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Dementielles Syndrom und amnestisches SyndromSyndrom

Im Dokument Psychische Störungen (Seite 24-28)

als Folge chronischen Alkoholismus vorkommt, wird der Abgren-zung halber schon an dieser Stelle besprochen, in Kapitel 3 (Störungen im Zusammenhang mit der Einnahme psychotroper Substanzen) jedoch noch einmal kurz skizziert (cKap. 3).Delir, obwohl ebenfalls unter F0 rubriziert, soll am Beispiel des Alkoholdelirs in 3.2.4 behandelt werden (cKap. 3.2.4). Andere Störungen, die unter der ätiologisch-diagnostischen Kategorie F0 angeführt sind, nämlich diverse psychotische, affektive und ängst-lich-zwanghafte Symptombilder mit ebenfalls nachweisbarer organischer Ursache, kommen in späteren Kapiteln zur Sprache.

Für einen verkürzten Überblick über die unter F0 subsumierten StörungencTab. 2.1.

2.2 Dementielles Syndrom und amnestisches Syndrom

Bei der Demenzhandelt es sich um ein Syndrom, welches bei verschiedenen Krankheiten beobachtet wird. Insofern ist De-menz keine Diagnose; ein Arzt, der einen Patienten mit dieser entlässt, hat seine Aufgaben nicht erfüllt. Auch die Feststellung einer »Altersdemenz« ist keine bemerkenswerte diagnostische Leistung; hier muss zumindest zwischen den dabei

wahrschein-lichsten Grundkrankheiten, der Alzheimer-Krankheit und der vaskulären Demenz, unterschieden werden. Beobachtet wird dieses Syndrom bei verschiedenen Krankheiten, die eines ge-meinsam haben: Sie führen zu einer mehr oder weniger ausge-prägten Hirnatrophie mit Degeneration von Kortexzellen. Häufig finden sich neben dem dementiellen Syndrom andere, zumeist neurologische Symptome oder Störungen der Affekte, welche die Diagnosestellung üblicherweise erleichtern; die Demenzsympto-matik ist hingegen bei den verschiedenen Grundkrankheiten oft recht einheitlich.

Tab. 2.1: Amnestisches, dementielles und delirantes Syndrom Syndrom Hauptcharakteristika Vorkommen

l als Folge von chroni-schem Alkoholabusus

Beimdementiellen Syndromfindet sich eine mehr oder weniger große Anzahl von Beeinträchtigungen kognitiver Funktionen, die sich–anders als bei der Intelligenzminderung (cKap. 9.2)– zuvor auf normalem Niveau befunden haben. An erster Stelle stehen Störungen des Gedächtnisses; typischerweise zeigen sich zunächst Beeinträchtigungen der Merkfähigkeit, also Defizite in der längerfristigen Speicherung neuen Materials. Eindrücke durchaus intensiver Natur werden wenig später vergessen; bei der Untersuchung kann der Ablauf des Tages, besonders wenn er vom Gewohnten abweicht, nur unzulänglich wiedergegeben werden. Weniger beeinträchtigt ist hingegen das Erlernen neuer motorischer Abläufe. Das Immediatgedächtnis, die Fähigkeit zur unmittelbaren (nach Sekunden erfolgenden) Wiedergabe soeben erfolgter Eindrücke, etwa das kurzfristige Behalten von Tele-fonnummern, ist ebenfalls intakt. Gleichfalls, wenigstens zu Beginn der Erkrankung, nicht gestört ist die Wiedergabe von Eindrücken, die vor der Erkrankung gespeichert wurden, etwa Jugenderlebnissen; allerdings finden sich im Krankheitsverlauf zunehmende Einschränkungen der Reproduktion; die häufig zu Beginn beobachteten Wortfindungsschwierigkeit lassen sich als beginnende Abrufstörungen interpretieren. Daneben sind wei-tere kognitive Fähigkeiten wie Denk- und Urteilsvermögen, Konzentration und Aufmerksamkeit beeinträchtigt sowie die Verarbeitung neuer Informationen erschwert, besonders wenn diese gleichzeitig von verschiedenen Seiten vermittelt werden.

