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3 Interessenverbände in der IT-Branche

3.6 Datenanalyse

Der Interview-Leitfaden wurde aus der Analysematrix abgeleitet und mit Hilfe einer dimensionalen Analyse kategorisiert und operationalisiert. Die Interviews wurden vollständig transkribiert und in das Software-Programm MAXQDA2 ein-gelesen. Dort wurden dann die Interviews mit Hilfe von 3 Dimensionen, 11 Kate-gorien und 38 Codes ausgewertet.

Ursprünglich bestand unsere Analysematrix aus 3 Dimensionen, 16 Kategorien und 48 Indikatoren. Im Zuge der ersten Auswertung wendeten wir ein Verfahren an, das die Reliabilität unserer Auswertungen verbessern sollte. Wir ließen alle transkribierten Interviews von drei verschiedenen Personen unabhängig vonein-ander mit dem aus der Analysematrix abgeleiteten Codierungssystem vercoden und verglichen anschließend die Codierungen miteinander. Mit Hilfe dieser Pro-becodierungen konnten wir unser Kategoriensystem anpassen und zugleich einen Test auf Intracoder-Reliabilität (gleiches Codierergebnis bei identischem Codie-rer während zwei Codiervorgängen) sowie auf Intercoder-Reliabilität (gleiches Codierergebnis von verschiedenen Codierern bei identischem Material) durch-führen. Im Ergebnis erhielten wir das folgende Codesystem, mit dem dann an-schließend die Interviews in MaxQDA2 codiert wurden:

Abbildung 4: Codesystem

Einschätzung der verbandlichen Ordnung Veränderung der Arbeitsbeziehungen Einschätzung der Rolle von Gewerkschaf-ten

Organisationsbedarf Beschäftigte Selbstverständnis

Einschätzung Umwelt

Entwicklung der Branche

Rekrutierung Mitgliedschaftsmotive traditionale und wertrationale Grün-de/Solidarität

politische Gründe

Zusammenarbeit mit anderen Verbänden

Konflikt innerhalb der Gewerkschaft Konkurrenz zwischen IGM und Verdi Strukturen

Konflikte

Konkurrenz zu anderen Verbänden

4 Varianten computergestützter Analyse

„Wie aufregend Ihre Erfahrungen bei der Datenerhebung auch sein mögen, es kommt der Tag, an dem die Daten analysiert werden müssen.“ Diesem Anselm Strauss zugeschriebenen Satz wollen wir zwei Implikationen unterstellen. Ers-tens, die Erhebung von Daten ist scheinbar spannender als ihre Analyse – eine Überlegung, der hier nicht nachgegangen werden kann. Und zweitens: Man bangt vor dem Tag der Auswertung, weil er mit vergleichsweise trockener und aufwen-diger Schreibtischarbeit verbunden ist.

Ob nun der Einsatz von Computerprogrammen die Attraktivität des Auswer-tungsprozesses gegenüber der Datenerhebung erhöht, sei dahingestellt. In jedem Fall aber erleichtern sie die Arbeit und haben damit das Potenzial, die Auswer-tungsphase zu verkürzen. In den Genuss von Computerunterstützung jedenfalls kam die sozialwissenschaftliche Forschung in den 1960er Jahren nur bei der Auswertung quantitativer Daten. Programme wie The General Inquirer boten erste Möglichkeiten zu quantitativer Textanalyse. Erst seit den 1980er Jahren konnte mit der Einführung der PC-gestützten Textverarbeitung das Potenzial der

EDV zur Bearbeitung, Manipulation und Archivierung von Texten in der qualita-tiven Forschung genutzt werden. Brent schlägt dabei eine Unterscheidung in drei Gruppen von Programmen zur Analyse qualitativer Daten vor (vgl. Brent 1984).

(1) text approach: Hier geht es um die Nutzung von herkömmlichen Textver-arbeitungsprogrammen, die bereits eine Reihe von Funktionen bieten, um qualitative Daten zu verarbeiten, so etwa Kopier-, Such- oder Kommentar-funktionen.

