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Dorferneuerung

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4.2 Planungsinstrumente

4.2.3 Dorferneuerung

In der Dorferneuerung wurden auf zwei Ebene Potenziale für die Un-terstützung der Lokalen Agenda 21 gesehen: Zum einen kann die Dorferneuerung im Sinne eines Gegenstromprinzips (top-down und bottom-up-Ansatz) den programmatischen Ansatz der Lokalen Agen-da 21 durch Einbindungen der konkreten Ortsteilebene unterstützen, zum anderen wurden Potenziale durch die Einbindung von Bürgerin-nen und Bürgern an das Instrument gesehen.

Die Dorferneuerung ist ein Sammelbegriff für verschiedene raumord-nerische Maßnahmen, die eine nachhaltige Stärkung der ländlichen Räume bewirken sollen (Leser et al., 1989). Übergeordnetes Ziel ist es, diese ländlichen Bereiche so umzugestalten, dass sie den ge-genwärtigen und künftigen Anforderungen im Zuge von Veränderun-gen (Strukturunterschiede, MarktentwicklunVeränderun-gen, Wettbewerbsfähig-keit, etc.) entsprechen. Dabei besteht eine zentrale Zielsetzung darin, die charakteristischen Merkmale der jeweiligen ländlichen Räume zu erhalten, d.h. die Umgestaltung darf nicht zu einem regionalen Iden-titätsverlust führen (DorfR Nds., 1995).

Für das Instrument der Dorferneuerung existieren unterschiedliche Auslegungen: Zum einen ist darunter eine prozessbezogene Anwen-dung zu verstehen, zum anderen werden unter diesem Begriff häufig verschiedene Einzelmaßnahmen zusammengefasst. Um eine begriff-Gründe für die Auswahl des

Instrumentes

Begriffsklärung und Aufgabe

liche Abgrenzung treffen zu können, werden letztere im Folgenden als Dorferneuerungsmaßnahmen bezeichnet.

Ausgangspunkt für die Dorferneuerung ist der Strukturwandel der letzten Jahrzehnte, der auch die ländlichen Räume erfasst hat. Be-dingt durch ein verändertes Angebot an Arbeitsplätzen und eine Kon-zentration von Infrastruktur-Einrichtungen in den Stadtregionen droh-ten – und drohen – sich die traditionellen Dorfstrukturen aufzulösen.

Die Dorferneuerung ist daher ein strukturpolitisches Instrument zur Erhaltung der gewachsenen Dorfstrukturen vor dem Hintergrund der sich verändernden politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedin-gungen (MUNLV und LOEBF, 2001).

Die Entwicklung der ländlichen Räume und damit auch die Dorfent-wicklung sind Bestandteil der Strukturpolitik sowohl der EU als auch auf Bundes- und Landesebene. Entsprechend sind auch Fördermög-lichkeiten für die Dorferneuerung auf EG-, Bundes- und Landesebene vorhanden.

Fallbeispiele

Insgesamt wurden zwei Beispielkommunen ausgewählt, die Dorfer-neuerungsprozesse durchgeführt hatten. Dabei handelte es sich

• um Klein-Umstadt, einem Ortsteil der südhessischen Gemeinde Groß-Umstadt,

• um den Ort Rinkerode als Teil der Kommune Drensteinfurt im Re-gierungsbezirk Münster, Westfalen.

Beide Ortschaften sind einer Größenklasse zwischen 10.000 und 25.000 Einwohnern zuzuordnen.

Ergänzend zu den Recherchen in beiden Kommunen führte das For-schungsteam ein Interview mit einem Vertreter des Bayerischen Lan-desamtes für Umweltschutz über die Ergebnisse eines Workshops zum Thema Agenda 21- und Ländliche Entwicklung vom 24. und 25.4.2001, veranstaltet in Kooperation zwischen dem Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, dem Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten, der KommA21 Bayern und der Verwaltung für Ländliche Entwicklung.

Das Gespräch fokussierte in erster Linie auf die prinzipiellen Unter-schiede zwischen der Lokalen Agenda 21 und der Dorfentwicklung.

