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2 UNTERSUCHTE MARKERMOLEKÜLE

2.1 Katecholamine

2.1.2 Diagnostische Relevanz

Die quantitative Bestimmung der Katecholamine ist diagnostisch relevant:

für die Diagnose der sekundären Hypertonie

für die Diagnostik und Verlaufsbeurteilung von Tumoren des sympatho-adrenalen Systems wie z. B. das Phäochromozytom oder das Neuroblastom.

Die Frage, ob die Katecholamine im Plasma oder im Urin bestimmt werden sollen, wird kontrovers diskutiert. Die überwiegende Mehrzahl der Untersucher bevorzugt aus methodischen wie auch pathophysiologischen Überlegungen die Bestimmung im Urin [4]. Die Konzentration der Katecholamine im Urin ist um drei Größenordnungen höher als die im Vergleich zu Plasma. Die Anforderungen an die Methodik bzw. Nachweisgrenze bei der Analyse sind daher deutlich geringer.

Darüber hinaus erhält man bei der Bestimmung der Katecholamine in einem 24h-Urin eine Messgröße, die unabhängig von kurzfristigen Konzentrationsänderungen ist, wie sie im Plasma beobachtet werden. Im Gegensatz zu einer entsprechenden Blutabnahme ist die Gewinnung von Urin nicht invasiv und somit stressfrei für den Patienten.

Die Ruheausschüttung der Katecholamine Noradrenalin und Adrenalin aus dem Nebennierenmark beträgt etwa 8 bis 10 ng pro Kilogramm Körpergewicht und Minute. Das im Blut zirkulierende Noradrenalin stammt zu über 70 % aus dem durch den Sympathikus noradrenerg innervierten Herzmuskel. Daher ist der

Noradrenalinspiegel im Blut durchschnittlich 2 bis 3-fach höher als der des nur im Nebennierenmark (NNM) synthetisierten Adrenalins.

Bei motorischen Aktivitäten steigt zunächst der Noradrenalinspiegel infolge der sympathisch gesteuerten Herzleistung an. Bei mittelschwerer und schwerer Arbeit (> 150 Watt) ist neben dem weiteren Konzentrationsanstieg des Noradrenalins auch ein Adrenalinanstieg im Blut zu beobachten.

Tabelle 3: Katecholaminspiegel im Blut Katecholaminkonzentration Bedingungen

Adrenalin [pmol/L] Noradrenalin [pmol/L]

Ruhe 360 1100

Arbeit 50 Watt 100 Watt 150 Watt

360 520 870

2200 2900 4850 Verändert nach [5]

Bei Stress steigen sowohl der Nordrenalin- als auch der Adrenalinspiegel im Blut stark an. Das Nebennierenmark schüttet die beiden Stresshormone verstärkt ins Blut aus. Gleichzeitig erfolgt eine zusätzliche Noradrenalinausschüttung aus den sympathischen postganglionären Neuronen.

0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500

Plasma-Katecholamine [pg/mL]

Normal Stress

Adrenalin Noradrenalin

Abbildung 8: Stressbedingter Anstieg der Konzentrationen von Noradrenalin und Adrenalin im Blut (Ratte), Anstieg: Adrenalin 2000%, Noradrenalin 600% [5]

Vor diesem Hintergrund dient die quantitative Bestimmung der Katecholamine in Plasma und Urin in der Sportmedizin der Aufklärung adrenerger Stimulationen und Überlastungen [59, 60, 61, 99] und in der Arbeitsmedizin zur Stress- und arbeitsphysiologischen Grundlagenforschung.

