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«Politik des Bundes für die ländlichen Räume und Berggebiete» und

2 Die Agglomerationspolitik 016+ und die Politik für

die ländlichen Räume und Berggebiete

2.1 Die Agglomerationspolitik des Bundes im Bezug auf die Sied-lungsentwicklung nach innen Die Agglomerationspolitik des Bundes 2016+ zielt darauf ab, die 2001 einge-führte erfolgreiche Agglomerations-politik zu konsolidieren und zu opti-mieren. Sie orientiert sich dabei an der Tripartiten Strategie zur Schweizeri-schen Agglomerationspolitik (verab-schiedet von der Tripartiten Agglome-rationskonferenz TAK am 7. Juni 2013) mit Instrumenten und Massnahmen in anbieten zu können. Des Weiteren soll

die Landwirtschaft in der Agglomerati-on weiterhin ihre wichtigen multifunk-tionalen Leistungen erbringen können (Schweizerischer Bundesrat 2015b).

Die ländlichen Räume und das Berg-gebiet sind daran, ihre Identität neu zu definieren und entsprechende Zu-kunftsvisionen zu entwickeln. Dabei gilt es, dem wirtschaftlichen und gesell-schaftlichen Wandel der letzten Jahr-zehnte Rechnung zu tragen. In den pe-riurbanen Gemeinden ist die Bevölke-rung stark gewachsen. Diese Räume werden auch in Zukunft von ihrer La-gegunst am Übergang zwischen Agglo-meration und ländlichem Raum pro-fitieren. Im periurbanen ländlichen Raum und in den Tourismuszentren wurden seit Mitte der 90er Jahre dop-pelt so viele Wohnungen gebaut wie im peripheren ländlichen Raum. Dies kann sich nachteilig auf die Standort-qualitäten fürs Wohnen, auf den länd-lichen Charakter der Siedlungsstruktur und auf die Naherholungsqualitäten auswirken, und der Druck auf die guten Landwirtschaftsflächen, die Landschaft sowie auf die naturnahen Lebensräu-me und damit auch auf die Biodiversi-tät nimmt zu. Zudem werden bei einer weiteren Zersiedlung die Kosten für Infrastrukturen und Verkehr steigen.

Unter anderem aufgrund der Abwan-derung haben viele Ortskerne in eher peripheren ländlichen Gemeinden in den vergangenen Jahren an Attraktivi-tät verloren, und der Trend hält weiter-hin an. Um die Siedlungsentwicklung nach innen zu lenken sind jedoch vita-le Ortskerne von zentravita-ler Bedeutung (Schweizerischer Bundesrat 2015a).

Die im Februar 2015 verabschiede-te Agglomerationspolitik des Bundes 2016+ und die Politik des Bundes für die ländlichen Räume und Berggebie-te tragen dazu bei, diese Herausfor-derungen anzugehen. Diese können nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Vielmehr bestehen vielschich-tige Wechselwirkungen und Verflech-tungen, wie zum Beispiel in Form von Verkehrsströmen, Marktverflechtun-gen, regionalen Wertschöpfungsket-ten oder überregionaler Nutzung na-türlicher Ressourcen. Das Denken und Handeln in grossregionalen, stadt-land-übergreifenden Räumen gewinnt damit für eine nachhaltige Raument-wicklung an Bedeutung. Eine räumlich

nen als auch auf die ländlichen Räu-me und Berggebiete. Damit fördern sie die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Land. Dieses Vorgehen ist ein ent-scheidender Schritt zu einer kohären-ten Raumentwicklung in der Schweiz (Schweizerischer Bundesrat 2015b).

Mit den Modellvorhaben «nachhal-tige Raumentwicklung» will der Bund die konkrete Umsetzung fördern. Nicht über Ge- und Verbote, sondern durch positive Beispiele sollen wichtige Auf-gaben der Raumentwicklungspolitik – wie etwa die Siedlungsentwicklung nach innen oder die Freiraumentwick-lung – angegangen werden (Butterling und Schindelholz 2010). Mit ihrer be-wussten Praxisnähe machen Modell-vorhaben dem Bund zudem sichtbar wo bei den Akteuren vor Ort der Schuh drückt (Blattner et al. 2013).

Für die Phase 2014–2018 wurden fünf Themenschwerpunkte definiert: Sied-lungsentwicklung nach innen umset-zen, Freiraumentwicklung in Agglome-rationen fördern, Wirtschaft in funkti-onalen Räumen fördern, Bedarfs- und bedürfnisgerechtes Wohnraumangebot schaffen und natürliche Ressourcen nutzen und in Wert setzen. Im Folgen-den wird vertiefter auf die zwei The-menschwerpunkte «Siedlungsentwick-lung nach innen umsetzen» und «Frei-raumentwicklung in Agglomerationen fördern» eingegangen.

