimmte – als Richter am Court of Session, bei der Union, als Offiziere und als

Samuel Mitchelson

(?–1788)518 Writer to the Signet; Schatzmeister der Society of Writers to Her Majesty’s Signet, erster Kurator der 1778 gegründeten General Library dieser Gesellschaft519

1739–1744

James Carmichael of Hailes

(?–1781)520 Writer to the Signet 1744–1749

William Douglas (?–1771) Kaufmann 1749–1771

John Welsh521 Writer to the Signet 1771–1778

(Thomas Sanderson) Seit 1750 Angestellter der Musical Society, ab 1773 Assistent des Schatzmeisters, ab 1779 zuständig für finanzielle Aspekte des Schatzmeisteramtes

1779–1796

Treasurers Schatzmeister Amtszeit

518 Als Writer to the Signet zugelassen im Jahr 1736; vgl. History Signet, S. 147. Anlässlich seines Begräbnisses organisierte die EMS am 18. Juli 1788 ein Konzert; vgl. GB-En Shelfmark 3.422(9), Reference note ESTC T184144: Funeral concert performed by the gentlemen of the Musical Society of Edinburgh 18th July 1788. on the death of Samuel Mitchelson, Esq. one of the directors.

519 Auch an dieser Stelle werden die Verbindungen unter den Mitgliedern der Musical Society deutlich, gehörte doch beispielsweise Hew Dalrymple zu den ersten Spendern von Büchern für diese Bibliothek; vgl. History Signet, S. lxviii.

520 Als Writer to the Signet zugelassen im Jahr 1741; vgl. History Signet, S. 35.

521 Als Writer to the Signet zugelassen im Jahr 1770, legte sein Amt im Jahr 1779 wieder nieder; vgl. History Signet, S. 214.

Diplomaten.522 Auffallend oft sind unter den Gouverneuren und ihren Stell-vertretern Freimaurer anzutreffen und schon Jennifer Macleod konnte zeigen, dass diverse Mitglieder der Musical Society auch anderen Gesellschaften Edin-burghs – wie dem Rankenian oder dem Easy Club – angehörten.523 Das lässt wiederum auf ihre aufgeklärte Grundhaltung schließen, in der der gesellige gedankliche Austausch einen hohen Stellenwert einnahm,524 und ist ein Zeichen dafür, wie die neue Führungsschicht von Edinburgh ihre Netzwerke formte.

Dieses Bild wird noch deutlicher, wenn man den Kreis auf die Direktoren, also die anderen Vorstandsmitglieder, erweitert, von denen es zunächst fünf und ab 1762 sieben pro Amtszeit gab. Insgesamt beläuft sich ihre Zahl auf 61 Perso-nen bezogen auf den ganzen Zeitraum des Bestehens der musikalischen Gesell-schaft, darunter 30 lawyers, sieben landowners, jeweils drei Kaufleute, Ärzte und Banker.525 Ihre Aufgaben bestanden vor allem darin, sich um den möglichst rei-bungslosen Ablauf der wöchentlichen Konzerte zu kümmern, indem sie über das jeweilige Programm informierten, den Konzertmeister bestimmten und die Anwesenheit der Mitglieder kontrollierten. Auch unter den Direktoren und den Mitgliedern ohne Amt gab es neben den beruflichen Verbindungen zahl-reiche familiäre: eine Durchsicht alleine der erhaltenen Mitgliederlisten und ein Abgleich beispielsweise mit den Heiratsregistern der Stadt Edinburgh zeigt min-destens 40 direkt oder über Heirat verwandte Personen.526

522 In der Encyclopædia Britannica heißt es zu James Dalrymple, 1. Viscount of Stair (1619–1695), dem Großvater von Hew Dalrymple – o. A., Artikel »Stair, James Dal-rymple«, in: Encyclopædia Britannica. A Dictionary of Arts, Sciences, Literature and Gene-ral Information, Bd. 25, Cambridge 111911, S. 760ff.; 762: »›The family of Dalrymple,‹

observes Sir Walter Scott, ›produced within two centuries as many men of talent, civil and military, of literary, political and professional eminence, as any house in Scotland.‹«