Die quantitative Bestimmung der Katecholamine ermöglicht somit Rückschlüsse auf die Aktivität des sympatho-neuralen und sympatho-adrenalen Systems unter physischer und psychischer Belastung. Darüber hinaus finden sich charakteristische Veränderungen im Katecholamingehalt der Körperflüssigkeiten bei bestimmten Erkrankungen, bei denen diese beiden Systeme direkt oder indirekt involviert sind. Etwa bei hypotonen Kreislaufregulationsstörungen wie z.B. familiäre Dysautonomie [62, 63], bei Tumorerkrankungen des chromaffinen Gewebes wie Phäochromozytom [64, 65, 66], Neuroblastoma oder Ganglioneurom [67, 68, 3 und Übersichtsarbeit 69] und bei malignen Nierentumoren der Kindheit, dem Wilms-Tumor. Weitere Indikationen sind die Differentialdiagnose bei Hypertonie [70], die Parkinsonsche Krankheit [71, 72], affektive Störungen [73, 74], Herzleiden [75, 76, 77], Schilddrüsenüberfunktion oder Schilddrüsenunterfunktion [78] und chronische Niereninsuffizienz [79, 80].

Im folgendem wird näher auf das Phäochromozytom und das Neuroblastom eingegangen.

Das Phäochromozytom ist ein Tumor der chromaffinen Zellen, der in 90% der Fälle im Nebennierenmark lokalisiert ist und dort eine Hypersekretion von Adrenalin und Noradrenalin verursacht. Phäochromozytome treten vorwiegend bei Erwachsenen auf, mit einer maximalen Häufigkeit im 4. und 5. Lebensjahrzehnt. Während bei Kindern das männliche Geschlecht häufiger betroffen ist, bestehen bei Erwachsenen keine Geschlechtsunterschiede. Die Prävalenz des Phäo-chromozytoms in der Gesamtbevölkerung beträgt 0,005 % und bei Hypertonikern 0,5 %. Die Inzidenz wird mit 1 bis 2 Patienten pro 100.000 Einwohner und Jahr angegeben [3]. Die bösartige Form, das Phäochromoblastom, hat bei Erwachsenen eine etwa 10mal kleinere Inzidenz. Etwa 85 bis 90 % der Phäochromozytome gehen vom Nebennierenmark aus. Die rechte Nebenniere ist etwas häufiger betroffen als die linke.

Die frühe Diagnose eines Phäochromozytoms ist sehr wichtig, da lebensbedrohliche hypertensive Krisen damit verbunden sein können. Die chirurgische Sanierung führt fast immer zur völligen Heilung.

Neuroblastome sind ebenfalls Tumore des sympathico-adrenalen Systems. Sie gehen von Neuroblasten des Nebennierenmarks aus, können sich aber auch an anderen Stellen des sympathischen Nervensystems entwickeln. Neuroblastome sind nach Leukämien und Gliomen die häufigsten malignen Tumoren im Kindesalter. Sie treten zwischen der Geburt und dem 6. Lebensjahr auf. Ein Neuroblastom wird auf etwa 10.000 Geburten beobachtet bei Jungen etwas häufiger als bei Mädchen. Über 80 % der Neuroblastome betreffen Kinder in den ersten zweieinhalb Lebensjahren. Beim Neuroblastom ist die renale Ausscheidung von Homovanillinsäure, Vanillinmandelsäure und vor allem die des Dopamins erhöht [81].

2.1.2.1.1 Konjugierte Katecholamine

Untersuchungen von Buu [82, 83, 84], Nagel [85], Joyce [86], Westerink [87] und Weicker [88, 99] haben gezeigt, dass etwa 60 bis 90 % der Gesamtkatecholamine in Körperflüssigkeiten in konjugierter Form (Sulfo- und Glucuronsäure-Konjugate) vorliegen. Der hohe Konjugatanteil hat vermutlich eine bis heute noch wenig erforschte regulatorische Bedeutung [89].

Beim Menschen überwiegen die sulfokonjugierten Katecholamine mit 90 bis 95%, lediglich 5 bis 10 % liegen als ß-Konjugate der Glucuronsäure vor.

Die Konjugation der Katecholamine mit dem Schwefelsäureanion kann sowohl in der 4-O- als auch in der 3-O-Position erfolgen. Die Esterbildung wird katalysiert durch die Phenolsulfotransferase (PST), die in zahlreichen Organen und Geweben wie Leber, Gehirn, Thrombozyten, Erythrozyten und Darmmucosa lokalisiert ist [90]

Als Sulfatgruppendonator fungiert das Phosphoadenosinphosphosulfat (PAPS).