(2) data base management approach: Im Text codierte Stellen werden hier in einer Datenbank gespeichert, die den Zugriff auf diverse Operationen er-möglicht. So können etwa vorgenommene Codierungen und Kommentare nach bestimmten Gesichtspunkten geordnet werden. Die zugehörigen Textstellen können gesucht und selektiert werden. Datensätze können in Statistikprogramme exportiert werden.

(3) knowledge-based sytems: Hierbei handelt es sich um speziell auf be-stimmte Projekte zugeschnittene und programmierte Programme. Sie ent-stehen auf Basis bestimmter theoretischer Vorannahmen und Ablauflauf-modelle der jeweiligen Forschung. Es sind die Maßanzüge unter den Ana-lyseprogrammen.

Das hier näher betrachtete Programm MaxQDA2 ist der zweiten Gruppe zuzu-rechnen, wenn auch die Analyseoptionen des Programms weitaus größer sind als bei vergleichbaren Programmen der 80er Jahren.3 Dabei werden Analyseeinhei-ten aus einem Text von Codierern erfasst und bestimmAnalyseeinhei-ten Kategorien zugeord-net. Den Codierungen kann unterschiedliches Gewicht zugewiesen werden und es können Beziehungen zwischen einzelnen Codes und Kategorien untersucht wer-den. „Diese Philosophie verbindet die Stärken menschlicher Kodiertätigkeit (Er-fassung von Bedeutungen) mit den Vorteilen des Computereinsatzes (logische Verknüpfung und Analyse von Daten).“ (Diekmann 2004: 505)

5 Funktionen computergestützter Analyse

Wenn wir von der computergestützten Analyse qualitativer Daten sprechen – wie sich dies in der Diskussion um EDV-gestützte Verfahren in der qualitativen Sozi-alforschung etabliert hat – müssen wir uns bewusst sein, dass es sich bei derarti-gen Programmen nicht um Äquivalente zu der in der quantitativen Forschung

3 Eine Aufstellung (mit Verlinkung) gebräuchlicher Analyseprogramme findet sich etwa auf der Homepage der American Evaluation Association unter:

http://www.eval.org/EvaluationLinks/QDA.htm

eingesetzten Analysesoftware handelt. Statistiksoftware wie SPSS dient zur Durchführung von statistischen Analysen. Demgegenüber kann mit Programmen wie MaxQDA2 keine Analyse im eigentlichen Sinne durchgeführt werden, sie dienen lediglich als Werkzeuge zur Organisation von qualitativen (Text)daten (Vgl. Kelle 2000: 488).

Man könnte Analysesoftware als äußerst komfortable Karteikästen verstehen, die den Einsatz verschiedener Farben, Klebezettel, Karteikarten etc. und deren auf-wendige (Un)Ordnung ersetzen. Größere Such- und Strukturierungsprozesse, die bei konventionellem manuellem Vorgehen unter Umständen Stunden in An-spruch nehmen, können innerhalb weniger Sekunden durchgeführt werden. Ab-seits dieser Vorarbeiten bleibt jedoch die eigentliche Analyse und Interpretation von Daten notwendigerweise dem Forscher vorbehalten.

Die Software MaxQDA2 erfüllt wie die meisten Analyseprogramme bestimmte Grundfunktionen, die wie folgt umrissen werden können (vgl. auch Prein/Kelle/Bird 1998, Kelle 2000: 490, Mayring 2002: 137, Miles/Huberman 1994: 44):

- Markieren von Textbestandteilen und Kennzeichnung mit einer Auswer-tungskategorie

- Selektive Zusammenstellung codierter Textbestandteile, auch über größere Textcorpora hinweg (Retrieval)

