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5.3 Die Evaluierung des Tests auf Futteraggression

5.3.3 Die Validität des Tests auf Futteraggression

5.3.3.2 Die Kriteriumsvalidität des Tests auf Futteraggression

Da es zur Ermittlung von Futteraggression bis zum Zeitpunkt dieser Studie keinen gesonderten und evaluierten Verhaltenstest gab und somit ein Goldstandard nicht zur Verfügung stand, wurden für die Ermittlung der Kriteriumsvalidität die Ergebnisse des Tests auf Futteraggression mit mehreren externen Messungen verglichen: dem Datenerhebungsbogen, einem Referenztest und dem C-BARQ-Fragebogen von HSU und SERPELL (2003).

Vergleich mit dem Datenerhebungsbogen

Beim Verglich der Ergebnisse des Tests auf Futteraggression mit den Angaben der Tierheimleitung im Datenerhebungsbogen (Anhang 9.1) über das Verhalten der Hunde stellte sich heraus, dass der Vergleich der Kategorien von Subtest 1 mit Frage 1 (Verhalten bei leerer Futterschüssel) hochsignifikante Unterschiede (p=0,0002) aufwies. Auch der Vergleich von Subtest 2 mit Frage 2 (Verhalten bei normalem Futter) ergab signifikante Unterschiede (p=0,0430). Dagegen ergab der Vergleich von Subtest 3 mit Frage 3 (Verhalten bei besonderem Futter) eine vollständige Übereinstimmung (p=1,0000) und der Vergleich der Gesamtkategorien eine Übereinstimmung (p=0,6406) der Einschätzung der Tierheimleitung mit den Ergebnissen des Tests auf Futteraggression. Als Grund für die schlechte Übereinstimmung von Subtest 1 und 2 mit der Einschätzung der Tierheimleitung kann in Betracht gezogen werden, dass in einem Tierheim nicht regelmäßig das Maß an futterverteidigendem Verhalten bei leerer Futterschüssel oder normalem Futter überprüft wird. So konnte die Tierheimleitung trotz langer Aufenthaltsdauer der Hunde und engem Verhältnis zu diesen nur schwer einschätzen, wie sich die Hunde in diesen beiden Situationen verhalten würden. Da sie außerdem das Verhalten der Hunde in diesen Situationen nicht für die Beantwortung des Datenerhebungsbogens austesten sollte, schätzte die Tierheimleitung vielmehr die Reaktion der Hunde anhand ihrer Vorerfahrungen mit den Tieren ein. Die Frage nach dem Verhalten in Anwesenheit von besonderem Futter (Subtest 3) wurde mit guter Übereinstimmung zu den Ergebnissen des Tests beantwortet, was auch zu einer guten Übereinstimmung der Gesamtkategorien führt.

Diese gute Übereinstimmung ist darauf zurück zu führen, dass die Tierheimleitung das Verhalten der Hunde in Anwesenheit von besonderem Futter gut vorhersagen konnte, da sie diese Situation regelmäßig im Alltag mit ihren Hunden testete und demnach Erfahrungswerte einbeziehen konnte.

Generell betrachtet, werden solche Besitzerfragebögen in der Literatur relativ häufig eingesetzt, um das Verhalten von Hunden zu ermitteln (VAN DER BORG et al., 1991;

NETTO und PLANTA, 1997; LEDGER und BAXTER, 1997; VAN DEN BERG et al., 2003; PLANTA und DE MEESTER, 2007; BOLLEN und HOROWITZ, 2008;

VAN DER BORG et al. 2010; VALSECCHI et al., 2011; BENNETT et al., 2012). Hierbei wird meistens nach aggressivem Verhalten der Hunde in der Vergangenheit gefragt oder aber nach Problemverhalten, sobald der Hund von einem neuen Besitzer adoptiert wurde. LEDGER und BAXTER (1997) fanden Übereinstimmungen zwischen den Angaben der Besitzer und ihrem Verhaltenstest, ebenso SVARTBERG (2005).

