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3 Material und Methoden

5.3 Vergleich der PGK bei verschiedenen Vogelarten

5.3.4 Diagnostische Aussagen der PGK-Messung ohne Beachtung der Futteraufnahme, nach Karenz und im Rahmen eines Belastungstests

In der Humanmedizin stellt die alleinige Nüchternwertbestimmung der Gallensäuren eine sensitive und spezifische Methode zur Erkennung von Lebererkrankungen dar (SKREDE et al., 1978; FERRARIS et al., 1983). Beim Kleintier (Hund und Katze) erweist sich die einmalige Bestimmung der Gallensäurenkonzentration nach 12stündigem Fasten als sehr spezifisch und empfindlich für die Erkennung von Hepatopathien (CENTER, 1993). In der Vogelmedizin wird zur Bestimmung der Nüchtern-PGK generell eine Karenzzeit von 12 h empfohlen (LUMEIJ, 1991; FLAMMER, 1994). Auf Grundlage detaillierter Untersuchungen der postprandialen PGK-Verläufe empfehlen ZINKE et al. (1999c) für die klinische Diagnostik für Goffinkakadus eine minimale Karenzzeit von 2 h oder von 4 h für Graupapageien. Diese Untersucher geben für Amazonen unabhängig vom Zeitpunkt der letzten Futteraufnahme einen Referenzbereich von 20 – 140 µmol/l an. Aufgrund der vorliegenden Arbeit ist der Einfluss der Nahrung auf die Höhe der PGK bei Psittaziden, Hühnern und domestizierten Tauben so minimal, dass keine Karenzzeit eingehalten werden muß. Bei carnivoren Greifvögeln sollte dagegen eine Karenzzeit vor der Bestimmung der PGK eingehalten werden, die mindestens 24 h beträgt (LUMEIJ und REMPLE, 1992).

CENTER (1997) betont, dass bei Kleintieren eine einmalige Bestimmung der Gallensäurenkonzentration nüchterner Patienten diagnostische Unsicherheiten bedingt, da nach spontanen Gallenblasenentleerungen innerhalb der interdigestiven Phasen falsch positive Werte auftreten können (CENTER, 1997). Diese Überlegung trifft unter Zugrundelegung der vorliegenden Arbeit auch für Vögel zu. Viele Individuen zeigten PGK-Verläufe, die zwischen unauffälligen Werten (z. B. 50 µmol/l bei Psittaziden) und zweifelhaften Werten (z. B.

>100 µmol/l) schwankten.

Diese Unzulänglichkeiten der Einfachmessung bei Individuen führten in der Humanmedizin frühzeitig zu der Empfehlung, die Gallensäurenkonzentration vor und 2 h nach einer Testmahlzeit zu ermitteln (KAPLOWITZ et al., 1973; DE ALMEIDA et al., 1998). CENTER et al. (1991) vertreten die Ansicht, dass die Bestimmung der postprandialen Gallensäurenkonzentration beim Hund aussagekräftiger als eine alleinige Messung des Nüchternwerts ist. Bei der Katze ist die Bestimmung der postprandialen

Gallensäurenkonzentration spezifischer und sensitiver als die einmalige Nüchternwertbestimmung (GARTRELL et al., 1992; CENTER et al., 1993, 1995).

In der Vogelmedizin beobachtete LUMEIJ (1991) einen signifikanten physiologischen postprandialen Anstieg der PGK bei Brieftauben und Stockenten. Zwischen den beiden Spezies gab es dabei keine signifikanten Unterschiede, obwohl Stockenten im Gegensatz zu Brieftauben eine Gallenblase besitzen. Dies unterstützt die aus der vorliegenden Arbeit abgeleitete Schlussfolgerung, dass Vögel mit einer Gallenblase nicht prinzipiell niedrigere PGK-Werte aufweisen oder deutlicher zu postprandialen Anstiegen der PGK neigen.

Kakadus, die einzige Familie der Psittaziden mit Gallenblase, zeigen keine niedrigeren PGK-Werte als andere Grosspapageien.

Das Konzentrationsniveau der Gallensäuren im Plasma scheint vielmehr von der Ernährung der Vögel abzuhängen. Die in dieser Arbeit untersuchten Arten sind bis auf die Hühner, die nur zum Teil pflanzliche Nahrung zu sich nehmen, reine Vegetarier. Greifvögel ernähren sich dagegen carnivor. Zwischen ihren Mahlzeiten liegt eine relativ große Zeitspanne. LUMEIJ und REMPLE (1992) stellten bei Wanderfalken (Falco peregrinus) einen signifikanten Unterschied zwischen den prä-(< 20 µmol/l) und postprandialen (> 40 µmol/l) PGK-Werten fest. SAMOUR und NALDO (2003) untersuchten von 33 klinisch gesunden Sakerfalken (Falco cherrug) die SGK nach einer mehr als 12stündigen Karenzzeit (1,7 – 13,3 µmol/l) und die SGK von 12 Tieren mit diagnostizierter Hepatopathie. Bei an der Leber erkrankten Greifvögeln lagen 3 – 68fache Erhöhungen der PGK vor (SAMOUR und NALDO, 2003).

