Organisationsform PPP im E-Government Die unterschiedlichen Fallbeispiele sowie die Fachli-teratur verdeutlichen, welches Lösungspotential die Organisationsform und das Finanzierungsinstrument PPP im Bereich des E-Government hat. „Lösungspo-tentiale“ bedeutet dabei konkret: Welche Instrumente stehen öffentlichen Akteuren bei der Gestaltung öffent-lich-privater Kooperationen zur Verfügung (vgl. Abbil-dung 13), und welche Phasen müssen sinnvoller Weise durchlaufen werden?
In Kapitel 4 sind die Klärungs- und Konfliktsituatio-nen bezeichnet worden, die bei der Gestaltung von PPP
von öffentlichen Entscheidungsträgern bewältigt wer-den müssen. In der Vielfalt öffentlich-privater Koope-rationsformen hat sich gezeigt, welche Instrumente zur Lösung der unterschiedlichen Situationen beitragen können (vgl. Abbildung 14).
Über den Einsatz von PPP-Grundformen und das damit verbundene Instrumentarium kann jedoch nicht losge-löst von spezifischen Aufgaben des E-Government ent-schieden werden. Die Untersuchung von Fallbeispielen im Bereich des E-Government hat gezeigt, dass sich für die unterschiedlichen Betriebsweisen und Fachanwen-dungsbereiche die PPP-Grundformen in unterschiedli-chem Maße eignen. Abbildung 15 auf Seite 54 legt dar, welche Grundformen für verschiedene Aufgaben des
Mögliche Elemente der Vertragsgestaltung Festlegung des business case bzw. der Leistung
Regelung der Einzahlungspflicht und Investitionsleistung
Regelung der Einbringung von Vermögensgegenständen, insbesondere der Rechte an der Domain Verteilung der Geschäftsführung
Weisungsgebundenheit der Geschäftsführung
Betriebsübergang von Mitarbeitern bzw. Personalgestellung Einrichtung von Beiräten, Aufsichtsräten, Innovationsräten etc.
Change of Control-Klausel
service level agreements (in Verbindungen mit Anreizen und Vertragsstrafen) Rationalisierungsverpflichtung der öffentlichen Verwaltung
Preisgleitklauseln und price-cap-Regelungen Risikoallokation
Nachschusspflicht Privater zwecks Ausgleich bei Verlusten Auflösungs- und Rückübertragungsregelungen
Abb. 13: Mögliche Elemente der Vertragsgestaltung
PPP – Public Private Partnership und E-Government
Öffentlich vs.
Privat
Gesamtverwaltung vs.
Einzel-PPP
Beschäftigte vs.
PPP
Dezentralisierung vs.
Zentralisierung Informelle
Anbahnungsgespräche
Informelle
Anbahnungsgespräche
Informelle
Anbahnungsgespräche
Rahmenkonzepte für dezentrale Verwaltungen in Bundesländern
„Neutrale“ Beiräte zur Überprüfung politischer Ziele
Memorandum of Understanding (Rahmenvertrag)
Personalüber-leitungsverträge
Horizontale Kooperati-on verschiedener Kom-munen
Öffentliche Verfahren der Bürgerbeteiligung
Spezielle Personalent-wicklungsmaßnahmen (z.B. Qualifizierung)
Spezielle Personalent-wicklungsmaßnahmen (z.B. Qualifizierung)
Verwaltungsübergreifende Kooperationen in nationa-len oder EU-Programmen Memorandum of
Understanding (Rahmenvertrag)
Integration von PPP in ein institutionalisiertes Beteiligungsmanagement
Memorandum of Understanding (Rahmenvertrag)
Gesellschafterverträge
Vereins- oder Stiftungssatzungen
Gemeinsam öffentlich-private Geschäftsführung
Konsortialverträge für „risk sharing“
spezielle Vertragsklau-seln (change of control, Nachschussregelung u.ä.)
Regelungen für die Staffelung von Gebühren
Abb. 14: Mögliche Instrumente zur Lösung in Klärungs- und Konfliktsituationen
Das Lösungspotential der Organisationsform PPP im E-Government 7
PPP – Public Private Partnership und E-Government
E-Government angemessenen sind. So verlangt der Betrieb eines Portals, der unterschiedliche Fachan-wendungen integriert, grundsätzlich eher eine ge-sellschaftsvertragliche privat-öffentliche Kooperation, während die Funktion der technischen Plattform ver-tragsrechtlich gewährleistet werden kann. Der Aufbau von Elementen der E-Community wird durch die fest-geschriebene Integration von bürgerschaftlichem En-gagement erheblich erleichtert.
Da die öffentliche Beschaffung und die Datenverarbei-tung zumeist weder politische Entscheidungsbefug-nisse ( Fallbeispiele Bremen, Norwich, West Lothi-an), bürgerschaftliches Engagement noch die Situation der öffentlichen Beschäftigten strukturell betrifft, sind für diese Aufgabe Betreiber-, leasing- oder outsourcing-Verträge der Regelfall. Lediglich wenn ein sehr großes und differenziertes Leistungsvolumen gegeben ist, ist die Gründung einer PPP-Gesellschaft zu erwägen ( Fallbeispiele Bremen, Leipzig, Norwich, West Lothi-an). In diesem Fall ist der höhere Aufwand für Personal-überleitung, Beteiligungsmanagement, einen Rahmen-vertrag (memorandum of understanding) und eine ge-meinsame öffentlich-private Geschäftsführung gerecht-fertigt. Dies gilt im Regelfall, sofern mit einer adäquaten Entlastung des öffentlichen Haushaltes zu rechnen ist.
