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3 E XPERIMENTE UND E RGEBNISSE

4.2 Die Strukturbestimmung von LckU3 in Lösung

Im Rahmen dieser Arbeit ist es gelungen, mit Hilfe mehrdimensionaler heteronuklearer NMR-Spektroskopie die Struktur der ersten beiden Domänen des humanen Lck-Proteins zu bestimmen. Obwohl schon eine Kristallstruktur der SH3-Domäne bekannt war, wurden beide

DISKUSSION 71 Domänen in die Untersuchungen miteinbezogen, um bei folgenden Experimenten zur Bindung von Liganden den Einfluss der Domänen untereinander zu untersuchen. Konnten für die unique-Domäne keine Anhaltspunkte für das Vorkommen regulärer Sekundärstruktur-elemente gefunden werden, so wurde für den Bereich der SH3-Domäne eine Strukturenschar mit sehr hoher Präzision bestimmt (mittlere Abweichung der Koordinaten der Rückgratatome 0,16 Å) (Kap. 3.3).

4.2.1 Die unique-Domäne bildet in Lösung keine definierte Struktur aus

In jeder Phase der NMR-Auswertungen wurde deutlich, dass sich die unique- und die SH3- Domäne in ihren strukturellen Eigenschaften sehr unterscheiden.

Aus dem 1H,15N-HSQC-Spektrum (Kap. 3.2.2) war zu erkennen, dass sich alle Resonanzen, die zu Spinsystemen der unique-Domäne gehörten, in der Mitte des Spektrums konzentrierten.

Wenn mehrere Signale Überlagerungen zeigten, waren Resonanzen der unique-Domäne daran beteiligt (Abb. 3.6, B). Dies wurde auch durch die Zuordnung der Seitenketten-Amidprotonen bestätigt. Alle Resonanzen von Glutamin- und Asparagin-Seitenkettenamidgruppen der unique-Domäne lagen übereinander, diejenigen Resonanzen, die der SH3-Domäne zugeordnet werden konnten, zeigten hingegen eine gute Dispersion (Abb. 3.6, A). Besondere Schwierigkeiten bereitete die Zuordnung der unique-Resonanzen im 1H,13C-HSQC-Spektrum (Abb. 3.4, B), da Signale gleicher Spinsystemtypen bei sehr ähnlichen Frequenzen, sowohl in der Protonen- als auch der Kohlenstoff-Dimension, zu beobachten waren. Als Beispiel seien hier die Kreuzresonanzen der Hδ-Protonen von Prolinen angeführt, die alle bei Frequenzen von etwa 3,5 ppm in der 1H-Dimension und 50 ppm in der 13C-Dimension beobachtet wurden.

Solche Überlagerungen haben zur Folge, dass Kreuzresonanzen im 13C-editierten NOE-Spektrum nicht mehr eindeutig zugeordnet werden können, da hier, insbesondere in der Kohlenstoffdimension, die Anzahl aufgenommener Punkte und damit die Auflösung der Spektren deutlich geringer ist. Somit war es in vielen Fällen nicht mehr möglich, beobachtete NOEs eindeutig einem Protonenpaar zuzuordnen.

NOEs, die im Bereich der unique-Domäne beobachtet werden konnten, waren ausschließlich intra- oder interresidual (Kap. 3.2.5). NOEs, die z.B. für helikale Bereiche typisch sind (dαN(i, i+3) und dαβ(i, i+3) (Wüthrich, 1986)), wurden in der unique-Domäne nicht gefunden.

Ebenso konnten keine NOEs zu Resten identifiziert werden, die in der Sequenz weiter als zwei Positionen entfernt lagen. Aufgrund der starken Frequenzdegeneration ist es zwar nicht

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völlig auszuschließen, dass auch Kreuzsignale zwischen weiter entfernt liegenden Protonen existieren, da nicht alle NOEs eindeutig zugeordnet werden konnten. Die Auswertung der Hetero-NOE Daten (Kap. 3.2.7) zeigte jedoch, dass stabile Tertiärstruktur im unique-Teil praktisch ausgeschlossen werden kann. Ein negativer 1H,15N-Hetero-NOE ist ein eindeutiges Indiz für einen sehr beweglichen, unstrukturierten Bereich, stabilisierende Sekundärstruktur-anteile machen sich in Hetero-NOE Werte >0,6 bemerkbar (Kay et al., 1989). Für die Aminosäuren, die in der SH3-Domäne an der Ausbildung von β−Faltblättern beteiligt sind, wurden solche hohen Hetero-NOE Werte beobachtet. In der unique-Domäne konnten hingegen keine Werte größer 0,3 gemessen werden (Abb. 3.9).

