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4.3 Rechnungs-/Messungsvergleiche

5.1.3 Diabates Verdichtermodell

Zur Veranschaulichung der Auswirkungen der W¨armestr¨ome auf den Verdichtungs-prozess seien die zugeh¨origen Vorg¨ange in Erweiterung des aus Abschn. 3.4.3, Abb. 3.5bekannten h,s-Diagramms betrachtet (vgl. Abb. 5.2).

spez. Entropie s

spez.Enthalpieh

p1t

p2t

2

2s

1 DhsV,t

DhV,adi,t

DhV,t

1*

2adi*

qV,E

Dh*sV,t

2s*

Dh*V,adi,tqV,A

2adi

Abb. 5.2Zustands¨anderung im Verdichter

78 5.1 THEORETISCHER MODELLANSATZ

Im realen Prozess wird der Luft beim Durchstr¨omen des Verdichters mehr oder we-niger gleichm¨aßig W¨arme zugef¨uhrt. Die genaue Verteilung der W¨arme¨ubertragung im Verdichter ist unbekannt, aber f¨ur die globale Zustands¨anderung auch unbe-deutend. Die Betrachtung der W¨armefl¨usse im Verdichtungsprozess kann wesentlich vereinfacht werden, wenn man die W¨arme in die zwei Anteile

qV,E =cp,V ·(T1 −T1)

qV,A =cp,V ·(T2−T2adi) (5.1)

aufteilt. Unter der W¨arme qV,E soll derjenige W¨armeanteil verstanden werden, der dem Arbeitsmedium (Luft) am Eintritt - also vor dem eigentlichen Verdichtungs-prozess - zugef¨uhrt wird. Die Temperatur steigt damit von der (gemessenen) Ein-trittstemperatur T1 auf T1. Die Verdichtung selbst sei als adiabat betrachtet [23], die Temperatur steigt dabei aufT2adi. Nach der Verdichtung wird dem Arbeitsme-dium die W¨arme qV,A zugef¨uhrt, die Temperatur erh¨oht sich weiter, von T2adi auf die (gemessene) Austrittstemperatur T2. Die Betrachtung des eigentlichen Verdich-tungsprozesses als adiabat bedeutet keine Verletzung der Allgemeing¨ultigkeit dieses Ansatzes, wenn man die w¨ahrend der realen Verdichtung (von 1→2) zugef¨uhrte W¨arme so auf die Anteile qV,E und qV,A verteilt, dass sich global die gleiche Zu-stands¨anderung ergibt wie beim realen Prozess.

Die Unterteilung in eine anteilige W¨armezufuhr vor und eine nach der Verdichtung ist sinnvoll, da qV,E und qV,A ganz unterschiedliche Auswirkungen auf den Prozess haben. Wie auch aus der Divergenz der Isobaren im h,s-Diagramm deutlich wird, nimmt f¨ur einen bestimmten Massendurchsatz und ein bestimmtes Druckverh¨altnis bei gleicher str¨omungsmechanischer G¨ute der Turbomaschine die aufgenommene Leistung mit zunehmender Eintrittstemperatur zu. F¨ur den gleichen Ladedruck ist also bei erh¨ohter Verdichtereintrittstemperatur eine gr¨oßere Turbinenleistung aufzu-bringen. Dagegen bewirkt eine Erh¨ohung der am Austritt zugef¨uhrten W¨arme qV,A lediglich eine Erh¨ohung der Verdichteraustrittstemperatur. Diese ist zwar ebenfalls unerw¨unscht, hat aber keine Auswirkungen mehr auf die aufgenommene Verdichter-leistung.

F¨ur die adiabate Betrachtung, also ohne Ber¨ucksichtigung der Tatsache von W¨ arme-fl¨ussen, wurde die Zustands¨anderung der Verdichtung bereits in Abschn. 3.4.3 diskutiert. Werden jedoch W¨armefl¨usse in die Betrachtung einbezogen, so wird ei-ne erweiterte Darstellung der bisherigen Definitioei-nen des isentropen Verdichterwir-kungsgrads erforderlich. Im h,s-Diagramm nachAbb. 5.2ist die Zustands¨anderung aufgeteilt in eine isobare W¨armezufuhr am Eintritt qV,E, eine adiabate Verdichtung und eine wiederum isobare W¨armezufuhr am Austritt qV,A. Die gesamte Enthal-pieerh¨ohung von 1→2 ergibt sich als Summe aus der adiabaten Verdichtungsarbeit

∆hV,adi,t und den vor und nach Verdichter zugef¨uhrten spezifischen W¨armen qV,E und qV,A. Bei der herk¨ommlichen Bestimmung des

”isentropen Wirkungsgrads“ am

5.1 THEORETISCHER MODELLANSATZ 79

Turboladerpr¨ufstand wird demzufolge der (isentrope) diabate Wirkungsgrad

ηsV,dia = ∆hsV,t

∆hV,t

=

cp,V ·T1·

π

κV−1 κV

V,t −1

cp,V ·(T2−T1)

= ∆hsV,t

qV,E + ∆hV,adi,t+qV,A =

cp,V ·T1·

π

κV−1 κV

V,t −1

qV,E+cp,V ·(T2adi−T1) +qV,A

(5.2)

ermittelt. Es ist offensichtlich, dass diese Wirkungsgraddefinition keinerlei Auskunft

¨uber die aerodynamische G¨ute des Verdichters liefern kann, da neben der Verdich-terarbeit auch ins Arbeitsmedium ¨ubertragene W¨armen zur Temperaturerh¨ohung von 1→2 beitragen. ¨Uber die aerodynamische G¨ute des Verdichters gibt allerdings der (isentrope) adiabate Wirkungsgrad

ηsV,adi = ∆hsV,t

∆hV,adi,t =

cp,V ·T1·

π

κV−1 κV

V,t −1

cp,V ·(T2adi−T1)

= ∆hsV,t

∆hV,adi,t =

cp,V ·T1·

π

κV−1 κV

V,t −1

cp,V ·(T2adi −T1)

(5.3)

Auskunft.

