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Der optimale Wundverband

Im Dokument AZW Ausbildungszentrum West (Seite 32-44)

1 Einleitung

2.2 Kompression

2.2.6 Der optimale Wundverband

Bei chronisch venöser Insuffizienz konnte mit hoher Evidenz ein gesteigertes Sensibilisierungsrisiko gegenüber Verbandsstoffe und Substanzen festgestellt werden. Bis zu achtzig Prozend des Ulcus cruris venosum Betroffenen sind auf die zuvor lokal angebrachte Substanz sensibilisiert (Deutsche Gesellschaft für Phlebologie, 2008).

Für die Anwendung von Antiseptik werden laut DGfW (2012) aufgrund fehlender Evidenz neutrale, wirkstofffreie Lösungen bei Wunden ohne Entzündungszeichen empfohlen.

Bei venösen Ulcera wird in der Leitlinie der Diagnostik und Therapie des Ulcus cruris mit hoher Evidenz Hydrokolloid und Schaumstoffverband empfohlen. Diese waren am geringsten mit Schmerzen behaftet. Jedoch konnte bisher keine grundlegende Überlegenheit bestimmter Verbandsstoffe oder Wundauflagen bestimmt werden (Deutsche Gesellschaft für Phlebologie, 2008). Dies lässt sich auf die zunehmende Problematik der Antibiotika-Resistenzen und dem erhöhtem Allergierisiko der Betroffenen mit chronisch venöser Insuffizienz zurückführen.

31 Darum wird ein einfacher, mit niedrigen Kosten verbundener, wenig adhärenter Verband unter der Kompression empfohlen (Adderley, 2015).

Die mit Debridement verbundene Schmerzsituation soll laut Empfehlung mit Prilocarpin-Salbe (Emla®) gemindert werden. Um die Traumatisierung der Wundumgebung und den Wundschmerz zu verringern werden wenig adhäsive Verbände empfohlen (White, 2008). Die Auswahl richtet sich nach dem Zustand der Wunde und der Umgebungshaut, den Allergien und die Verfügbarkeit der Materialien (Marston und Vowden, 2003).

Nach DNQP (2015) wird die Materialwahl zusammenfassend von den Zielen des Patienten, der Wundsituation und ökonomischen Überlegungen abhängig gemacht. Dabei ist Schmerzvermeidung, Praktikabilität für den Betroffenen selbst, Wundrand, Wundumgebung, Haftstärke, Exsudataufnahme und Rückhaltefähigkeit, sowie Allergiepotential und Unverträglichkeiten zu berücksichtigen.

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3 Ergebnisse

In dieser Literaturrecherche wurden fünf Studien / Übersichtsarbeiten eingeschlossen. Diese werden nachfolgend in tabellarischer aufgearbeiteter Form näher erläutert und interpretiert. Ich möchte an diesem Punkt erwähnen, dass viele Studien, welche die Einschlusskriterien und die Forschungsfrage getroffen hatten, nicht frei erhältlich waren und somit nicht berücksichtigt werden konnten.

Die fünf eingeschlossenen Studien nach Evidenzstufen geordnet:

Evidenzstufe Autor Studiendesign

I

O’Meara et al, 2013 Systematic Review

Nelson 2011 Systematic Review

Clarke-Moloney et al. 2012 RCT

Ahsby et al. 2014 RCT

III Dolibog et al. 2014 CT

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4 Diskussion

Aufgrund der Datenlage, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt keine klare Aussage über die Empfehlung zur Anwendung von Kompressionsstrümpfen oder Kompressionsverbänden machen.

Grundsätzlich konnte die Übersichtsarbeit O’Meara et al. (2013) belegen, dass Kompression besser ist als keine Kompression. Über die Überlegenheit der verschiedenen Kompressionsmittel wurden verschiedene teils kontroverse Ergebnisse ermittelt.

Bandagen

Vor allem in der Entstauung-Phase bei starken Ödemen bewirken Verbände ein schnelleres Abschwellen der Beine (O’Meara et al, 2013). Dabei sind mehrlagige Bandagen den einfachen vorzuziehen (Stücker et al., 2013).