Die «Modellvorhaben Siedlungs-entwicklung nach innen» tragen zur Umsetzung des revidierten Raumpla-nungsgesetzes (RPG) bei und verfol-gen das Ziel, die Landschaft und das Kulturland zu schonen. Dies erfor-dert eine Auseinandersetzung mit dem Siedlungsbestand und ein Suchen nach Lösungen vor Ort unter Einbezug der direkt betroffenen Bevölkerung. Je nach Problemstellung verfolgen die Modellvorhaben verschiedene Ansät-ze (www.modellvorhaben.ch, Zugriff 4.9.2015):

– Revitalisierung von Dorfkernen und die Verdichtung im ländlichen Raum: Die Projekte «Qualitätsvol-le Verdichtung, Erhaltung und Ent-wicklung der Baukultur und Schutz unverbauter Landschaften im Land-schaftspark Binntal (VS)» (Abb. 1) und «Aktivierung des Nutzungspo-tenzials von Zweitwohnungen (Bel-linzonese e Valli, TI)» verfolgen zum Beispiel diesen Ansatz.

mit der Baukultur und durch die Auf-wertung von Ortskernen fördern die Akteure in den ländlichen Räumen und Berggebieten die Siedlungsqua-lität, werten die Landschaft auf und stärken die regionale Vielfalt. Sie bie-ten zukunftsfähige Aus- und Weiterbil-dungsmöglichkeiten an. Sie weisen eine qualitativ gute, den Bedürfnissen von Bevölkerung und Wirtschaft angepass-te Versorgung mit Infrastruktureinrich-tungen und DienstleisInfrastruktureinrich-tungen auf. Ver-kehr, Energie und Siedlung sind in den ländlichen Räumen und Berggebieten aufeinander abgestimmt» (Schweizeri-scher Bundesrat 2015a).

Damit die Entwicklung der ländli-chen Räume und Berggebiete geord-net stattfindet und nicht alles über-all gebaut wird, verfolgt der Bund mit der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete den Handlungsansatz

«Nutzungsschwerpunkte setzen und Zentren stärken». Regionen sollen be-wusst Schwerpunkte für ihre Entwick-lung definieren und dabei die funkti-onalen Verflechtungen innerhalb der Region berücksichtigen. Die Entwick-lung soll in die regionalen Zentren ge-lenkt werden. Dafür wird im Rahmen der Umsetzung der Politik geprüft, wie räumlich strategische Prozesse auf regionaler Ebene noch mehr zu för-dern und zu unterstützen sind. Hier-für sind Analysen bestehender Prozes-se und Erfahrungsaustausche mit Regi-onen vorgesehen, welche bereits solche Strategien erarbeitet haben oder dar-an sind, diese umzusetzen (Schweizeri-scher Bundesrat 2015a).

2.3 Kräfte bündeln: Stadt und Land gemeinsam voranbringen Die Koordination der Agglomera-tionspolitik und der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete erfolgt auf zwei Ebenen: Auf strategi-scher Ebene sind die Ziele aufeinan-der und auf das Raumkonzept Schweiz abgestimmt. Auf Ebene der Umset-zung bestehen neben Instrumenten und Massnahmen der Agglomerati-onspolitik und solchen der Politik für die ländlichen Räume und Berggebie-te neu auch gemeinsame InstrumenBerggebie-te und Massnahmen. Diese werden von beiden Politikbereichen getragen und wirken sowohl auf die Agglomeratio-der Lebens- und Wohnqualität in

be-stehenden Quartieren. Der Program-mansatz der Projets urbains nimmt sektorielle Ziele von Raumentwick-lung, Integrationspolitik und Wohn-raumförderung auf und unterstützt Behörden und Projektträger von Ag-glomerationsgemeinden, die Heraus-forderungen zu meistern, welche viel-seitig belastete Wohnquartiere mit sich bringen. Neben vernachlässigten Lie-genschaften soll auch das Wohnumfeld aufgewertet werden. Dieses ist oft ge-prägt von qualitativ mangelhaften und schlecht zugänglichen Aussenräumen, hoher Verkehrsbelastung, ungenügen-der Freizeitinfrastruktur und mangeln-dem Sicherheitsgefühl der Bewohner.

