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E INFÜHRUNG

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Im Verlauf dieses Kapitels werden die Treibhausbilanzen verschiedener Technologien von Verbundanlagen für die Supermarktkühlung inklusive verschiedener Sensitivitätsanalysen verglichen. Zuvor werden einige Hintergrundinformationen zur Struktur des deutschen Lebensmitteleinzelhandels und dem Stand der Kühltechnik gegeben.

6.1.1 Lebensmitteleinzelhandel

Der moderne Lebensmitteleinzelhandel zeichnet sich durch ein Nebeneinander sehr unterschiedlicher Ladenformate aus. Je nach Lage (Stadtzentrum, Randlage, Städtische Wohngebiete, Peripherie, Dorf), Kundenstruktur und Konkurrenzsituation werden von den bekannten Ketten (wie Rewe, Edeka, Spar, Metro, Aldi, Tengelmann, Lidl) und Einzelunternehmern standardisierte Ladenkonzepte umgesetzt und gegebenenfalls angepasst.

Die Tabelle 29 und Tabelle 30 geben einen Überblick über die in Deutschland wichtigsten Formate und ihre Marktanteile. Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel besitzt dabei eine im europäischen Vergleich besondere Struktur. Dominiert wird der Markt seit etwa zwei Jahrzehnten von preisaggressiven Lebensmitteldiscountern (wie etwa Aldi, Lidl und Penny).

Die Anzahl kleiner Selbstbedienungsmärkte ist noch relativ groß aber seit geraumer Zeit in einem dramatischen Niedergang begriffen. Vergleichsweise selten sind in Deutschland wirklich große SB-Warenhäuser und Verbrauchermärkte, was sich aus der in Deutschland restriktiven Genehmigungspraxis für Neuansiedlungen an der Peripherie von Städten ergibt.

Tabelle 29 Definition verschiedener Ladenformate im deutschen Lebensmitteleinzelhandel (EHI, 2001)

Einzelhandelstyp Definition Größe

SB-Warenhäuser Einzelhandelsgeschäft mit Lebensmitteln in

Selbstbedienung sowie einem umfangreichen Sortiment an Ge- und Verbrauchsgütern

> 4000 qm

Verbrauchermärkte Einzelhandelsgeschäft mit überwiegend Lebensmitteln in Selbstbedienung sowie Ge- und Verbrauchsgütern

> 1500 qm

Supermärkte Einzelhandelsgeschäft mit Lebensmitteln (inkl. Frischwaren) in Selbstbedienung (Non-Food <25% der Fläche)

> 400 qm

Lebensmittel-Discountmärkte Lebensmittel-Selbstbedienungsgeschäft mit Konzentration auf umschlagstarke Artikel

400 – 800 qm

Lebensmittel SB-Laden Einzelhandelsgeschäft mit Lebensmitteln in Selbstbedienung

< 400 qm

Tabelle 30 Marktanteile und wichtige Kennziffern für die Ladenformate im deutschen Lebensmitteleinzelhandel (EHI, 2001) (Nur Lebensmittelabteilungen für 1 und 2)

Einzelhandelstyp Anzahl Umsatz Mrd €

6.1.2 Kühlsysteme im Lebensmitteleinzelhandel

Der Bedarf für die Kühlung von Lebensmitteln im Einzelhandel ist vielfältig. Er reicht von klassischer Tiefkühlware, über Molkereiprodukte, Fleisch- und Käseprodukte bis hin zu Gemüse und Obst. Hinzu kommt der Kühlbedarf für Produkte für den sofortigen Verzehr wie etwa Eis und Getränke sowie oft zusätzliche Kühlräume für die Lagerung von Waren. Das Verhältnis der einzelnen Kühlbedarfsfelder richtet sich dabei stark nach dem Format und der Käuferstruktur des jeweiligen Ladens.

Es wird daher nicht überraschen, dass die technischen Lösungen für Kühlanwendungen im Handel nicht einheitlich, sondern angepasst sind an Format und Lage eines Geschäftes. Drei Grundtypen von Kühlsystemen sind im Handel weit verbreitet:

1. Steckerfertige Kühlmöbel mit niedrigen Investitionskosten aber relativ hohem Energieverbrauch unter hoher Flexibilität bei der Wahl des Einsatzortes

2. Einzelkühlmöbel mit jeweils eigenem externem Verflüssigungssatz (ebenfalls noch vergleichsweise flexibel)

3. Verbundanlagen mit zentralem Kompressorraum und Kühlmittelleitungen zu den verschiedenen Kühlmöbeln (höhere Investitionskosten bei niedrigeren Energieverbräuchen)

Darüber hinaus entsteht oft noch der Bedarf zur Klimatisierung der Verkaufsräume, vor allem wenn es durch eine Vielzahl steckerfertiger Kühlmöbel zu einem hohen Wärmeeintrag kommt. Die Klimatisierung von Verkaufsräumen ist jedoch nicht Teil dieser Untersuchung.

Als Faustformel kann man annehmen, dass gegenüber der Verbundanlage (3) die spezifischen Energieverbräuche der Verflüssigungssätze (2) um 20-40% höher liegen [BEWAG, 1996]

23 Eigene Abschätzung der Aufteilung innerhalb der Gesamtgruppe „SB-Warenhäuser/Verbrauchermärkte“

und der Mehrverbrauch von steckerfertigen Kühlmöbeln (1) gegenüber den Verflüssigungssätzen (2) nochmals einige 10 % beträgt [Eurovent-Certification, 2001].