- Rückverfolgung aller Textstellen in ihrem Kontext pro ausgewertetem Co-de

- Veränderbarkeit der Kategorien oder Codes im Analyseablauf - Bildung von Haupt- und Subkategorien

- Suchfunktionen

- Memofunktion zur Kommentierung von Codierungen und eventuellen Re-vision

- Schnelles Finden von exemplarischen Zitaten, auch als Belege für den Schlussbericht

- Vorbereitung möglicher quantitativer Analysen

- Inhaltsanalysen zur Abfolge und Lokalisierung von Codes

- Möglichkeiten zur Definition von Variablen, die einzelnen Dokumenten zugeordnet werden können und durch die die Suche nach Textstellen ge-steuert werden kann

Im Folgenden soll anhand der Auswertung von Experteninterviews mit Vertre-tern der Gewerkschaften IG Metall und Verdi an ausgewählten Beispielen das Arbeiten mit MaxQDA2 veranschaulicht werden.

6 Ausgewählte Bearbeitungsschritte mit MaxQDA2

6.1 Die elektronische Erschließung qualitativer Daten 6.1.1 Import von Texten

Im Mittelpunkt der Auswertung stehen die Texte, in unserem Fall vornehmlich die transkribierten Interviews. „Man will die Texte miteinander vergleichen, sie kontrastieren, Gemeinsamkeiten herausarbeiten und Regelmäßigkeiten feststel-len.“ (Kuckartz 1999: 21) Daher müssen in einem ersten Schritt die zuvor im „rich text format“ gespeicherten Texte in MaxQDA2 importiert werden. Auch die Er-stellung der Texte innerhalb des Programms ist möglich, jedoch deutlich weniger komfortabel als mit gebräuchlichen Textverarbeitungsprogrammen und von da-her wenig empfehlenswert.

Die Software bietet eine in vier Fenster gegliederte Arbeitsoberfläche (vgl. Abbil-dung 5). Ein Textfenster, in dem der jeweils geöffnete Text erscheint, darunter eine ‚Liste der Codings’, in der die vom Bearbeiter abgefragten Codierungen er-scheinen, ein Fenster, in dem der Codebaum abgebildet ist und schließlich links oben eine ‚Liste der Texte’. In einem ersten Schritt muss eine neue Textgruppe oder ein Set angelegt werden, in die die Texte importiert werden können.

Hier bieten sich erste Selektierungsmöglichkeiten für die Auswertung des Da-tenmaterials, indem man etwa verschiedene Gruppen oder Sets für inhaltlich zu-sammenhängendes Datenmaterial vorsieht. So legt man verschiedene Gruppen etwa für Experteninterviews, Interviews mit Akteuren, Beobachtungsprotokolle, Sitzungsprotokolle und andere in schriftlicher Form vorhandene Daten an. Ge-nauso können Sets angelegt werden, in denen man beispielsweise alle einer Insti-tution zugehörigen Daten ablegt oder etwa Interviewpartner nach bestimmten Merkmalen (Alter, Geschlecht usw.) unterscheidet. Diese Sortierung kann jeder-zeit vorgenommen oder verändert werden. In unserem Beispiel haben wir zu Be-ginn darauf verzichtet, einzelne Gruppen anzulegen, da die Datenmenge mit 13 umfangreichen Experteninterviews und 15 Interviewpartnern in der 2. Auswer-tungsphase übersichtlich handhabbar war.

Nach dem Anlegen solcher Stapel auf dem elektronischen Schreibtisch, werden die Daten auf diese Stapel gelegt, indem man mittels der rechten Maustaste Texte

importiert und ihnen einen Namen zuordnet. Durch Doppelklick auf den jeweili-gen Namen in der Liste erscheint der Text im Textfenster, wo er weiter bearbeitet wird.

Abbildung 5: Arbeitsoberfläche

6.1.2 Anlegen und Umbauen eines Codesystems

In einem weiteren Schritt wird ein Code-System aufgebaut. Je nach Anlage der Untersuchung ist dabei das Code-System bereits vor dem Codieren der Texte vorhanden oder wird erst während dem Codiervorgang induktiv entwickelt. Für die Handhabung der Software ergibt sich hieraus jedoch kaum ein Unterschied.