Die Verbesserung der Aussenräume macht das Quartier in positiver Weise erfahrbar und kann dadurch eine lang-fristige Entwicklung anstossen, die das Engagement der ansässigen Bevölke-rung und ihre Identifikation mit dem Quartier fördert. Bei den raumplane-rischen Massnahmen, die im Rahmen der Projets urbains umgesetzt werden, stehen vor allem die Verkehrsberuhi-gung sowie die Schaffung attraktiver Begegnungs-, Bewegungs- und Erho-lungsräume im Zentrum, beides wich-tige Beiträge zur Siedlungsentwicklung nach innen. In Rorschach (SG) bei-spielsweise wurde in der ersten Phase des Programms (2008–2011) in einem partizipativen Prozess rund um die stark von Durchgangsverkehr belastete Gerenstrasse mit der Bevölkerung ein Konzept für eine neue Verkehrsfüh-rung und die Umgestaltung der Strasse erarbeitet. Im Rahmen dieser räumli-chen Aufwertung entstand ein lebendi-ges und attraktives Wohnumfeld (Ku-bat und Maury 2015).

2.1 Die Politik des Bundes für die ländlichen Räume und Bergge-biete im Bezug auf die Sied-lungsentwicklung nach innen Das Ziel der Siedlungsentwicklung nach innen kommt im ersten der vier Ziele der Politik für die ländlichen Räume und Berggebiete zum Aus-druck: «Die Bewohnerinnen und Bewohner der ländlichen Räume und Berggebiete haben ein attraktives Lebensumfeld. Durch den qualitäts-vollen Umgang mit der Landschaft,

me, dazu gehören Quartierstrassen und Plätze genauso wie Grünflächen, Parks oder Naherholungsgebiete am lungsrand, sind vor allem in der Sied-lung erlebnisarm und erfüllen nur we-nige Funktionen.

Mit den Modellvorhaben «Freirau-mentwicklung in Agglomerationen för-dern» unterstützt der Bund neun Pro-jekte von Kantonen, Agglomerationen und Gemeinden, welche sich mit den vielfältigen Funktionen der Freiräume sektorübergreifend auseinandersetzen.

Dabei geht es um Synergien zwischen den Themen Bewegung und Sport, Ge-sundheit, Langsamverkehr, Aufwer-tung der Landschaft oder der Förde-rung von Naturerlebnissen. Die Mit-wirkung und Aneignung der Freiräume durch die Bevölkerung und die Koor-dination der unterschiedlichen Interes-sen ist bei allen neun Modellvorhaben präsent. Je nach Modellvorhaben ste-hen aber unterschiedliche Themen im Vordergrund (www.modellvorhaben.ch, Zugriff 4.9.2015):

– Vision und Leitfaden zur Freirau-mentwicklung auf übergeordneter Ebene: Im Projekt «Freiraum Frei-burg» wird eine Vision und ein Leit-faden zu den Freiräumen erarbeitet.

Mit einer integralen und übergeord-neten Sichtweise sollen unter ande-rem naturräumliche und mobilitäts-bezogene Entwicklungen der Frei-räume unterstützt werden. Dabei wird gezielt die Partizipation der Bevölkerung gesucht.

– Inwertsetzung der Naturwerte von Naherholungsgebieten, Aufwertung des Siedlungsrandes: Vier Modell-vorhaben haben zum Ziel, wich-tige Naturwerte – Biodiversität, Landschaftsqualität - von Naherho-lungsgebieten in der Agglomerati-on besser in Wert zu setzen, um sie langfristig als vielfältige Natur- und Erholungsräume zu erhalten. Es handelt sich dabei um den «Parco del Laveggio» in der Agglomera-tion Mendrisio (TI), den «Grenz-fluss Arve» in der Agglomeration Grand Genève (GE) und franzö-sische Agglomeration Annemas-se - Les Voirons und die «Flussau-en der Maggia und Melezza» in der Agglomeration Locarno (TI). Das Projekt «Landschaft für eine Stun-de, Aufwertung der Übergangsräu-me von Siedlung zur Landschaft»

– Funktionale und verdichtete Durch-mischung in Industrie- und Gewer-bezonen: Die Projekte «ArealPlus:

Entscheidungshilfesystem für eine wirtschaftlich orientierte Raumpla-nung mit Fokus auf Büro-, Produk-tions- und Gewerbeflächen (Kanton SG, AI, AR und TG)» und «Städte-bauliche Integration der Industrie- und Gewerbezonen am Agglome-rationsrand (Region Morges, VD)»

analysieren Industrie- und Gewer-bezonen und streben eine stärkere funktionale und verdichtete Durch-mischung an.