Hierein geht ein, dass sich in der Regel bei Freisetzung der Wärme direkt in den Verkaufsraum ein zusätzlicher Aufwand für dessen Klimatisierung ergibt. In der Praxis werden Läden oft mit einem Mix aus zwei oder allen drei Technologien ausgestattet. Im allgemeinen geht der Trend mit zunehmender Größe eines Geschäftes weg von den Lösungen 1 und 2 hin zur Lösung 3.

Anders als dieses recht pauschale Bild vermuten ließe, unterliegen reale Energieverbräuche für die Kälteerzeugung im Lebensmitteleinzelhandel jedoch einer Vielzahl von Einflussfaktoren: Abbildung 34 gibt die Situation für das Ladenformat „Penny-Markt“ der Firmengruppe Rewe wieder, die im Rahmen dieser Untersuchung freundlicherweise fernerfasste Stromverbräuche für Kühlung für das Jahr 2001 für einen Teil ihrer Märkte zur Verfügung stellte. Als geeignete Normierungsgröße für Stromverbräuche für die Kälteerzeugung hat sich im Einzelhandel der „Laufende Meter Kühlmöbel“ eingebürgert, um Effekte unterschiedlicher Verkaufsflächen und verschiedener Dichte an Kühlanwendungen aus den Datensätzen zu entfernen. Es zeigt sich, dass das im Stromverbrauch oberste Dezil von Läden über 100% über dem untersten Dezil liegt. Normiert man die jährlichen Stromverbräuche für dasselbe Ensemble von Märkten auf die Verkaufsfläche, so ergibt sich ein ähnliches Bild (vgl. Abbildung 35). Diese Unterschiede existieren trotz der an sich recht einheitlichen Auslegung der deutschen Pennymärkte.

Abbildung 34 Auf laufende Meter Kühlmöbel normierte tägliche Stromverbräuche für die Kälteerzeugung in 226 Penny-Märkten im Jahre 2001.

0 2 4 6 8 10 12 14 16

Täglicher Stromverbrauch pro lfd. Meter Kühlmöbel [kWh/d/m]

Abbildung 35 Auf Verkaufsfläche normierte jährliche Stromverbräuche für die Kälteerzeugung in 226 Penny-Märkten im Jahre 2001 (gleiche Reihenfolge wie oben).

Die Kühlung macht typischerweise zwischen 45 und 70% des Stromverbrauchs eines Lebensmittelgeschäftes aus [BEWAG, 1996]. Bezogen auf den Umsatz pro Fläche (€ 5000-6000 / m2) bleiben die mit der Kühlung verbundenen laufenden jährlichen Stromkosten (€4-7/m2 in den Daten der Firma Rewe) damit im Bereich weniger Promille. Die Investitionskosten für die Kühlung und die Kühlmöbel betragen in der Regel etwa 40% der gesamten Einrichtungskosten eines neuen Ladens (€300-700/m2 [EHI, 2002]) und machen jährlich je nach Art der Amortisationsrechnung und Lebensdauer der Investition (typischerweise 10 Jahre) zwischen 0,5 und 1% des Flächenumsatzes aus. Diese Zahlen machen deutlich, dass die Kühlung als Kostenfaktor im Lebensmitteleinzelhandel neben Wareneinkauf, Personal und Mieten von vergleichsweise geringer Bedeutung ist. Andererseits liegen die Gewinnspannen im deutschen Einzelhandel im niedrigen Prozentbereich, so dass einfach zu realisierende Einsparungen auch im Promille-Bereich im Zusammenhang mit der Kühlung im Prinzip durchaus interessant sind, wenn sie nicht durch Einbußen an Haltbarkeit, Aussehen und Zugänglichkeit der Waren das wirtschaftliche Ergebnis des Geschäftes kompromittieren.

Welche Einflussgrößen bestimmen nun aber die Energieverbräuche für die Kühlung im Einzelhandel? Zu nennen sind:

• Bedarf an Kühlmöbeln für verschiedene Arten von gekühlten Produkten in den Kategorien Normalkühlung (NK) für Frischwaren von –1°C...+12°C und Tiefkühlung (TK) für Tiefkühlware unter –18°C sowie an gekühlter Lagerfläche.

• Gewählter Mix von Grundtechnologien (Steckerfertig, Verflüssigungssätze, Verbundanlagen)

• Spezielle Gestaltung der Kühlmöbel (z.B. horizontal mit / ohne Tages-Abdeckung, vertikal mit / ohne Türen, Beleuchtung)

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180

Jährlicher Stromverbrauch pro Verkaufsfläche [kWh/m2/a]

• Auslegung und Planung der Anlage (z.B. Dimensionierung, mittlere Temperatur des Kondensators und des Verdampfers)

• Wahl und Einstellung der Regelung (z.B. Temperatur von Zuluft / Abluft im Kühlmöbel, Abtauzyklen)

• Festlegung von technologischen Einzelaspekten (elektrische- oder Gas-Abtauung, Direktverdampfer oder Sekundärsystem)

• Wartungszustand

• Außenklima und mittlere Innentemperatur des Ladens

Die im Datensatz der Firma Rewe zu beobachtenden ausgeprägten Differenzen bei den spezifischen Energieverbräuchen beruhen sicherlich auf einer Kombination dieser Einflussfaktoren. Im Rahmen dieser Studie kann eine vertiefende Analyse allerdings nicht durchgeführt werden. Der Sachverhalt, dass selbst innerhalb eines relativ homogenen und gut überwachten Ensembles von Lebensmittelmärkten Abweichungen der spezifischen Energieverbräuche von über 100% vorkommen, ist aber für die sich anschließende Betrachtung des Einflusses der Kältemittelwahl auf den Energieverbrauch festzuhalten.

6.2 Kühltechnik

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