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Die Guthrie-Kautschukplantage 73

Im Dokument BLAUE REIHE (Seite 57-63)

Maike Schüßler/Ursula Thiele

„Conflict is endemic to failed states, where violence becomes the predominant means to express grievances and to secure control over wealth and key economic goods.“74

Ein großer Reichtum an natürlichen Rohstoffen kann für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes und seine Stabilisierung ein Segen sein. Im Fall Liberias war der Reichtum bislang eher Fluch, denn die Ressourcen in den falschen Händen trugen zur Aufrechterhaltung eines Konfliktes bei. Im Zusammenhang mit der Post-Konflikt-Rehabilitation Liberias stellte die Situation in den Kautschuk-plantagen für die neue Regierung eine große Herausforderung in Bezug auf Sicherheit, Politik, Wirtschaft und Menschenrechte dar.

Erst seit August des letzten Jahres befindet sich die Guthrie-Plantage wieder in Staatshand. Zuvor war sie in den Händen ehemaliger Kombattanten, die sie und ihre Bewohner rücksichtslos ausbeu-teten. Die Wiedereingliederung der auf der Plantage wohnenden einstigen Kämpfer, die Wiederher-stellung der Infrastruktur, der Schutz der Rechte von Plantagenbewohnern und Arbeitern und nicht zuletzt die verantwortungsvolle Nutzung der natürlichen Ressourcen gehört nun zu den obersten Zie-len. Die große Menge natürlicher Rohstoffe, die das Staatsgebiet Liberias – sowohl in der Landwirt-schaft als auch im Bergbau – bereithält, könnte die Basis für wirtLandwirt-schaftlichen Reichtum bieten. Kaut-schuk ist eine dieser Rohstoffquellen, von der es in Liberia eine Vielzahl großflächiger Anbaugebie-te gibt, wie die Firestone-, LAC-, Cavalla-, Guthrie- und Sinoe-Plantagen und darüber hinaus etwa 500 private Betriebe.

Kautschuk wurde Anfang des 20.

Jahrhunderts von Lateinamerika aus nach Liberia eingeführt, wo man den Anbau zu dieser Zeit noch in sehr klei-nem Umfang betrieb. 1906 wurde die erste Plantage in Betrieb genommen, mittlerweile ist Kautschuk eines der wichtigsten Exportgüter des Landes.

In Liberia befindet sich auch die welt-größte industrielle Kautschukplantage, betrieben von Bridgestone, dem Mut-terkonzern der Firestone-Plantage.

Die Firestone-Plantage wurde 1926 in Harbel eröffnet und umfasst geschätz-te 30% der gesamgeschätz-ten Fläche, auf der Kautschuk kultiviert wird.75

Von 1997 bis 2002 sind die Kautschukexporte laut IMF, trotz fallender Kautschukpreise in diesem Zeitraum, von 19,4 Millionen US-Dollar auf geschätzte 57,4 Millionen US-Dollar gewachsen.762002

73 Vorträge von und Gespräche mit u. a. Andrea Tamagnini, Leiter der UNMIL RRR-Abteilung, Ibrahim Idris, (RRR Head of Field Unit 3), Moses K. Cavela (Übergangsmanager der Guthrie-Plantage) und Herrn Qamar (UNMIL Sektor II-Militär) am 25.3.2007 im UNMIL-Hauptquartier, Monrovia, Liberia und auf der Guthrie-Plantage.

74 Bennet, Juliette, Multinational Corporations, Social Responsibility and Conflict, Journal of International Affairs, Spring 2002, Vol. 55, No. 2, New York, S. 393.

75 Vgl. Human Rights in Liberia’s Rubber Plantations: Tapping into the Future, United Nations Mission in Liberia, Monrovia, Liberia, Mai 2006, S. 20.

76 Ebd.

Arbeiterinnen auf der Plantage. Foto: M. Schüßler/U. Thiele

betrug die Kautschukproduktion geschätzte 99.569 Tonnen.77Der überwiegende Teil des Kautschuks wird direkt exportiert, nur ein geringer Anteil wird zu Latex weiterverarbeitet und danach ausgeführt.

Damit einhergehender Reichtum wurde jedoch in der Vergangenheit durch Korruption fehlgeleitet.