– Umgang mit bestehenden Bauzo-nen: In Brig-Glis (VS) strebt das Modellvorhaben «Räumliche Ent-wicklung Brig-Glis: Verdichtung, Nichteinzonungen und Rückstufun-gen gleichzeitig – ohne Verlierer?»

(Abb. 2) Lösungen im Umgang mit den bestehenden Bauzonen an und möchte einen Werkzeugkasten zur Siedlungsentwicklung nach innen erarbeiten.

– Vernetzung von Akteuren: Das Modellvorhaben «Aufbau eines Netzwerks für eine kooperative Umsetzung der Innenentwicklung – anhand von Fallstudien in acht Gemeinden der Kantone Luzern und Basel-Landschaft» möchte Innenentwicklungsprozesse in Fall-studien testen und eine unabhän-gige kantonale Anlaufstelle «Netz-werk Innenentwicklung» mit Wis-sens-, Methoden- und Expertenpool für beide beteiligten Kantone

auf-bauen. Einen ähnlichen Ansatz wählt das Projekt «Co-citoyenneté:

Einbindung der Bevölkerung für eine nachhaltige Siedlungsentwick-lung in der neuen Gemeinde Val-de-Ruz», welches nach der Fusion von 15 Gemeinden im Kanton Neu-enburg partizipativ einen Nutzungs-plan erarbeitet und die Bevölke-rung für die Anliegen und die Kom-plexität der Siedlungsentwicklung nach innen sensibilisiert.

In der vergangenen Phase der Modell-vorhaben (2007–2011) wurden Projek-te unProjek-terstützt, welche sich mit Themen der Dorfkernerneuerung (Modellvor-haben «Region Luzern West», Kanton Jura: «Porrentruy und Fontenais – För-derung des Wohnens in historischen Zentren im Jura»), der Verdichtung des Bestandes (Modellvorhaben «Zweit-wohnungen Region Goms», «Über-geordnetes Standortmanagement für Industrie- und Gewerbebrache Luzern») wie auch mit der Ermittlung von Potenzialen für die Siedlungsent-wicklung nach innen wie beim Pro-jekt «Raum+ Schwyz» befassten (ARE 2013).

Eine kompakte Siedlungsentwick-lung nach innen schliesst eine gute Freiraumentwicklung nicht aus. Im Ge-genteil: Strategien zur räumlichen Ver-dichtung verlangen geradezu attraktive Freiräume. Obwohl die Agglomeratio-nen der Schweiz sich durch viele Grün- und Freiräume auszeichnen, ist ihr Auf-wertungspotenzial gross. Viele

Freiräu-Abb. 2. Stadtzentrum Brig-Glis und die Nachbardörfer Naters, Termen und Ried-Brig.

und Wohnqualität zu testen. Die Pro-jekte werden nicht nur finanziell und fachlich unterstützt. Vielmehr organi-siert der Bund auch Veranstaltungen für den Erfahrungsaustausch, an wel-chen sich die Projektträger untereinan-der über gewonnene Erfahrungen aus-tauschen und ihr Netzwerk erweitern können. Die im Laufe der Programme gewonnenen Erkenntnisse und Erfah-rungen werden im Internet veröffent-licht. Dank der engen Zusammenarbeit mit den Projektleitenden hat der Bund auch die Gelegenheit, viel über die He-rausforderungen und Lösungsansätze der Gemeinden zu lernen (Blattner et al. 2013).

Aus den Modellvorhaben können folgende Erfolgsfaktoren auf Projekt-managementebene abgeleitet werden (ARE 2013):

– Relevante Akteure sollten zu Beginn identifiziert und dann zur richtigen Zeit in den Prozess ein-bezogen werden, vor allem auch Grundeigentümer – ohne sie kann kaum etwas erreicht werden. Auch die öffentliche Hand ist rechtzeitig einzubeziehen.

– Anreize, die den Mehrwert eines Grundstückes erhöhen oder Investi-tionskosten verringern, erhöhen die Beteiligungsbereitschaft der Grund-eigentümer.

– Eine offene und transparente Kom-munikation mit den involvierten Akteuren ist ein Muss für einen erfolgreichen Prozess.

erarbeiten, um Freiraumqualitäten und Potenziale umfassend hinsicht-lich der Verdichtungsmöghinsicht-lichkeiten zu ermitteln. Trotz Überbauung und Nachverdichtung sollen attraktive Freiräume geschaffen werden.

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