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Proband 1, der Vater der Patienten, zeigte bei Eintreffen einen leicht erhöhten

Blutdruck von 145/86 mmHg (MAP = 106), der sich nach 30 min. Ruhezeit auf Werte von 130/79 mmHg (MAP = 96) normalisierte. Risikofaktoren für die Entwicklung einer Hypertonie ließen sich anamnestisch nicht eruieren. Allerdings bestanden eine

leichte Hypercholesterinämie (244 mg/dl) und eine Erniedrigung des Kaliums im Urin (28,15 mmol/24h).

Obwohl die genetische Analyse ergab, dass er heterozygot bezüglich der SCNN1A-Mutation ist, entsprachen die von uns getesteten Parameter weitgehend der Norm, sodass man davon ausgehen kann, dass sich die Genmutation in diesem Fall nicht bemerkbar macht.

Proband 2 (ein Großonkel der Patienten) wies bei Eintreffen erhöhte Blutdruckwerte auf: 164/94 mmHg (MAP = 117), die auch nach 30 Minuten Ruhezeit lediglich auf hochnormale Werte von 148/82 mmHg (MAP = 104) abfielen. Er berichtete uns von vorhandenen Langzeit-Blutdruck-Messungen über 2 bis 3 Monate, die

altersentsprechend gewesen waren.

Auffällig war bei ihm neben einer leichten Hypercholesterinämie die Erhöhung der Mineralocorticoide im Urin:

Das Freie 18-OH-Cortisol und das Freie 18-OH-B waren auf über das Doppelte des oberen Normwerts erhöht, das Tetra-Hydro-Aldosteron sogar auf das Dreifache der oberen Norm.

Dennoch ist der Proband klinisch völlig unauffällig.

Proband 3 (ebenfalls ein Großonkel der Patienten) zeigte die am weitesten von der Norm abweichenden Werte:

Nicht nur die Blutdruckwerte waren schon bei der ersten Messung auf Werte von 170/100 mmHg (MAP = 123) erhöht, sie blieben auch nach 30 Minuten Ruhezeit unverändert hoch bei 170/100 mmHg (MAP = 123). Da der Proband etwa 300 km von München entfernt wohnt, wurde das Blut von der Hausärztin abgenommen und dann in unser Labor geschickt. Der gemessene Serum-Kalium-Wert lag bei 9,81, was auf einen Messfehler oder die Zersetzung der Blutprobe zurückzuführen sein muss.

Die Mineralocorticoide im Urin waren zum Teil exzessiv erhöht: Fr.18-OH-Cortisol 1235,80 µg/d, Fr.18OH-B 45,14 µg/d, TH-Aldosteron 266,4 µg/d).

Anamnestisch gab der Proband als Hypertonie-Risikofaktor lediglich einen mäßigen Nikotinabusus an. Allerdings konsultiere er sehr selten seine Hausärztin, sodass keine regelmäßigen Blutdruck- oder Laborkontrollen durchgeführt wurden. Da er sich aber gesund fühlt, scheint auch hier die SCNN1A-Mutation keine klinisch

erkennbaren Auswirkungen zu haben.

Die Blutdruckwerte von Proband 4 (ein weiterer Großonkel der Patienten)

entsprachen bei Eintreffen dem Hypertoniestadium 1 [31]: 155/74 mmHg (MAP = 101). Nach 30 min. Ruhezeit fielen sie auf hochnormale Werte von 130/75 mmHg (MAP = 93) ab. Allerdings kann man sein Blutdruckprofil nur eingeschränkt

beurteilen, da er ATII-Rezeptorenblocker (Co-Diovan®) einnimmt. Er war der einzige der Verwandten, bei dem eine Erniedrigung des Serum-Natriums nachgewiesen werden konnte (126 mmol/l), deren Ursache eventuell die bei dem Probanden in heterozygoter Form vorliegende Mutation des SCNNA1-Gens sein könnte.

Das Urin-Profil zeigte keine Auffälligkeiten bezüglich der Elektrolyte, die Hormone waren jedoch alle erhöht (Fr.18-OH-Cortisol 125 µg/d, Fr.18OH-B 8,5 µg/d, TH-Aldosteron 80 µg/d).

