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1.2 Der circadiane Rhythmus in Säugetieren

1.2.4 Der circadiane Rhythmus in peripheren Organen

Der circadiane Rhythmus ist, wie der Name bereits sagt, an den Tag-Nacht Rhythmus angelehnt und somit ist auch das Licht eines der Hauptzeitgeber in der Regulation der biologischen Uhr. Da nur das Gehirn, bzw. das SCN, das in einen neuronalen Reiz umgewandelte Lichtsignal erhalten und verarbeiten kann, müssen von dort weitere Signale an die peripheren Gewebe im Körper weitergegeben werden, um eine Synchronisation zu erreichen. In peripheren Organen findet man allerdings eine

Verzögerung der circadianen Genexpression um 4 Stunden (Balsalobre, 2002;

Balsalobre et al., 1998) und unter isolierten Bedingungen, wie z.B. in Kultur, verlieren sie den Rhythmus bereits nach kurzer Zeit (2-3 Zyklen), während kultivierter SCN seinen Rhythmus über einen Monat hinweg beibehält (Yamazaki et al., 2000). Als mögliche humorale Signalgeber wurden die sekretierten Proteine TGF-α und Prokineticin-2 identifiziert, die beide rhythmisch im SCN exprimiert werden (Cheng et al., 2002; Kramer et al., 2001). TGFα wurde aufgrund einer Suche nach sekretorischen Proteinen, die das Laufradverhalten von Mäusen beeinflussen können, aus einer SCN cDNA Bibliothek identifiziert. Eine konstante Infusion von TGFα in cerebrale Ventrikel für mehrere Tage blockiert die Bewegung der Mäuse im Laufrad. Weiterhin konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass TGFα EGF Rezeptoren in der subparaventrikularen Zone (SPZ), einem kleinen Bereich im Hypothalamus, circadian aktiviert. Prokineticin-2 wird direkt durch Clock und Bmal1 über die im Promotor enthaltenen E-Boxen reguliert und die rhythmische Expression dieses Proteins kann durch Licht induziert werden. Der PK2 Rezeptor ist sowohl im SCN als auch in einigen weiteren angrenzenden Bereichen des Gehirns vorhanden. Die Injektion von PK2 führte nicht zu einem Verlust von Bewegungen im Laufrad, sondern zu einer Verschiebung dieser von der Nacht in den Tag. Diese Resultate deuten darauf hin, dass es sich bei diesen Proteinen tatsächlich um Signalgeber vom SCN zur Peripherie handeln könnte.

Allerdings bleibt weiter unklar, wie die peripheren Organe durch diese Proteine circadian reguliert werden. Ein weiterer Zeitgeber für periphere Gewebe ist durch die Gabe von Nahrung zu bestimmten Zeitpunkten (restricted feeding) definiert, was abgekoppelt vom SCN zu einem veränderten Rhythmus führen kann; allerdings dauert die Anpassung hier mehrere Tage (Damiola et al., 2000; Stokkan et al., 2001).

Um den circadianen Rhythmus unabhängig vom gesamten Tier untersuchen zu können, wurde von Balsalobre et al. (1998) ein Zellkultursystem entwickelt. In dieser Studie konnte zeigen werden, dass ein Serumschock circadiane Genexpression in kultivierten rat-1 Fibroblasten induzieren kann. Möglicherweise wird durch den Serumschock ein ähnliches Signal ausgelöst, wie es durch den Licht-vermittelten Reiz gegeben ist, denn die Induktion mit Serum führt zu einem akuten Anstieg von Per1, gefolgt von weiterer circadianer Genexpression. Mittlerweile wurden einige weitere Proteine gefunden, die einen ähnlichen Effekt auslösen. Die Induktion mit Forskulin führt ebenfalls zu einem sofortigen Anstieg von Per1 mRNA und circadianer Genexpression (Yagita and Okamura, 2000). Forskulin aktiviert die Adenylat Cyclase, was in einem intrazellulären

Anstieg von cAMP, gefolgt von einer Proteinkinase A Aktivierung, resultiert.

Inhibitoren von cAMP abhängigen Kinasen können diesen Effekt blockieren (Balsalobre et al., 2000b; Motzkus et al., 2000). Zusätzlich konnte in diesen Arbeiten gezeigt werden, dass auch ein Anstieg von intrazellulärem Calcium zu erhöhter Per1 mRNA Expression führt, so dass wohl auch der Ca2+-abhängige Signaltransduktionsweg an der Regulation des circadianen Rhythmus in peripheren Geweben beteiligt zu sein scheint. Auch die Behandlung mit TPA (12-o-tetradecanoylphorbol-13-acetate) führt zu einer circadianen Genexpression, die durch einen MAPKK Inhibitor wieder aufgehoben werden kann (Akashi and Nishida, 2000). So scheint zusätzlich die MAPK Kaskade in dem Regulationsmechanismus involviert zu sein. Alle diese Signalwege führen zu einer Erhöhung von phosphoryliertem CREB, das dann an CRE Elemente im Per1 Promotor binden kann und zur Aktivierung der Transkription führt. So scheint also die Per1 Induktion eine wichtige Rolle in der Induktion des circadianen Rhythmus in peripheren Geweben zu spielen.

Abb.1.5 Darstellung von Faktoren, die an der Regulation des circadianen Rhythmus in peripheren Geweben beteiligt sind.

