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2 Methodische Ansätze der Biomassemodellierung

2.2 Gegenüberstellung von Prozessmodellen und empirischen Ansätzen

2.2.1 Der BHD als Eingangsgröße allometrischer Funktionen

Verwendet man das Allometriekonzept als theoretischen Erklärungsansatz für die Verteilungs- und Wachstumsverhältnisse der Baum- Biomasse, muss noch ein weiterer Aspekt der verfügbaren Datengrundlagen berücksichtigt werden, der in der vorhandenen Literatur bisher weitgehend undiskutiert bleibt. Wie unter 2.1.2 beschrieben, stellt ein allometrisches Wachstumsgesetz das Verhältnis zweier relativer Wachstumsraten dar. In empirischen Biomasseuntersuchungen wird dieses Modell verwendet, um das Verhältnis der relativen Änderung des BHD zur relativen Änderung der Biomasse zu beschreiben. Problematisch in Bezug auf die biologische Implikation allometrischer Beziehungen ist hierbei, dass der BHD in einer festgelegten Höhe von 1,3 m erfasst wird (PRETZSCH und BIBER, 2005). Da Bäume Objekte sind, die aufgrund des sekundären Dickenwachstums mit zunehmender Größe auch einer Formveränderung unterliegen, wird mit der Änderung des BHD also nicht nur die relative Änderung eines funktionalen Durchmessers, sondern gleichzeitig die relative Formveränderung in der festgelegten Messhöhe erfasst (siehe Abbildung 2-2).

Anders ausgedrückt, führt die Messung des BHD in einer absoluten Höhe dazu, dass bei einem Vergleich unterschiedlich großer Bäume Durchmesser aus unterschiedlicher relativer Stammhöhe Verwendung finden. Die Eigenschaft der Variablen BHD ist in dieser Hinsicht jedoch nicht konform mit den theoretischen Grundlagen allometrischer Beziehungen (siehe hierzu auch Anhang I, Seite 132).

METHODISCHE ANSÄTZE DER BIOMASSEMODELLIERUNG

Abbildung 2-2. Lage des BHD und eines Durchmessers in relativer Stammhöhe. Hier ist die Lage des Durchmessers in 10 % der Stammhöhe (D0,1) dargestellt (><) (Zeichnung W. Tambour).

Die Verwendung des BHD als unabhängige Variable ist jedoch auch in Bezug auf die dargestellten theoretischen Ansätze (siehe 2.1.3) durchaus kritisch zu betrachten.

Unterstellt man eine konstante Querschnittsfläche der leitenden Gefäßbahnen (oder Tracheiden) als Folge eines flüssigkeitsgefüllten Gefäßnetzes von den Wurzeln bis zu den Blättern, führt die Verwendung des BHD als erklärende Variable für die Biomasse zu unterschiedlichen Verhältnissen zwischen leitendem und nicht leitendem Gewebe in unterschiedlichen relativen Stammhöhen (Abbildung 2-3). Die Formulierung des WBE Modells berücksichtigt zwar eine Änderung dieses Verhältnisses zwischen verschiedenen Verzweigungsstufen, schließt aber eine Veränderung des Verhältnisses innerhalb einer Verzweigungsstufe explizit aus.

Die Veränderung dieses Verhältnisses ist dabei eine Folge des sekundären Wachstums des Stammquerschnittes, die gleichzeitig auch von einer erhöhten mechanischen Belastung des Stammquerschnittes als Folge der Erhöhung der darüber liegenden Masse beeinflusst wird (BARTELINK, 1996; SLOBODA und GAFFREY, 1999; GAFFREY

und SLOBODA, 2001).

METHODISCHE ANSÄTZE DER BIOMASSEMODELLIERUNG

Konstante Querschnitts-fläche des Leitgewebes Stammform-abhängige Querschnitts-fläche des nicht leitenden Gewebes schematisch:

Abbildung 2-3. Schematische Darstellung der Veränderung des Verhältnisses zwischen leitendem und nichtleitendem Gewebe auf Stammquerschnittsflächen in unter-schiedlicher Höhe.