Probandin 5, die Mutter der Patienten berichtete über eine mäßig ausgeprägte Hypotonie im Kindesalter und zeigte auch bei unseren Untersuchungen mit Werten von 138/76 mmHg (MAP = 97) einen normalen Blutdruck, obwohl sie mit einem Gewicht von 89 kg (BMI =30,1) eine Adipositas Grad I und damit Risikofaktoren für die Entwicklung einer Hypertonie aufweist. Dass sich diese nicht manifestiert, könnte in der bei der Probandin heterozygot vorliegenden Mutation im SCNN1A-Gen

begründet sein.

Außerdem fiel eine leichte Hyperkaliämie von 5,21 mmol/l bei ihr auf, die ebenfalls durch die Gen-Mutation bedingt sein könnte.

Die Elektrolyte im Urin lagen alle im Normbereich, die Hormone waren allerdings zum Teil deutlich erhöht (Fr.18-OH-Cortisol 118 µg/d, Fr.18OH-B 10 µg/d, TH-Aldosteron 76 µg/d).

Probandin 6 (eine Großtante) ist die einzige homozygot Gesunde der Verwandten und hatte mit Werten von 123/56 mmHg (MAP = 78) im Vergleich zu allen anderen Probanden den niedrigsten Blutdruck.

Auch die anderen Laborwerte waren bis auf ein erhöhtes Cortisol im Urin (118 µg/24h) alle im Normbereich, was bei ihrem Genotyp nicht anders zu erwarten war.

Einschränkend muss darauf hingewiesen werden, dass sie bei Bedarf β-Blocker einnimmt, die eventuell dazu beitragen, dass die gemessenen Blutdruckwerte nicht erhöht, sondern physiologisch waren.

Probandin 7 (eine Großtante, Schwester von Probandin 6) zeigte bei Eintreffen einen hochnormalen Blutdruck von 138/72 mmHg (MAP = 94), der nach der Ruhezeit von 30 min. nochmals minimal abfiel auf 137/70 mmHg (MAP = 92). Allerdings kann man diese Werte nur eingeschränkt beurteilen, da die Probandin regelmäßig β-Blocker einnimmt.

Die bei ihr bestimmten Laborwerte waren bis auf ein leicht erniedrigtes Kalium im Urin (26,39 mmol/24h) unauffällig, sodass man auch bei ihr von einer klinisch stummen Mutation des SCNN1A-Gens ausgehen kann.

Probandin 8 (eine weitere Großtante) zeigte bei Eintreffen erhöhte Blutdruckwerte von 165/83 mmHg (MAP = 110), die sich auch nach 30 Minuten Ruhezeit nicht auf normotone Werte normalisierten: 155/73 mmHg (MAP = 100).

Neben einer Hypercholesterinämie (283 mg/dl) fiel bei ihr ebenfalls ein minimal erniedrigter Wert des Kaliums im Urin von 28,59 mmol/24h auf.

Nachdem sich in ihrem Fall keine hypotone Blutdrucklage nachweisen ließ, scheint auch hier die vorhandene Mutation des SCNN1A-Gens keine Auswirkungen auf den Blutdruck zu haben.

Interessanterweise zeigte sich bei der einzigen homozygot Gesunden (Probandin 6) der niedrigste Wert für den arteriellen Blutdruck, der deutlich unter denjenigen der anderen Verwandten liegt.

Dies steht im Widerspruch zu der Hypothese, dass eine Mutation des SCNN1A-Gens bereits in heterozygoter Ausprägung eine im Vergleich zur Normalbevölkerung

Liegt die Genmutation in homozygoter Form vor, wie es beim klinisch manifesten Pseudohypoaldosteronismus Typ I der Fall ist, führt diese bekanntlich zu massiven Hypotonien.

Auch die relevanten Laborwerte der beiden Indexpatienten waren bereits wenige Tage nach der Geburt spezifisch verändert, (s. auch Kapitel 4):

Beim Mädchen bestanden im Alter von 5 Tagen eine massive Hyperkaliämie von 8,4 mmol/l und eine Hyponatriämie von 115 mmol/l [23].

Zwei Tage später waren die Blutwerte trotz Therapie mit Corticoiden noch nicht im Normbereich [23]: Es lag eine Hyperkaliämie von 8,7 mmol/l vor, das Serum-Natrium war mit 130 mmol/l erniedrigt, das Calcium im Blutserum dagegen deutlich erhöht (5,4 mmol/l). Der Serumwert für Chlorid lag an der oberen Normgrenze bei 110 mmol/l.

Auch die Bestimmung der Hormone Aldosteron, 18-OH-Cortisol und 18-OH-B zeigte Auffälligkeiten: Während die Werte für die Glucocorticoide (OH-Cortisol und 18-OH-B) der Norm entsprachen, war der Aldosteron-Wert 20fach erhöht. Die

Plasmarenin-Aktivität war ebenfalls stark erhöht (9fach).

