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5. DISKUSSION

5.2. Diskussion der Ergebnisse der Promoter- und Enzymaktivitätsexperimente 66

5.2.5. Diskussion der Ergebnisse der GH-Stimulation

DISKUSSION 78 Nahrungskarenz oder Krankheit aufgrund der verminderten Expression der 5´DII zu den hormonellen Veränderungen führen, so scheint dies mehr ein physiologischer Schutzmechanismus als eine pathologische Fehlregulation zu sein, weshalb auch aus diesem Grund die T3-Supplementation beim „Low T3 Syndrome“ nicht sinnvoll zu sein scheint (6) (133).

Neben den eben beschriebenen peripheren Veränderungen, soll noch die zentrale Komponente des „Low T3 Syndrome“ kurze Erläuterung finden. Die Ursachen für den inadäquaten TSH-Spiegel liegen wohl in einer Hemmung der TSH-Sekretion durch IL1β oder TNFα. IL1β stimuliert die Sekretion von Somatostatin, Somatostatin seinerseits hemmt die TSH-Sekretion. Überdies ist die TRH-Sekretion und die pro-TRH-mRNA-Konzentration in Nagern unter Nahrungskarenz reduziert. Aufgrund von Experimenten an Leptin-defizienten Mäusen (Lepob/Lepob) und an Mäusen unter Nahrungskarenz geht man davon aus, dass Leptin die TRH-Genexpression im paraventrikulären Nukleus des Hypothalamus nach oben reguliert, einerseits direkt über hypopyhseotrope TRH-Neurone und andererseits über andere hypothalame Neuronengruppen wie “Arcuate nuccleus POMS and NPY-agouti-related peptide“ Neurone (1). Folglich tragen Infektion, Entzündung und Nahrungskarenz, unabhängig von den bisher beschriebenen Effekten, ihren Teil zum Bild des „Low T3 Syndrome“ bei (1).

Eine Beteiligung der h5´DI an der Pathophysiologie des „Low T3 Syndrome“ scheint zwar gegeben, doch ein Zusammenhang zwischen der Hemmung der h5´DI-Aktivität und TGFβ1

konnte nicht nachgewiesen werden. Wahrscheinlich ist die Genese dieses Krankheitsbilds eher multifaktorieller Natur und nicht lediglich durch die Fehlregulation eines einzelnen Enzyms bedingt.

DISKUSSION 79 Die Ergebnisse aus den Transfektionsexperimenten mit dem Promoter der h5´DI in HepG2-Zellen zeigen, dass GH unter Kostimulation mit T3 keine Wirkung auf die Promoteraktivität dieses Enzyms ausübt. Auch unter Verwendung von DMEM 4500mg/l D-Glukose zeigt sich GH ohne regulatorische Aktivität. Die gleichen Versuche wurden unter Zuhilfenahme des Deiodase-Assay wiederholt. Auch hier konnte kein Einfluss von GH auf die Aktivität der h5´DI unter Kostimulation mit T3 in HepG2 nachgewiesen werden, unabhängig ob DMEM F12 oder DMEM-4500mg/l-D-Glukose verwendet wurde. Im Deiodase-Assay und, wenn auch geringer, im Luciferase-Assay führt der Einsatz von DMEM 4500mg/l D-Glukose per se zu einer deutlichen Zunahme der h5´DI-Enzym- bzw. -Promoter-Aktivität. Diese Steigerung persistiert auch unter Stimulation mit T3 sowie unter Kostimulation von GH und T3. Somit lässt sich kein GH-spezifischer Effekt vermerken, sondern einzig eine Steigerung der Enzymaktivität der h5´DI durch DMEM 4500mg/l D-Glukose. Daraus leitete sich unmittelbar die Frage ab, ob es sich dabei um einen unspezifischen Effekt des Mediums DMEM 4500mg/l D-Glukose oder um einen spezifischen Effekt der Glukose handelt. Die Überprüfung der Wirkung von Glutamin, D-Glukose und Pyruvat auf die h5´DI im Deiodase-Assay bestätigt, dass es sich um einen unspezifischen Effekt handelt, der womöglich durch eine gesteigerte Proteinsynthese bedingt ist.