Beide Wirkungsgraddefinitionen sind f¨ur die Bestimmung der aufgenommenen Ver-dichterleistung jedoch ungeeignet. Der diabate Wirkungsgrad ηsV,dia bezieht die isentrope Enthalpie¨anderung auf die gesamte Enthalpie¨anderung (einschließlich W¨armestr¨ome). Beim adiabaten Wirkungsgrad ηsV,adi dagegen wird die isentrope Enthalpiedifferenz ∆hsV,t nach der ¨Ubertragung von qV,E und nicht die mit der Eintrittstemperatur gebildete isentrope Enthalpiedifferenz ∆hsV,t ins Verh¨altnis zu

∆hV,adi,t gesetzt.

Trotz dieser Unzul¨anglichkeit wird der aus den am Turboladerpr¨ufstand aufgenom-menen Messwerten ermittelte diabate Wirkungsgrad, allgemein als

”isentroper Wir-kungsgrad“ bekannt, bisher in der Regel zur Berechnung der aufgenommenen me-chanischen Verdichterleistung verwendet. Um die korrekte Verdichterleistung be-stimmen zu k¨onnen, wird der (isentrope)Leistungswirkungsgrad

ηsV,heat = ∆hsV,t

∆hV,adi,t =

cp,V ·T1·

π

κV−1 κV

V,t −1

cp,V ·(T2adi−T1) (5.4) eingef¨uhrt. Er bezieht die mit dem Eintrittszustand gebildete isentrope Enthalpie-differenz auf die aerodynamische Verdichterarbeit. Die aufgenommene Verdichter-leistung ergibt sich damit zu

PV = ˙mV ·∆hV,adi,t

= ˙mV · ∆hsV,t

ηsV,heat = ˙mV ·

cp,V ·T1·

π

κV−1 κV

V,t −1

ηsV,heat (5.5)

80 5.1 THEORETISCHER MODELLANSATZ

Um aus den gemessenen Verdichterdaten den LeistungswirkungsgradηsV,heat bestim-men zu k¨onnen, bedarf es eines Verfahrens, das zumindest n¨aherungsweise die Ener-giezufuhr zum Arbeitsmedium in die zugef¨uhrte W¨arme und die aerodynamische Verdichterarbeit aufteilt. Desweiteren ist ein Ansatz zur Darstellung des Durchsatz-verhaltens des Verdichters notwendig. Beides wird nachfolgend vorgestellt.

Trennung von W¨arme und aerodynamischer Verdichterarbeit

Die dem Verdichter zugef¨uhrte W¨arme wird ¨uber folgende W¨armeleitungsgleichung dargestellt:

VOl¨ · λLager ·ALager

LLager ·(T3−T2) (5.6)

mit Q˙V W¨armestrom zum Verdichter in W εOl¨

Korrekturfaktor zur Ber¨ucksichtigung der W¨armeverluste an das Ol¨

λLager W¨armeleitf¨ahigkeitskoeffizient des Lagergeh¨auses in W/(m· K) ALager Querschnittsfl¨ache des Lagergeh¨auses in m2

LLager L¨ange des Lagergeh¨auses in m T3 Turbineneintrittstemperatur in K T2 Verdichteraustrittstemperatur in K

Mit dem Ansatz der Turbomaschinenhauptgleichung nach Euler, einer zun¨achst ein-fachen Absch¨atzung f¨ur den Minderleistungsfaktor µ7 und der oben spezifizierte W¨arme kann ein Regressionszusammenhang f¨ur den Korrekturfaktor εOl¨ als Funk-tion der Verdichterbetriebsparameter aufgestellt werden. Die Koeffizienten dieser Regression entstehen aus dem Vergleich mit den Messdaten. Als Ergebnis dieses Verfahrens stehen zwei Funktionen, je eine f¨ur den Korrekturfaktor εOl¨ und den Minderleistungsfaktor µzur Verf¨ugung, mit deren Hilfe sowohl die aerodynamische Verdichterarbeit als auch der diabate Verdichterwirkungsgrad berechenbar wird.

Durchsatzverhalten des Verdichters

Das Durchsatzverhalten des Verdichters wird mit Hilfe des aerodynamischen Ver-lustkoeffizienten

ξV = cp,V ·(T2−T2s)−qV u210

(5.7) wiedergegeben. Dabei werden folgende Verlustmechanismen ber¨ucksichtigt:

• Str¨omungsverluste im Laufrad

– Reibungs- und Diffusionsverluste – Verluste im Schaufelkanal

• Diffusorverluste

7Verlustkoeffizient, der die unvollst¨andige Umlenkung der Str¨omung durch die nur endliche Zahl von Laufradschaufeln eines Radialverdichters beschreibt

5.1 THEORETISCHER MODELLANSATZ 81

• Str¨omungsverluste in der Spirale – Reibungs- und Diffusionsverluste – Verluste am Austrittsdiffusor – Meridianstr¨omungsverluste

Die Ans¨atze f¨ur die einzelen Verlustmechanismen m¨unden in eine Regressionsglei-chung zur Bestimmung des aerodynamischen Verlustkoeffizienten. Die Koeffizienten aus den einzelnen Ans¨atzen bilden somit die Regressionskoeffizienten, die wiederum

¨

uber einen Vergleich mit den vorliegenden Kennfelddaten zu bestimmen sind.

5.1.4 Diabates Turbinenmodell