Mehr-Komponentenverbände

Diese gelten laut O’Meara et al. (2013) und Nelson (2011) wirksamer als Ein-Komponentensysteme. Keinen signifikanten Unterschied zwischen Vier-Lagen-Kompressionsverbänden und Kurzzugverbänden konnte Partsch et al. (2008) in den Abheilungsraten feststellen. O’Meara et al. (2009) hingegen hatte einen positiven Effekt der Vier-Komponenten-Verbände festgestellt. Diese führten zu einer um etwa dreißig Prozent verkürzten Abheilung als Kurzzugbandagen alleine.

Cullum et al. (2001) hingegen konnte keinen Unterschied in der Wirksamkeit von elastischen oder unelastischen Mehrlagensystemen, Einlagenverbänden, Strümpfen, Zinkleimverband, unelastischen und elastischen Mehrlagenverband nachweisen.

Jene mit elastischer Binde scheinen zu mehr Abheilungen zu führen als dieselben Systeme ohne elastische Binde (DNQP, 2015). Zu Drei-Lagenkomponentensysteme scheint es widersprüchliche Daten zu geben. Bei den Zweikomponenten- und Vierkomponentenkompressionsverbänden konnte kein Unterschied in der Abheilungsrate ausgemacht werden (Ashby et al 2014, DNQP, 2015).

Aktiver PatientIn

Marston und Vowden (2003) empfehlen für aktive Patienten elastische oder unelastische Mehrkomponentenverbände. Bei selbstversorgende Patienten oder

34 Betroffenen mit kleinen Ulcera welche keinen dickeren Primärverband benötigen, werden elastischen Kompressionsstrümpfe empfohlen.

Immobiler PatientIn

Als Mittel der Wahl bei immobilen Patienten wird die Anlage von elastischen Mehrlagenkompressionsverbänden befürwortet. Bei dieser Patientengruppe sollen keine unelastischen Binden angewandt werden, da der Verband aufgrund der fehlenden Eigenbewegung (keine Betätigung der Gelenks- Muskelpumpe) nicht wirken kann. Die Autoren beschreiben einen wesentlichen Vorteil der Mehrkomponentenverbänden mit kohäsiven Binden, da diese sich weniger lösen oder verrutschen. Clark (2003) beschreibt, dass sich die aktuellen Klassifizierungssysteme auf Einzelverbände nicht auf Mehrlagenkompressionsverbände beziehen und deshalb über die Physiologie noch keine Aussagen gemacht werden können. Als Nachteil der Mehrkomponentensysteme gilt, dass sie relativ dick auftragen und normales Schuhwerk oft nicht mehr getragen werden kann. Deshalb wir die Anwendung von Kompressionsverbänden bevorzugt in der Entstauungsphase, also etwa in den ersten drei Wochen angewandt empfohlen (Jünger et al., 2004).

Kompressionsstrümpfe

Diese sind im Vergleich zu Kompressionsbandagen zurzeit mit der besseren Heilungsrate assoziiert als Bandagen. Laut aktueller Evidenzlage (Stücker et al., 2013) liegt dies wahrscheinlich am kontinuierlicheren Druckerhalt und einer gesteigerte Compliance. Die höhere Abheilungsrate und signifikant kürzere Abheilungszeit bei Strumpfsystemen im Vergleich zu Bandagen wird beispielsweiße von einer Metanalyse (Amsler et al., 2009) gestützt. Jedoch ist bei den Strümpfen der ideale Sitz nicht immer gegeben und der Anpressdruck wird selten kontrolliert (Reich-Schupke, 2013). Strümpfe mit starker Kompression führen zu besseren Heilungsverläufen als Kurzzugverbände nach zwei bis vier Monaten, jedoch sind hier weitere Daten notwendig (DNQP, 2015).

Strumpfsysteme

Diese scheinen eine bessere Ödemreduktion bewirken zu können, als nur ein Strumpf alleine. Jedoch scheint die Bestrumpfung keine höheren Druckwerte

35 erreichen zu können als 35mmHg. Auch hier sind jedoch weitere Daten nötig (Reich-Schupke, 2013).