Zur Stimulierbarkeit von HepG2-Zellen durch GH und IGF-1 kann die Regulation der humanen Sterol-27-Hydroxylase (CYP27A1) angeführt werden. So konnten in HepG2-Zellen anhand von Luciferase-Experimenten die Regulation diese Enzyms durch GH und IGF-I nachgewiesen werden (135) (141). Von anderen Forschern wurde demonstriert, dass HepG2-Zellen funktionelle Rezeptoren für GH besitzen (136).

Gleichwohl bleibt die Wirkung von GH auf die humane Schilddrüsenhormonachse unzweifelhaft, da die GH-Substitution von Erwachsenen zu einer Veränderung des Schilddrüsenhormonhaushalts führt. So hat die Behandlung euthyreoter Individuen mit GH eine Erhöhung des Plasma T3/T4-Quotienten und eine Erniedrigung des Plasma rT3/T4 -Quotienten zur Folge (83). Da bei gleichzeitig T4-substituiertem zentralem Hypothyreoidismus die Ursache dieser Veränderungen in der Peripherie liegen muss, kann es sich deshalb nur um eine gesteigerte Aktivität der h5´DI oder um eine verminderte Aktivität der h5DIII handeln. In der Leber von Hühnern übt GH zumindest auf die 5DIII einen analogen Effekt aus (6). Möglicherweise sind die TH-Veränderungen unter Therapie mit GH durch die verminderte Aktivität der h5DIII bedingt.

DISKUSSION 80 Wie bereits in Kapitel 1.7.1. beschrieben, hat sich G. Van den Berghe im Detail mit den theoretischen Grundlagen der physiopathologischen Veränderungen der somatotropen Hormonachse in intensivpflichtigen Patienten beschäftigt. In der initialen Akute-Phase-Reaktion (h bis d) ist sowohl die pulsatile Freisetzung von GH als auch die interpulsatile GH-Konzentration gesteigert. Zusätzlich ist die GH-Pulsfrequenz erhöht. Diese Veränderungen werden als erworbene periphere GH-Resistenz gedeutet. Hingegen wird in der chronischen Phase schwerer Krankheit (nach 7-10 d) die pulsatile Freisetzung von GH unter intensivmedizinischer Behandlung zunehmend unkoordinierter. Die GH-Konzentration der pulsatilen Freisetzung ist niedriger als in der Akute-Phase-Reaktion, aber höher als unter physiologischen Bedingungen. Die Pulsfrequenz bleibt ebenso erhöht (82) (139). Da sich in den hier vorgelegten Ergebnissen die h5´DI von GH unbeeinflusst zeigt, lässt sich folglich kein Zusammenhang zwischen den physiopathologischen Veränderungen der somatotropen Hormonachse in intensivpflichtigen Patienten und dem „Low T3 Syndrome“ herstellen.

Im Zusammenhang mit einer möglichen indirekten Wirkung von gonadalen Steroiden auf die 5´DI bleibt die geschlechtsabhängige GH- und IGF-I-Regulation der hepatischen Genexpression zu diskutieren.

D.J. Waxmann und dessen Mitarbeiter haben sich eingehend mit dem Einfluss von GH auf die Transkription der murinen Cytochrom-P450-Monoxygenasen (CYP) auf der Basis eines unterschiedlichen GH-Sekretionsmusters mit einer geschlechtsspezifischen Aktivierung von STATs beschäftigt (134) (143).

Der Hauptunterschied des GH-Sekretionsmusters zwischen weiblichen und männlichen Ratten ist das interpulsatile Intervall mit geringem oder fehlendem GH-Plasmakonzentrations-nachweis in männlichen Ratten. Adulte männliche Ratten weisen ca. alle 3,5 h GH-Werte von bis zu 200 ng/ml auf, gefolgt von einem ungefähr 2 h dauernden, GH-freien Intervall. Adulte weibliche Ratten hingegen sind charakterisiert durch eine höherfrequente GH-Sekretion mit einem nahezu konstanten Plasma-GH-Spiegel von ungefähr 30 - 60 ng/ml. Das GH-freie Intervall ist für das geschlechtsspezifische Expressionsprofil hepatischer Gene in männlichen Tieren essentiell. In männlichen Tieren wird nämlich unter konstanter Infusion von GH das männliche Expressionsmuster hepatischer Gene durch ein weibliches Expressionsmuster ersetzt. GH aktiviert unter anderem folgende 4 Transkriptionsfaktoren: STAT1, STAT3, STAT5a und STAT5b. Im Wesentlichen wird STAT5b durch den wiederholten männlichen GH-Puls phosphoryliert und damit aktiviert, was letztlich für das sexuell dimorphe

DISKUSSION 81 Expressionsprofil hepatischer Gene verantwortlich ist. Dies konnte durch Experimente an STAT5b-defizienten Mäusen bestätigt werden (134) (143).

