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Die Anbahnung der Bildungspartnerschaften

Unternehmen – Eine erfolgreiche Initiative kooperativer Vernetzung in Baden-Württemberg

6.5 Die Anbahnung der Bildungspartnerschaften

Bei den Servicestellen der Industrie- und Handelskammern hat sich der in der folgenden Ab-bildung dargestellte Ablauf zur Anbahnung einer Bildungspartnerschaft bewährt:

11 www.bildungspartner-bw.de (30.10.12)

41 Abbildung 3: Ablauf zur Anbahnung einer Bildungspartnerschaft

Eine Schule oder ein Unternehmen bekun-den ihr Interesse bei der IHK

Erstberatung

Die IHK besucht die Interessenten und verschafft sich einen Eindruck vom

Profil, den Wünschen und der Eignung für eine Partnerschaft

weiteres Interesse

Die IHK bereitet auf-grund der Vorgespräche eine Vereinbarung vor)

Die IHK sucht einen bzw. mehrere passende Partner in der näheren Umgebung und bahnt ein

Kontakt-gespräch an.

weiteres Interesse

Klärung folgender Fragen

Welche Ressourcen sind nötig (Personal, Material,

Budget, externer Support)?

Welche Zielgruppen sollen genau angespro-chen werden (Schüler, Azubis, Mitarbeiter,

Lehrer, Eltern)?

Wer möchte sich engagieren (Mitarbeiter, Azubis, Lehrer, Eltern)?

Welche Inhalte / Pro-jekte sollen umgesetzt werden und wie soll man

sie vermitteln?

(Feierliche) Unterzeichnung der Vereinbarung

Die IHK begleitet die Partnerschaft aktiv weiter Erster runder Tisch:

Brainstorming

Zweiter runder Tisch:

Vereinbarungsplan

© IHK Region Stuttgart

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Passgenaue Vermittlung

Interessierte Unternehmen oder Schulen melden ihren Bedarf der zuständigen Industrie- und Handelskammer. Falls sie einen bestimmten Bildungspartner (z. B. eine bestimmte Schule oder ein bestimmtes Unternehmen in ihrer Nähe) favorisieren, können sie diesen als

„Wunschpartner“ angeben. Ein Vertreter der IHK wird im nächsten Schritt mit dem Wunschpartner bzw. potenziellen Bildungspartner Kontakt aufnehmen und ein erstes Treffen in die Wege leiten.

Runder Tisch

Bei diesem Erstgespräch im Unternehmen wird das Projekt Bildungspartnerschaft vorgestellt, der mögliche schulische Partner genannt und es werden offene Fragen geklärt. Jeder Partner hat nun die Aufgabe, intern die Ergebnisse mit der Leitung und mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, denen die Aufgabe übertragen wird, abzustimmen. Das Unternehmen erhält eine Mustervereinbarung sowie eine Auswahl möglicher Aktivitäten. Zeitnah setzt sich der Vertreter der IHK mit der anfragenden Schule in Verbindung und vereinbart ein Treffen.

Hier werden ein Profil sowie das Portfolio der möglichen Aktivitäten erstellt. Im nächsten Schritt kommt es idealerweise zu einem Kooperationsgespräch bzw. zu einem runden Tisch zwischen Schule, Unternehmen und der Industrie- und Handelskammer, bei dem Ideen und Erwartungen zusammengetragen und konkretisiert werden.

Ansprechpartner

Sowohl auf schulischer als auch auf betrieblicher Seite wird ein Ansprechpartner benannt, der für die Koordination und Gestaltung der Partnerschaft zuständig ist. Inhalt, Umfang und Strukturierungsgrad der Bildungspartnerschaft bestimmen die Kooperationspartner in gegen-seitigem Einverständnis. Sind die Inhalte in der Vereinbarung fixiert und von allen Parteien geprüft, findet die Unterzeichnung statt. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um eine Absichtserklärung, sie ist nicht rechtlich bindend.

Besteht zwischen einer Schule, einem Unternehmen oder einem Verbund bereits eine lose Zusammenarbeit, kann diese durch die Koordination der Industrie- und Handelskammer auf eine neue Grundlage gestellt werden. Gemeinsam mit einem Vertreter der IHK werden die bereits bestehenden Aktivitäten ggf. modifiziert oder erweitert und in einer Vereinbarung schriftlich fixiert.

Für die Anbahnung ist es förderlich, wenn ein Vermittler eingeschaltet wird, der beide Ar-beitsfelder und Abläufe – die der Schule und der Wirtschaft – kennt, mögliche Hindernisse antizipiert und anspricht. Meistens wird die schriftliche Kooperationsvereinbarung von der Servicestelle oder von den Kammern ausgearbeitet, um die Partner bei der administrativen Arbeit zu entlasten.

Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung

Ob die Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung in feierlichem Rahmen in der Schule oder im Betrieb mit Eltern, Schülerinnen/Schülern und Lehrerinnen/Lehrern stattfindet oder in kleinem Rahmen mit den Ansprechpartnern der Bildungspartnerschaft, bleibt den Koope-rationspartnern überlassen. Nach einem in der Vereinbarung festgelegten Zeitraum, meist nach einem Jahr, treffen sich die Bildungspartner zum Austausch und zur Reflexion. Inhalte, Umfang und Strukturierungsgrad der Bildungspartnerschaft werden bewertet und weiterent-wickelt.

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Bisher sind gerade diejenigen Partnerschaften langfristig erfolgreich, die in einem feierlichen Akt gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern, Eltern und externen Partnern in der Schule ihre Partnerschaft und damit ihre gemeinsame Verantwortung öffentlichkeitswirksam besiegelten.