Material

Die Stärke der Kompression spielt eine wesentliche Rolle bei der Abheilung der Kompression. Kompression mit 40mmHg im Knöchelbereich zeigte eine höhere Abheilungsrate und kürzere Abheilungszeit als bei eine niedere Kompression wie 20mmHg (O’Meara et al., 2009).

Das Sprichwort „Something is better than nothing” wird von den Autoren Clarke-Moloney et al. (2014) in der Aussage, höchstmögliche Kompressionsklassenanlage welche vom Betroffenen toleriert wird, unterstützt.

Anforderungen für das ideale Kompressionsmittel

Marston und Vowden (2003) fordern für das ideale Kompressionssystem Eigenschaften wie die klinische Wirksamkeit, eine anhaltende Kompression, die Verstärkung der Wadenmuskelpumpenfunktion, Hypoallergenität, die leichte Anwendung und Schulung, Anpassungsfähigkeit, Bequemlichkeit, Rutschfestigkeit und Widerstandsfähigkeit.

Klassifizierung

Außerdem wird von vielen Autoren eine europaweite Norm für die Prüfung und Klassifizierung von Verbandssystemen gefordert. Beispielsweise gelten die Kompressionsklasse II in Deutschland mit 34,4 - 46,5mmHg und der britische Standard 31-40mmHg und die KKL IV über 59mmHg in Deutschland und im britischen Standard mit 41-60mmHg (Clark, 2003).

Hilfsmittel

Die Studie Kapp et al. (2014) untersuchte die Akzeptanz der Hilfsmittel bei der Anlage und Entfernung von Kompressionsstrümpfen. Dabei hat es keine Auswirkungen auf das Strumpfmaterial gegeben. Etwa ein Drittel empfand in dieser Studie das Hilfsmittel (Butler oder Seidensocke) als hilfreich beim Anziehen. Dabei wurde etwa die Hälfte der untersuchten Patienten vom Pflegepersonal während der Aktion mit dem Hilfsmittel unterstützt. Ein weiteres Ergebnis dieser Studie war, dass es keine signifikante Zunahme der Adhaerence

36 durch die Zuhilfenahme eines Hilfsmittels gegeben hatte. Als weiteres Hilfsmittel wurde das integrierte visuelle Kontrollsystem in Binden untersucht. Die Ergebnisse einer Studie (Weindorf et al., 2012) zeigten eine enorme Varianz im erzielten Kompressionsdruck als auch für die benötigte Zeit zwischen den einzelnen Versuchsgruppen (Ärzte, Pflegepersonal und Laien) und innerhalb der Gruppen (Pütterverband und zwei Bandagenverbände mit visuellem Markierungssystem).

Auch bei geschultem Personal wurden Defizite festgestellt, welche zu einer nicht ausreichenden Kompressionstherapie führten. Somit zeigten nicht nur Laien Abweichungen vom Zielwert (40mmHg). Ärzte zeigten einen zu hohen Anpressdruck, Laien einen zu tiefen, was mit mangelnder Erfahrung, Angst Schmerzen zu bereiten begründet wurde. Ein zu hoher Anpressdruck kann dazu führen, dass der Verband vom Betroffenen nicht mehr weiter toleriert wird und somit die Compliance eingeschränkt wird oder weiter abnimmt. Die Einführung von Systemen mit visuellen Kompressionsindikatoren scheinen laut dieser Studie eine einfache aber wirkungsvolle Alternative bei weniger geschultem Personal zu sein.

Mit geringem zeitlichem Mehraufwand kann die Qualität laut dieser Studie der Kompressionsverbände erheblich verbessert werden.

Die Wichtigkeit der Skills und Erfahrungen des Anwenders lässt sich folgend unterstreichen. Nelson (2011) betont dass die Effektivität des angelegten Kompressionsverbandes vom Anwender abhängt, jedoch mit schwacher Evidenz.