Zusammengefasst entsprechen diese Werte den klassischen Veränderungen, die beim Pseudohypoaldosteronismus Typ I auftreten.

Der Junge zeigte ebenfalls stark von der Norm abweichende Werte:

Am 6. Lebenstag lag das Serum-Natrium bei 133 mmol/l, und es bestand eine Hyperkaliämie von 8,0 mmol/l [23].

Im Alter von 2 Monaten wurden auch veränderte Werte für das Aldosteron im Blut (4fach erhöht) und die Plasmarenin-Aktivität (3fach erhöht) festgestellt [23].

Die Serum-Elektrolyte beider Patienten erreichten während der gesamten Kindheit nur unter Infusionstherapie normale Werte [23], wohingegen die heterozygoten Verwandten phänotypisch völlig unauffällig sind. Man kann also davon ausgehen, dass diese den Pseudohypoaldosteronismus auslösende Mutation nur in

homozygoter Ausprägung zur Ausbildung klinischer Symptome führt.

Beim Liddle-Syndrom [45] und beim Bartter-Syndrom [28] scheint dagegen das Vorliegen einer heterozygoten Mutation ausreichend zu sein, um Symptome hervorzurufen.

Ein AME (Apparent Mineralocorticoid Excess) bildet sich beim Vorliegen von Compounds (heterozygoten Mutationen in unterschiedlichen Allelen) aus. Besteht nur eine rein heterozygote Mutation, kann auch diese den Blutdruck beeinflussen [81].

Li et al. konnten bei normalem Phänotyp einen veränderten Cortisol-Stoffwechsel feststellen, wenn die Mutation in heterozygoter Form vorlag [82].

Es ist interessant, dass die homozygote Ausprägung der 1856insG-Mutation beim Pseudohypoaldosteronismus Typ I also sehr gravierende Auswirkungen auf sowohl die Elektrolyt-Konzentrationen im Blutserum, als auch auf die Hormonwerte

(Aldosteron, 18-OH-Cortisol und 18-OH-B) und die Plasmarenin-Aktivität hat, während sie sich in der heterozygoten Form in den meisten Fällen klinisch nicht bemerkbar macht.

Auch den arteriellen Blutdruck scheint die heterozygot vorliegende Mutation kaum zu beeinflussen:

Betrachtet man das Blutdruckprofil der 7 Heterozygoten im Vergleich zur Normalbevölkerung, lässt sich nur eine geringe Diskrepanz der beiden Kurven (Abb.26) zeigen. Dabei liegt der Gipfel der Heterozygoten-Kurve rechts von demjenigen der Normalbevölkerung, d.h. der Blutdruck der Probanden war

durchschnittlich sogar höher als unter homozygot Gesunden. Das ist vor allem auf den deutlich erhöhten Wert von Proband 3 (MAP = 123) zurückzuführen, der die gesamte Kurve nach rechts verschiebt. Hätte man die Stichprobenzahl größer

wählen können, dann könnte sich solch ein Wert nicht in diesem Ausmaß auswirken, aber in unserem Fall war dies auf Grund der geringen Anzahl an Heterozygoten nicht durchführbar, sodass hier die gesamte Analyse beeinflusst wird.

Vergleich von MAP der Normalbevölkerung und der Heterozygoten

90 100 110 120

Blutdruck (MAP)

Normalverteilung Normalbevölkerung MAP-Werte Heterozygote Verteilung Heterozygote

Abb. 26: Vergleich des mittleren arteriellen Blutdrucks (MAP) zwischen der Normalbevölkerung und der Heterozygoten-Population

Um genauere Aussagen bezüglich des Blutdruckprofils Heterozygoter machen zu können, müsste man Untersuchungen in weit größerem Umfang durchführen, was allerdings auf Grund der nur sehr geringen Probandenzahlen nicht möglich ist.

Betrachtet man unsere Ergebnisse allerdings in qualitativer Weise, kann man erkennen, dass sich in einigen Fällen keine Hypertonie ausbildete, obwohl Risikofaktoren dafür vorhanden wären. Ob dies an der vorliegenden SCNN1A-Mutation liegt, oder andere Ursachen hat, lässt sich aber nicht mit Sicherheit sagen.

Im Dokument Pseudohypoaldosteronismus Typ I (Seite 101-108)