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Zu den drei Hauptkomponenten des Zytoskeletts der Zelle gehören die Mikrofilamente (Aktinproteine), die Intermediärfilamente und die Mikrotubuli (Tubulinproteine).53 Diese hochdynamischen auf- und abbaubaren Biopolymere bilden Fasern oder Filamente, die neben der mechanischen Stabilisierung und Formgebung der Zelle auch für deren Motilität, sowie für Transport und Bewegung innerhalb der Zelle verantwortlich sind.53 Im Folgenden wird die Rolle des Aktin- und des Tubulinzytoskeletts in der Zelle, sowie die Möglichkeit diese beiden als Target für die Krebsbehandlung zu nutzen, näher erläutert.

1.4.1 Das Aktinzytoskelett

Den Großteil der Mikrofilamente bildet filamentäres Aktin (F-Aktin), welches durch Polymerisierung aus dem globulären Monomer G-Aktin entsteht.54 Neben der mechanischen Stabilisierung der Zelle und intrazellulären Transportvorgängen, haben die Mikrofilamente eine

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tragende Rolle für die Motilität und Polarisierung der Zelle.54–57 Die Gestalt der Filamente kann von verzweigten und quervernetzten Netzwerken, über parallele Bündel, zu anti-parallelen kontraktilen Strukturen variieren.55 Während die Struktur der Zelle durch den Kortex, eine dünne Schicht aus Aktin, bestimmt wird, ist das gut regulierte Zusammenspiel verschiedener Gestalten der Mikrofilamente für die Zellmigration von essentieller Bedeutung (siehe Abb. 4).55 Der Migrationszyklus beginnt mit der gezielten Polymerisierung der Filamente gegen die Zellmembran, wodurch diese in Migrationsrichtung ausgebeult wird (Zellprotrusion). Dies geschieht am sogenannten Lamellipodium, einem quasi zweidimensionalen Blatt, welches aus einem verzweigten Netzwerk an Filamenten besteht.55

Abbildung 4. Schematische Darstellung der Aktin-Filamente sowie der fokalen Adhäsionen in migrierenden Zellen. Innerhalb der Lamellipodien, einer nahezu zweidimensionalen Struktur, finden sich quervernetzte Mikrofilamente, die durch Polymerisation gegen die Zellmembran diese in Richtung der Migration ausbeulen und so in neue Regionen vorstoßen. In den Lamellipodien fungieren die Filopodien, die aus parallel angeordneten Mikrofilamenten bestehen, als eine Art Vorhut um die Stimuli in der jeweiligen Richtung zu testen. Stress Fibres sind kontraktile Bündel aus Mikrofilamenten, die sich parallel zur Migrationsrichtung über den Zellkörper spannen. Über fokale Adhäsionen sind sie mit der extrazellulären Matrix verbunden und vermitteln über ihre Kontraktion das Vorwärtsbewegen der Zelle. [Eigene Darstellung nach L. Blanchoin et al. 2014 und Klaile 2015.55,58]

Als eine Vorhut innerhalb dieses Blattes, die das Mikroumfeld an der sogenannten Leading Edge untersuchen, dienen die dünnen fingerartigen Filopodia.59 Diese bestehen aus parallelen Bündeln von F-Aktin.59 Durch Ausbildung von Ankerpunkten (fokalen Komplexen), die das Aktin-Zytoskeletts mit der ECM verbinden, können diese Ausstülpungen stabilisiert werden.59 Diese ersten Fokalkomplexe werden durch transmembrane Integrine vermittelt, die auf zytoplasmatischer Seite über Proteine wie Talin, α-Actinin und Vinculin mit dem Aktinzytoskelett interagieren, während sie auf extrazellulärer Seite an Komponenten aus der

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ECM (z.B. Kollagen, Laminin, oder Fibronektin) binden.60 Während diese ersten Fokalkomplexe zu stabilen Fokaladhäsionen reifen, wird eine ganze Reihe strukturgebender sowie signalübertragender Proteine, wie Paxillin, Vinculin, c-Scr, FAK (focal adhesion kinase), oder Zyxin, rekrutiert.61 Die Fokaladhäsionen sind mit den sogenannten Stress Fibres, die aus kontraktilen Filamentbündeln und Myosin bestehen, verknüpft.62 Während die Fokaladhäsion an der Leading Edge verstärkt werden, beginnen sich die an der gegenüberliegenden Seite zu lösen. Durch Kontraktion der Stress Fibres kommt es so zur Bewegung der Zelle.62

Eine tragende Rolle in der Steuerung des Migrationsprozesses kommt RhoA, Rac1, und Cdc42 zu, drei Vertretern der Familie der Rho-GTPasen.63 Während die zielgerichtete Aktin-Polymerisierung innerhalb des Lamellipodiums vor allem durch Rac1 reguliert wird, ist Cdc42 hauptsächlich für die Filopodiaausbildung verantwortlich.59,63–65 Durch RhoA-bedingte Aktivierung von Effektoren wie mDia1/2 und ROCK wird erst die Ausbildung von ausgereiften fokalen Adhäsionen an der Leading Edge und später die Aktin-Myosin Kontraktion induziert, während im der Migration abgewandten Teil der Zelle die Auflösung der Fokaladhäsionen bewirkt wird.61,62