Auch weitere Mitglieder der Familie Dalrymple gehörten der Musical Society an: neben Hew Dalrymple – Lord Drummore – und William Dalrymple-Crichton auch Hews Sohn David – Richter als Lord Hailes, Literat und Freimaurer – und John Dalrymple – Tuchhändler, Oberbürgermeister von Edinburgh und Direktor der Royal Bank of Scotland – sowie Lord Drummores Neffen, die Halbbrüder Hew – 2. Baronet of North Berwick und MP – und Charles Dalrymple.

523 Vgl. Macleod EMS, insb. S. 10–17.

524 Vgl. die Ausführungen in dieser Studie, S. 96f., 100–103.

525 Vgl. Macleod EMS, Appendix L Directors of the Musical Society, S. 298f.

526 Vgl. Macleod EMS, Appendix C List of members of the Society, S. 239–254 sowie Canongate Register, Marriage Register 1701–1750 sowie Francis J. Grant (Hg.), Regis-ter of marriages of the City of Edinburgh 1751–1800, Edinburgh 1922 (Scottish Record Society, Old Series 53).

Ein Blick in Jennifer Macleods umfangreiche Mitgliederlisten der Musi-cal Society,527 veranschaulicht einmal mehr, wie sehr der aufgeklärte und auf-klärerische Geist und das aufgeklärte Handeln in Edinburgh offenbar auf den vielseitigen persönlichen Kontakten einzelner Personen basierte. Dies dürfte einerseits ursächlich auf das Gründen derartiger Gruppierungen gewirkt haben und wurde dann andererseits zum Motor der in das alltägliche Leben übertrage-nen Aufklärung. Die musikalische Gesellschaft war ein Bestandteil dieser Strö-mung, die auf dem permanenten lebendigen und bewussten Austausch und dem verantwortungsvollen Handeln gebildeter Individuen ruhte. Wie bei den litera-rischen Vereinigungen rückte hier ›Kulturgut‹ in den Fokus und wurde durch eigenen Antrieb lebendig. Jedes Mitglied, allen voran die Vorstandsvertreter, setzte sich bewusst und unter Einbringung der persönlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten für ›die Sache‹ – in diesem Fall die Pflege ›der‹ Musik und des Musi-zierens – ein.

Eine wichtige Rolle für das Gelingen dieser Bestrebungen in den ersten Jahren spielten einzelne Personen, die gleichzeitig Organisatoren und Musiker waren.

Zumindest in Bezug auf ihre Beiträge zur Musikkultur wurden viele von ihnen von der Zeit vergessen, wie beispielsweise Alexander Bayne of Rires, erster Pro-fessor für schottisches Recht an der Edinburgher Universität, der schon 1725 den Saal in St Mary’s Chapel für den Zweck des Musizierens für 19 Jahre gepach-tet hatte.528 Im Gründungsprozedere war er vermutlich einer der Initiatoren und wurde erster governour der Musical Society. In seiner Position als Universitäts-professor, advocate und früherer curator der Advocates’ Library war er Teil des eben beschriebenen weitreichenden Netzwerks der Gebildeten der Stadt, das auf gemeinsamen Interessen, geschäftlichen Beziehungen und familiären Ver-bindungen basierte und zu dem Musiker, Poeten und Maler ebenso gehörten wie Juristen oder Kaufleute. Bei Bayne wird es beispielsweise daran deutlich, dass eine seiner Töchter – Anne – im Jahr 1739 den Maler Allan Ramsay hei-ratete, den Sohn des Verfassers des bereits mehrfach zitierten Gedichts To the Music Club. Bayne war einer der Protagonisten, die an der Bildung jener neuen schottischen Identität beteiligt waren, die bereits mehrfach erwähnt wurde.529 Sie erreichten dies, indem sie Verantwortung insbesondere für kulturelle ›Projekte‹

527 Vgl. Macleod EMS, Appendix B Members common to the Musical Society and other clubs, S. 236ff., sowie Appendix N Members of the Musical Society listed by Masonic Lodge, S. 306–310.