Jedoch ist die Validität von Besitzerfragebögen anzuzweifeln, da auch diese im Vorfeld evaluiert werden müssten (VAN DER BORG et al., 1991; TAYLOR und MILLS, 2006).

VAN DER BORG et al. (1991) merkten außerdem an, dass Besitzer gerade bei der Frage nach Problemverhalten wenig aussagekräftige Angaben machen, da sie das Problemverhalten nicht als solches erkennen oder es selbst nicht als Problem einschätzen und deshalb nicht im Fragebogen angeben. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangten MARDER et al. (2013), welche die Ergebnisse eines Futteraggressionstest in einem Tierheim mit der Einschätzung der neuen Besitzer über dieses Problemverhalten verglichen. So hängt die Übereinstimmung von Verhaltenstest und Besitzerfragebögen erheblich vom Besitzer selbst ab, von seinem Wissenstand und seinen Erfahrungen über und mit dem Hund und von seinem eigenen Charakter (TAYLOR und MILLS, 2006).

Auch beim vorliegenden Test auf Futteraggression zeigte sich, dass die Erfahrungswerte mit den Hunden bei der Beantwortung eines Fragebogens eine entscheidende Rolle spielen. Obwohl die Kooperationsbereitschaft der Tierheimleitung bei der Mithilfe in dieser Studie sehr groß, die Hunde schon relativ lange im Tierheim und das Verhältnis zu den Hunden sehr gut waren, wurde nur eine von drei Fragen in Übereinstimmung zu den Testergebnissen beantwortet. Ratsam wäre deshalb, im alltäglichen Umgang mit den Hunden auch zumindest die Situation einer Annäherung an das normale Futter der Hunde bei einer Mahlzeit auszutesten, um ein breiteres Bild vom Verhalten der Hunde zu erhalten.

Als weiterer Grund für die Abweichungen kann auch die Kategorieneinteilung in Betracht gezogen werden, in die das Verhalten der Hunde eingeteilt wurde. Bei einer Überprüfung der Validität mithilfe der beobachteten bzw. vermuteten Verhaltensweisen sollte in diesem Fall eine Übereinstimmung zu errechnen sein.

Vergleich mit dem Referenztest

Beim Vergleich der Ergebnisse des Tests auf Futteraggression mit dem von der Tierheimleitung durchgeführten Referenztest ergaben sich für die Auswertung mit Punkten signifikante Unterschiede zwischen Subtest 1 und Teil 1 des Referenztests (p=0,0313) sowie hochsignifikante Unterschiede zwischen den Gesamtpunkt-ergebnissen (p=0,0020). Dabei nahmen die Werte des Referenztests insgesamt niedrigere Punktwerte an als im Test auf Futteraggression, (Subtest 1 durchschnittlich -2,0 Punkte, Gesamtpunkte durchschnittlich -2,7 Punkte). Dagegen erzielte die Auswertung mithilfe der Punkte gute Übereinstimmungen zwischen Subtest 2 und 3 und den Teilen 2 und 3 des Referenztests (p=0,2188 bzw. p=0,5313). Als Ursache für die signifikanten Unterschiede kann erneut die hohe Empfindlichkeit der Punkteauswertung bezüglich der Häufigkeiten der gezeigten Verhaltensweisen und deren Einfluss auf die Punktzahlen in Betracht gezogen werden. Denn bei der Auswertung mithilfe der Kategorieneinteilung erreichte der Vergleich zwischen dem Test auf Futteraggression und dem Referenztest deutlich bessere Übereinstimmungen ohne signifikante Unterschiede (p-Werte zwischen 0,1309 und 1,0000), weshalb diese Art der Bewertung des Verhaltens als valide anzusehen und im folgenden Gebrauch des Tests auf Futteraggression zu bevorzugen ist. Ein Vergleich der Häufigkeiten der einzelnen Verhaltensweisen könnte darüber Aufschluss geben, ob die Punktevergabe für die Abweichungen verantwortlich ist, wobei berücksichtigt werden müsste, dass der Referenztest vier Testsituationen weniger umfasst als der Test auf Futteraggression.