1.4.2 Die Mikrotubuli

Die Mikrotubuli sind hochdynamische Filamente, die fortwährend einem wohlregulierten Auf- und Abbau unterworfen sind. Heterodimere aus α- und β-Tubulin Monomeren lagern sich zu sogenannten Protofilamenten zusammen.66 Durch seitliche Verknüpfung von meist 13 dieser Protofilamente werden wiederum die helikalen, hohlzylindrischen Mikrotubuli gebildet (siehe Abb. 5 A).67 Die Enden von α- und β-Tubulin weisen innerhalb der Mikrotubuli verschiedene Ladungen auf. Während die von α-Tubulin negativ geladen sind, tragen die von β-Tubulin positive Ladungen.66 Daraus resultiert, dass Mikrotubuli über ein Minus- und ein Plusende verfügen, wobei diese Polung ausschlaggebend für deren biologische Funktion ist.66 In der Zelle erfolgt die Bildung der Mikrotubuli ausgehend vom MTOC (microtubule-organizing center).68 Dabei ist das Minusende der Mikrotubuli in das MTOC eingebettet während die Polymerisierung am Plusende erfolgt (vgl. Abb. 5 B).68,69 Die Dynamik der Polymerisierung und Depolymerisierung wird dabei sowohl von intrinsischen wie extrinsischen Prozessen sowie von der posttranslationalen Modifizierung der Mikrotubuli reguliert.68 Zur intrinsischen Kontrolle zählt das Vorhandensein von GTP-Caps oder –Inseln, wobei die extrinsischen Regulierung vor allem durch die MAPs (microtubule-associated proteins) und im Speziellen durch die Proteine, welche an die Plusenden der Mikrotubuli binden, bestimmt wird.68

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Die Rolle der Mikrotubuli für die Zelle ist fundamental. Unter anderem sind sie elementar für die Proliferation, die Formgebung der Zelle, die Migration und die Vaskularisierung.68 Essentiell sind die Mikrotubuli auch für die Zellteilung, da sie während der Mitose den Spindelapparat ausbilden, welcher für die akkurate Aufteilung der Chromosomen auf die beiden entstehenden Tochterzellen verantwortlich ist.70 Auch der intrazelluläre Transport verschiedenster Zellkomponenten kann nur mit Hilfe der Mikrotubuli gewährleistet werden.66 Durch die hohe Steifheit der Mikrotubuli wird die Zelle mechanisch stabilisiert und somit deren Morphologie erhalten. Weiterhin sind die Mikrotubuli bei einer Vielzahl von Signalwegen involviert. Unter anderem besteht eine wechselseitige Regulierung zwischen den Mikrotubuli und den MAPKs (mitogen-activated protein kinases), die zellulare Prozesse wie die Gentranskription, die Proteinbiosynthese, den Zellzyklus, Apoptose, oder Differenzierung organisieren.71,72

Abbildung 5. Schematische Darstellung der Mikrotubuli. A) Aufbau der Mikrotubuli aus α- nd β-Tubulin Hetreodimeren über die zylindrische Anordnung von 13 Protofilamenten. B) Ausgehend vom Minusende am Zentrosom polymerisieren die Mikrotubuli am Plusende. Der Kinesin-vermittelte Transport erfolgt entlang der Mikrotubuli in Richtung des Plusendes, wohingegen der Dynein-vermittelte Transport in Richtung des Minusendes gerichtet ist. [Eigene Darstellung nach Akhmanova und Steinmetz 2015, Small et al. 2002, und Alberts et al. „Molecular biology of the cell“ 5. Edition;

2008; Abb.16-104; 66,69,73]

Überdies wird die Migration und Wundheilung auch mittels der Interaktion zwischen Aktin und Tubulin gesteuert.54,74 So beeinflusst die Mikrotubulipolymerisierung die Aktivierung der Rho

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GTPasen Rac1 und Cdc42, wodurch wiederum die Aktin-vermittelte Zellprotrusion angeregt wird.75 Im Gegensatz dazu löst die lokale Mikrotubulidepolymerisierung die Aktivierung von RhoA aus, worüber die Bildung der Aktin-Stress Fibers und deren Kontraktion induziert werden.76 Auch deuten verschiedene Studien daraufhin hin, dass über die Regulation der Mikrotubulidynamik auch die Auflösung von fokalen Adhäsionen gesteuert wird.77–80 Zu guter Letzt ist der intrazelluläre Transport von Proteinen, Organellen und Vesikeln, welcher von Motorproteinen aus der Kinesin- und Dyneinfamilie entlang der Mikrotubuli ausgeführt wird, eine bedeutende Funktion dieser Zytoskelettkomponente.54,74 Dabei ist für die Migration im Speziellen, der Transport von post-Golgi Carriern, von mRNA, und der von Recycling-Endosomen zu den Leading Edges der Zellprotrusion wichtig.75