Die Dekonjugation der 4-O-Sulfokonjugate wird von Sulfatasen katalysiert, die in der Leber, dem Gehirn, den Nieren und den Muskeln vorkommen. Auch die Dopamin-ß-Hydroxylase kann aus 4-O-Dopaminsulfat Dopamin freisetzen.

Die im Nebennierenmark ausgeschütteten Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin werden jedoch nicht konjugiert, obwohl das Enzym Phenol-sulfotransferase in diesem Gewebe vorkommt. Der Grund hierfür liegt darin, dass der Sulfatgruppendonator Phosphoadenosinphosphosulfat fehlt oder nur in Spuren vorhanden ist [91]. Die Differentialdiagnose des Phäochromozytoms basiert daher auf einem sehr kleinen Verhältnis von konjugierten zu freien Katecholaminen im Plasma.

Abbildung 9: 4-O-Sulfo-konjugierte(a) und 3-O-Glucuronsäure-konjugierte (b) Katecholamine

Im Zentralnervensystem werden die Katecholamine nach der Ausschüttung aus den präsynaptischen Vesikeln in den synaptischen Spalt umgehend mit Sulfat konjugiert, da die Phenolsulfotransferase und das Phosphoadenosinphosphosulfat in hoher Konzentration vorliegen [92]. Aus den Konjugaten können die Katecholamine jedoch erneut freigesetzt werden (hohe Sulfataseaktivität im ZNS) und stehen für eine weitere Interaktion mit den Rezeptoren zur Verfügung, ohne dass eine präsynaptische Neurotransmitterfreisetzung stattgefunden haben muss.

Die sulfatierten Katecholamine zeigen keine Affinität zu den Adrenorezeptoren.

2.1.2.1.2 Renales Katecholamin-Ausscheidungsmuster und Normalwerte der Katecholaminkonzentrationen in Körperflüssigkeiten

Das normale renale Ausscheidungsmuster des Katecholaminmetabolismus setzt sich zu 3 bis 7 % aus unveränderten Katecholaminen, zu 45 bis 60 % aus

Vanillinmandelsäure sowie zu 10 bis 20 % aus Normetanephrin und Metanephrin zusammen. Mit einem 24h-Sammelurin werden daher der gesamte periphere und zentrale Katecholaminstoffwechsel und dessen Metabolite erfasst.

Detaillierte Angaben zu den Normalbereichen der Katecholamine in Urin und Plasma sind in den folgenden Tabelle 4 und 5 zu finden.

Tabelle 4: Normalbereiche der freien Katecholamine im Urin Katecholamine Ausgeschiedene Menge pro

24h bzw. Konzentration

Methode

Noradrenalin Adrenalin Dopamin

100-450 nmol/L 17-94 nmol/L 420-3660 nmol/L

HPLC-FD [88]

Noradrenalin Adrenalin Dopamin

94-490 nmol /24h 15-80 nmol/24h 990-2431 nmol/24h

HPLC-FD [96]

Noradrenalin Adrenalin Dopamin

bis 490 nmol/24h bis 131 nmol/24h bus 2550 nmol/24h

HPLC-ECD [93]

Noradrenalin Adrenalin Dopamin

bis 570 nmol/24h bis 150 nmol/24h bis 3240 nmol/24h

HPLC-ECD [94]

Tabelle 5: Normalbereiche der Katecholamine im Plasma

Katecholamine Konzentration [nmol/l] Methode Noradrenalin

Adrenalin Dopamin

0,71-2,36 0,11-0,66 0,13-0,52

Radioenzymatisch [97]

Noradrenalin Adrenalin Dopamin

0,33-5,98 bis 4,77 bis 0,80

HPLC-ECD [98]

Nordrenalin Adrenalin Dopamin

bis 2,49 bis 0,46 -

HPLC-ECD [94]