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1 Einleitung

3.4 Marketing als Managementprozess

3.4.3 Entwicklung einer Marketingstrategie

3.4.3.1 Die drei Säulen einer zeitgemäßen Marketingstrategie

Das heutzutage in erfolgreichen Unternehmen vorherrschende Marketing-Konzept ist das eines zielgruppenorientierten Marketings statt eines undifferenzierten Massenmarketings (Thiele 2009, S. 99). Ein Unternehmen kann nicht allen Kunden bzw. Konsumenten gleichermaßen dienen, das heißt allen Bedürfnissen gerecht werden. Dafür sind die Be-dürfnisse und Anforderungen der Konsumenten in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft zu unterschiedlich. Der US-amerikanische Pionier des Tierarzt-Marketings LOWELL ACKERMAN (2007, S. 286) formuliert diesen Umstand treffend mit der Aussa-ge: „You can´t be everything to everyone.“

So hat z.B. der Halter eines Polizeidiensthundes andere Bedürfnisse und stellt somit an-dere Anforderungen an eine tierärztliche Dienstleistung als der Halter eines Familienhun-des. Dasselbe gilt für an die eigene Praxis überweisende Kollegen, wie es bei Tierkliniken und tierärztlichen Fachpraxen (z.B. Fachpraxis für Augenheilkunde) häufig der Fall ist.

Diese Klientel verlangt eine gänzlich andere Ansprache als die Tierhalter. Die Konse-quenz hieraus ist ein zielgruppenorientiertes Marketing. Statt einer breiten Streuung der Marketingaktivitäten („Schrotflinten-Konzept“) mit entsprechenden Streuverlusten27, kon-zentriert man sich auf den Konsumentenkreis, dessen Bedürfnisse man am ehesten be-friedigen kann bzw. möchte („Scharfschützen-Konzept“) (Kotler et al. 2007, S. 356).

27 Von Streuverlusten spricht man, wenn mit den Marketingmaßnahmen Personengruppen angesprochen werden, die nicht zur relevanten Zielgruppe gehören.

Tierarztpraxis

Patient bzw.

Patientenbesitzer Konkurrenz

Bedürfnisse Behandlungsleistung Bedürfnisse

Behandlungsleistung

Wettbewerbsvorteil

genannter Personenkreis stellt die Zielgruppe des Unternehmens dar. Es geht also da-rum, das für den jeweiligen Zielmarkt passende Leistungsangebot zu entwickeln sowie die übrigen Marketingmaßnahmen im Sinne eines maßgeschneiderten Marketingkonzepts hierauf abzustimmen. Mit der Beschränkung auf eine oder wenige Zielgruppen kann das Unternehmen seine Kräfte bezüglich der Marketingmaßnahmen bündeln (Frodl 2004, S. 96). Entsprechend basiert die korrespondierende Marketingstrategie auf den drei Säu-len des so genannten STP-Ansatzes (Kotler et al. 2007, S. 356):

• der Marktsegmentierung (Segmenting),

• der Zielmarktfestlegung bzw. Wahl der Zielgruppe (Targeting),

• der Positionierung (Positioning).

Diese Komponenten bauen aufeinander auf und müssen daher schrittweise erarbeitet werden.

Abb. 13: Schrittfolge bei der Marktsegmentierung, Zielmarktfestlegung und Positionierung (modifiziert nach Kotler et al. 2007, S. 356)

Ermittlung von Segmentierungs-kriterien

Den Markt in Segmente unterteilen

Bewertung der Attraktivität eines jeden Segmentes

Zielsegmente auswählen

Erarbeiten eines Positionierungs-konzeptes für das ausgewählte Zielsegment

Positionierungs-konzept umsetzen Marktsegmentierung

(Segmenting)

Zielmarktfestlegung (Targeting)

Positionierung (Positioning)

Zu Beginn erfolgt die Marktsegmentierung. Sie ist die Voraussetzung für die Bildung von Zielgruppen und umfasst die Unterteilung des Absatzmarktes in klar voneinander abge-grenzte Konsumentengruppen bzw. Marktsegmente (z.B. Gruppe der Katzenbesitzer [Anm. d. Verf.]), die jeweils ein spezielles Leistungsangebot bzw. einen eigenen Marke-tingmix erfordern (Kotler et al. 2007, S. 356). Sie bildet die Grundlage für eine differenzier-te Marktbearbeitung.