Ressourcen wurden zur Seite geschafft, die hätten genutzt werden können, um Menschenrechts-verpflichtungen, wie z. B. Bau und Betrieb von Schulen und Krankenhäusern zu erfüllen. Um der Korruption den Nährboden zu entziehen, bedarf es eines menschenrechtsbasierten Zugangs beim Management der natürlichen Ressourcen sowie Transparenz und Verantwortung beim Betrieb und in der Regierungsführung.

In der Vergangenheit wurden die natürlichen Ressourcen oft durch Angehörige der Regierung ge-nutzt, um den bewaffneten Konflikt in Liberia und der Umgebung zu schüren. Auch seit der Unter-zeichnung des umfassenden Friedensabkommens78gab es in zwei Fällen politische Einmischung in das Management der Kautschukressourcen.79Aufgrund jahrelanger Misswirtschaft und Ausbeutung der Plantagen steht der Kautschuk-Sektor vor dem Kollaps. Viele Plantagen wurden nicht nachhal-tigkeitsorientiert bewirtschaftet sondern rücksichtslos ausgebeutet und erreichen nun das Ende ihrer produktiven Erträge, da sie nicht neu bepflanzt wurden. Die erfolgreiche und nachhaltige Ein-gliederung ehemaliger Kombattanten auf den Plantagen kann ein Schlüssel zu mehr Sicherheit und der Einhaltung von Menschenrechten auf den Plantagen und in ihrer Umgebung sein.

Geschichte

Die sich im Staatseigentum befindende Guthrie-Plantage liegt etwa eine gute Stunde von Monrovia entfernt, im Bomi und Grand Cape Mount Bezirk. Im Jahr 1954 unterzeichnete die Regierung eine Konzessionsvereinbarung mit dem Unternehmen des amerikanischen Erfinders von schlauchlosen Reifen, Benjamin Franklin Goodrich, über etwa 100.000 Hektar im Bomi Bezirk und im Grand Cape Mount Bezirk. 1981 erwarb die Regierung die Plantage und beauftragte die Guthrie Rubber Com-pany, ein malaysisches Unternehmen, sie zu bewirtschaften. Die Guthrie Rubber Company verwal-tete die Konzessionsfläche bis Dezember 2000. Zwischen Dezember 2000 und Juli 2003 setzte der damalige Präsident Taylor ein Übergangsmanagement ein, das hauptsächlich aus dem vorherigen Management der Guthrie Rubber Company bestand, aber direkt durch die Regierung kontrolliert wur-de. In den Jahren 2002 und 2003 unternahmen LURD-Truppen80verschiedene Angriffe auf die von der Taylor-Regierung eingesetzten Verwalter. Kurz vor der Übernahme der Plantage durch die LURD im Juli 2003 unterzeichnete die Regierung einen Vertrag mit General Resources Corporation, Inc. Da sich die Plantage seit Juli 2003 jedoch unter der Kontrolle der ehemaligen LURD-Kombattanten be-fand, war die General Resources Corporation, Inc. nie in der Lage, ihr Management auszuüben. Bis Mitte August 2006 war die Plantage unter der Kontrolle von 3.700 ehemaligen Kämpfern. Diese wa-ren unter der Führung von Sumo Dennis in der Lage, wähwa-rend der Verhandlungen mit der Übergangs-regierung (NTGL) und dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) bezüglich des DDRR-Prozesses volle Kontrolle über die Plantage sowie das Management zu erhalten und illegal Kautschuk zu zapfen. Die Plantage befand sich zur Zeit der Besetzung in Regierungsbesitz und Ge-neral Resources Corporation, Inc. beanspruchte das Recht, die Plantage zu betreiben.81Am 8. Sep-tember 2005 schloss die Übergangsregierung eine Management-Vereinbarung mit der Agro

Resour-77 Vgl. Desk Study on the Environment in Liberia, United Nations Environment Programme, Switzerland, Februar 2004, S. 33.

78 Comprehensive Peace Agreement between the Government of Liberia and the Liberians United for Recon-ciliation and Democracy (LURD) and the Movement for Democracy in Liberia (MODEL) and Political Parties. Accra, Ghana. 18. August 2003.

79 Vgl. Human Rights in Liberia’s Rubber Plantations: Tapping into the Future, United Nations Mission in Liberia, Monrovia, Liberia, Mai 2006. S. 22.