In der sog. Liste der Codes stellt MaxQDA2 das Code-System als Codebaum dar (vgl. Abbildung 6). Dabei wird ein hierarchisches System von Codes definiert, wobei jeder einzelne mit einer bis zu 64 Zeichen lange Benennung versehen wer-den kann. Die Anzahl der möglichen Codes (bei MaxQDA2 in der Vertikalen an-gelegt) ist dabei grundsätzlich unbegrenzt. Die einzelnen Hierarchieebenen (bei MaxQDA2 in der Horizontalen angelegt) können bis zu zehn Stufen tief gestaffelt werden. Das Generieren von Codes funktioniert dabei in ähnlicher Weise wie das Importieren von Texten über eine durch Klick auf die rechte Maustaste aufgeru-fene Befehlsleiste, die alle wesentlichen Funktionen (Codes löschen, alphabetisch ordnen, Codierungen übertragen usw.) des Codebaums zugänglich macht.

Au-ßerdem können den einzelnen Codes Farbattribute zugeordnet werden, die dann v. a. zur Übersichtlichkeit des codierten Textes beitragen.

Abbildung 6: Das Codesystem bei MaxQDA2

Bei der Teiluntersuchung über Gewerkschaften in der IT-Branche wurde wie o-ben beschrieo-ben vorab ein theoretisch hergeleitetes, deduktives Kategoriensys-tem entwickelt, das ursprünglich 16 Kategorien und 48 Indikatoren definierte.

Wie zu erwarten war, ergaben sich in der Datenbearbeitung Überschneidungen einzelner Kategorien und Codes, andere erfassten in den Interviews beschriebene Phänomene nicht hinreichend, so dass sie gestrichen, verschoben, zusammenge-legt oder neu eingefügt werden mussten. Allerdings ist bei diesem Vorgehen Vor-sicht geboten. Einmal zusammen gelegte oder gelöschte Codes (, was gleichzeitig eine Zusammenlegung oder Löschung der zugehörigen Codierungen bedeutet) können nicht wieder zurückgeholt werden, da MaxQDA2 nicht über eine „Rück-gängig“-Funktion verfügt und beim Schließen des Programms den aktuellen Ar-beitsstand automatisch speichert. Es empfiehlt sich daher, vor jeder Benutzung eine Sicherheitskopie anzufertigen.

6.1.3 Codieren

Der Codiervorgang dient der Segmentierung des Textes und der Zuordnung we-sentlicher Textabschnitte zu Codes. Es können hierbei grundsätzlich drei Typen von Codes unterschieden werden (vgl. Kuckartz 1999: 94f.; Seidel/Kelle 1998):

(1) ‚Wegweiser’- Codes: Sie weisen lediglich den Weg zu einer bestimmten In-formation und kommentieren oder bewerten dabei den Inhalt nicht durch

die Zuordnung zu einem Code. Für derartige Codes existieren keine wirkli-chen Gütekriterien, außer dass sie dann auch zur versprowirkli-chenen Informa-tion führen müssen. In unserem Beispiel handelt es sich bei den Katego-rien ‚Projekt- und Netzwerkstrukturen’, ‚Instrumente’ und ‚Einschätzung Umwelt’ um Kategorien, hinter denen sich klassische Wegweiser-Codes verbergen: So finden wir etwa hinter dem Code ‚Organisationsbedarf Be-schäftigte’, Textstellen, in denen Aussagen zum Organisationsbedarf ge-macht werden. Wie die einzelnen Interviewpartner dagegen den Organisa-tionsbedarf einschätzen bleibt bei der Codierung außen vor.

