• Keine Ergebnisse gefunden

Wenn die christliche Friedensethik nicht angesichts der fortschreiten-den Renaissance des Krieges resignieren und auch nicht nach dem Leit-bild des gerechten Friedens mittels des Theorems der rechterhaltenden Gewalt letztlich Kriege doch legitimieren will, muss sie an der morali-schen Ächtung des Krieges festhalten, zusätzlich aber auch politische und rechtliche Schritte zu seiner Überwindung anstoßen.

Doch wie ist dem Recht Geltung und Macht zu geben? Hier plä-diere ich wiederum für eine Transformation von nationalen Streitkräf-ten in internationale – besser:transnationale Deeskalationsstreit-käfte(Wilfried von Bredow). Die Ethik des Gerechten Friedens verlangt die Entwicklung vom Kriegsrecht und Kriegsvölkerrecht (Humanitären Völkerrecht) zu einem internationalen Eingriff- und Einsatzrecht, das den Grundsätzender Verhältnismäßigkeit, der Güterabwägung und der rechtstaatlichen Überprüfbarkeitgenügt. Diese Grundsätze sind im Polizeirecht immanent, im Kriegsvölkerrecht (Humanitärem Völker-recht) noch unterbelichtet. Für den Kriegseinsatz militärischer

Streit-kräfte gilt im Zweifel die Parole »Klotzen, nicht Kleckern«(Heinz Gu-derian). Das Ziel ist, Verbrecher, etwa Terroristen, an der Ausführung der Verbrechen zu hindern, sie festzunehmen und der Justiz zu über-stellen. Wenn diese Einsatzkräfte den Grundsätzen der Verhältnismä-ßigkeit, der Güterabwägung und der rechtsstaatlichen Überprüfbarkeit genügen, ist es sekundär, ob sie dann »Polizei« heißen.

Weltinnenpolitik

Geführt werden sollten diese Streitkräfte, da eine Weltregierung, die eine Weltinnenpolitik verantwortet, wegen der Schwäche der Vereinten Nationen – noch – nicht die Agenda bestimmt, zunächst von regiona-len Bündnissen zur Konfliktbewältigung im eigenen Zuständigkeitsbe-reich. Im Ziel einer Konzeption des Gerechten Friedens liegt allerdings der gedankliche Entwurf einer Weltinnenpolitik mit einem Weltgewalt-monopol.

Bereits am 13. Oktober 1963 hatCarl Friedrich von Weizsäckerin seiner Rede in der Frankfurter Paulskirche anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels die Notwendigkeit einer Weltinnenpolitik angemahnt. In der zweiten seiner drei Thesen zu den »Bedingungen des Friedens« stellte er fest: »Der Weltfriede ist nicht das goldene Zeitalter, sondern sein Herannahen drückt sich in der allmählichen Verwandlung der bisherigen Außenpolitik in Weltinnenpolitik aus.«Da aber der Friede nicht durch friedfertige Absichten, sondern durch feste internationale Institutionen gesi-chert werde, forderte er die Schaffung politischer Wege zum Austrag von Konflikten. Dazu rechnet von Weizsäcker die Übertragung des Polizeimonopols an eine internationale Behörde.

Die Ethik des Gerechten Friedens verlangt eine außerordentliche Anstrengung durch Ethik, Politik und Recht. Dabei kennzeichnet die Frage nach der bewaffneten Macht zum Schutz von Frieden und Recht eine wesentliche Aufgabe, aber nicht die vorrangige. Vorrangig ist die gewaltfreie Prävention zur Überwindung von Ungerechtigkeit und da-mit zur Vermeidung von Anlässen zur Gewalt. Die Überwindung des

Krieges wird letztlich erst dann erreicht werden, wenn die nächsten Schritte zur Weltinnenpolitik und zum Weltgewaltmonopol auch getan werden.

Alles Illusion? Ich setze auf dieVision, dass es den Staaten und Völ-kern in der UN gelingt, angesichts des Klimawandels die tatsächlichen Bedrohungen wie Hitze, Sturm, Anstieg des Meeresspiegels usw. zu be-kämpfen statt weiterhin in Rüstung und Kriegsvorbereitung zu inves-tieren. Die Fluten des steigenden Meeresspiegels sind weder durch pa-zifistisch orientierte Menschenketten auf Deichen und an Küsten noch durch Artillerie, Panzer und sonstige militärische Bewaffnung aufzu-halten.

werden«

Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau

 

Die Zwölfte Kirchensynode der EKHN hat während ihrer 8. Tagung, vom 27. bis 30. November 2019 in Frankfurt a.M., am 28. November 2019, das Impulspapier »Kirche des gerechten Friedens werden« be-schlossen:

 

Die beiden von Deutschland ausgegangenen Weltkriege des 20. Jahr-hunderts und die vielfältige Gefährdung des Friedens heute veranlas-sen uns als EKHN, innezuhalten, zu suchen, was dem Frieden dient und uns dafür einzusetzen. Uns leitet dabei die Jahreslosung 2019: »Suche Frieden und jage ihm nach!« (Psalm 34,15b)

Deshalb hat die Kirchensynode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) auf Vorschlag von Kirchenleitung und Kirchensyn-odalvorstand einstimmig beschlossen:

»Die Vision vom gerechten Frieden gehört zum Kernbestand christ-licher Verkündigung. Deshalb geben die Kirchensynode und die Kir-chenleitung dieses Friedensethische Impulspapier an alle Gemein-den, Dekanate und Einrichtungen der EKHN und rufen sie mitten in einer durch Kriege, Verletzungen und Gewaltbereitschaft zerrissenen Welt zu einer breiten und nachhaltigen Diskussion der Friedensfra-ge auf. Sie bitten alle Gemeinden, Dekanate und EinrichtunFriedensfra-gen der EKHN, sich ausgehend von dem Impulspapier mit den Themen »Frie-den« und »Überwindung von Gewalt« zu beschäftigen und dazu bis nach der Friedensdekade 2020 (November 2020)1Rückmeldungen an den Kirchensynodalvorstand und die Kirchenleitung zu geben.«

Das Friedensethische Impulspapier soll alle Gemeinden, Dekanate und Einrichtungen der EKHN ermutigen,

• sich auf den Weg des gerechten Friedens zu machen,

• Friedensförderung verstärkt als Bestandteil aller kirchlichen Äuße-rungen und Handlungen wahrzunehmen,

• Rückmeldungen über das Friedenshandeln im je eigenen Bereich sowie Impulse zur Überwindung von Gewalt zu geben.

Die Diskussionen können an folgenden Leitfragen konkret werden:

• Trägt unser eigenes Handeln als Kirche zu mehr Frieden bei?

• Setzen wir unsere Zeit und unsere Ressourcen für die Versöhnung von Menschen und die Überwindung von Verbitterung und Hass ein?

1 Die Befristung der Rückmeldungen ist aufgrund der Corona-Situation durch Beschlüsse vom Kirchensynodalvorstand (am 17.6.2020) und der Kirchenlei-tung (am 25.6.2020) aufgehoben worden.

• Dient unser Konsum der gleichberechtigten Teilhabe aller Men-schen und der Bewahrung der Schöpfung?

Die Diskussionen und Rückmeldungen sollen zeigen, dass und wie die EKHN Kirche des gerechten Friedens werden will. Auch in schwierigen Fragen und Auseinandersetzungen will sie einüben, unterschiedliche Meinungen zu achten und aus Fehlern zu lernen.

Impulspapier der Kirchenleitung und der Zwölften Synode der