Eine Schulung von wenigen Tagen mit Druckmessgeräten kann eine signifikante Besserung auf die Druckwerte bewirken (Keller et al., 2009). Damit erscheint es weniger wichtig welche Art oder Typ der anzuwendenden Kompression gewählt wird, sondern viel mehr wie geübt die ausführende Person mit der angewandten Technik ist.

Ökonomische Aspekte, Kostenwirksamkeit

Wie verschiedene Werke beschreiben, können sich sozioökonomische Auswirkungen aber auch der allgemeine Gesundheitszustand, der Ernährungsstatus und die Non-Compliance ungünstig auf die Heilung auswirken (Franks und Posnett, 2003).

37 Adhaerence und Compliance

Clarke-Moloney et al. (2014) stellte einen signifikanten Anstieg des Rezidiv-Risikos bei „nicht-compliant“ Patienten fest. Die Compliance und Adhaerence wird zunehmend intensiv untersucht. Als störend empfinden die Patienten die Kompressionstherapie aufgrund der nachfolgenden subjektiven Einschränkungen.

Gewohnte Schuhe können nicht mehr getragen werden, im Sommer kommt es zum zusätzliches Hitzegefühl, sowie einem einengendem ungewohntem Gefühl neben dem zusätzlichen Zeitaufwand (Renner et al., 2009). Als weiteren negativen Punkt betrachten viele Betroffene aber auch die Unfähigkeit, Kompressionstherapie selbstständig durchführen zu können (Reich-Schupke, 2013). Die Therapie wird als lästig, spannend oder anstrengend wahrgenommen.

Hampel-Kalthoff und Lückhoff (2013) erklären, dass die mangelnde Akzeptanz eher von der Unwissenheit über den Sinn und die Wirkung der Therapie resultiert, als aus dem Unwillen des Betroffenen.

Renner et al. (2009) untersuchte die Compliance in einer Querschnittstudie. Dabei wurde festgestellt, dass nur die Hälfte der Verbände einen genügenden Kompressionsdruck aufweisen. Die meisten der Betroffenen mit nicht ausreichender Kompression waren sich der fehlerhaften Anlage bewusst. Die Gründe lagen dabei nicht hauptsächlich an der „Bequemlichkeit“, sondern meist an praktischen Problemen wie z.B. nicht mehr passendes Schuhwerk, körperliche Ungelenkigkeit, Adipositas. Jene Gruppe, hingegen ohne Kompression begründete dies mit Bequemlichkeit. Dies wurde als fehlende Motivation gewertet.

Für diese Gruppe wird das Strumpfsystem empfohlen, wo der Unterstrumpf anbehalten werden kann. Insgesamt zeigten die Ergebnisse keine Altersunterschiede in der Compliance und keine Unterschiede bei der Anwendung durch den Betroffenen selbst, oder dem Pflegedienst. Der Wille zur „guten“

Kompression wurde als nicht altersabhängig eingeschätzt. Allerdings konnte festgestellt werden, dass Jüngere eher Strumpfsysteme bevorzugen und Ältere eher Kurzzugbandagen oder Mehrkomponenten-Bindensysteme annehmen. Die Non-Compliance zeigt sich wahrscheinlich saisonal abhängig. Jene Gruppe mit

„guter“ Kompression setzte sich mehrheitlich aus Kurzzugbandagen zusammen, dabei waren jedoch die Strumpfsysteme häufig besser angelegt. Als wichtiger

38 Punkt wird das Verordnen von Hilfsmittel wie Anziehhilfen bei weniger mobilen Betroffenen gesehen.

Als Fehler in der Kompressionstherapie beschreiben die Autoren rutschende Verbände und mangelnden Druck, falsche Auswahl und Anlage, sowie schwankende Qualität bei der Versorgung beispielsweise durch wechselndes oder unerfahrenes Personal. Die verminderte oder fehlende Compliance, also das nicht oder unregelmäßige Tragen wird häufig auf falsch ausgemessene Strümpfe zurückgeführt, weshalb diese regelmäßig vermessen werden sollten. Außerdem sind die Betroffenen häufig nicht in der Lage diesen selbst anzulegen, äußern Schmerzen oder Einschnürungen durch die Therapie. Um eine erfolgreiche Therapie sicherzustellen empfehlen die Autoren das Dokumentieren der Kompressionstherapie mit dem regelmäßigen, neuen Vermessen und kommunizieren in der Zusammenarbeit im interdisziplinären Team. Aber auch Fehlerbesprechung sowie regelmäßigen Fortbildungen und Schulungen der betreffenden Mitarbeiter.