Die Konsumentengruppen sollten hinsichtlich marketingrelevanter Merkmale (Bedürfnisse, Erwartungen und Ansprüche an die Produkte bzw. Leistungen etc.) weitestgehend homo-gen sein und sich von anderen Gruppen diesbezüglich signifikant unterscheiden. Man spricht in diesem Fall von interner Homogenität und externer Heterogenität (Pepels 2014, S. 102). Für die Bildung dieser homogenen Gruppen bedient man sich verschiedener Segmentierungskriterien. Eine Auswahl der gebräuchlichsten Kriterien zeigt Tabelle 5.

Soziodemographische Segmentierungskriterien

Psychographische

Segmentierungskriterien Geographische Segmentierungskriterien

Geschlecht

• Alter (ergänzend im Fall einer Tierarztpraxis: Alter der Haustiere [Anm. d.

Verf.])

Familienstand

Ausbildung/Beruf

Bildung

Einkommen

soziale Schicht

Haushaltsgröße/Zahl der Kinder (ergänzend im Fall einer Tierarztpraxis: Art und Anzahl der Haustiere im Haushalt [Anm. d. Verf.])

Einstellungen/Werte der Konsumenten; ergänzend im Fall einer Tierarztpra-xis [Anm. d. Verf.]: Ein-stellung zum Tier (z.B.

Kind-/Partner-Ersatz, Sta-tussymbol etc.), Nutzung des Tieres (z.B. als Frei-zeithund, Arbeitshund etc.)

Motive

Konsumverhalten

Lebensgewohnheiten/

Lifestyle

Interessen

Kunden aus der näheren Umgebung (Radius x km um das Unternehmen her-um)

Kunden aus dem weiteren Umfeld (Radius > x km um das Unternehmen herum)

Tab. 5: Segmentierungskriterien für die Bildung homogener Marktsegmente

(modifiziert nach Bieberstein 2006, S. 168; Bruhn 2011, S. 363, Koschnick 1995, S. 347-348)

Ein neuerer und differenzierterer Ansatz ist die Einteilung der Konsumentengruppen in so genannten Lebenswelten (Anonym 2008). Die Grundidee hierhinter ist, dass Konsumen-tengruppen nicht isoliert anhand nur eines Kriteriums zu beschreiben sind, sondern gleichzeitig mithilfe mehrerer Kriterien (Bruhn 2011, S. 364). Es handelt sich also um ei-nen mehrdimensionalen Ansatz, der eine realitätsnähere Abbildung der existierenden Konsumentengruppen ermöglicht.

Hierauf basierend haben diverse Sozialforschungsinstitute Typologien bzw. so genannten Milieus entworfen, die es ermöglichen, sich ein genaueres Bild von den Verbrauchergrup-pen zu machen (Anonym 2008). Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das weit verbreitete Konzept der „Sinus-Milieus“, benannt nach dem Heidelberger Markt-forschungsinstitut SINUS. Hierbei werden Konsumentengruppen nach Alltagseinstellung und Wertvorstellung zu Arbeit, Familie, Freizeit, Geld und Konsum differenziert. Personen, die sich in ihrer Lebensauffassung (Wertorientierungen) und Lebensweisen (Alltagshand-lungen) ähnlich sind, werden in sozialen Milieus zusammengefasst (Bruhn 2011, S. 367).

Ein Beispiel hierfür ist eine Studie über die Lebenswelten der deutschen Hundehalter, die die Sinus Markt- und Sozialforschung in Zusammenarbeit mit dem Verband für das deut-sche Hundewesen (VDH) herausgegeben hat (Habig und Flaig 2005). Die daraus ent-nommene Abbildung 14 zeigt die Vorliebe für bestimmte Hunderassen in Abhängigkeit von der Zugehörigkeit des Hundebesitzers zu einem bestimmten „Sinus-Milieu“.

Abb. 14: Rassehunde in Deutschland – Schwerpunktmäßige Verortung der Besitzer im Sinus-Milieumodell

(Habig und Flaig 2005, S. 22)

Der nächste Schritt ist die Zielmarktfestlegung. Sie beinhaltet die Bewertung der Attraktivi-tät der verschiedenen Marktsegmente sowie die sich daran anschließende Auswahl der konkrete(n) Zielgruppe(n), das heißt die Bestimmung der Kundengruppe(n), auf welche sich das Unternehmen mit seinem Leistungsangebot fokussieren möchte und somit seine Marketingaktivitäten auszurichten hat. Je genauer man dabei das Profil seiner Zielgrup-pe(n) kennt, desto erfolgreicher werden die dann folgenden Aktivitäten sein (Schüller und Dumont 2013, S. 25).