(2) Faktencodes: Sie beziehen sich auf bestimmte objektive Gegebenheiten, wie etwa sozialstatistische Merkmale oder den Tätigkeitsbereich des Inter-viewpartners. Hier muss eine klare Reliabilität gegeben sein. Verschiede-ne, von einander unabhängige Codierer müssen zum gleichen Urteil kom-men bzw. ein Codierer muss bei mehrmaligem Bearbeiten der Daten Text-stellen immer demselben Code zuordnen. In unserer Teiluntersuchung über Gewerkschaften in der IT-Branche finden wir solche Faktencodes v.

a. in der Kategorie ‚Struktur der Organisation’, wo es um Daten zur Mit-gliederzahl, zum Budget oder zur Zahl der Mitarbeiter geht.

(3) Wertende Codes: Diese Codes sind spezifischer und enger verwoben mit theoretischen Grundannahmen, die der Untersuchung zu Grunde liegen.

Während Faktencodes theoretisch von jedem mit Hilfe eines gewissen Common-Sense-Urteilsvermögens zugeordnet werden können, bedarf es hier bestimmter Vorkenntnisse. So ist es etwa nicht ohne weiteres mög-lich, ob ein Interviewpartner seine Gewerkschaft als ‚Serviceverband’, ‚ö-konomischen Verband’, ‚politischen Verband’ oder ‚Solidarorganisation’

versteht, wenn nicht bekannt ist, wie diese Organisationstypen vorab defi-niert wurden.

In Zusammenhang mit der manuellen Bearbeitung qualitativer Daten wird beim Codiervorgang von einem sog. cut-and-paste-Verfahren gesprochen: Die relevan-ten Textpassagen werden markiert, ausgeschnitrelevan-ten und anschließend auf Kartei-karten geklebt, um diese dann mit einem Code und Informationen über die Her-kunft des entsprechenden Textbruchstücks zu versehen und einzuordnen und damit die Daten handhabbar zu machen. Diesem Grundmuster des Ausschnei-dens und gesonderten Wiedereinfügens von Textbestandteilen folgt auch die computergestützte Analyse qualitativer Daten. Allerdings werden hier weder Textpassagen ausgeschnitten noch in eine andere Datei mit dem Codewort einge-fügt und neu geordnet abgespeichert. Dies wäre zu benutzerunfreundlich und zu speicherintensiv. Beim Vorgang der elektronischen Codierung werden lediglich

‚Adressen’ von Textpassagen unter bestimmten Codes abgespeichert. Der Text als solches bleibt unverändert.

MaxQDA2 bietet hier unterschiedliche technische Möglichkeiten zur Codierung.

Am einfachsten zu handhaben und übersichtlichsten scheint das Codieren mit

‚Drag&Drop’. Unter Drag & Drop versteht man das Verschieben von markierten Textpassagen mittels gedrückter Maustaste zu beliebigen Codes. Dabei zeigt MaxQDA2 hinter dem jeweiligen Code in der ‚Liste der Codes’ und hinter dem jeweiligen Text in der ‚Liste der Texte’ die Anzahl der zugeordneten Codierungen an, so dass auf einen Blick erkennbar ist, mit wie vielen Codierungen ein Text und ein Code versehen ist (Vgl. Abbildung 7).

Wurde eine Textstelle codiert, erscheint in der linken Spalte des Textfensters eine Markierung, die anzeigt, mit welchem Code die entsprechende Stelle versehen wurde. Dabei kann eine Textstelle mit beliebig vielen Codes verknüpft werden.

Die Codierungen können sich überschneiden. Mit der rechten Mautaste können einzelne Codierungen wieder gelöscht werden. Auch kann mittels der rechten Maustaste der Codierung ein Gewicht zugewiesen werden, so dass bei der Analy-se der Daten zwischen (ge)wichtigeren und unwichtigeren Codierungen unter-schieden werden kann.