Die hepatische Cytochrom-P450-Monooxygenase (CYP) 2C12 wird in weiblichen Tieren spezifisch durch die hepatischen Transkriptionsfaktoren HNF-3β, HNF-6 und

„CCAA1/enhancer binding protein“ (C/EBP) reguliert. So konnte gezeigt werden, dass eine hohe und für männliche Tiere spezifische Konzentration von STAT5b die Wirkung von HFN-6 und HNF-3β antogonisiert und die Expression der CYP2C12 hemmt (134). Im Gegensatz hierzu steht die für männliche Ratten spezifische, hepatische CYP2C11 unter dem Einfluss von HNF-3β, HNF-1α und HNF-4α. Die STAT5b-abhängige Hemmung der durch HNF-3β stimulierten CYP2C11-Promoteraktivität zeigt jedoch die für HepG2-Zellen bekannte Problematik. So ist ein für weibliche Tiere spezifisches GH-Sekretionsmuster unter konstanter Zugabe von GH in HepG2-Zellen gut simulierbar, wohingegen die Simulation eines männlichen pulsatilen GH-Sekretionsmusters aufgrund der langsamen Inaktivierung von STAT5b in HepG2-Zellen nicht möglich zu sein scheint (143). Eine Wirkung von STAT5b auf den CYP2C11-Promoter konnte in Transfektionsexperimenten nicht nachgewiesen werden, wobei regulatorische Elemente möglicherweise im 5´-flankierenden und nicht untersuchten Promoterbereich liegen. Das geschlechtsspezifische Sekretionsmuster von GH zeigt, dass GH indirekt Einfluss auf die geschlechtsspezifische Expression hepatischer Gene nehmen kann.

Zusätzlich ist die Wirkung von GH auf den Schilddrüsenhormonstoffwechsel zum Teil durch IGF-I vermittelt (137). Möglicherweise steht die hepatische h5´DI primär nicht nur unter dem Einfluss von GH, sondern sekundär im Sinne einer auto- oder parakrinen Regulation außerdem unter dem Einfluss von IGF-I. IGF-I zeigt eine geschlechtsspezifische, Testosteron-abhängige Regulation (141). Experimente von Y. Wu et al. konnten zeigen, dass Testosteron die Reportergenaktivität des IGF-I-Promoters in HepG2- und LNCaP-Zellen steigert, indem Testosteron und AR in Hepatozyten und Prostataepithel im 5´-untranslatierten Bereich des IGF-I-Gens an zwei Androgen-responsive Elemente an Position -1320 und -1420 binden. Die durch Testosteron induzierte Expression von IGF-I vermag so möglicherweise zum anabolen und wachstumsstimulierenden Effekt von Testosteron beizutragen (141). M. Hussain hat einen stimulatorischen Effekt von IGF-I auf die h5´DI nachweisen können (137). Ob die autokrine Regulation in HepG2-Zellen adäquat reguliert ist und ob IGF-I indirekt die h5´DI reguliert, kann nicht gesagt werden.

DISKUSSION 82 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch die thyrotrope Hormonachse einen Einfluss auf die somatotrope Hormonachse auszuüben scheint. Hypothyreote Erwachsene weisen eine verminderte Konzentration an IGF-I auf. In hyperthyreoten Patienten werden im Gegensatz dazu erhöhte oder normale Konzentrationen gemessen, wobei die freie IGF-I-Konzentration allerdings gleich bleibt und sich nicht in Abhängigkeit von der Schilddrüsenfunktion ändert (138) (140).

Da sich thyrotrope und somatotrope Hormonachse gegenseitig beeinflussen und nicht nur ein direkter GH-Effekt auf der Basis einer geschlechtsspezifischen hepatischen Genexpression durch das GH-Sekretionsprofil, sondern auch ein indirekter IGF-I-Effekt im Rahmen einer geschlechtsspezifischen Regulation der hepatischen IGF-I-Synthese möglich zu sein scheint, lässt sich letztlich nicht ermitteln, welchen Einfluss die somatotrope Hormonachse auf die Promoter- oder Enzymaktivität der h5´DI ausübt.

ZUSAMMENFASSUNG 83