Abschließend steht die strategische Positionierung des Unternehmens bzw. des Leis-tungsangebots an. Dies ist der entscheidende Schritt bei der Entwicklung einer Marke-tingstrategie. Sie legt fest, welche Identität bzw. welches Image das Unternehmen durch die Marketingaktivitäten erhalten soll (Hausegger 2007, S. 40; Thill 2005, S. 78). Das Un-ternehmen erhält dadurch ein klares Profil am Markt, wodurch eine deutliche Differenzie-rung gegenüber den Wettbewerbern erreicht wird. Im Idealfall können aus der Positionie-rung Alleinstellungsmerkmale im Sinne einer USP für das Unternehmen entwickelt wer-den (siehe Kapitel 3.4). Letztendlich geht es darum, das eigene Leistungsangebot in der

Wahrnehmung der Konsumenten positiv vom Angebot der Wettbewerber abzuheben. Die strategische Positionierung muss für den Kunden deutlich erkennbar herausstellen, wel-che Besonderheiten, Vorteile und Nutzen (rational und emotional) das Unternehmen ihm persönlich bieten kann (Schüller und Dumont 2013, S. 27). Hierzu muss man sich bereits im Vorfeld über das Leistungsspektrum und die Kernkompetenzen des Unternehmens im Klaren sein. Die zentralen Fragen dabei lauten: Was unterscheidet die Praxis von der Konkurrenz und welche Erfolgsfaktoren machen das Unternehmen einzigartig? Diese Fragen sind im Rahmen der Potenzialanalyse zu beantworten (siehe Kapitel 3.4.1).

Es ist jedoch entscheidend, dass diese Differenzierung gegenüber Mitbewerbern vom Kunden wahrgenommen wird und die differenzierenden Eigenschaften des Anbieters bzw.

Leistungsangebots aus Sicht des Kunden von besonderem Wert sind. Es ist die zentrale Aufgabe der Kommunikationspolitik, die Besonderheiten und Unterschiede des eigenen Leistungsangebots bzw. Unternehmens im Vergleich zu den Wettbewerbern gegenüber den Kunden zu kommunizieren. Hierauf wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch ein-zugehen sein.

Dem Unternehmen bieten sich zahlreiche Positionierungsmöglichkeiten. Dazu zählen un-ter anderem die folgenden (Müller und Sander 2011, S. 24-25):

Spezialisten-Positionierung:

Konzentration auf bestimmte Leistungen

Innovations-Positionierung:

Unternehmen steht für modernste Verfahren und Leistungen. Es werden immer die neuesten Verfahren und Geräte eingesetzt.

Produkt- bzw. Qualitäts-Positionierung:

Die Qualität der angebotenen Leistungen steht im Vordergrund.

Service-Positionierung:

Positionierung über besondere Service-Leistungen

Preis-Positionierung:

Preisgünstigkeit im Vergleich zur Konkurrenz

Ein Beispiel für die Positionierung als Spezialist ist eine Praxis, die sich auf Zahnbehand-lung oder Exoten ausrichtet. Eine Innovations-Positionierung läge beispielsweise vor, wenn eine Praxis grundsätzlich die modernsten Untersuchungs- und Behandlungsmetho-den anbietet. Eine Tierarztpraxis, die über ein offiziell zertifiziertes Qualitätsmanagement-system verfügt, kann dieses für eine Qualitäts-Positionierung nutzen. Im Fall einer

Ser-vice-Positionierung wird verstärkter Wert auf Service-Leistungen gelegt (z.B. Anbieten eines Hol- und Bringdienstes für weniger mobile Kunden). Eine Preis-Positionierung ist dagegen für Tierarztpraxen angesichts der einschlägigen gesetzlichen Beschränkungen einer freien Preisgestaltung von untergeordneter Bedeutung (siehe Kapitel 3.2.2).

Das Resultat einer erfolgreichen Positionierung sollte ein individuelles Unternehmensprofil sein, das sich im Idealfall durch ein unverwechselbares Erscheinungsbild, standesgemä-ßes Auftreten, klare Akzente und glaubwürdige Vermittlung gegenüber dem relevanten Umfeld auszeichnet (Frodl 2008, S. 98).