Die Laufzeiten der Prozesse in den untersuchten Kommunen sind sehr unterschiedlich:

• Die Ursprünge des Prozesses in Rinkerode, einem bis in 1975 ei-genständigen Ortsteil der Stadt Drensteinfurt, gehen mit der Teil-nahme am Landeswettbewerb Unser Dorf soll schöner werden be-reits auf das Jahr 1985 zurück. Die eigens gegründete Arbeits-gemeinschaft Rinkeroder Vereine bereitete auch in den Folge-jahren eine Beteiligung an diesem Wettbewerb vor. Ein neuer Im-puls wurde durch den Grundsatzbeschluss zur Teilnahme am Landeswettbewerb Unser Dorf hat Zukunft im Jahr 1997 ausge-löst. Mit dem Grundsatzbeschluss zur Teilnahme an dem Landes-wettbewerb ging ein breiterer, entwicklungsbezogenen Ansatz ein-her. Die Initiative in Rinkerode wurde später von der Verwaltung in Drensteinfurt aufgegriffen und auch in den anderen Ortsteilen durchgeführt. Die ortsteilspezifischen Aktivitäten wurden zu einem

Herkunft

Rahmendaten

Stand der Prozesse und Pro-zessverlauf

Stadtentwicklungskonzept, das Anforderungen der Lokalen Agen-da 21 erfüllen soll, zusammengeführt.

• Der Dorferneuerungsprozess in Groß-Umstadt startete im Jahr 1995. Auch hier wurde zunächst ein Ortsteil, das Dorf Klein-Um-stadt, ausgewählt. Allerdings bestand hier von Beginn die Absicht, den Dorfentwicklungsprozess unter der Zielrichtung einer Lokalen Agenda 21 durchzuführen. Dazu wurde zunächst ein Arbeitskreis gebildet, der sich aus Vertretern des Umwelt-, des Sozial- und Bauamtes zusammensetzte und Argumente für eine Beteiligung der Stadt am hessischen Dorfentwicklungsprogramm abwog. Die Strukturen für den Prozess wurden in einer Klärungsphase zwi-schen den Jahren 1997 und 1999 entwickelt. Der eigentliche Pro-zess begann mit der Durchführung von Werkstätten in dem aus-gewählten Stadtteil, der in der Erarbeitung eines Dorfentwick-lungsplans mündete.

B. Theoretische Konzeption und praktische Ausgestaltung

Zielsetzungen und Prozessstrukturen

Durch die Integration von sozioökonomischen, ökologischen und kul-turellen Aspekten stellt die Dorfentwicklung bzw. -erneuerung einen sehr umfassenden Ansatz zur Entwicklung des ländlichen Raums dar. Das Instrument spricht durch die Festlegung von Leitlinien zur Dorfentwicklung, ergänzt durch ein breites Spektrum von Einzelzie-len, sowohl die strategische als auch die operative Zielebene an. Im Folgenden sind beispielhaft die Zielsetzungen der Niedersächsischen Dorferneuerungsrichtlinie genannt (DorfR Nds., 1995):

• Erarbeiten von Leitlinien für die künftige Entwicklung des Dor-fes,

• Erhalten und Verbessern der ländlichen Siedlungen als Stand-ort für land- und forstwirtschaftliche Betriebe,

• Beseitigen von Wirtschaftserschwernissen sowie Verringern des Arbeitsaufwandes für land- und forstwirtschaftliche Be-triebe,

• Umweltwirkungen von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben mit den Erfordernissen zeitgemäßen Wohnens und Arbeitens in Einklang bringen,

• Verbessern der Lebensverhältnisse bäuerlicher Familien,

• Sichern und Stärken der allgemeinen Wirtschaftskraft des Dor-fes,

• Sichern der ortstypischen Bausubstanz ggf. durch Umnutzung,

• Verbessern des Wohnumfeldes,

• Bewahren bzw. Wiederherstellen der dörflichen ökologischen Eigenart und Vielfalt,

• Leisten eines Beitrags zur Pflege des Ortsbildes sowie zur ge-stalterischen Entwicklung des Dorfes,

• Einbinden des Dorfes in die umgebende Landschaft, Zielebene und

Zielsetzungen

• Anstöße für eine langfristige sinnvolle Dorfentwicklung und für weitere private und öffentliche Investitionen geben.