80 Ehemalige Rebellengruppe: Liberians United for Reconciliation and Democracy (LURD).

81 Einem Brief des Leiters für Kommunikation des NCDDRR, vom 27. November 2005 zufolge, Vgl. Human Rights in Liberia’s Rubber Plantations: Tapping into the Future, United Nations Mission in Liberia, Monrovia, Liberia, Mai 2006., S. 30.

ces Corporation, die allerdings bis zum Januar 2006 die Plantage noch immer nicht betreten hatte.

Das Konzessionsgebiet für die Plantage umfasst etwa hunderttausend Hektar, das bearbeitete Gebiet besaß jedoch nur eine Größe von etwa 6.000 Hektar.82

Im Konzessionsgebiet lebten 2005/06 etwa 35.000 Personen. Nach Verhandlungen zwischen Regierungsvertretern und den ehemaligen Kombattanten wurde die Plantage am 15. August 2006 friedlich an den Staat zurückgegeben (siehe: Aktuelle Situation). Bis August 2006 befand sich die Guthrie-Plantage in der Hand ehemaliger Kämpfer. Die dort lebenden und arbeitenden Menschen und Gemeinden hatten nicht nur unter den katastrophalen Arbeits- und Lebensbedingungen im Zuge der Kautschukproduktion zu leiden. Auch die durch den Verkauf von Kautschuk erzielten Profite wur-den nicht verwendet, um die Situation auf wur-den Plantagen zu verbessern. Die Situation vor der Rück-übernahme durch die Regierung wird ausführlich im HRPS-Bericht dokumentiert.

Die Situation 2005/06 – HRPS-Bericht83

Aufgrund der instabilen Lage auf den Kautschukplantagen, z.T. durch die illegale Besetzung und Aus-beutung und damit zusammenhängenden Menschenrechtsverstößen hat die UNMIL-Human Rights and Protection Section (HRPS) von Mitte Juni 2005 bis Mitte Januar 2006 eine Studie zur Menschen-rechtssituation auf Liberias Kautschuk-Plantagen durchgeführt. Die Studie konzentrierte sich auf fünf der sieben größten Kautschukplantagen in Liberia: Firestone, Liberian Agriculture Company, Caval-la, Guthrie und Sinoe. Neben Feldforschung84überprüfte man, welche Konventionen unterzeichnet worden waren und damit, welche rechtlichen Verpflichtungen Liberia zu erfüllen hat. Zwar trat eine Managementvereinbarung zwischen General Resources Corporation, Inc. (GRC) und der vorherigen Regierung über die Guthrie-Plantage am 14. März 2003 in Kraft, aufgrund der illegalen Okkupation der Plantage war GRC jedoch nicht in der Lage, mit dem Betrieb zu beginnen. In der untersuchten Vereinbarung fand sich keine Erwähnung von wirtschaftlichen oder Sozialleistungen. Die Vereinba-rung schrieb GRC nur vor, die Plantage in Übereinstimmung mit den nationalen Gesetzen zu bewirt-schaften.85Verpflichtungen, die im Bundesgesetz bestimmt sind, wurden jedoch von der Übergangs-regierung (NTGL) nicht überwacht.

Am 8. September 200586unterzeichnete das NTGL eine Managementvereinbarung mit Agro Resour-ces Corporation (ARC), die vorsah, Ausbildungsmöglichkeiten für die ehemaligen Kämpfer bereit-zustellen, die zu diesem Zeitpunkt die Plantage illegal besetzt hielten.87Im Januar 2006 hatte die ARC die Plantage noch immer nicht betreten können, da die Besetzer massive gewalttätige Einschüch-terungen ausübten.88Die Lebens- und Arbeitsbedingungen auf den Plantagen verletzten die grund-legenden Menschenrechte. Sklavenähnliche Arbeits- und Lebensbedingungen, Unterbezahlung, die Verweigerung des Streikrechts, gefährliche Arbeitsbedingungen ohne angemessene Ausbildung oder Sicherheitsausrüstung und das Fehlen von Beschäftigungsnachweisen verdeutlichen die Situation.