Die PGK gesunder Greifvögel liegt in einem ähnlichen Wertebereich wie die von Hunden und Katzen. Greifvögel speichern die Galle über längere Zeit in der Gallenblase. Aus der Klinik ist bekannt, dass sich die Gallenblase bei hungernden Greifvögeln im Röntgenbild gut sichtbar darstellt (KRAUTWALD-JUNGHANNS et al., 1997). Dieses Phänomen lässt sich bei Kakadus nicht beobachten. Auch in der Sektion von Greifvögeln fällt häufig eine hgr.

gestaute Gallenblase auf. Dieser Befund läßt sich bei Kakadus und Hühnern nicht erheben.

Die Gallenblasen der Kakadus und Hühner scheinen sich demgemäß regelmäßig unabhängig von der Futteraufnahme zu entleeren. Es ist möglich, dass aus diesem Grund bei diesen Vögeln kaum eine postprandiale PGK-Erhöhung zu verzeichnen ist, bei Greifvögeln aber sehr wohl.

FLAMMER (1994) untersuchte prä- und postprandiale Serumgallensäurenkonzentrationen bei 4 Psittazidenspezies und stellte einen signifikanten Abfall der Konzentrationen postprandial fest. Auch in der vorliegenden Arbeit gab es bei einzelnen Tieren vergleichbare Verläufe. FLAMMER (1994) hatte für seine Beobachtung keine Erklärung. Auf Grundlage der eigenen Untersuchungen erscheint folgende Ursache für dieses Phänomen möglich: falls ein schwankender Verlauf der PGK beim Vogel vorliegt, so kann bei Wahl eines relativ großen Zeitintervalls der Blutentnahme zufällig ein Kurvenmaximum auf ein Kurvenminimum folgen. Gleiches gilt auch bei nicht schwankendem Verlauf und fehlender postprandialer Beeinflussung der PGK.

Aufgrund der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit liegt keine sichere und quantitativ deutliche Beeinflussung der PGK durch die Testmahlzeit mit Öl bei klinisch gesunden Vögeln vor.

Selbst bei den Spezies DGK und GBA, die in der Mehrheit der Einzelkurven einen deutlichen Peak postprandial erkennen lassen, sind Einzelwerte nur eingeschränkt aussagefähig, da häufig innerhalb einer Stunde deutliche Unterschiede zu erkennen sind. Ein genauer postprandialer Zeitpunkt, zu dem die Blutproben genommen werden sollten, läßt sich nicht definieren. Deutlich wird aber bei allen untersuchten Spezies, dass der Spiegel der PGK beim Vogel in relativ engen Grenzen äußerst stabil bleibt.

Interessant wäre, ob eine geschädigte Leber auch beim Vogelpatienten postprandial stärker beansprucht ist und damit zu höheren PGK-Werten führt, wie man es aus der Kleintiermedizin (CENTER, 1993, 1997) und vom Greifvogel (SAMOUR und NALDO, 2003) kennt. Zur Untersuchung der aufgeworfenen Fragen müssten genau definierte Lebererkrankungen experimentell induziert werden. LUMEIJ et al. (1988) führten solche Untersuchungen bei Brieftauben durch. Dazu schädigten sie die Leber der Vögel durch orale Eingabe von Ethylenglykol oder Galaktosamin. Es wurden verschiedene blutchemische Parameter untersucht u. a. auch die PGK, die sich als sensitivster Parameter herausstellte. Zu solchen Arbeiten ist anzumerken, dass eine akute Leberschädigung durch chemische Substanzen nicht eine derartige Hepatopathie simuliert wie sie in der Praxis diagnostiziert wird (z. B. Lebertumor, chron. Hepatitis, Zirrhosen). Die Übertragung der Ergebnisse der im Hinblick auf den Tierschutz fragwürdigen Studie auf die klinisch angewandte Diagnostik ist somit schlecht möglich.

Ein weiteres Problem stellt die Zusammensetzung der Probandengruppe dar. Während es einfach ist, für Untersuchungen beispielsweise an gesunden Hühnern und Tauben eine homogene Gruppe von Tieren zusammenzustellen, gestaltet sich dies bei Papageien ungleich schwieriger. Zum einen sind die materiell hohen Werte dieser Vögel zu nennen, zum anderen die hohen Ansprüche an die Haltung. Die Zucht dieser Tiere ist schwierig und langwierig, da Großpapageien erst mit 3 – 5 Jahren geschlechtsreif werden. Durch ihre hohe Neugier und den starken Schnabel müssen Volieren und Käfige zur dauerhaften Haltung sehr stabil konstruiert sein. Manipulationen an diesen Vögeln sind zudem nur mit erheblichen Zwangsmaßnahmen und Belastungen für die Tiere durchzuführen und demnach sowohl aus Sicht einer reproduzierbaren Interpretation späterer Ergebnisse als auch aus dem Aspekt des Tierschutzes kritisch zu sehen.

5.4 Vergleich der Ergebnisse mit den Erfahrungen beim Kleintier (Hund und Katze)