Fallbeispiele

Beiden Kommunen definierten die Aufwertung bzw. Verschönerung des Ortes als Hauptziel der eigenen Initiativen. Mit dem Verlauf der Prozesse differenzierten sich allerdings die Zielsetzungen:

• In Rinkerode rückte die Frage in den Vordergrund, in welche Rich-tung sich das Dorf bzgl. des Verkehrsaukommens, des Zuwachses an Bevölkerung, der notwendigen Infrastruktur für Kinder und Ju-gendliche und der Arbeitsplätze entwickeln soll.

• In Groß-Umstadt stand nach Aussage eines Interviewpartners zu-nehmend die Entwicklung von Plätzen zu lebenswerten und le-bendigen Treffpunkten im Mittelpunkt. Damit trat nicht nur eine so-ziale Komponente in den Vordergrund, sondern auch das Ziel, eher kleinräumige Strukturen zu gestalten.

Innerhalb des Rahmens der Gesamtkommune ist der Zielkontext der Dorferneuerung variabel. Er erstreckt sich von der Entwicklung eines Leitbildes zur gesamten Kommunalentwicklung bis hin zur Erörterung einzelner fachlicher Aspekte, wie die Umnutzung von Gebäuden etc..

Entsprechend variiert der räumliche Bezug einer Dorferneuerung: So können die gesamte Gemeinde, aber auch nur einzelne Teilbereiche oder Ortsteile einbezogen sein.

Die Zielsetzung der Dorferneuerung hat zunächst keinen direkten Be-zug zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, jedoch sind aufgrund thematischer Überschneidungen mittelbare Anknüpfungsmöglichkei-ten, z.B. durch Umweltschutzaspekte, vorhanden. Einige Förderpro-gramme für die Dorfentwicklung verankern jedoch explizit den Bezug zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in den Richtlinien.

Der Prozess der Dorferneuerung als solcher unterliegt keinen fixier-ten zeitlichen Vorgaben, jedoch richtet sich das lokale Vorgehen an den zeitlichen Vorlagen und Fristen der entsprechenden Förderpro-gramme.

Da es sich bei der Dorferneuerung um ein offenes Entwicklungsin-strument ohne verbindliches Verfahren handelt, kann der Verfah-rensträger variieren. So kommen auch unterschiedliche Zuwen-dungsempfänger im Rahmen der Förderrichtlinien in Frage.

Als Normadressaten werden hierbei folgende Gruppen genannt (DorfR Nds., 1995):

• Gemeinden und Gemeindeverbände

• natürliche und sonstige juristische Personen sowie Personen-gemeinschaften.

Unabhängig von den Zuwendungsempfängern übernimmt häufig die Kommune als bedeutender Entscheidungsträger eine Schlüsselrolle im Dorferneuerungsprozess (Stiftung Mitarbeit, 1998). Dadurch wird in Zusammenarbeit mit den Trägern öffentlicher Belange sicher-gestellt, dass das Dorfentwicklungsprogramm im Einklang mit den Zielvorgaben, wie Raumordnung, Landesplanung, etc. steht.

Weiterhin ist eine umfangreiche Einbindung der Bürger und Bürge-rinnen als entscheidender Faktor für eine erfolgreiche Umsetzung

ei-Zielkontext

Zeitlicher Bezug

Verfahrensträger und Verfahrensbeteiligte

ner nachhaltigen Dorferneuerung zu sehen (Stiftung Mitarbeit, 1998;

MURL, 1998).

Fallbeispiele

Die Zuständigkeiten für den Dorferneuerungsprozess lagen in den beiden untersuchten Kommunen auf verschiedenen Ebenen: Wäh-rend in Klein-Umstadt die Verwaltung (Kulturamt) den Prozess orga-nisierte, hatte in Rinkerode die Arbeitsgemeinschaft Rinkeroder Ver-eine auch die formale Zuständigkeit übernommen.