Für die circadiane Genexpression in peripheren Geweben gibt es viele verschiedene regulatorisch wirkende Faktoren. Retinsäure kann über die Bindung an ihre Rezeptoren RARα und RXRα die Aktivität des Clock/Bmal1 Heterodimers beeinflussen, denn die Bindung der Retinsäurenrezeptoren führt zur Inhibition der Clock/Bmal1 vermittelten Transkription. Die Aktivierung von CREB durch mehrere mögliche Ereignisse führt zur sofortigen Expression von Per1 und zieht ebenfalls eine circadiane Genexpression nach sich. Ebenso können Temperaturunterschiede und eine Erhöhung der Glucocorticoidkonzentration einen circadianen Rhythmus in peripheren Organen induzieren (modifiziert nach Tsuchiya and Nishida, 2003).

Es wurden allerdings auch Mechanismen beschrieben, die keine Per1 Aktivierung benötigen. So kann eine Behandlung von NIH3T3 Zellen mit Wärme ebenfalls eine

circadiane Genexpression hervorrufen (Tsuchiya et al., 2003). Genauso konnte durch das Glucocorticoid–Analog Dexamethason eine Verschiebung circadianer Genexpression in verschiedenen Geweben, wie Leber, Herz und Niere, hervorgerufen werden (Balsalobre et al., 2000a). Aufgrund fehlender Glucocortioidrezeptoren im SCN ist dieser Effekt ausschließlich in peripheren Organen zu beobachten. Weiterhin konnte in vaskulären Zellen beobachtet werden, dass Retinsäure ebenfalls eine Verschiebung circadianer Genexpression verursacht. Es konnte gezeigt werden, dass RARα (retinoic acid receptor α) und RXRα (retinoic X receptor α) mit dem Clock/Bmal1 Heterodimer interagieren und so die Aktivität inhibieren können (McNamara et al., 2001). Es scheint also sehr viele Mechanismen zu geben, die für die Regulation und Synchronisation circadianer Genexpression notwendig sind und schließlich zu einem dem Tag/Nacht-Rhythmus entsprechendem Verhalten führen (Abb. 1.5).

Um weitere Gene zu identifizieren, die eine Funktion in der biologischen Uhr haben, wurden unter anderem über die Nutzung von DNA-Mikroarrays breit angelegte Suchen durchgeführt (Akhtar et al., 2002; Duffield et al., 2002; Grundschober et al., 2001;

Panda et al., 2002a; Storch et al., 2002). Ungefähr 2-10% der Gene zeigten in den untersuchten Geweben ein circadianes Expressionmuster. Weiterhin scheint diese Expression sehr zellspezifisch zu sein, denn nur 5% der identifizierten Gene überlappen in den verschiedenen Geweben. Da wohl nur sehr wenige Gene direkt über Clock und Bmal1 reguliert werden, nimmt man an, dass diese beiden Transkriptionsfaktoren direkt andere Transkriptionsfaktoren aktivieren, die dann weitere Gene regulieren und so eine circadiane Antwort hervorrufen. So kann z.B. Dbp, das direkt über Clock/Bmal1 induziert wird, die Expression von einigen Genen (clock controlled genes) in der Leber aktivieren (Lavery et al., 1999). Antagonistisch zu Dbp agiert der bZIP Transkriptionsfaktor E4BP4 (adenovirus E4 promotor ATF side-binding protein), dessen Expression über Rev-erbα reguliert wird und der zeitversetzt zu Dbp exprimiert wird (Mitsui et al., 2001; Ueda et al., 2002). Dbp zeigt eine zyklische Expression sowohl im SCN als auch in peripheren Organen, sodass die transkriptionale Aktivierung wohl in direkter Abhängigkeit zum SCN geschieht. Da aber die oben beschriebenen Studien gezeigt haben, dass auch SCN-unabhängig circadiane Genexpression möglich ist, z.B. durch Nahrung oder Glucocorticoide, muss es noch weitere Mechanismen geben, um „clock-controlled genes“ zu aktivieren.

Abb.1.6 Signalwege in der Regulation des circadianen Rhythmus im suprachiasmatischen Nukleus und in peripheren Geweben.

Durch den Tag/Nacht Rhythmus wird zu bestimmten Zeitpunkten Licht ausgesendet, das über die Retina aufgenommen wird und der Reiz wird weiter über den retinohypothalasmatischen Trakt (RHT) an den suprachiasmatischen Nucleus (SCN) geleitet. Als Hauptkoordinator im circadianen System synchronisiert der SCN die peripheren Oszillatoren über die Aussendung von humoralen und neuralen Signalen. Periphere Organe können ihren Rhythmus auch in Abhängigkeit von Nahrung verändern. Dort erfolgt die transkriptionale Aktivierung von „clock controlled genes“ (ccg) unterschiedlicher Ordnungen. Es werden einige Gene (wahrscheinlich hauptsächlich weitere Transkriptionsfaktoren wie Dbp) direkt über die Hauptregulatorproteine Clock und Bmal1 angeschaltet, die dann die Expression weiterer Gene induzieren und schließlich zu einer circadianen Regulation von Prozessen in den Zellen wie z.B. Metabolismus und Zellproliferation und zu rhythmischen Verhaltensweisen führen (modifiziert nach Reppert and Weaver, 2002).