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4. Diskussion

4.8. Therapeutische Ansätze

4.8.2. Operative Therapie

4.8.2.6 Doppelanlage

23 Patienten dieser Studie (26%) zeigten auf der Seite des VUR eine Doppelanlage, die bei drei Kindern beidseitig vorlag. Sieben Ureteren mündeten dabei in eine Ureterocele.

Grundsätzlich gilt für einen VUR im Zusammenhang mit einer Doppelanlage die gleiche therapeutische Herangehensweise wie für einen VUR bei einer Normalniere: unter konservativer

Therapie besteht die Möglichkeit der Maturation, wobei diese mit 10 – 58% seltener einzutreten scheint (Arnold 1997, Husman 1991, Lee 1991) und im Durchschnitt sechs Monate länger dauert (Ben-Ami 1989b) als bei Kindern mit Normalnieren. Die Heilungsdauer (Wennerström 1998) und -rate für die einzelnen Schweregrade (Lee 1991) unterscheidet sich nicht signifikant von Normalnieren. Sen 1998 empfiehlt nur den VUR Grad I - III konservativ zu behandeln, auch Peppas 1991 operiert erst ab Grad IV, Husman 1991 und Mildenberger 1982 halten den VUR bereits ab Grad III für operationsbedürftig.

In unserer Studie wurden sechs Kinder mit einer Doppelanlage (in einem Fall beidseitig, in einem Fall celentragend) konservativ behandelt. Der VUR war Grad III - V, die anteilige Nierenfunktion minimal 25%, vier Kinder hatten außerdem eine neurogene Blasenentleerungsstörung, in einem Fall Urethralklappen.

Nur bei einem Kind war der sekundäre VUR Grad III nach 23 Monaten ausgeheilt. Drei VUR verbesserten sich zwischen 20 und 33 Monaten (einmal von V auf III, zweimal von IV auf III), ein sekundärer VUR verschlechterte sich von II auf III. Zwei VUR persistierten über zwölf bzw.

33 Monate bei III (jeweils ein primärer und sekundärer VUR), was auch Fehrenbaker 1972 bei 20 Kindern über ein bis fünf Jahre beobachtete, so daß er einen Unterpolreflux generell als Indikation zur chirurgischen Therapie betrachtet.

Soweit ein Vergleich mit unserem kleinen Patientenkollektiv möglich ist, reiht sich unsere Heilungsrate (16,7% der Kinder bzw. 14,3% der URE) in die oben genannte Heilungsrate ein, allerdings im unteren Bereich. Aufgrund der geringen Patientenzahl ist es aber schwierig, weitere Schlüsse zu ziehen.

Fieberhafte Durchbruchsinfektionen traten bei einem der sechs konservativ behandelten Kinder auf (zusätzlich bei drei Kindern asymptomatische Bakteriurien) sowie präoperativ bei sechs der 17 operativ behandelten Kinder (zusätzlich bei sieben Kindern asymptomatische Bakteriurien).

Zusammengefaßt hatten 30% der Kinder mit einer Doppelanlage fieberhafte Durchbruchsinfektionen unter konservativer Therapie.

Von einer ähnlichen Häufigkeit berichten Arnold 1997 und Dunn 1982 mit 24% bzw. 34% der Kinder, bei Husmann 1991 handelte es sich um 17%.

Die Korrekturoperation des refluxiven Ureters wird beeinflußt durch die Komplexität der Doppelanlage. Oftmals wird die Korrekturoperation mit einer erforderlichen HNE des funktionslosen Oberpols oder einer Celenresektion am kranialen Ureter kombiniert. Oder die

Korrekturoperation erfolgt erst in einem zweiten Schritt, nachdem z.B. eine Ureterocele zur Entlastung des Oberpols geschlitzt wurde oder die bereits erwähnte HNE vorgenommen wurde (s. Unterkapitel „Kombinationsoperationen“ 4.7.2.5).

In unserer Studie kamen bei den 17 operierten Kindern zehn verschiedene Operationsverfahren bzw. -abläufe zur Anwendung: bei acht Kindern eine Korrekturoperation (in fünf Fällen als einfache ARP, in drei Fällen als Doppel-UCN), bei drei Kindern Kombinationsoperationen (HNE/Neoimplantation des Ureters; HNE/Celenresektion; Doppel-UCN/Celenresektion), bei zwei Kindern eine einfache Celenschlitzung und bei vier Kindern ein mehrzeitiges Vorgehen (Celenschlitzung mit nachfolgender ARP; Celenschlitzung mit nachfolgender ARP/Celenresektion, kutane Ureterostomie mit nachfolgender HNE/ARP, zweimaliger Ostienunterspritzung und letztendlich erneuter ARP; Cystofix mit nachfolgender beidseitiger ARP).