Die Einbindung der Öffentlichkeit wurde in den beiden untersuchten Dorferneuerungsprozessen in unterschiedlichem Maße realsiert:

• In Rinkerode wurde der Prozess maßgeblich von den lokalen Ver-einen maßgeblich getragen. Insgesamt erstreckte sich der Prozess über einen Zeitraum von einem Jahr. In dieser Zeit erarbeiteten Arbeitskreise unter Beteiligung von BürgerInnen und Ratsmitglie-dern gemeinsame Ziele und Maßnahmen, die vor der endgültigen Veröffentlichung der Bürgerschaft vorgestellt und diskutiert wur-den. Die Arbeitsgemeinschaft der Vereine erwies sich zudem als Kristallisationskern für die Initiierung neuer Kooperationen zwi-schen den insgesamt beteiligten 30 Vereinen.

• In Klein-Umstadt organisierte man die Bürgerbeteiligung überwie-gend über eine Werkstatt. Hier hatte die Bürgerschaft die Möglich-keit, konkrete Wünsche und Anregungen zur Gestaltung ihres Ortsteils zu sammeln und in einem Handlungsprogramm zusam-menzufassen.

Verbindliche Verfahren oder Prozessstrukturen sind für die Dorfer-neuerung nicht vorgegeben, auch wenn verschiedenen Handlungs-empfehlungen, wie Leitfäden oder Ablaufschemata existieren (ILR, 1999). Die Verfahrensspielräume sind daher offen.

Das HMULF (2000) beschreibt am Beispiel von drei Kommunen fol-gende Ablaufschritte zur Umsetzung der Dorferneuerung:

• Startphase

• Klärungsphase

• Örtliches Handlungskonzept (Dorfentwicklungsplan)

• Umsetzungsphase.

Verbindlichkeiten resultieren nicht aus dem Instrument der Dorf-erneuerung an sich, sondern ggf. aus veranschlagten Dorfentwick-lungsplänen oder der Inanspruchnahme von Fördermitteln.

Im Gegensatz zur Lokalen Agenda 21 ist bei der Dorfentwicklung durch Förderprogramme ein klar definiertes Verfahrensschema vor-gegeben. Die finanziellen Fördermittel für die Dorferneuerung sind oft ein Auslöser für den Prozess - und sind ein wichtiger Grund für die oftmals aktive Unterstützung durch Bürgermeister, Rat oder Verwal-tung.

Ablaufschritte, Verfahrens-grundsätze, Verfahrensspiel-räume

Verbindlichkeit

Fördermittel

Fallbeispiele

Auch in den beiden untersuchten Beispielkommunen wurden För-dermittel durch das jeweilige Bundesland genutzt.

• In Rinkerode, so ein Interviewpartner, haben sich die Fördermittel weniger auf den eigentlichen Prozess ausgewirkt als die engen zeitlichen Vorgaben des Landeswettbewerbes. Dadurch konnte das Engagement und die Geschwindigkeit des Prozesses erheb-lich gesteigert werden.

• Auch in Klein-Umstadt spielten die Fördermittel bezüglich der vor-gegeben Zeiträume eine wichtige Rolle, da der Prozess der Dorf-erneuerung lediglich ein dreiviertel Jahr in Anspruch nehmen durf-te. Während zum Zeitpunkt der Befragung die Dorferneuerung längst abgeschlossen war, lief die Lokale Agenda 21 noch. Das Förderprogramm nahm auch in inhaltlicher Dimension Einfluss auf den Prozess, in dem es Vorgaben in Richtung Nachhaltigkeit traf.

Damit war der Anstoß gegeben, die Dorferneuerung und die Loka-le Agenda 21 miteinander zu koppeln.

Interessant ist die Einschätzung aus einer der Kommunen, dass die Dorferneuerung durch die Bereitstellung von Fördermitteln und die damit verbundenen Fristen stärker als durch die Bürgermeister bzw.

durch Rat und Verwaltung gestützt wird.