Abbildung 7: Arbeitsoberfläche mit Codierungen, Memos und Hyperlink

6.1.4 Memos

„Memos stellen die schriftlichen Formen unseres abstrakten Denkens über Da-ten dar.“ (Strauss/Corbin 1996: 170) Sie dienen damit als eine Art Analyseproto-kolle, die Informationen und Gedanken am Rande des Analyseprozesses festhal-ten. Strauss/Corbin unterscheiden hierbei drei Typen von Memos:

(1) Code-Notizen: Memos, die die Ergebnisse des Codierens beinhalten, wie z.

B. konzeptuelle Begriffe, paradigmatische Eigenschaften und Indikatoren für den Prozess.

(2) Theoretische Notizen: Theoretische Notizen enthalten die Produkte des induktiven und deduktiven Denkens über tatsächliche und möglicherweise relevante Kategorien.

(3) Planungs-Notizen: Memos, die Handlungsanweisungen für die Auswer-tung enthalten.

Diese quasi aufsteigende, nach methodischen Gesichtspunkten vorgenommene Gliederung – vom einzelnen Code bis zum gesamten Projekt – ist für eine com-putergestützte Analyse wenig relevant. Kuckartz schlägt daher eine Differenzie-rung der Memos nach dem Datentyp, auf die sie sich beziehen vor (Kuckartz 1999: 148ff.). Er unterscheidet:

(1) Text-Memos: Text-Memos sind an bestimmte Textpassagen/Codierungen gebunden und erläutern sie, ergänzen Gedanken und Ideen.

(2) Code-Memos: Code-Memos beinhalten Erläuterungen zu einzelnen Codes und Kategorien. Meist werden sie genutzt, um Codes zu definieren.

(3) Dokument-Memos: Dokument-Memos beziehen sich auf einzelne Texte insgesamt und fassen etwa den Inhalt dieser Texte oder ihre Argumentati-onslinie zusammen

(4) Projekt-Memos: Projekt-Memos beziehen sich auf das gesamte untersuch-te Projekt und enthaluntersuch-ten die ununtersuch-terschiedlichsuntersuch-ten Informationen.

Für die Erstellung der ersten drei Memo-Typen bietet MaxQDA2 wie die meisten Analyseprogramme entsprechende tools. Ähnlich wie bei der manuellen Bearbei-tung qualitativer Daten, wo in der Regel gelbe Klebezettel als Memos verwendet und am Bezugsort angebracht werden, symbolisieren auch in MaxQDA2 gelbe Klebezettel Memos. Sie können über die linke Maustaste im entsprechenden Fenster (Liste der Texte, Liste der Codes oder Textfenster) an der jeweiligen Da-tenquelle angelegt werden und erscheinen als ‚Klebe-Zettel-Symbol’ an der aus-gewählten Stelle (Vgl. Abbildung 7). Durch Doppelklick auf die Memo-Symbole

werden die Memos geöffnet. Sie können jederzeit aufgerufen und verändert wer-den. Der Übersichtlichkeit halber sollte allerdings mit den Text-Memos sparsam umgegangen werden – auch wenn MaxQDA2 über eine relativ komfortable Stichwort-Suchfunktion für Texte und Memos verfügt. Für einzelne Codes und Texte sieht MAXQDA2 jeweils nur ein Memo vor.

Projekt-Memos dagegen, die Kommentare in Bezug auf das gesamte Projekt bein-halten, sind in MaxQDA2 nicht vorgesehen. Um dennoch solche Projekt-Memos auf elektronischem Wege in die Arbeit zu integrieren, schlägt Kuckartz den Im-port eines ‚Dummy’-Textes oder die Einrichtung eines ‚Dummy’-Codes vor. Dazu wird ein Text importiert, der aus leeren Zeilen besteht oder ein gesonderter Code abseits des eigentlichen Codesystems, an die dann die entsprechenden Memos angehängt werden (vgl. Kuckartz 1999: 149).

Abbildung 8: Dokument-Memo in MaxQDA2

MaxQDA2 bietet verschiedene Möglichkeiten zur Gestaltung eines Memos (Vgl.