Um den Effekt unterschiedlicher relativer Messhöhen an verschieden großen Bäumen zu kompensieren, besteht die Möglichkeit den gegebenen BHD mit Hilfe von Schaftform-modellen auf einen Durchmesser in einheitlicher relativer Schafthöhe umzurechnen. Mit Hilfe der so transformierten Eingangsgröße kann dann die Auswirkung auf die ge-schätzten Regressionskoeffizienten eines allometrischen Modells untersucht werden. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung soll hierfür auf einen zusammengestellten Fichtendatensatz zurückgegriffen werden (siehe 2.8).

Ein von PAIN und BOYER (1996) entwickeltes Schaftformmodell (im weiteren als Pain-Funktion bezeichnet) hat sich als geeignet erwiesen, um die Schaftformvariabilität von Fichten mit Hilfe der Einzelbaumvariablen BHD, Höhe und h/d-Wert zu beschreiben (SCHMIDT, 2001; GADOW, 2003). Da aufgrund der Anpassung der Schaftkurve mit den gegebenen Parametern des Modells, der Funktionswert der Pain-Funktion in 1,3 m Höhe nicht zwingend mit dem BHD übereinstimmt, schlägt Schmidt (2001) ein modifiziertes Modell vor, das diese Abweichung minimiert. Da hier der Effekt der Durchmessertransformation und seine Auswirkung in Bezug auf die Koeffizienten des allometrischen Modells nur beispielhaft dargestellt wird, soll hier auf die Original-version der Pain-Funktion zurückgegriffen werden:

METHODISCHE ANSÄTZE DER BIOMASSEMODELLIERUNG

( )

rel =α

(

1 rel3

)

+β

(

ln

( )

rel

)

r h h h (6)

Wobei:

(

hrel

)

r = Schaftradius in relativer Baumhöhe;

α, β = dimensions- und formbeschreibende Parameter.

Die dimensions- und formbeschreibenden Parameter des Modells werden dabei in Abhängigkeit der formbeeinflussenden Variablen BHD und Baumhöhe wie folgt geschätzt:

α, β = dimensions- und formbeschreibende Parameter;

H = Baumhöhe (m);

D = BHD (cm);

a , a , a , b , b , b0 1 2 0 1 2 = Parameter.

Im Rahmen dieser Untersuchung wurde auf Parameter zurückgegriffen, die für 827 Fichten aus dem Bereich Nordwest-Deutschland angepasst wurden (Schmidt, 2001).

Zwar deckt somit der Parametrisierungsbereich des Modells nicht die breite geografische Herkunft der verwendeten Daten (siehe 2.8) ab, dies ist jedoch aufgrund der unterschiedlichen Datengrundlagen in diesem Fall auch von keinem anderen Modell zu erwarten. Die geschätzten Koeffizienten des verwendeten Modells sind in Tabelle 2-1 aufgeführt.

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Tabelle 2-1. Koeffizienten und jeweiliger Standardfehler der Schätzung zur Herleitung der dimensions- und formbeschreibenden Parameter α und β der Pain-Funktion.

Koeffizient Wert Std. Fehler

a0 -0,223 0,0615

a1 1,595 0,0138

a2 -3,155 0,0667

b0 0,512 0,0333

b1 -0,158 0,0075

b2 -0,502 0,0362

Wie am Beispiel in Abbildung 2-4 zu sehen ist, scheint der berechnete Durchmesser in 10 % der Baumhöhe (D0,1) sehr viel weniger von der individuellen Form des Stammanlaufes beeinflusst als der BHD. Da somit ein Großteil der Formvariabilität, die auf einer festen Messhöhe erfasst würde, vermieden wird, scheint der Durchmesser in relativer Stammhöhe als Eingangsgröße allometrischer Funktionen theoretisch besser geeignet, da er eine relativ formunabhängige Beschreibung der Dimensionsvariabilität erlaubt.

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

0 5 10 15 20 25 30 35 40

Höhe [m]

Durchmesser [cm]

Abbildung 2-4. Lage des BHD (gestrichelte Linie) und des D0,1 (Punkte) an generierte Schaftformprofilen von 5 Fichten.

Dieser Argumentation folgend stellt somit erwartungsgemäß die Baumhöhe eine weitere wichtige Eingangsgröße zur Biomassemodellierung dar.

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