Anstöße zu Veränderungsprozessen

Eine Änderung von Zuständigkeiten und Kompetenzen resultiert nicht aus dem Dorferneuerungsprozess, da dieser weder an für die Auf-bauorganisation relevanten Stellen ansetzt, noch rechtliche Verbind-lichkeit besitzt.

Fallbeispiele

In beiden Kommunen wurden eigenständige Organisationsstrukturen zur Durchführung des Dorferneuerungsprogramms geschaffen. In Klein-Umstadt wurde eine Agenda-Werkstatt eingerichtet, in Rinke-rode bildete sich die bereits genannte Arbeitsgemeinschaft Rinkero-der Vereine. Darüber hinaus wurden in beiden Kommunen weitere Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Prozessstadien gebildet.

Der Dorferneuerungsprozess ist durch seine Offenheit und die Betei-ligung unterschiedlicher Akteure prinzipiell eine geeignete Plattform, um neue Formen der Zusammenarbeit zu fördern. So stellt die Stif-tung Mitarbeit (1998) heraus, dass durch Informations-, Bildungs- und Beratungsarbeit sowie den Einsatz von geeigneten Informations- und Kommunikationsmethoden eine Verbesserung der Bürgerbeteiligung und damit eine intensivere Kommunikation zwischen den Akteuren erreicht werden kann.

Fallbeispiele

Eindeutige Ergebnisse über die Wirkungen der Prozesse auf die Zu-sammenarbeit zwischen Verwaltung, Rat und der Öffentlichkeit las-sen sich nicht erkennen:

Veränderung der Aufbauorganisation

Veränderung der Zusammenarbeit

• In einer der beiden Kommunen betonte ein Gesprächspartner die gestärkte Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger für ihr Lebensumfeld durch die Teilnahme an dem Prozess.

• In einer der beiden Gemeinden entstanden Spannungen zwischen den aktiven Personen in dem Prozess und dem Rat, da das be-reits abgeschlossene Dorferneuerungsprogramm der Gesamt-gemeinde erst zu einem späteren Zeitpunkt gemeinsam mit einem Stadtentwicklungskonzept für die Gesamtgemeinde dem Rat der vorgelegt werden sollte. Die Umsetzung der Ergebnisse war daher über einen längeren Zeitraum nicht möglich.

Weiterbildung und Qualifikation in Methodenkompetenzen können sich für die Prozesse als hilfreich erweisen. Unter anderem erfordert die Entwicklung der Dorferneuerung hin zu einem kommunikativen offenen Prozess in zunehmendem Maße besondere Qualifikationen im Bereich der Informations- und Kommunikationsmethoden (z.B.

Moderation).

Fallbeispiele

In einer der beiden Kommunen wurden professionellen Moderations-techniken eingesetzt. Dazu erhielten die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung in der ortsansässigen Volkshochschu-le ein kostenloses Moderationstraining. In der anderen Kommune wurden keine neuen Arbeitsmethoden

Eine Veränderungswirkung durch die Handlungsprogramme konnte man in beiden Kommunen noch nicht feststellen, da sie noch zu neu bzw. noch nicht verabschiedet waren. Allerdings ging man in beiden Kommunen davon aus, dass sie nach Verabschiedung durch die Ratsgremien u.a. wegen des großen Interesses in der Öffentlichkeit und der breiten Beteiligung im Ortsteil auch umgesetzt werden.

Auf der konzeptionellen Ebene fand das Handlungsprogramm des Dorferneuerungsprozesses in Klein-Umstadt bereits Eingang in das kommunale Handlungsprogramm. In Rinkerode war zum Zeitpunkt der Befragung geplant, in naher Zukunft die Arbeitsergebnisse mit den Ergebnissen aus anderen Ortsteilen im Rat vorzustellen und als gemeinsames Handlungsprogramm zu verabschieden.

Querbezüge zu anderen Instrumenten

Querbezüge zur Bauleitplanung bestehen durch inhaltliche Über-schneidungen (z.B. Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) und in Form von Analo-gien in der Akteurseinbindung. So sieht die Bauleitplanung eine mög-lichst frühzeitige Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen sowie der Träger öffentlicher Belange vor (§§ 3, 4 BauGB).