Die Bestimmung der 3JHαHN Kopplungskonstanten (Kap. 3.2.6) bestätigte, dass die unique-Domäne sehr flexibel ist. Im Bereich der unique-unique-Domäne konnten keine Kopplungskonstanten ermittelt werden, die auf das Vorhandensein von regulären Sekundärstrukturelementen wie α-Helices oder β-Faltblättern hinwiesen.

4.2.2 Die SH3-Domäne enthält fünf antiparallele ββββ-Faltblattstränge

Im Gegensatz zur unique-Domäne ist die Struktur der SH3-Domäne der Lck sehr gut definiert.

Nur in sehr kurzen Sequenzabschnitten fallen die Werte für den Hetero-NOE unter 0,6. Dies sind im RT-Loop die Bereiche Ser75 bis Asp77, am Anfang des β-Faltblattstranges βB Gln87, welches Bestandteil eines β-Turns ist, im n-src Loop Ser94 bis Glu96 und im C-terminalen Bereich die Aminosäuren Lys118 bis Asn120 (Kap. 3.2.7).

Die Strukturberechnungen ergaben eine typische SH3-Faltung, bestehend aus fünf antiparallelen β-Strängen (Kap. 3.3). Diese sind zu zwei nahezu rechtwinklig gelegenen β−Faltblättern angeordnet. Dabei wird das erste Faltblatt durch die Stränge βA und βE sowie einer Hälfte des Stranges βB gebildet. Das andere Faltblatt besteht aus der zweiten Hälfte von βB und den Strängen βC und βD (Abb. 3.10, A).

Der RT-Loop, der die Stränge βA und βB miteinander verbindet, und der n-src-Loop, welcher die Stränge βC und βD verknüpft, zeichnen sich durch erhöhte Flexibilität aus. Dies zeigt sich nicht nur in den erniedrigten Hetero-NOE Werten, sondern wird auch deutlich durch erhöhte Abweichungen der mittleren Koordinaten des Proteinrückgrates (Abb. 3.11, A).

Der Vergleich mit dem SH3-Teil des SH3-SH2-Domänenpaares der von Eck et al. (1994) gelösten Kristallstruktur zeigt nur sehr wenige Unterschiede (Abb. 4.1).

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Abb. 4.1: Vergleich der NMR- und der Kristallstruktur der Lck-SH3-Domäne

In blau ist die NMR-Struktur (die energieärmste Struktur aus einer Schar von 25) und in rot die Kristallstruktur der Lck-SH3 Domäne dargestellt.

Auffällig ist hier lediglich der Bereich von Phe113 bis Phe115, der in der Kristallstruktur eine Windung einer 310-Helix ausbildet. Diese war bei der in dieser Arbeit berechneten Schar nur in zwei Strukturen zu finden (Abb. 3.10, A). Zwar konnten typisch helikale NOEs (Hα113 ↔ HN 116 und Hβ2112 ↔ HN115) gefunden werden, diese reichen aber offensichtlich nicht aus, diese Reste in einer idealen 310-Helix zu stabilisieren. Diese Helix wurde auch in einer anderen NMR-Untersuchung zur SH3-Domäne der Lck nicht gefunden (Hiroaki et al., 1996), was darauf hindeutet, dass die Kristallausbildung diesen Bereich zusätzlich in einer 310-helikalen Konformation stabilisiert. In der Tat liegt das SH3-SH2-Domänenpaar im Kristall als Dimer vor, wobei jeweils Reste der SH3-Domäne eines Moleküls mit der SH2-Domäne eines anderen die Dimer-Kontaktfläche bilden. Dabei sind in der SH3-SH2-Domäne auch Reste dieser Helix-Windung involviert (Eck et al., 1994).

Weitere geringe Unterschiede finden sich in den flexiblen Bereichen des RT-Loops und des n-src-Loops. Werden diese Bereiche bei der Berechnung des rmsd-Wertes zwischen der Kristallstruktur und der mittleren Lösungsstruktur ausgeschlossen, so sinkt dieser von 1,05 Å auf 0,59 Å.

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