Weiterfinden sich Störungen im affektiven und motivationalen Bereich (u. a. Verlust emotionaler Kontrolle, oft Aggressivität, extremes Misstrauen bis hin zu paranoid-psychotischer Symp-tomatik). Jedoch sind, anders als beim Delir, die betroffenen Personen bewusstseinsklar; Störungen der Wahrnehmung im Sinne von Halluzinationen und Realitätsverkennungen wer-den bei Demenz (ohne gleichzeitiges delirantes Syndrom) nicht beobachtet.

Vom dementiellen ist dasamnestischeSyndrom abzugrenzen, welches besonders als Folge von Alkoholabusus zu beobachten ist (dann üblicherweise Korsakow-Syndrom genannt wird) und vornehmlich eine Störung des Gedächtnisses, weniger der ande-ren kognitiven Funktionen und der Emotionalität, darstellt. Die sehr beliebte Diagnose »Alkoholdemenz« ist, obwohl es eine

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che tatsächlich gibt, meistens inkorrekt; typischerweise handelt es sich um ein amnestisches Syndrom, das andere pathologisch-anatomische Grundlagen hat (Veränderungen vornehmlich im Zwischenhirn, nicht im Hippocampus). Bei intaktem Imme-diatgedächtnis ist wie bei der Demenz die Fähigkeit, neues Material zu speichern, erheblich reduziert; auch die Wiedergabe bereits länger gespeicherter Inhalte kann in zeitlich wechselnder Intensität beeinträchtigt sein. Anders als beim dementiellen Syndrom findet sich hier eine Neigung, die Gedächtnislü-cken durch erfundene Sachverhalte zu kaschieren (Konfabula-tionen).

Die geschilderten dementiellen Syndrome bei verschiedenen Krankheiten sowie das amnestische Syndrom wurden und werden teils heute noch in psychiatrischen Lehrbüchern als organisches oder hirnorganisches Psychosyndrom zusammengefasst, eine Bezeichnung, welche angesichts ihrer Unbestimmtheit aufgege-ben werden sollte. ICD-10 ordnet die Demenzen in die große Rubrik F0: »Organische, einschließlich symptomatischer psychi-scher Störungen« ein. Alzheimer-Demenz wird mit der Code-nummer F00 verschlüsselt, vaskuläre Demenz mit F01, demen-tielle Syndrome im Rahmen anderer Erkrankungen mit F02 und einer weiteren Zahl für die jeweilige Grundkrankheit, so F02.0 für die Demenz bei Pick-Krankheit. Bei der Alzheimer- und der vaskulären Demenz gibt es Unterformen, etwa hinsichtlich des Verlaufs, die mit einer weiteren Zahl zu kodieren sind. Demen-tielle Syndrome als Folge von Substanzmissbrauch wären hin-gegen in die Kategorie F1 (Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen) einzureihen.

Die Diagnosestellung geschieht vornehmlich anhand der Beeinträchtigung intellektueller Funktionen, speziell der Gedächt-nisleistungen. Zuordnung zu den Unterformen erfolgt teils nach der Begleitsymptomatik, teils anhand der Anamnese und anderer Befunde (z. B. HIV-Nachweis). Die Diagnose Alzheimer-Krank-heit ist oft erst posthum durch Autopsie mit Nachweis der charakteristischen neuropathologischen Veränderungen eindeu-tig zu sichern; nicht immer leicht gelingt klinisch die Abgrenzung gegenüber der vaskulären Demenz und der Pick-Krankheit (allgemeiner: der frontotemporalen Demenz).

26 2 Demenzen

Merke

cDemenz ist keine eigene Krankheit, sondern ein Syndrom mit unterschiedlichsten Ursachen. Demenz ist auch nicht identisch mit »Alzheimer«; letzteres ist eine von verschiedenen Demenzfor-men. DSM-5 spricht im Übrigen nicht von Demenzen, sondern von neurokognitiven Störungen.bb

2.3 Ätiologie, Pathogenese und Therapie

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