Die Flurbereinigung zielt auf eine Strukturverbesserung im ländlichen Raum. Dadurch ergeben sich ebenfalls Überschneidungen zur Dorf-erneuerung.

Die Lokale Agenda 21 und die Dorferneuerung weisen sowohl hin-sichtlich der jeweiligen thematischen Ausrichtung als auch von der organisatorischen und methodischen Umsetzungspraxis Synergie-potenziale auf. So ist bei beiden Prozessen ein Leitbild, einmal bezo-gen auf die zukunftsfähige Umgestaltung des ländlichen Raums, zum Weiterbildung /

Qualifikation

Veränderungs wirkung

zu förmlichen Planwerken

zu freiwilligen Instrumenten

anderen bezogen auf die dauerhafte nachhaltige Entwicklung in ei-nem offenen Prozess für die entsprechenden Handlungsebenen zu definieren und anzuwenden (HMULF 2000).

Was den räumlichen Bezug der Handlungsebenen betrifft, so treten tendenziell jedoch unterschiedliche Fokussierungen auf. Während die Dorferneuerung häufig auf kleinere räumliche Einheiten, wie z.B. ein-zelne Ortsteile eingeht, ist die Lokale Agenda 21 auf die gesamt-kommunale Ebene ausgerichtet. Sowohl die Lokale Agenda 21 als auch die Dorferneuerung zielen in ihrer praktischen Umsetzung auf eine hohe Akteursbeteiligung, insbesondere wird dabei eine aktive Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen betont (HMULF 2000).

Fallbeispiele

In keiner der untersuchten Kommunen fand eine differenzierte Aus-einandersetzung mit dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung statt. Ein Interviewpartner sah die Möglichkeit einer Auseinanderset-zung über allgemeine Fragen des Leitbildes eher im Prozess der Lo-kalen Agenda 21 angesiedelt. Anders verhält es sich mit einzelnen Kriterien nachhaltiger Entwicklung, die nach Aussage von Interview-partnern aus beiden Kommunen auf einer konkreten Ebene aufge-griffen wurden (z.B. im Bereich Verkehr). Zwangsläufig wurden glo-bale bzw. entwicklungspolitische Fragestellungen nur am Rande bzw.

gar nicht erörtert. Wichtigster Anknüpfungspunkt in diesem Zusam-menhang war das Thema Konsum (z.B. Regionalvermarktung), mit dem sich vor allem Arbeitsgruppen in Rinkerode auseinander setzten.

Der Bezug zur Lokalen Agenda 21 verlief in beiden Kommunen über die strategische und inhaltliche Ebene. Hier stellten Interviewpartner aus beiden Kommunen fest, dass größere Schnittmengen – aber auch starke Differenzen - zur Lokalen Agenda 21 bestehen:

Schnittmengen sahen Interviewpartner in beiden Kommunen vor al-lem bei verfahrensmäßigen Aspekten. In beiden Kommunen sah man die Dorfentwicklung als gelungenen Weg, die Bürgerinnen und Bürger auf Ortsteilebene in den Prozess der Lokalen Agenda 21 einzubinden und zu einer Beteiligung zu motivieren.

Allerdings zeigt die Orientierung der Dorferneuerung an lokalen Fra-gestellungen, dass auch größere Differenzen zur Lokalen Agenda 21 bestehen. Interviewpartner in beiden Kommunen machten die gerin-gen Handlungsmöglichkeiten auf Ortsteileben, z.B. zur Fragerin-gen der Stadtentwicklung oder der Landwirtschaft, verantwortlich. Gleichzeitig spielt aber auch die starke Bürgerorientierung eine Rolle: Der Fokus der beteiligten Bürgerinnen und Bürger ist zunächst auf die Gestal-tung des eigenen Lebensumfeldes, nicht dagegen auf Ziele einer nachhaltigen Entwicklung gerichtet. Damit können nur bestimmte As-pekte der Lokalen Agenda 21 abgedeckt werden.