Zusammenfassend konnte bisher in verschiedensten Studien keine Intervention als signifikant wirksam zur Förderung der Adhaerence bei der kontinuierlichen Anwendung der Kompressionstherapie festgestellt werden (DNQP, 2015).

Interessanterweise konnte von Ashby et al. 2014 zwischen Zwei-Lagenkompression und Vier-Komponentenkompression kein Unterschied in der Abheilungsrate ausgemacht werden. Jedoch wechselten mehr von der Bandagen-Gruppe in die Strumpfgruppe. Strümpfe scheinen somit für die Betroffenen akzeptabler zu sein. Diese Studie ergab außerdem, dass Strumpfsysteme über ein Haushaltsjahr hinweg gesehen kosteneffizienter /günstiger sind als Bandagen.

Somit scheint die Zwei Komponenten-Kompression via Strumpfsystem eine rentable Alternative zur Vier-Komponenten-Kompressions-Bandagierung darzustellen, obwohl es keine bis minimale Unterschiede in der Abheilung der Ulcera gab.

Schmerzbehandlung

Ziel soll eine ausreichende Schmerzlinderung sein. Ulcera gelten unabhängig von Größe und Lokalisation als schmerzhaft. Eine nicht ausreichende Schmerztherapie kann zu Einbußen der Lebensqualität, Arbeitsfähigkeit und

39 Wundheilung führen. Unklarheit besteht jedoch ob Strümpfe, Strumpfsysteme oder Bandagensysteme schmerzhafter für die Betroffenen sind (Nelson, 2011).

Lokaltherapie und Verbandswechsel

Im Gegensatz zur viel untersuchten Kompressionstherapie ist die Datenlage zur Lokaltherapie beim Ulcus cruris venosum noch eher mangelhaft untersucht worden. Zurzeit können keine speziellen Wundverbände oder Wundauflagen aufgrund der Forschungsergebnisse explizit empfohlen werden (O’Meara et al., 2010). Insgesamt wird in verschiedenen Arbeiten empfohlen ein Verbandsmittel zu wählen, dass Wundsekret gut aufnehmen kann, die Wunde nicht austrocknet, die Wunde nicht irritiert und Juckreiz und Schmerzen lindert. Zu erwähnen ist dabei die Kontaktsensibilisierung gegenüber wollwachshaltigen Auflagen und Desinfektionsmittel, aber auch gegenüber modernen Wundauflagen (Deutsche Gesellschaft für Phlebologie, 2009).

Laut der Resultate einer Untersuchung zum Exsudatmanagement bei Kompression von Körber et al. (2008) konnte festgestellt werden, dass Kompression einen erheblichen Einfluss auf die Wundauflage und somit auf deren Wechselintervalle hat. Diese Arbeit galt als Erstuntersuchung, weiter Forschungsarbeiten sind daher ausständig. Als Hautpflege wird feuchtigkeitsspendende Creme empfohlen. Zur Förderung der Compliance empfiehlt Reich-Schupke (2013) eine Aufklärung zum Umgang mit den zu erwartenden Nebenwirkungen wie Juckreiz, Schuppungen, Hauttrockenheit, Temperatur- Missempfindungen, sowie eine intensivierte Hautpflege.

Bei der prophylaktischen Kompression (bei Zustand nach tiefer Beinvenenthrombose) gilt die Strumpflänge noch als umstritten. Ob nur Unterschenkel oder Oberschenkelkompression ist zurzeit noch unklar. Meist wird eine KKL 2 Strumpf (23-32mmHg) bis zum Knie empfohlen (Reich-Schupke, 2013). Als weitere relevante Faktoren nennt die Autorin das Ausmaß der hämodynamischen Störung, Länge und Anzahl der betroffenen Venensegmente, Lebensgewohnheiten, Beschwerden und Erwartungen.