528 Rock Harmony, S. 57.

529 Vgl. dazu in dieser Studie u. a. S. 49ff.

übernahmen und eigene Initiativen entwickelten. Baynes Unterstützung der musikalischen Gesellschaft ging so weit, dass er vermutlich sogar die ersten drei Jahre, d. h. während seiner Amtszeit als governour, die Pacht für den Saal selbst trug; denn erst ab 1731 sind entsprechende Einträge in den Rechnungsbüchern der society verzeichnet und ein Jahr vor seinem Tod (1737) übertrug er den Pachtvertrag dann rechtlich auf die Gesellschaft.530 Dies überschritt die eigent-lichen Aufgaben eines Vorstandsmitglieds eigentlich bei weitem.

Wie oben schon angedeutet, hatte der Vorstand der Edinburgh Musical Society zum einen die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das unter Punkt 7 formulierte Ziel der wöchentlichen Aufführung eines Konzertes eingehalten wurde: »That a Concert of Musick shall be performed every Friday during the time of Ses-sion, which shall begin precisely at six a Clock in the afternoon in summer, and at half an hour afterfive in the winter«.531 Zum anderen war er beauftragt, sich um »every Matter and thing, whether touching the performance of the Musick, of the Execution of the Rules and orders of the Society«532 zu küm-mern, wozu das regelmäßige Veranstalten von »Concerts for the Entertain-ment of the ladys«533 ebenso gehörte wie die gewissenhafte ›Buch-Haltung‹, d. h. die Pflege eines Buches, in das nicht nur die Protokolle der Mitglieder-versammlungen einzutragen waren, sondern auch die Verwaltungsvorgänge der society.534 Die finanziellen Angelegenheiten, bestehend aus dem Kassieren und Verbuchen des jährlichen Mitgliedsbeitrages von anfangs einer Guinea,535 dem Ausgeben von Konzertkarten536 an die Konzertbesucherinnen der besonderen

530 Vgl. dazu die Einträge in GB-Ep W Y ML 28 MS, Sederunt Books, Bd. 1, S. [26]

und [50].

531 GB-Ep W Y ML 28 MS, Sederunt Books, Bd. 1, Articles der Edinburgh Musical Society, S. 2, vgl. auch Macleod EMS, Appendix A, S. 235.

532 Ebd.

533 Ebd.

534 Vgl. Punkt 4 der Articles and Regulations in GB-Ep W Y ML 28 MS, Sederunt Books, Bd. 1, Articles der Edinburgh Musical Society, S. 1, sowie Macleod EMS, Appendix A, S. 234.

535 Vgl. die Ausführungen in Fußnote 229; der Mitgliedsbeitrag betrug zwischen 1728 und 1731 1gn, zwischen 1732 und 1758 2 gn, zwischen 1758 und 1772 3 gn und ab 1772 3 ½ gn; vgl. Macleod EMS, S. 73.

536 Eine solche Karte – und zwar insgesamt nicht mehr als 60 pro Konzert – konnte zu einem Preis von half-a-crown von den Mitgliedern der Society erworben werden; vgl.

Punkt 9 der Articles and Regulations, in: Articles EMS, S. 28, sowie Macleod EMS, Appendix A, S. 235.

Konzerte537 und dem Begleichen der anfallenden Rechnungen, oblagen dem Schatzmeister, der einmal pro Jahr, und zwar im Mai, dem governour und den

Konzerte537 und dem Begleichen der anfallenden Rechnungen, oblagen dem Schatzmeister, der einmal pro Jahr, und zwar im Mai, dem governour und den