Als weitere Ursachen für signifikante Unterschiede zwischen den Ergebnissen der Tests können aber auch die unterschiedlichen Testbedingungen in Betracht gezogen werden. So wurde der Referenztest nicht auf einem standardisierten Testgelände durchgeführt, sondern in den Zwingern der Hunde, welche den Hunden sehr vertraut waren, ebenso wie die Testperson selbst, welche beim Referenztest die Tierheimleitung selbst war. Aus diesem Grund könnten die Hunde im ersten Teil des Referenztest weniger reaktiv auf die Bedrohung der sich annähernden Person reagiert haben. Gegen diese Theorie spricht die kaum veränderte Anzahl der Stresssignale in diesem Teil des Tests, welche im Referenztest um 0,28 Signale zunahm.

Vergleich mit dem C-BARQ

Es zeigte sich eine positive doch nicht signifikante Korrelation zwischen den Ergebnissen des Tests auf Futteraggression und den Kategorien "stranger-directed aggression" (Punkte: r=0,353, p=0,1647; Kategorien: r=0,346, p=0,1734) und "owner-directed aggression" (Punkte: r=0,262, p=0,3103; Kategorien: r=0,152, p=0,5598).

Dem gegenüber steht die negative aber ebenfalls nicht signifikante Korrelation der Ergebnisse des Tests auf Futteraggression mit den C-BARQ-Werten für die Kategorien "stranger-directed fear" (Punkte: r= -0,120, p=0,6477; Kategorien:

r= -0,215, p=0,4069) und "touch sensitivity" (Punkte: r= -0,220, p=0,3959; Kategorien:

r= -0,426, p=0,0881).

Als Grund für die nicht signifikanten Korrelationen zwischen dem Test auf Futteraggression und den C-BARQ-Ergebnissen der getesteten Hunde könnte der geringe Stichprobenumfang der Studie in Betracht gezogen werden, wonach 17 Hunde nicht ausreichten, um eine signifikante Korrelation zu berechnen. Hier wäre eine Poweranalyse nötig gewesen, um zu prüfen, ob der Stichprobenumfang von 17 Hunden ausreicht, um eine Korrelation nachzuweisen. Deshalb sollte in weiterführenden Studien zu diesem Thema der nötige Stichprobenumfang mittels Poweranalyse ermittelt und dann die Anzahl der getesteten Hunde darauf ausgerichtet werden, was möglich wird, wenn dann nicht mehr nur Hunde derselben Rasse getestet werden.

Ein weiterer Grund für die nicht signifikanten Korrelationen mit den C-BARQ-Ergebnissen könnten fehlerhafte Angaben und Einschätzungen der Tierheimleitung im Fragebogen sein, welche zu verzerrten Punktergebnissen des C-BARQs führen würde. Wie oben schon erläutert, sind die Angaben in Fragebögen immer abhängig von den Erfahrungen und der Einschätzungsfähigkeit der ausfüllenden Person, in diesem Fall von der Fähigkeit der Tierheimleitung, das Verhalten der Hunde richtig zu beurteilen und vorherzusagen. Des Weiteren muss in Betracht gezogen werden, dass der C-BARQ nicht geeignet ist, das Verhalten von Tierheimhunden zu beurteilen. Er wurde von HSU und SERPELL (2003) nur für Hunde aus Privathaltungen evaluiert, da es in Tierheimen in der Regel nicht möglich ist, die große Anzahl an Fragen über das Verhalten der Hunde korrekt zu beantworten. Da jedoch die Beziehung der Tierheimleitung zu den getesteten Hunden und damit auch die Einschätzungsfähigkeit der Tierheimleitung zum Verhalten der Hunde als sehr gut und mit einem privaten Mehrhundehaushalt vergleichbar anzusehen war, wurde diese Tatsache in der

vorliegenden Studie bewusst nicht berücksichtigt. Es gilt damit in weiterführenden Studien zu prüfen, ob ein zu geringer Stichprobenumfang oder die Ergebnisse des C-BARQs selbst für die nicht signifikanten Korrelationen mit den Ergebnissen des Tests auf Futteraggression verantwortlich sind.