Ausblick in die Zukunft

Als allgemeine Einschränkung gilt im Sektor Wundmanagement das erschwerte Blinding und Randomisieren der Studien. Verschiedene Autoren empfehlen den

40 Vergleich mit Placebo oder Quasi-Kompression. Zudem werden mehr Kostennutzen-Untersuchungen der verschiedenen Kompressionsmöglichkeiten gefordert.

Bemängelt wird in vielen Werken, dass Rezidivzahlen zu wenig aussagekräftig und nur kleine Populationen untersucht wurden. Auch Langzeitresultat fehlen.

Zum Teil fehlen in den Studien Informationen zum Primärverband, sowie genaue Daten und Details über die Techniken (Pütter, Sigg-Verband) und dem Anwender selbst (Erfahrungsstand, Beruf).

Dennoch betonen die verschiedenen Arbeiten, dass die kausale Therapie nicht vernachlässigt werden sollte, trotz der insgesamt guten Heilungsergebnisse unter Kompression.

Key words:

Kompression, Ulcus cruris venosum, chronisch venöse

Insuffizienz

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5 Zusammenfassung

Die venösen Ulcera bilden einen großen Anteil der chronischen Wunden und haben somit beträchtliche Auswirkungen auf die Lebensqualität, auf das soziale Umfeld, die Schmerzsituation des Betroffenen, aber auch auf die Betriebs- und volkswirtschaftlichen Kosten. Als Goldstandard gilt bisweilen neben der Kausalbehandlung die Kompressionstherapie. Faktoren, wie ein weiter wachsender Markt an Kompressionsmitteln, eingeschränkte Adhaerence und Compliance und unterschiedlichen Datenlage, erschweren die Auswahl.

Im Vordergrund der Behandlung steht die Ödemreduktion und die dadurch mögliche Abheilung des Ulcus, welche durch Mehrkomponentenverbände oder Strumpfsysteme gelingen. In dieser sogenannten Entstauungs-Phase gibt es entgegengesetzte Empfehlungen. Zum einen wird die Bandagierung empfohlen, tendierend zu Mehrkomponentenverbandsystemen bevorzugt mit Beeinhaltung einer elastischen Komponente, welche das Verrutschen verhindern. Zum anderen die Anwendung von Ulcus-Strümpfen, die aus zwei Strümpfen, einem Unterziehstrumpf mit wenig Kompression und einen Überziehstrumpf mit stärkerer Kompression besteht. Der Überstrumpf wird über Nacht ausgezogen. Als Vorteile gelten bei Strümpfen dass sie einen konstanten Anlagedruck erzeugen, nicht verrutschen oder unangenehm aufzutragen. Höhere Kompression scheint als wirkungsvoller, geht jedoch meist mit einer höheren Intoleranz von Seiten des Betroffenen einher als leichtere bis mittlere Kompression. Kompression kann nur bei Aktivierung der Muskel-Gelenkspumpe wirken, welches ein wichtiges Kriterium in der Auswahl der Bandagen darstellt. Bei immobilen Betroffenen wird darum mehrheitlich die Langzugbandage empfohlen. In der Erhaltungsphase werden nahezu einstimmig Strümpfe befürwortet. Aufgrund der aktuellen Evidenz kann keine klare Aussage zur Auswahl für eine bestimmte Kompressionsgruppe oder Länge gemacht werden. Weitere Forschungen und Daten sind notwendig für eine evidenzbasierte Empfehlung im Einbezug des interdisziplinären Teams und vor allem des Betroffenen selbst. Bisher konnte keine signifikante Maßnahme zur Besserung der Adhaerence oder Compliance festgemacht werden.

„Nur wenn die Patienten mitarbeiten und den Verband tolerieren, kann eine optimale Abheilung des Ulcus cruris venosum stattfinden.“ (Protz, 2007, S. 31).

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