Dieselben Argumente lassen sich für die verwaltungs-interne Prozess-Optimierung, einschließlich des da-mit verbundenen Wissensmanagements ( Fallbei-spiele Rathenow, Norwich), sowie interaktive Dienst-leistungen (Fallbeispiele Bologna, Lanark) anfüh-ren. Ausnahmen von dieser Regel sind immer dann sinnvoll, wenn sehr aufwändige öffentlich-private Entwicklungspartnerschaften mit einem hohen Rati-onalisierungs-/Verbesserungspotential für bestimm-te Leistungen angestrebt werden, die (Fallbeispiel
„Verwaltung 2000“ als horizontale Kooperation, Nor-wich) den hohen Aufwand für eine institutionalisierte gesellschaftsrechtliche Form angemessen erscheinen lassen.
Im Fall der Bürgerinformation finden prinzipiell alle PPP-Grundformen Verwendung (Fallbeispiele Bay-ern, Berlin, Digitales Ruhrgebiet, Hamburg, Münster, Rathenow). Handschlag-PPP ist dabei vor allem für kleine Verwaltungen Erfolg versprechend, die das In-strument der informellen Anbahnungsgespräche in-tensiv nutzen (Fallbeispiele Rathenow, Minnesota).
Bürgerschaftliche Lösungen (Vereine) setzen die Ko-operation aktiver und leistungsfähiger Bürgervereine voraus (Fallbeispiele Münster, Rathenow, Lanark).
In den dominierenden Beispielen in Großstädten und Geeignete
PPP-Grundform
Beschaf-fung, DV
Prozess- optimie-rung
Interakti-ve Dienst-leistungen
Bürger-
informa-tion
Markt-plätze, Portale
Partizipa-tion, E-De-mocracy
Bildung, Lernen
gesellschafts-rechtlich + ++ +++ +++ +++ 0 +
vertrags-rechtlich +++ +++ +++ ++ +++ 0 ++
bürger-schaftlich 0 0 0 ++ + +++ +++
informell 0 + 0 + + + ++
Abb. 15: Angemessene Grundformen und Instrumente für verschiedene Aufgaben des E-Government
PPP – Public Private Partnership und E-Government Aufgabenbestimmung – Vorbereitung öffentlich-privater Kooperation im E-Goverment 8 1
Stadtstaaten ähneln sich die vorhandenen gesell-schafts- und vertragsrechtlichen Formen ( Fallbei-spiele Bayern, Berlin, Digitales Ruhrgebiet, Hamburg, Norwich). Politische Beiräte sowie komplexe Aus-schreibungen und Konsortialverträge sind in beiden Fällen notwendig. Gesellschaften werden immer dann favorisiert, wenn weitere (halb-)öffentliche Partner, wie z.B. Sparkassen oder Landesbanken, zur Verfü-gung stehen.
Für öffentlich-private Internetmarktplätze und -porta-le ergibt sich ein ähnliches Entscheidungsbild. Dabei besteht jedoch der Unterschied, dass – aufgrund der stärkeren kommerziellen Ausrichtung – Bürgerverei-nen eine geringere und Betreiberverträgen eine etwas stärkere Bedeutung zukommt (Fallbeispiele Bayern, Berlin, Hamburg, Münster, Rathenow). PPP-Gesell-schaften verfügen bezüglich dieser Aufgabe über eine wichtige Rolle, sofern PPP-Rahmenkonzepte auf der Ebene des Bundeslandes bestehen (Fallbeispiel Di-gitales Ruhrgebiet). Aufgaben in Zusammenhang mit E-Democracy sind demgegenüber das ideale Feld für bürgerschaftliche PPP-Formen (Fallbeispiele Müns-ter, Rathenow, Lanark). Politische Beiräte, öffentliche Verfahren der Bürgerbeteiligung sowie entsprechend formulierte Stiftungs- bzw. Vereinssatzungen sind hier die zentralen Instrumente, um Risiken für öffent-liche Verwaltungen zu vermeiden. Vor allem in kleine-ren Kommunen bestehen teilweise Handschlag-PPP als Ergänzung.
Dieses Zusammentreffen bürgerschaftlicher PPP-For-men mit Handschlag-PPP ist – noch deutlicher aus-geprägt – für die Aufgabe des E-Learning (Bildung, Lernen) festzustellen (Fallbeispiele Bayern, Digita-les Ruhrgebiet, Rathenow, Münster, Lanark, Norwich).
Neben Betreiberverträgen sind politische Beiräte, öf-fentliche Verfahren der Bürgerbeteiligung sowie Ver-eins- bzw. Stiftungssatzungen die wichtigsten Instru-mente für den Umgang mit PPP-Risiken hinsichtlich dieser Aufgabe.
PPP – Public Private Partnership und E-Government
8 Phasen der Vorbereitung und