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Der SHARE -Datensatz – Die deutsche (Pflege -)Perspektive

5 Empirie Deutschland

5.3 Der SHARE -Datensatz – Die deutsche (Pflege -)Perspektive

5.3.1 Der SHARE -Datensatz

Das im Jahr 2004 ins Leben gerufene SHARE102 -Projekt stellt einen der bedeu-tendsten und umfangreichsten internationalen und interdisziplinären Daten-sätze zur Verfügung (vgl� Börsch -Supan et al� (2008), S� 10), der mit seinen 14 Ländern der zweite Erhebungswelle aus den Jahren 2006 und 2007 und breit an-gelegtem Fragespektrum für vergleichende empirische Analysen in vielen The-mengebieten geeignet ist� Die in dieser Arbeit Verwendung findende Version ist die des Release 2�3�0 aus dem Jahr 2009 (November)�103 Nach Aufbereitung, Zusammenführung der Teil -Datensätze und Auswahl der relevanten Variablen verbleiben für die 14 erhobenen und betrachteten Länder

• Österreich,

• Deutschland,

• Schweden,

• Niederlande,

• Spanien,

• Italien,

102 Mit der Datennutzung ist folgende Erklärung abzugeben: This paper uses data from SHARE release 2�3�0, as of 13 November 2009� SHARE data collection in 2004–2007 was primarily funded by the European Commission through its 5th and 6th frame-work programs (project numbers QLK6 -CT -2001 -00360; RII -CT -2006 -062193;

CIT5 -CT -2005 -028857)� Additional funding by the US National Institute on Aging (grant numbers U01AG09740 -13S2; P01 AG005842; P01 AG08291; P30 AG12815;

Y1 -AG -4553 -01; OGHA 04 -064; R21 AG025169), as well as by various national sources, is gratefully acknowledged (see http://www�share -project�org/)�

103 Dies war die aktuell verfügbare Version zu Beginn der Arbeiten am Daten-satz� Spätere Versionen enthalten keine für diese Arbeit relevanten zusätzlichen Informationen�

• Frankreich,

33�528 Beobachtungen104 im Alter von 50 Jahren und älter im Datensatz� Das Alter reicht von 50 bis 104 Jahre und liegt im Durchschnitt bei 65,43 Jahren�

Wie in Abbildung 51 nach Ländern aufgeschlüsselt zeigt sich, dass für je-des der betrachteten Länder deutlich mehr als 1�000 Beobachtungen vorlie-gen und die Mittelwerte des Alters nur geringfügig voneinander abweichen�

Auch das maximale Alter schwankt nur unerheblich um die Marke von 100 Jahren�

Abbildung 51: Anzahl und Durchschnittsalter der Beobachtungen nach Ländern

60

104 Die Reduktion des Datensatzes resultiert aus diversen Bereinigungen, unter ande-rem um bspw� mitbefragte Angehörige unter 50 Jahren sowie um Beobachtungen mit fehlenden, für den Gang der Untersuchung aber zwingend notwendigen Anga-ben wie etwa dem Herkunftsland oder dem Alter�

Die im Datensatz fehlende Angabe des Alters der Befragten in Jahren wird aus dem jeweiligen Geburts - und dem Befragungsjahr ermittelt� Dies geschieht auf Jahresebene, auf eine monatsgenaue Betrachtung wird verzichtet�

5.3.2 Abgrenzung von Pflegebedürftigkeit

Eine beachtliche Anzahl größtenteils internationaler Publikationen zum The-menkomplex der Pflege hat bereits auf die Daten des SHARE -Projekts zurück-gegriffen� Hierbei lassen sich zwei hauptsächliche Probleme identifizieren: Zum einen wird deutlich, dass auf Grund des Anspruchs, eine möglichst weitgrei-fende Anzahl an Themengebieten in den verschiedenen Befragungsmodulen abzudecken, oftmals tiefer in die jeweilige Materie eintauchende Sachverhalte nicht behandelt werden (können)� Zum anderen tritt zu Tage, dass durch die multinationale Ausrichtung nationale Gegebenheiten und Sonderreglungen kei-nen Raum finden (könkei-nen), da dies die Vergleichbarkeit der Daten über alle Länder hinweg beeinträchtigen würde� Beide Punkte treffen in hohem Maße auf international vergleichende Betrachtungen zur Pflege(versicherung) aus deut-scher SGB XI -Perspektive zu� Allerdings gelingt dies auch keiner anderen derart umfassenden, europäischen Datensammlung, so dass das Arbeiten mit SHARE die gleichzeitig beste und einzige Alternative darstellt� Wenngleich länderüber-greifende Arbeiten ohne eine spezielle, nationale Ausrichtung dies noch recht problemlos übergehen können, sollten die wie im Folgenden dargelegten Un-sauberkeiten bspw� bei der Abgrenzung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs sowie die daraus folgenden möglichen Verzerrungen gerade bei Betrachtungen mit der Fokussierung auf einzelne Länder Erwähnung finden�105 Darüber hinaus spie-geln die Daten der zweiten Erhebungswelle selbstverständlich nicht die Effekte der seitdem in Kraft getretenen Änderungen durch den Gesetzgeber wider�106 Allerdings kann mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse der seit der Datenerhe-bung eingeschlagene Kurs kritisch hinterfragt und gegebenenfalls bestätigt oder widerlegt werden�

Wie in Abbildung 51 bereits ersichtlich, liegt der Ausgangswert bei 2�527 befragten Personen in Deutschland� Auf Grund partiell fehlender Angaben wird sich diese Anzahl im weiteren Verlauf auf 2�337 Personen reduzieren�

Das Alter der Befragten bewegt sich zwischen 50 und 97 Jahren bei einem

105 Auf die grundsätzliche Problematik bei der Abgrenzung des Pflegebedürftigkeits-begriffs im internationalen Kontext weist auch Skuban (2004), S� 65ff� hin�

106 Die Ergebnisse der dritten Befragungswelle standen bei Abschluss der vorliegenden Arbeit noch nicht zur Verfügung�

Durchschnittsalter von 65,35 Jahren und einer Standardabweichung von 9,39 Jahren� Während in den Befragungen der ersten Welle aus dem Jahr 2004 noch Angaben zu einer eventuell vorliegenden Pflegebedürftigkeit gemacht werden konnten, ist diese Möglichkeit in der zweiten Erhebungswelle aus den Jahren 2006/2007 nicht mehr enthalten� Auf Grund der gravierenden Abweichungen hinsichtlich der Abgrenzung von Pflegebedürftigkeit, der Vielzahl einzelstaat-licher Regelungen und der daraus folgenden Untauglichkeit des Parameters für international vergleichende Ansätze, eignete er sich ehedem ausschließlich im nationalen Kontext, bedingt aber die Suche nach Alternativen�

Einschränkungen in den activities of daily living (ADL) stellen den in der Literatur am häufigsten Verwendung findenden Indikator für Pflegebedürftig-keit dar (siehe bspw� Lafortune und Balestat (2007), S� 10)� Wie in Kapitel 3�1�1 erläutert, kommt dieser Einteilung nach Katz et al� (1963) auch im Rahmen der SPV eine große Bedeutung zu, allerdings wird er der zugleich zu erfüllenden zeitlich quantitativen Bedingung (siehe Abbildung 32) nicht gerecht� Dies wird auch deutlich bei der Betrachtung der, wie in Tabelle 9 ausgewiesenen, Anteile im Datensatz nach Ausschluss von insgesamt sechs Beobachtungen wegen feh-lender Angaben (fünf Personen) bzw� Unkenntnis (eine Peson)�

Tabelle 9: Häufigkeit der ADL -Einschränkungen Anzahl der

ADL -Einschränkungen Beobachtungen

0 2�277 (90,32 %)

1 130 (5,16 %)

2 34 (1,35 %)

3 27 (1,07 %)

4 19 (0,75)

5 15 (0,60)

6 19 (0,75)

Quelle: eigene Darstellung�

Von den verbliebenen 2�521 Beobachtungen leben demnach über 90  % ohne jede Einschränkung der activities of daily living� Gemäß der üblichen Abgren-zung (siehe exemplarisch Wolf (1999)) werden somit 244 Personen als mehr oder minder pflegebedürftig eingestuft� Ein derartiger Anteil von rund 9,7 % der Bevölkerung der entsprechenden Alterskategorie überschätzt den tatsächlichen Wert jedoch bei weitem (siehe auch die Ausführungen in Kapitel 5�5�3)� Hinzu

kommt, dass eine Einteilung der als pflegebedürftig kategorisierten Betroffenen auf die einzelnen Pflegestufen nicht sinnvoll möglich erscheint� Auch der Ver-such, eine Analogie zu den Regelungen des § 15 SGB XI herzustellen, scheitert sowohl an den zuzuordnenden quantitativen Ausprägungen der einzelnen ADL-Kategorien als auch an fehlenden Angaben zu den Häufigkeiten des mit den je-weiligen Einschränkungen verbundenen Hilfsbedarfs�

Dies wird gestützt durch die Ergebnisse von Edvartsen (1996), der die man-gelhafte Eignung der alleinigen Betrachtung der ADL/IADL -Einschränkungen zur Abgrenzung von Pflegebedürftigkeit in ländervergleichenden Studien the-oretisch wie auch anhand deskriptiver Statistiken insbesondere am Beispiel Deutschlands belegt und die daraus erwachsenden Verzerrungen kritisiert�107 Die hierbei angesprochene Ergänzung der Faktoren um IADL -Eigenschaften verbessert zwar aus deutscher Perspektive die Abgrenzungskriterien auf Grund der größeren Nähe zu den im SGB XI formulierten Merkmalen, ein zufrieden-stellendes Ergebnis wird jedoch nicht erreicht�

Ein Grund könnte in der Nichtberücksichtigung psychischer Einflussfaktoren (wie bspw� Demenz) liegen, die für sich genommen im derzeitigen Begutach-tungssystem zwar keine direkte Pflegebedürftigkeit auslösen, auf Grund vor-handener Multimorbidität jedoch stark mit dem Ausmaß an Pflegebedürftigkeit korrelieren (vgl� Häcker et al� (2009), S� 446f�) und somit einen guten ergänzenden Indikator darstellen können (siehe auch Kapitel 5�5)� Es folgt die Notwendigkeit zur Verwendung eines Index, der zum einen Pflegebedürftigkeit des Referenz-landes – hier: Deutschland - zuverlässig erfassen kann und dessen Konstruktion zum anderen die Verwendung im Rahmen empirischer Analysen erlaubt