6.5.1 Bildungspartnerschaften in der Praxis – Beispiele aus dem Stadtbezirk Stuttgart

Im Stadtbezirk Stuttgart gibt es 34 öffentliche Haupt- und Werkrealschulen sowie 19 öffent-liche Realschulen. Zu Beginn der Initiative hatten von den 53 Schulen lediglich fünf (9 Prozent) feste Vereinbarungen geschlossen. Knapp zweieinhalb Jahre später (im März 2011) gingen 37 Schulen (also zwei Drittel) Kooperationen mit einem oder mehreren Part-nern ein. (siehe Abbildung 4). Bis zum Ende des Jahres 2011 sollen die übrigen 16 Schulen vernetzt sein. Die Mehrzahl dieser Schulen ist bereits in Kooperationsverhandlungen oder steht kurz vor Abschluss einer Vereinbarung.

Abbildung 4: Bildungspartnerschaften im Stadtbezirk Stuttgart

An den Kooperationen sind über 60 Stuttgarter Betriebe aus nahezu allen Branchen beteiligt:

Von Krankenhäusern über Banken und Versicherungen, Energieversorgungsunternehmen, Handwerksbetrieben, Hotels und Restaurants, die Städtischen Verkehrsbetriebe bis hin zu Industrieunternehmen des Automobilbaus.

Erste Erfolge der Kooperationen zeichnen sich ab. In mehreren Schulen wurden Schü-ler/innen in ein Ausbildungsverhältnis der Partnerunternehmen vermittelt. Gemeinsam durchgeführte Firmenabende, an denen sich die Schule und ihre Schüler/innen präsentieren, stärken das Netzwerk der Schulen. Der Lernort Schule öffnet sich dadurch gegenüber dem Sozialraum und bindet externe Partner in das offene Schulkonzept ein. Die Hohensteinschule (Grund- und Werkrealschule) in Stuttgart Zuffenhausen konnte zum Beispiel mittels ihrer Firmenabende in den Jahren 2010 und 2011 sechs Unternehmen als Partner gewinnen.

70 Prozent der Schulen kooperieren mit Unternehmen

Anzahl der Schulen im Stadtbezirk

Zahl der Schulen mit BPS

Quelle: IHK Region Stuttgart Mai 2011

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Die Körschtalschule (Grund- und Hauptschule) in Stuttgart Plieningen konnte dank des Steuerungskreises Hauptschule, bei dem sich alle 6 bis 8 Wochen die umliegenden Betriebe mit der Schulleitung und den Koordinierungslehrern treffen, um sich im Bereich der Berufs-orientierung abzustimmen, 16 Partner aus der Wirtschaft gewinnen.

Für die Unternehmen bestehen viele Möglichkeiten, sich in diese Bildungspartnerschaft einzubringen. Wichtige Bausteine von Bildungspartnerschaften sind unter anderem: das Be-werbungstraining, der außerschulische Unterricht mit nach dem Lehrplan abgestimmten Lerneinheiten im Zusammenhang eines speziellen Fachthemas sowie das Vorstellen der Aus-bildungsberufe durch die Auszubildenden.

Die folgende Aufstellung zeigt eine Auswahl der Module, die in den Stuttgarter Bildung s-partnerschaften in den letzten zwei Jahren in unterschiedlicher Weise fest installiert worden sind:

 Bewerbertraining, Benimm-Training, Auswahlverfahren, Unterstützung des Planspieles der Mobilen Jugendarbeit Stuttgart

Vorbereitung der Schüler/innen auf die Berufswelt, z. B. durch Simulation eines Aufnahme-tests, Erstellen einer Bewerbungsmappe, Rollenspiele, Gruppen- und Einzelarbeit, Eignungs-tests, Vorstellungsgespräche.

 Betriebserkundung, vertiefende Schülerpraktika, Tagespraktika, Ferienpraktika

Schüler/innen kommen für einen oder mehrere Tage/Wochen in den Betrieb und lernen die verschiedenen Ausbildungsberufe sowie den Berufsalltag kennen.

 Berufspräsentation, Berufskundetraining

Ausbilder/innen oder Auszubildende eines Unternehmens stellen die Ausbildungsberufe des eigenen Unternehmens vor und beantworten Fragen rund um die Ausbildung.

 Elternarbeit

Schule und Betrieb engagieren sich gemeinsam in der Elternarbeit, z. B. durch Informations-veranstaltungen oder Frage-Antwort-Runden mit Eltern, Ausbilderinnen und Ausbildern.

 Lehrerpraktika

Die Schule organisiert mit dem Partnerunternehmen eine Lehrerfortbildung z. B. ein zweitä-giges Schnupperpraktikum im Betrieb oder eine Infoveranstaltung in der Schule.

 Präsentationstraining, Präsentationstechniken

Schüler/innen oder/sowie die Auszubildenden des Partnerbetriebs besuchen (gemeinsam) eine Schulung zur Verbesserung ihrer Methodenkompetenz. Die Schulung wird vom Unter-nehmen durchgeführt.

 Arbeitsgemeinschaften (AGs), Workshops, Seminare, außerschulischer Unterricht

Vertreter aus Schule und Wirtschaft ermöglichen die freiwillige Teilnahme an internen Veran-staltungen für interessierte Auszubildende und/oder Schüler/innen im Betrieb und/oder in der Schule, z. B. Programmieren, Englisch, Leseprojekt, Erstellung einer Homepage, Werk-stückerstellung in der Lehrwerkstatt des Unternehmens usw.

 Girls Day, Naturwissenschaft und Technik für Mädchen

Das Unternehmen unterstützt ausgewählte Veranstaltungen, Führungen oder Vorträge spez i-ell für Schülerinnen im Betrieb oder in der Schule.