Kinderarbeit wurde durch die Arbeitspraxis und mangelnde Bildung indirekt gefördert. Zahlreiche Kinder wurden bei der Geburt nicht registriert und konnten deshalb nicht an der kostenlosen Bildung und Gesundheitsversorgung teilhaben. Es wird vermutet, dass Kinderarbeit auf der Guthrie- und

82 Zum Zeitpunkt der Erhebung 2005/06, Vgl. Human Rights in Liberia’s Rubber Plantations: Tapping into the Future, United Nations Mission in Liberia, Monrovia, Liberia, Mai 2006. S. 79.

83 Human Rights in Liberia’s Rubber Plantations: Tapping into the Future, United Nations Mission in Liberia, Monrovia, Liberia, Mai 2006.

84 Zunächst wurde die Situation auf der Guthrie-Plantage untersucht. Durch die generell dürftige Infrastruk-tur des Landes war die in der Nähe Monrovias liegende Plantage leichter zugänglich als die Übrigen.

Gespräch mit Andrea Tamagnini, Direktor der UNMIL-RRR-Abteilung am 25.03.07.

85 Vgl. Human Rights in Liberia’s Rubber Plantations: Tapping into the Future, United Nations Mission in Liberia, Monrovia, Liberia, Mai 2006. S. 30.

86 Ebd.

87 Ebd.

88 Ebd. S. 31.

Sinoeplantage zum Zeitpunkt der Erhebung dadurch gefördert wurde, dass keine Beschäftigungs-nachweise geführt wurden und die Politik des illegitimen Managements der ehemaligen Kombat-tanten auf die Ausbeutung der Ressourcen und des verfügbaren Arbeitskräftepotentials ausgerich-tet war. Durch die abnehmende Produktivität der Kautschukbäume war die Arbeitsbelastung für die Kautschukzapfer über die Jahre gewachsen, was alle Mitglieder der Familien zur Mithilfe zwang, um die geforderte Menge an Kautschuk abliefern zu können. Weite Schulwege und Schulgebühren trugen ihr übriges zur Kinderarbeitssituation bei. Einrichtungen zur medizinischen Versorgung wa-ren selten und nur spärlich ausgerüstet. Die Lebensbedingungen, gefährliche Arbeitsbedingungen sowie der Einfluss der Industrie auf die Umwelt verschlimmerten gesundheitliche Belange. Auf Plan-tagen, auf denen Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge vorhanden waren, standen sie nicht allen Angestellten zur Verfügung, bzw. waren nur unzureichend ausgerüstet. Auf der Guthrie- und der Sinoeplantage gab es zum Zeitpunkt der Untersuchung keine medizinischen Einrichtungen inner-halb der Konzessionsgebiete für eine geschätzte Gesamtbevölkerung von 45.000 Menschen, die Bewohner hatten lediglich Zugang zu traditionellen Heilern und Kräuterkennern.

Schlechte Lebensbedingungen und unzureichende sanitäre Einrichtungen führten oft zu einem schlech-ten Gesundheitszustand. Umweltschutzvorschrifschlech-ten wurden missachtet und poschlech-tenziell gefährliche landwirtschaftliche Abfallprodukte in lokale Gemeinden entsorgt. Das Fehlen von zentralen Straßen erschwerte den Zugang zu den Plantagen und damit das Überwachen der Menschenrechtssituati-on. Das undurchsichtige Blätterdach machte auch die Luftüberwachung der Gebiete unmöglich. Durch ein merkliches Missverhältnis zwischen privaten Sicherheitsbeamten und der Nationalen Polizei (LNP) traten wiederholt Probleme durch illegale Verhaftungen auf den Plantagen auf, die von privaten Sicherheitsbeamten ohne Wissen der LNP vorgenommen wurden. Das Justizministerium hatte es versäumt, die Grenzen der Autorität der privaten Sicherheitsfirmen zu definieren.