Ein Gesprächspartner wies außerdem darauf hin, wie wichtig neben den programmatischen Feststellungen ergänzende Instrumente für die Verwaltung sind, die Qualitätsvorgaben für einzelne Planungen und Vorhaben festschreiben und für konkrete Planungsebenen ope-rationalisieren. Werden beispielsweise im Zuge eines Dorfent-wicklungsprozesses gewerbliche Planungen beschlossen, sei ein Landschaftsplan ein wichtiges unterstützendes Instrument, das die Einhaltung von ökologischen Vorgaben bzw. Ersatzmaßnahmen re-gelt. Hier wäre ein konsistentes Kriterienraster sinnvoll.

Die Offenheit in der Ausgestaltung der Dorferneuerung, die sich aus dem Fehlen von inhaltlichen, organisatorischen und formellen Nor-mierungen herleitet, birgt naturgemäß sowohl Chancen als auch Ge-fahren. So folgten aus dieser Freiheit in der Vergangenheit sehr indi-viduelle und z.T. unkonventionelle Planungen, die an die Bedingun-gen der jeweiliBedingun-gen Dörfer angepasst waren, aber auch unbrauchbare Werke mit Datenfriedhöfen (ILR, 1999).

Den unterschiedlichen Anforderungen, welche sich aus dem Ziel ei-ner zukunftsfähigen Umgestaltung ländlicher Räume ergeben, kann letztendlich nur durch eine entsprechend offene und variable Gestal-tung des Dorferneuerungsprozesses Rechnung getragen werden. Um diese Offenheit zielgerichtet einsetzen zu können, könnte vor allem ein intensiver Erfahrungsrückfluss aus Projekten für die Nachfolgen-den unterstützend wirken.

C. Fazit

Obwohl nur zwei der untersuchten Kommunen einen Dorferneue-rungsprozess durchgeführt haben, lassen sich einige Schlussfolge-rungen über das Verhältnis dieses Instruments zur Lokalen Agenda 21 ziehen.

Die Erfahrungen zeigen, dass die Dorferneuerung vor allem auf der Verfahrensebene einen Beitrag zur Lokalen Agenda 21 leisten kann.

In der breiten Bürgerbeteiligung, in der Verabschiedung und Umset-zung von Handlungsprogrammen und in der notwendigen Kooperati-on zwischen Verwaltung, Politik und Öffentlichkeit liegen Unterstüt-zungspotenziale.

Allerdings reichen Dorferneuerungsprozesse alleine nicht aus, um ei-ne Lokale Agenda 21 aufzustellen. Zwar kann die Dorferei-neuerung ein wichtiger Einstieg sein, jedoch in zeitlicher (Fristen durch Förderung), sozial-räumlicher (Ortsteil) und inhaltlicher Hinsicht (tendenzielle Ver-nachlässigung globaler Fragen) ist die Dorferneuerung wesentlich eingeschränkter als eine Lokale Agenda 21 zu sehen.

Weiterhin lässt sich schlussfolgern, dass eine stärkere Betonung der Bürgerbeteiligung den potenziellen Widerspruch in sich trägt, auf ei-ner inhaltlichen Ebene zentrale Ziele eiei-ner nachhaltigen Entwicklung, wie globale Gerechtigkeit, verantwortungsbewusster Umgang mit be-grenzten Ressourcen und Fragen des Konsumverhaltens, zugunsten unmittelbarer Eigeninteressen in den Hintergrund zu drängen. Eine breite Bürgerbeteiligung kann sich im schlimmsten Falle sogar kont-raproduktiv auf die Entwicklung von Nachhaltigkeitszielen auswirken, weil es in stark bürgerschaftlich orientierten Prozessen, insbesondere auf Ortseileben, kaum gelingt, das Leitbild der nachhaltigen Entwick-lung angemessen zu transportieren.

Die Dorferneuerung kann jedoch dann einen Beitrag zu der Lokalen

Die Dorferneuerung kann jedoch dann einen Beitrag zu der Lokalen

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