• Keine Ergebnisse gefunden

Der Leistungsvertragsprozess

2   Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung

2.3   Der Leistungsvertrag

2.3.4   Der Leistungsvertragsprozess

In diesem Abschnitt wird der Leistungsvertragsprozess vorgestellt. Im Hinblick auf die veränderte Beziehung zwischen dem Staat und dem dritten Sektor und den damit einhergehenden Herausforderungen ist die Ausgestaltung des Leistungsvertragsprozesses ein wichtiges Element einer guten Zusammenarbeit. Der im Folgenden vorgestellte Prozess ist ein theoretischer Ablauf und es kann natürlich sein, dass er in der Praxis nicht immer gleich strukturiert ist.

Dvorak & Ruflin (2012, S. 29) unterscheiden sechs Schritte im Leistungsvertragsprozess:

1. Entstehung 2. Konkretisierung 3. Vertragsverhandlung 4. Umsetzung

5. Auswertung 6. Neuverhandlung

In dem folgenden Abschnitt wird auf jeden Schritt im Einzelnen eingegangen. Im Normalfall finden die sechs Schritte in einer zeitlichen Abfolge statt, aber Überlappungen sind nicht auszuschliessen. Die Prozessschritte sind die gleichen für die Verwaltung wie für die NPO, aber sie können jeweils unterschiedlich wichtig sein.

Entstehung

Es kann verschiedene Gründe für die Entstehung eines Leistungsvertrags geben:

- Wirkungsorientierte Verwaltungsführung

- NPO verfügt schon über andere Leistungsverträge

- Willen der Politik, Dienstleistungen über Leistungsverträge zu definieren

Initiant eines Leistungsvertrags kann einerseits die Verwaltung sein. In diesem Fall kann es entweder eine Auslagerung einer Aktivität sein, welche vorher unter die Verantwortung der Verwaltung stand, oder eine neue Leistung, welche bisher noch nicht erbracht wurde. Eine NPO kann aber anderseits auch selber einen Leistungsvertrag initiieren, indem sie einen Bedarf erkennt und nach finanziellen Mitteln sucht (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 32-33). So entwickeln sich je nach Ausgangslage die Verhandlungssituationen anders.

Immer mehr Leistungsverträge werden ausgeschrieben. Dies geschieht nicht nur durch den Wunsch der ausschreibenden Stellen nach mehr Wettbewerb, sondern auch weil durch die rechtlichen Bestimmungen ab einem bestimmten Betrag eine Ausschreibung obligatorisch

wird. Diese Ausschreibungen bringen aber mehr Vorarbeit auf Seite der Verwaltung mit sich (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 34).

Konkretisierung

Der Schritt „Konkretisierung“ lässt sich in der Praxis nur beschränkt vom vorangehenden Schritt „Entstehung“ unterscheiden. Der signifikante Unterschied besteht darin, dass hier der grundsätzlich positive Entscheid zur Durchführung gefallen ist und das Projekt nun konkreter wird. Dies steht im Gegensatz zur vorangegangenen Phase, wo noch eruiert wurde, ob ein Leistungsvertrag überhaupt im Bereich des Möglichen liegt (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 41).

In diesem Schritt werden zwischen Prinzipal und Agent auch die Dienstleistungen sowie deren Qualität und Quantität verhandelt. Die Leistungen können verschiedene Komplexitätsgrade aufweisen; z. B. falls der Leistungsbezüger nicht der Leistungsbezahlende ist (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 41).

Vertragsverhandlung

Dvorak & Ruflin (2012, S.42) sehen in der „Vertragvershandlung“ die „Klarstellung der vom zukünftigen Vertrag betroffenen Personen, Gegenstände und Ziele:

• Vorstellung und Bestätigung der kompetenten Personen sowohl für die Verhandlung wie auch zur Vertragsunterzeichnung;

• Formale und materielle Vertragsgegenstände;

• Umschreibung des Gesamtgegenstandes und der betroffenen Aufgabenbereiche;

• Benennung des erwarteten Mittel- und Instrumenteneinsatzes;

• Darlegung der erwarteten Qualitäts-/Wirkungsstandards und der hierfür Anwendung findenden Indikatoren/Kennzahlen;

• Definition des Monitoring, inkl. Benennung der Controllingabläufe und der diesbezüglichen Periodizität;

• Benennung möglicher Korrekturoptionen;

• Darlegung des erwarteten Reportings, hinsichtlich der Adressaten und der Inhalte sowie des Umfangs;

• Darstellung des Finanzrahmens und der Abgeltungen;

• Berechnung und Darstellung von Anteilen verschiedener Kostenträger (Kostenträgermix);

• Vereinbarung von Vertragsbeginn und Vertragsende, inklusive spezifischer Konsequenzen;

• Vorbereitung möglicher Ausstiegsszenarien, Kündigungen und daraus entstehenden Konsequenzen;

• Vorbereitung bestehender Alternativen;

• Erwägung möglicher Gewinnchancen;

• Erwägung der bestehenden Risiken“ (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 42-43).