In der Sinoe-Plantage waren zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Polizeibeamten vor Ort, und die Gerichte arbeiteten nicht. Der ehemalige General der LURD und selbst erklärte General-Manager der Plantage, Herr Paulson Gartey, teilte den Menschenrechtsbeauftragten (HROs) mit, dass er sowohl Polizei als auch Justiz auf der Plantage verkörpere.89Gartey war mit ca. 40 weiteren Männern im Ja-nuar und Februar 2005 mutmaßlich an Fällen von Gewaltausübung auf der Plantage beteiligt,90in de-nen Berichten zufolge Körperverletzung, Anstiftung zur Gewalt, Brandstiftung und andere Verbrechen begangen wurden. Die Situation auf der Guthrie-Plantage war ähnlich. Zum Zeitpunkt der Erhebung waren weder Gerichte tätig noch die Nationale Polizei präsent. Obwohl es einen ausgewiesenen Ge-richtshof für Guthrie gab, arbeitete das Personal von Gbah Town aus. Der Magistrat informierte die HROs, dass das Gericht nur gelegentlich geöffnet sei, da der Richter und sein Mitarbeiter zurzeit in Monrovia lebten. Außerdem führte der Richter an, dass Beamte häufig bedroht würden, wenn das Gericht eine Vorladung für einen ehemaligen Kombattanten herausgebe, der auf der Plantage woh-ne. Zur Zeit der Erhebung wurde die Nationale Polizei noch nicht über diese Vorfälle unterrichtet.91 Zu verschiedenen Anlässen wurde berichtet, dass ehemalige Kombattanten in der Guthrie-Planta-ge massive Verbrechen, wie schwere Körperverletzung, VerGuthrie-Planta-gewaltigung und Mord beganGuthrie-Planta-gen hätten.

Um anhaltenden Berichten über die Existenz von Waffenlagern und der Präsenz von „Kamajors“92 auf der Plantage zu begegnen, unternahm UNMIL Sektor II-Militär eine ausführliche Durchsuchung (Operation „Barracuda“) zwischen dem 13. und 17. Juni 2005. Die Suche wurde von der UNPOL, Militärbeobachtern (MILOBS), der liberianischen Polizei und der HRPS unterstützt. Man konnte weder Waffen noch Munition sicherstellen noch die Existenz von „Kamajors“ nachweisen. Eine weitere Suche nach Waffen auf der Guthrie-Plantage im März 2006 erbrachte ebenfalls keinen Beweis für die Existenz von Waffen auf der Plantage.

89 Ebd. S. 62.

90 Ebd.

91 Ebd.

92 Local traditional hunters that fought alongside government forces against the rebel force, Revolutionary United Front, in Sierra Leone. Ebd. S. 63, Fn 149.

Missachtung durch Unternehmen

Die Normen der Vereinten Nationen für Unternehmen und der zugehörige Kommentar93erklären, dass transnationale Unternehmen und andere wirtschaftliche Gebilde die Verantwortung dafür haben zu gewährleisten, dass ihre Aktivitäten weder direkt noch indirekt zu Menschenrechtsverletzungen beitragen und dass sie nicht wissentlich von solchen Verletzungen profitieren dürfen. Die Besetzung der Sinoe- und Guthrie-Kautschukplantagen war sowohl dem Management von LAC, als auch dem von Firestone bekannt. Dennoch gaben beide Unternehmen an, von beiden Plantagen Kautschuk zu kaufen.94

Aktuelle Situation (2006/07)

Anfang 2006 hat die liberianische Präsidentin, Ellen Johnson-Sirleaf, gemeinsam mit dem SRSG, Alan Doss, eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die den andauernden Spannungen, massiven Menschenrechts-verletzungen und den großen Verlusten von Staatseinkünften durch das illegale Management der Plan-tagen von ehemaligen Kombattanten begegnen sollte. Die Arbeitsgruppe führte eine Untersuchung zur aktuellen Situation auf den Plantagen95durch und stellte ihren Abschlussbericht am 23. Mai 2006 der Präsidentin vor.

Zuerst wurde die Situation auf den Plantagen betrachtet, die weiterhin illegal von den einstigen Kämp-fern okkupiert wurden – Guthrie und Sinoe – und eine mehrdimensionale Strategie entwickelt, um eine friedliche Zurückgewinnung der Plantagen zu gewährleisten. Der Fokus dieser Strategie liegt auf der Wiedererlangung der staatlichen Autorität über die Plantagen und einer damit verbundenen Sicherung der Rechtsstaatlichkeit. Ziel ist es, die Situation der dort lebenden Gemeinden zu verbes-sern, den Verlust von Staatseinkommen zu verhindern und durch die Eingliederung ehemaliger Kom-battanten einen Beitrag zur Friedenskonsolidierung zu leisten. Nach Verhandlungen mit deren An-führern konnte die Guthrie-Plantage am 15. August 2006 an die Regierung zurückgegeben werden, die ein Übergangsmanagement mit der Leitung beauftragte, den ersten Checkpoint der Nationalen Liberianischen Polizei errichtete sowie unverzüglich mit der Entwaffnung der ehemaligen Kämpfer begann. Momentan verhandelt man mit den Konzessionsbesitzern über eine eventuelle Rückkehr.96 Mittlerweile unterstützen die LNP und das Amtsgericht die auf der Plantage lebenden Gemeinden.