Da die einzelnen Operationsverfahren jeweils nur bei wenigen Kindern angewendet wurden, ist die Auswertung und der Vergleich mit der Literatur nicht aussagekräftig genug. Die Kombinationsoperationen wurden bereits in einem eigenen Kapitel erläutert.

Welches Operationsverfahren bei welchem Kind angezeigt ist, muß letztendlich individuell entschieden werden und insbesondere auch die Funktion der Anlagen berücksichtigt werden.

Eine nicht funktionstüchtige Anlage sollte nicht neoimplantiert werden, bei Vorliegen von zwei funktionstüchtigen Anlagen sollten die Ureteren en bloc neoimplantiert werden wegen der Komplikation der Unterbrechung der Blutversorgung (Shafik 1972).

Bei zwei Patienten wurde der refluxive Ureter (Grad III) der Doppelanlage mit Eigenblut bzw.

als Reoperation nach einer HNE und kombinierter UCN zunächst mit Kollagen und nachfolgend mit Eigenblut unterspritzt. Im ersten Fall persistierte der VUR niedriggradiger, im zweiten Fall heilte eine weitere Reoperation den VUR.

Die antirefluxive Ostienunterspritzung bei Doppelanlagen wird in der Literatur kontrovers diskutiert: Miyakita 1993 unterspritzte 43 refluxive Ureteren Grad III - V mit Teflon und spricht sich bei einer Ausheilungsrate von 70% nach einer Injektion für den Eingriff aus. Dewan 1991 berichtet nach der ersten Injektion (Teflon) von 41% erfolgreich geheilten VUR. Nach weiteren Injektionen erhöhte sich die Rate auf 67%, so daß er die Methode empfiehlt. Auch Geiss 1990 ist bei nur 30% Rezidivrefluxen für die Unterspritzung.

Reunanen 1997 dagegen, der den Verlauf nach einer Injektion (Kollagen) beschreibt, hält bei einer Erfolgsrate von 46% nach einem Monat und 25% nach sechs Monaten den Eingriff für ungeeignet. Auch Steinbrecher 1995 hält 57% ausgeheilte VUR drei Monate nach einer Tefloninjektion (mit Steigerung auf 68% nach einer zweiten Injektion) nicht für ausreichend.

Dodat 1990, Viville 1990 und Blyth 1993 favorisieren die Tefloninjektion insbesondere als Alternative zur operativen Korrektur beim neu aufgetretenen Reflux nach Ureterocelenschlitzung.

Leider lassen unsere geringen Patientenzahlen keinen Vergleich mit der Literatur zu. Wie im Kapitel 4.8.2.4. „Korrekturoperationen“ aber bereits erläutert, hat die endoskopische Ostienunterspritzung auch bei Doppelanlagen Vorteile aufgrund des geringen Aufwands, der einfachen Technik, der ambulanten Durchführung usw., wobei die Heilungsraten niedriger sind als bei Normalnieren.

Bei vier Patienten wurde die assoziierte Ureterocele geschlitzt. Die erwartete Entstauung trat in zwei Fällen ein, die anteilige Nierenfunktion blieb in zwei Fällen gut, in einem Fall war die postoperative Funktion ohne präoperativen Vergleich gut, im letzten Fall fehlte der postoperative Befund. Die in 50 - 100% beobachtete Refluxentstehung (Arnold 1997, Coplen 1995, Blyth 1993, Überreiter 1990) trat hier nicht ein, wobei ein anderer Patient deswegen in die Studie aufgenommen wurde.

Allgemein ist die Celenschlitzung ein umstrittener Eingriff und wird wegen der Refluxentstehung von manchen Autoren abgelehnt (Überreiter 1995, Scherz 1989) oder nur als Übergangsbehandlung betrachtet (Rickwood 1992, Kroovand 1979, Brock 1978). Andere wiederum (Monfort 1992, Decter 1989, Caione 1989, Tank 1986) sehen darin zumindest bei Neugeborenen eine Entlastungsmethode, die bessere Voraussetzungen für spätere Eingriffe schafft. Auch Chertin 2001 zieht eine primäre Celenpunktion vor.