Die meisten Elemente der Vertragsverhandlung von Dvorak & Ruflin (2012. S. 42-43) sind auch bei Rechberger (2012, S. 126) zu finden. Folgende Inhaltspunkte sollten nach Rechberger in jedem Leistungsvertrag vorzufinden sein:

Inhaltspunkte eines Leistungskontrakts 1. Hinweis auf generelle Regelung

Strategische Leitlinien, gesetzlichen Grundlage der Leistungserstellung, Verordnungen, Richtlinien, ...

2. Kontraktparteien

Auftraggeber und Auftragnehmer

3. Produktbeschreibung und Darstellung der Qualitätsstandards

z.B. beiderseitige Kündigungsrechte, Nach-/Neuverhandlungen, gravierende Soll-Ist-Abweichungen

Tabelle 2: Inhaltspunkte eines Leistungskontrakts (Rechberger, 2012, S. 126).

Bei diesen Schritten spielt der Faktor Zeit eine wichtige Rolle. Auf Verwaltungsseite bestehen meistens fixe Planungen mit definierten Terminen. Dabei kommt es vor, dass in Verhandlungen zu Leistungsverträgen Aspekte nur oberflächlich diskutiert werden, was zu einem späteren Zeitpunkt zu Unklarheiten oder sogar Fehlern führen kann (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 44).

Umsetzung

Hier erfolgt die tatsächliche Leistungserbringung, aber auch das Monitoring des gesamten Ablaufprozesses und das Reporting. Schon während dieser Phase können Korrekturen stattfinden (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 44).

Auswertung

Der Leistungsvertrag definiert von Anfang an, was ausgewertet werden soll. Die Auswertung findet eigentlich schon während der ganzen Umsetzungsphase statt, aber nichtsdestotrotz kann sie auch als ein eigenständiger Schritt angesehen werden, da sie ein Kernstück des Leistungsvertrages und der wirkungsorientierten Steuerung ist (Dvorak & Ruflin, 2012, S.

45).

Neuverhandlung

Dieser Schritt kann wie ein neuer Anfang im Leistungsvertragsprozess angesehen werden.

Normalerweise wird die Neuverhandlung noch während den Schlussarbeiten im Rahmen des bestehenden Leistungsvertrages geführt. Es ist jedoch empfohlen, das Projekt abzuschliessen, bevor man neu verhandelt. Dies ist aber nicht immer möglich, insbesondere dann, wenn die Leistungen lückenlos weitererbracht werden müssen (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 46).

Der in diesem Kapitel vorgestellte Leistungsvertragsprozess entspricht dem aktuellen Stand der Forschung und stellt ein theoretisches Ideal dar. Auch von Bedeutung spezifisch für die Aushandlung von Leistungsverträgen ist die Unterscheidung von zwei Arten von Organisationsmodellen. Knorr/Scheppach (1999 zit. n. Dvorak & Ruflin, 2012, S. 23) erkennen nämlich zwei Modelle, wie sich die Auftraggeber für die Aushandlung und Verwaltung von Leistungsverträgen organisieren können, nämlich das zentralistische und das dezentrale Organisationsmodell. Wie sich durch die beiden Begriffe erahnen lässt, sieht das zentralistische Organisationsmodell eine spezifische Division oder Abteilung vor, die sich mit Leistungsvertragsabschluss und Leistungsvertragsverwaltung beschäftigt. Diese spezifische Einheit kümmert sich um alle Fragen, die den Leistungsvertrag betreffen, sei es finanziell oder betreffend das Controlling. Als Vorteil einer solchen Organisation lässt sich vor allem die Systematisierung des Leistungsvertragsprozesses ausmachen. Die thematische Entfernung stellt dabei aber die Hauptgefahr dar.

Diesem Modell gegenüber steht das sogenannte dezentrale Modell, bei welchem sich die jeweiligen Projektleitenden direkt selber mit dem Abschluss und der Verwaltung von Leistungsverträgen beschäftigen. Ihre fachliche Nähe erlaubt eine bessere Steuerung und vor

allem eine bessere Qualitätssicherung. Aber dafür fehlt möglicherweise das Überblick über alle Leistungsverträge (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 24).

Unterschieden wird aber auch zwischen Projekt- und Prozessorganisation. Beide lassen sich sowohl mit dem zentralistischen wie auch dem dezentralen Organisationsmodell kombinieren.

Wenn in einer Organisation nur selten Leistungsverträge vereinbart werden, so eignet sich die Projektorganisation besser. In diesem Fall sind das Ziel, die projektverantwortliche Person, die Projektschritte und die Dauer klar definiert. Diese Organisationsart hat den Vorteil, dass sie leicht angepasst werden kann und dass sie gegenstandsbezogen ist. Im Gegensatz dazu eignet sich eine Prozessorganisation (oder auch Standardorganisation genannt) dann, wenn in einer Organisation Leistungsverträge oft verwendet werden und ein gewisses Finanzvolumen erreicht ist. In diesem Fall ist die Routinisierung und Standardisierung des Prozesses das Ziel.

Auch bei dieser Organisationsart muss eine verantwortliche Person bestimmt werden, um alle beteiligten Personen zu vernetzen und überwachen (Dvorak & Ruflin, 2012, S. 25-26).

Im nächsten Kapitel wird nun das Vorgehen vorgestellt, mit dem herausgefunden werden soll, wie es sich mit der Vergabe von Leistungsverträgen in der Praxis verhält.