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Die schwedische Wchaelislürche

Im Dokument -Möller Kirchen (Seite 44-47)

Die Hospitäler für Aussätzige, meist dem h. Georg, dem Besieger des pestartige Krankheiten ansathmenden Lindwurmes, oder Johannis dem Täufer ober auch dem h. Lazarus geweiht, wurden im XIII. Jahrhunberte in Europa, nachdem sich der Aussatz durch die Kreuzzüge in furchterregender Weise verbreitet hatte, zu Taufenden gezählt. In Reval bestand schon im I. 1237 außerhalb ber Stabt ein solches Hospital St. Johannis, bas bnrch milbe Stiftungen erhalten wurde, eine Mühle befaßt), Ländereien hatte und Geld auslieh, wie das aus vielen Urkunden hervorgeht. Außer bett Aussätzigen wurden in späterer Zeit auch andere Kranke ausgenommen, und noch gegenwärtig besteht es in der Dörptschen Vorstadt unter dem Namen St. Johannishospital. In einer kleinen Kirche, deren bescheidenes Thürmchen 1781 neu aufgeführt wurde, wird noch heutigen Tages für die Kranken bisweilen Gottesdienst gehalten.

Mit biefer ist nun nicht zu verwechseln bie am Enbe ber Ritterstraße, unweit ber Schmiedepforte, neben dem Stadtsiechenhause stehende Siechen­

kirche St. Johannis, gegenwärtig schwedische St. Michaeliskirche. Die einfache Construction dieses sehr festen, dnnkelen Gebäudes läßt wohl muth-maßen, daß es zu den frühesten kirchlichen Bauwerken gehören mag. Es

3S) Von O. Meister Goswin v. Herike zur Unterhaltung, Beherbergung und Erquickung der vertriebenen und verstörte» Armen.

bildet ein längliches, massives Viereck und hat keinen Thurm. Das Grün-dnngsjahr ist uns unbekannt. Es muß diese Kirche wegen ihres einfachen Baues in den Augen der Chronisten keine Bedeutung gehabt haben, und ihre Bestimmung, als Bethaus für die Stadtarmen und Kranken zu dienen, mag ebenfalls dazu beigetragen haben, daß über sie keine Mittheilungen von Belang ausgezeichnet sind. Als die schwedische Gemeinde ans Men-schikows Befehl die Klosterkirche, trotz des Widerspruchs von Seiten des Raths, den Russen einräumen mußte, so zog sie sich in die Johanniskirche zurück, die sie zum Andenken an den Schutzheiligen ihrer früheren Kirche St. Michaeliskirche benannte. Das Jahr 1733 als das der Einräumung zu bezeichnen, wie es von Seiten des schwedischen Kirchenbuches geschieht, scheint ungenau zu sein: war doch Menschikow's Glückstern damals schon erblichen. Die Uebergabe geschah schon am 4. August 1716, als Fedor Apraxin Geueral-Gouverueur von Estland war 36).

Es führen zweimal mehrere Stufen hinab in die Kirche, von der Straße in die Vorhalle und aus dieser in das Schiss selbst. Aehnliches ist bei allen alten Kirchen Revals der Fall und hat wohl nicht seinen Grund in der mäligen Erhöhung der Straßen, sondern mag aus nicht zu ergründenden Ursachen beim Bau Regel geworden sein. Im Jahre 1770 brannte der obere Stock der Michaeliskirche, in dem das städtische Spinnhaus war, ab, doch blieb der untere, durch das sehr feste Gewölbe geschützte Kirchenraum unbeschädigt. Der Eingangsthür gegenüber an der Südseite steht der mit dem Namenszuge Carls XII. versehene Altar.

Neben diesem ist das alte, kunstreich aus Holz geschnitzte Babtisterinm einer Erwähnung Werth. Die Wände sind, außer manchen werthlosen Gemälden in dankbarlicher Erinnerung an verdienstvolle Prediger des vorigen Jahr-Hunderts, mit deren Bildnissen behangen.

Eine Merkwürdigkeit der Michaeliskirche, an dem ersten Pfeiler vom Eingange angebracht, ist der früher wenig beachtete graue Marmorstein, der, 24 Zoll hoch und 30 Zoll breit, zum Andenken an die verheerende Pest von 1602 im Siechenhanse einst ausgestellt gewesen ist. Im Hunger- und Pest-jähre zu Ende desselben Jahrhunderts, 1697, wurde dieses Monument unter dem Schutte aufgefunden und in der Siechenkirche aufgestellt. Wir lesen die Inschrift auf der Marmortafel:

Anno sechszehnhundert und zwei In Lieflant war ein groß gcfchret,

36) Nach den Acten der früheren Geistlichen Verwaltung Estlands.

Der kriegk, Hunger und schedlich Pest Den Leuten gar gefehr gewest.

Für Hunger ein den andern frass Die katzen Hund ihr wilitpret was.

Auch gros verheruug levt und lant Geschehen ist durch gottes hant.

So thnt er der snnden wehren,

Wen man sich uit bald wil bekeren.

Ohn unterlas darumb thnt heut Von Hertzeu bus, o Heben lent, Gedenket oft an dis geschicht,

Und haltet folchs für kein geticht.

A r n o l d P a s s e e г . Die später hinzugefügten Verse ans einer runden Tafel über dem Steine sind folgende:

Steh Wandersmann und lies an diesem Stein die plagen, Die sechszehnhnndert zwei das Vaterland gedrückt, Am End des seculi betraf ein gleiches Klagen Weil da der Hunger auch viel tausend hingerückt.

Da diese gute Stadt bei tausend hier gespeiset.

Und ihr auf ewig hat ein Denkmahl aufgericht:

Der Segen ist der Lohn, den Gott dafür verheiset.

Drum lefer eh du gehst, vergis der Armen nicht.

Unter der ersten Inschrift stehen die Worte: Anno 1697. Da imselben und vorhergehenden Jahre Lievland mit unbeschreiblicher Huugersuoth von Gott heimgesucht und dadurch viele tauseud hingerissen worden, ist dieses steinerne Monnment von dem Siechenhosfmeister Christofser Schwaben in der Erden gefunden und zum ewigen Andenken wiedernmb aufgerichtet worden.

Im Denkelbneh der Nieolaikirche erzählt Jobst Duuten manches schauer­

liche Ereigniß, bei dem er Augenzeuge gewesen ist. Jener Abschnitt enthält die Aufschrift: Zustäude in Lieffland Ao. 1603 und beginnt mit den Versen:

Anno Tausend sechshundert und drei Whar In Lieffland gross Ach und wehe Wehr ann der Peste nicht gestorbenn Und durch Hunger nicht verdorbenn Auch im Kriege nicht erschlagenn Der magk von Großem wunder Sagen.

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