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Die Literaturstudie hat aufgezeigt, dass unter dem Begriff „Performance Gap“

unterschiedliches verstanden wird. Um eine konsistente Nutzung dieses Begriffes zu ermöglichen, wird in diesem Kapitel eine Unterteilung und Feingliederung des Begriffes vorgeschlagen und im gesamten Projekt verwendet. Um eine breite Akzeptanz der neuen Begriffe und der vorgeschlagenen Unterteilung zu gewährleisten, wurden diese intensiv mit der Begleitgruppe diskutiert.

Generell ist in einem ersten Schritt zu klären auf welche Kennwerte sich die Abweichung (Gap) bezieht. Abbildung 2 stellt verschieden Gaps in den Zusammenhang mit drei Energiekennwerten nach SIA 380/1:2009 (Ziffer 0.3.2 [23]). Zusätzlich wird unterschieden ob die Messwerte witterungsbereinigt sind oder nicht, dies wird in der Abbildung mit zwei unterschiedlichen Balken dargestellt. Nachfolgend werden drei definierte Gaps zwischen Berechnung und Messung beschrieben:

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Gap A: Der gemessene und witterungsbereinigte Energiekennwert überschreitet oder unterschreitet den berechneten Wert (Heizwärmebedarf) im Energienachweis mit Standardnutzung und Standardklima.

Gap B: Die Berechnung nach SIA 380/1 kann anstatt mit der Standardnutzung und Standardklima (Energienachweis) mit zu erwartenden Parametern für die Nutzung und die Klimadaten durchgeführt werden (Optimierung). Der Gap B beschreibt die Abweichung zwischen dem gemessenen witterungsbereinigten Energieverbrauch und dem laut Optimierung vorausberechneten Energiebedarf.

Gap C: Die Berechnungen nach SIA 380/1 werden mit den vor Ort gemessenen Klimadaten und der effektiven Nutzung durchgeführt (Messwertvergleich). Diese Berechnung ist nur nachträglich möglich. Der Gap C stellt die Abweichung dar zwischen der Messung ohne Klimakorrektur und der Berechnung nach SIA 380/1 mit den nachträglich bekannten Klimadaten und Nutzung (Benutzerverhalten: Temperatureinstellung etc.).

Abbildung 2: Unterschiedliche Definitionen der Abweichung vom berechneten zum realen Energieverbrauch.

Optimal um einen „Performance Gap“ zu bestimmen wäre die Untersuchung des Gap C. Damit erhöht sich die Genauigkeit der Untersuchung, da keine Standardnutzung verwendet wird, welche das reale Benutzerverhalten kaum abbilden kann. Auch können Einflüsse der Klimakorrektur vermieden werden.

Da jedoch in der Realität vor allem Planungswerte vor der Inbetriebnahme des Gebäudes vorhanden sind, wird der „Performance Gap“ mit vorausberechneten Werten verglichen (Gap A und Gap B). Da einerseits in der Praxis häufig genaue Angaben zum Gebäude oder zum Benutzerverhalten (Temperatureinstellung) fehlen oder nicht eingeholt werden, wird meistens der Gap A untersucht. Mit den vorhandenen Berechnungsprogrammen für die SIA 380/1 könnte mit geringem Aufwand der Heizwärmebedarf mit realen Nutzungsdaten und realen Klimadaten neu berechnet, und damit der Gap B bestimmt werden.

Den Gap D, welcher in der Abbildung 2 nur angedeutet ist, wird nicht empfohlen, da ein Vergleich von nicht klimakorrigierten Messwerten aus Sicht der Autoren

Optimierung: erwartete Nutzung und Klima Nachweis: Standardnutzung, Standardklima Effektiver Energieverbrauch (Messung ohne Korrekturen)

Gap A Gap C

kWh/(m2a)

Messwertvergleich: bestbekannte Werte Klima und Nutzung

SIA 380/1 – Aufgabenstellungen (Ziffer 0.3.2)

Gap B

Korrigierter Energieverbrauch (Messung mit Klimakorrektur) Gap D

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keinen Sinn macht. Jedoch ist zu beachten, dass in der Literatur nicht immer klar deklariert ist, ob und wie eine Klimakorrektur durchgeführt worden ist.

Der Begriff „Performance Gap“ wird in der Literatur sehr häufig im Zusammenhang mit dem Mehrverbrauch von Energie verwendet. Der Performance Gap beschreibt jedoch auch die Abweichung bezüglich des erwarteten Komforts oder die Abweichung zwischen Messung und energiepolitischen Grenzwerten wie Primärenergiebedarf oder Treibhausgasemissionen. In Abbildung 3 sind diese Abweichungen unter dem Begriff „Wirkung“ gegliedert, sie können gemessen werden und mit der Erwartung verglichen werden. Die Minimierung oder Beseitigung dieser Abweichungen ist im Interesse der Bauherren, Nutzer, Wärme-Contractor oder der Behörden, da sie ansonsten zu erhöhten Betriebskosten, zu unzufriedenen Nutzern, oder zum Verfehlen politischer Ziele führen können.

Betrachtet man den Performance Gap aus Sicht der Ursachen, kann der Performance Gap weiter unterteilt werden. Dazu ist ein Vorschlag in Abbildung 3 unter der Rubrik „Ursache“ zusammengefasst.

Der Ambient-Gap fasst alle Ursachen zusammen welche durch das Klima oder die Umgebung bedingt sind, wie z.B.: Aussenlufttemperatur oder die Verschattung durch Bäume oder andere Gebäude.

Im User/Usage-Gap wird die Abweichung vom Benutzerverhalten oder der erwarteten Nutzung des Gebäudes beschrieben. Dieser Bereich kann auch einen Einfluss auf den Technical-Gap haben, da eine erhöhte Heizkurve dazu führen kann, dass zum Beispiel eine Wärmepumpe mit einem schlechteren COP betrieben wird, als in der Planung angenommen.

Der Norm-Gap beschreibt die Abweichung zwischen realem Verbrauch und dem berechneten Norm-Bedarf. Hier können falsche Annahmen oder Berechnungsgrundlagen dazu führen, dass mit der Normberechnung die realen Bedingungen nicht abgebildet werden können.

Der Technical-Gap beschreibt alle Ursachen die im Zusammenhang mit der Gebäudetechnik oder der Bauphysik auftreten. Dazu gehört auch die Umsetzung und Bauausführung des Gebäudes und der Technik. Als Beispiel kann hier der hydraulische Abgleich genannt werden. Ein weiterer Punkt ist die Betriebsführung, hierzu gehören die Einstellung der Heizkurve oder der Heizgrenze durch den Installateur oder durch den Hauswart.

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Abbildung 3: Unterteilung und Spezifizierung des Begriffes Performance Gap.

Wie schon im Kapitel 1.2 Literaturstudie beschrieben, ist aus Sicht der Autoren der Begriff „Performance Gap“ nicht geeignet um die gesamte Problematik zu beschreiben und somit ungeeignet als Oberbegriff. Performance Gap impliziert, dass das Gebäude nicht die geplante und erwünschte Leistung erbringt, was jedoch nicht stimmt, wenn die Ursachen für eine Abweichung das Benutzerverhalten oder das Klima sind. Deshalb kann man beim Ambient-, User/Usage- und Norm-Gap eher von einem „Consumption“ Gap ausgehen, da in diesen Fällen nicht die Bauausführung selber ein Problem ist. Aus Sicht der Autoren beschreibt der

„Performance Gap“ in der Literatur oft im Grunde den Technical-Gap, da nur in diesem Fall das Gebäude nicht die Leistung liefert die erwartet oder bestellt wurde vom Kunden.