Auf der Plantage leben zurzeit noch etwa 350 ehemalige Kombattanten. Bis Ende des Jahres 2006 lief die DD-Phase, Anfang 2007 wurde mit den RRR-Maßnahmen begonnen.97Registrierte Kombat-tanten haben die Möglichkeit, an Bildungsprogrammen teilzunehmen. Mehr als 200 ehemalige Kom-battanten haben sich seitdem für RR-Programme registriert, und ein Großteil ist in ihre Ursprungs-gemeinden zurückgekehrt. Andere entschieden sich zu bleiben und sich dort Arbeit zu suchen. Ihre Eingliederung und Beschäftigung auf der Plantage fußte auf der Annahme, dass sie ansonsten ein weitaus größeres Sicherheitsrisiko darstellen würden.

Obwohl Abnehmer von Kautschuk dazu angehalten wurden, nicht mehr von den ehemaligen Kom-battanten zu kaufen, taten sie es weiterhin. Sie haben sowohl offiziell von der Plantage als auch illegal von den ehemaligen Kombattanten gekauft. Um dem Schmuggel entgegenzuwirken, wurden Checkpoints errichtet. „Manchmal hat man das Gefühl, dass die Unternehmen den Kautschuk zurückkaufen, der ihnen zuvor gestohlen worden ist“, erklärt Andrea Tamagnini98 Man strebt die Gründung einer liberianischen Kautschuk-Entwicklungsorganisation (Liberia Rubber Development

93 Commentary on the Norms of Responsibility of Transnational Corporations and Other Business Enterprises with Regard to Human Rights. UN Doc. E/CN.4/Sub.2/2003/12/Rev.2/2003.

94 Vgl. Human Rights in Liberia’s Rubber Plantations: Tapping into the Future, United Nations Mission in Liberia, Monrovia, Liberia, Mai 2006. S. 56.

95 Vgl. z. B. UNMIL/PIO/PR/49.

96 Gespräch mit A. Tamagnini am 25.03.07.

97 Gespräch mit Herrn Qamar auf der Guthrie Plantage am 25.03.07.

98 Andrea Tamagnini am 25.03.07.

Agency) an, die für wichtige Entscheidungen in Bezug auf Organisation und Zusammenar-beit zwischen Käufern und Verkäufern verant-wortlich sein soll. Der Kautschuk soll lizenziert werden, um dem illegalen Schmuggel entge-genzuwirken. Weiterhin soll Druck auf die In-dustrie ausgeübt werden, keinen geschmug-gelten Kautschuk zu kaufen.

Seit der Übernahme der Plantage durch den Staat hat sich die Sicherheitssituation auf der Plantage stark verbessert. Zurzeit arbeiten 1707 Personen auf der Plantage, davon 600 in der Administration und im Management.

Mittlerweile wurden ein Krankenhaus, fünf Ge-sundheitszentren, 15 Grundschulen und eine weiterführende Schule errichtet. Auf einer Flä-che von 55 km2stehen jedoch bislang ledig-lich fünf Brunnen zur Verfügung. Zu den Aufgaben der UNMIL gehören der Kontakt mit dem lokalen Management, die Aufrechterhaltung und Neukonstruktion von Straßen, Ausbau des Gesundheits-wesens und des Bildungssystems, Renovierung und Neubau von Unterkünften, Bereitstellung von Trinkwasser und sanitären Anlagen sowie die Einbeziehung der lokalen Gemeinden in die Planungen. Verantwortungsvolle Investitionen und deren Kontrolle sowie die Planung einer nach-haltigen Bewirtschaftung, gehören zu den Herausforderungen, denen sich die Arbeitsgruppe in der Zukunft stellen muss.

Trotz stabiler Lage: Geleitschutz für die Studiengruppe auf dem Weg zur Guthrie-Plantage ist Pflicht. Foto: D. Maier

Im Dokument BLAUE REIHE (Seite 57-63)