Abbildung 8). Zu einem Memo gehören in der Regel folgende Bestandteile: Titel, Name des Bearbeiters, Datum und nach Belieben auch die Verknüpfung eines Memos (v. a. bei Text-Memos) mit einem Code oder einer Kategorie aus den Co-debaum. Darüber hinaus kann der Memo-Text auf ähnliche Art und Weise wie in

der gebräuchlichen Textverarbeitung formatiert werden. Außerdem können un-terschiedliche Memo-Symbole ausgewählt werden, so dass später, ohne das Me-mo gelesen zu haben, auf einen Blick erkennbar ist, welche Art von Information das Memo enthält.

6.1.5 Hyperlinks

Hyperlinks sind elektronische Querverbindungen zwischen Textbestandteilen.

Sie verbinden einzelne Worte, Sätze oder Textpassagen, die in einem gewissen Zusammenhang stehen und bei der Analyse der Daten eine Synopse bilden soll-ten (vgl. Kelle 1997: 2.3). In MaxQDA2 können Hyperlinks sowohl innerhalb ei-nes Textes als auch zwischen Bestandteilen verschiedener Texte gesetzt werden.

Dabei kann eine Verlinkung aus verschiedenen Überlegungen heraus vorgenom-men werden: Ein Interviewpartner etwa lässt einen Gedanken fallen und nimmt ihn an einer anderen Stelle wieder auf; an mehreren Stellen wird dasselbe Phä-nomen beschrieben oder es handelt sich allgemein um homogene oder heteroge-ne Aussagen, die im Zusammenhang betrachtet werden sollen. Auch mit der Ver-linkung von Daten sollte allerdings eher sparsam umgegangen werden, denn zu viele hintereinander geschaltete Hyperlinks einerseits und zu viele Hyperlinkket-ten in einem Text andererseits können leicht ihrem eigentlichen Ziel, nämlich der Selektierung von Daten und Informationen zu wider laufen und eher für Unüber-sichtlichkeit denn für Ordnung der Daten sorgen.

Hyperlinks werden in MaxQDA2 generiert, indem man einen Textbestandteil markiert und ihn mittels des Link-Buttons in der Befehlsleiste mit einem anderen Textbestandteil verbindet. Die verlinkten Daten sind dann – wie etwa auch bei Links im Internet üblich – daran zu erkennen, dass sie in blauer Farbe und un-terstrichen sind (Vgl. Abbildung 7). Wird ein solcher verlinkter Text angeklickt, springt man automatisch zur nächsten verlinkten Stelle, wobei innerhalb eines Textes oder eines Projekts beliebig viele Hyperlinks gesetzt werden können.

An dieser Stelle kann resümiert werden: Wir können drei Arten von Verlinkung in der Bearbeitung und Analyse von qualitativen Daten unterscheiden (vgl. auch Prein/Kelle 1998):

(1) Verlinkung zwischen Text und Code (Codierung)

(2) Verlinkung zwischen Text und ergänzenden Kommentaren (Memo)

(3) Verlinkung zwischen einzelnen Textbestandteilen, die aus irgendeiner Sicht heraus miteinander verbunden sein sollten (Hyperlink/Textlink) Alle drei dienen der Vorbereitung der eigentlichen Analyse und Interpretation qualitativer Daten, wobei man sich bewusst sein muss, dass allein schon etwa in

der Zuordnung einer Textstelle zu einem Code eine erhebliche Interpretations-leistung liegt.

6.2 Die elektronische Analyse qualitativer Daten

Wenn wir oben Programme zu Analyse qualitativer Daten als komfortable Kar-teikästen beschrieben haben, so wurde bisher dargestellt, wie man Daten

Wenn wir oben Programme zu Analyse qualitativer Daten als komfortable Kar-teikästen beschrieben haben, so wurde bisher dargestellt, wie man Daten