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Das DHS-Enzym ist auch nach der Embryonalentwicklung essentiell

3.4 Identifizierung potentieller mRNA-Interaktionspartner von eIF-5A

4.1.2 Das DHS-Enzym ist auch nach der Embryonalentwicklung essentiell

Nicht nur in der Embryonalentwicklung spielt das Dhs-Gen eine entscheidende Rolle. In der vorliegenden Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, dass die DHS-Funktion auch in juvenilen Mäusen essentiell ist (siehe 3.2.5). Die Wichtigkeit von eIF-5A und seiner Hypusin-Modifikation auch in adulten Geweben wurde zuvor durch die ubiquitäre Expression aller beteiligten Gene und die starken Auswirkungen von Hypusinierungs-Inhibitoren in Zellkultur11,12 vorausgesagt.

Bei einem ubiquitär exprimierten Gen führt sein induzierter Knockout zuerst dort zu einem Phänotyp, wo sein Genprodukt die entscheidendste Rolle spielt, wo die Halbwertszeit des restlichen funktionellen Proteins am kürzesten ist und wo der Knockout am effizientesten stattfindet (Abbildung 4-2). Aufgrund der essentiellen Bedeutung von Hypusin für die zelluläre Proliferation kommen dafür fast alle Gewebe in Frage, möglicherweise sind aber stark proliferierende oder sich differenzierende Zelltypen stärker von hypusiniertem eIF-5A abhängig36,56.

Abbildung 4-2: Faktoren, die die Auswirkung des induzierten Dhs-Knockouts bestimmen. Neben der Expression von DHS sind die Hypusin-Abhängigkeit, die Halbwertszeit von hypusiniertem eIF-5A und die Effizienz des Knockouts in den verschiedenen Geweben entscheidend für die Auswirkung des Dhs-KOs.

Daten über die Halbwertszeit von DHS liegen bisher nicht vor, die Halbwertszeit von hypusiniertem eIF-5A ist gewebsspezifisch sehr unterschiedlich. Während in vielen

eukaryotischen Zellen eine Halbwertszeit von 20 Stunden und mehr beobachtet werden konnte128-130, beträgt diese beispielsweise in den Inselzellen des Pankreas nur etwa sechs Stunden50. Gewebe mit einer vergleichsweise kurzen Halbwertszeit wären also schneller vom Dhs-Knockout betroffen. Allerdings ist es denkbar, dass die Halbwertszeit von hypusiniertem eIF-5A oder DHS unter bestimmten Bedingungen verändert werden kann131, so dass Gewebe mit einer besonderen Abhängigkeit von hypusiniertem eIF-5A sich möglicherweise vorübergehend schützen könnten.

Für die Effizienz der durch Tamoxifen induzierten Cre-basierten Gendeletion ist zum einen die basale Expression der Cre-Rekombinase entscheidend, die maßgeblich vom verwendeten Promotor abhängt. Da die Cre-Rekombinase erst aktiv werden kann, wenn der fusionierte Östrogenrezeptor 4-Hydroxytamoxifen gebunden hat, ist auch die Erreichbarkeit des Gewebes durch Tamoxifen für die Ausführung der Gen-Deletion entscheidend.

Der aus dem Immediate-early-Verstärker von CMV und dem ß-Aktin-Promotor aus Hühnern bestehende chimäre CAG-Promotor erlaubt eine weit verbreitete Expression des Cre/Esr1-Fusionsproteins, allerdings gilt dies beispielsweise nicht für die Leber101. Durch die gute Gewebegängigkeit von Tamoxifen und erfolgreiche Überwindung der Blut-Hirnschranke101 ist davon auszugehen, dass der aktive Metabolit 4-Hydroxytamoxifen die meisten Gewebe erreichen kann. Vor allem in gut vaskularisierten Organen wie dem Herz, aber auch in Niere, Lunge, Pankreas, Darm und verschiedenen Gehirnbereichen kann jeweils in verschiedensten Zelltypen eine Cre-basierte Deletion beobachtet werden101. Auch die in dieser Arbeit gezeigte induzierte Deletion des Dhs-Gens verhielt sich entsprechend. In der Leber konnte ebenfalls keine Deletion detektiert werden, während in allen anderen untersuchten Organen bereits fünf Tage nach oraler Tamoxifengabe das deletierte Allel nachweisbar war (siehe Abbildung 3-21). Innerhalb der sehr kurzen Zeitspanne bis zum Ende der Versuche (fünf bis 14 Tage) konnte noch keine 100% Deletion des Dhs-Gens in den untersuchten Organen festgestellt werden. Zwar kann auch mit der oralen Gabe von Tamoxifen übers Futter eine der i. p.-Injektion vergleichbare Gen-Deletion erzielt werden132, allerdings werden dazu teilweise drei Wochen benötigt132,133. Unter in vitro-Bedingungen konnte in den generierten Dhs-MEFs durch 4-Hydroxytamoxifen in weniger als 48 Stunden eine vollständige Deletion des Dhs-Gens mit zeitnaher Abnahme der Dhs-Expression und der Hypusin-Modifikation von eIF-5A erzielt

Da der induzierte Dhs-Knockout extrem schnell und zu einem Zeitpunkt, an dem die Gen-Deletion in den untersuchten Organen noch unvollständig ist, Letalität verursacht, hat möglicherweise schon die veränderte Dhs-Expression eine letale Wirkung. Wahrscheinlicher aber ist, dass der Dhs-Knockout in einigen sehr wichtigen Zelltypen ähnlich effizient wie in den MEFs erfolgt und so zur frühen Letalität des Dhs-Knockouts führt. Zusammengenommen lässt sich also feststellen, dass die Letalität des Dhs-Knockouts vermutlich von einem oder mehreren Zelltypen verursacht wird, die entweder besonders abhängig von einem konstanten Dhs-Expressionslevel sind oder die besonders abhängig von hypusiniertem eIF-5A und seiner Neusynthese sind und in denen zusätzlich der Knockout effizienter als in den untersuchten Organen erfolgt.

Ein weiterer Hinweis darauf, dass der Dhs-Knockout in wenigen Zellen ausreicht, um Letalität auch in adulten Mäusen hervorzurufen, wurde durch die Durchlässigkeit des Tamoxifen-induzierbaren Systems erhalten. Dhsp/p;CAG-cre/Esr1+-Mäuse starben im Alter von ungefähr 16 Wochen, kein Tier dieses Genotyps wurde älter als 19 Wochen (Daten nicht gezeigt). Dieser Effekt trat dagegen bei Tieren mit Dhsp/p-Genotyp nicht auf, das bisher älteste Tier dieses Genotyps ist inzwischen 36 Wochen alt. Auch Dhs+/p;CAG-cre/Esr1+-Tiere waren nicht betroffen. In den gestorbenen Tieren ist es vermutlich in einzelnen Zellen zu einer Tamoxifen-unabhängigen Rekombination gekommen, die bereits für die verwendete CAG-cre/Esr1-Linie beschrieben wurde101. Während in Embryonen an E9,5 weniger als 0,1% rekombinierte Zellen beobachtet wurden, ist unklar wie viele Zellen mit Tamoxifen-unabhängiger Rekombination im Laufe der Entwicklung akkumulieren. Jedenfalls reicht dieser Anteil an Zellen mit Dhs-Deletion offensichtlich aus, um Letalität in adulten Mäusen zu verursachen.

Bei einem ubiquitär wichtigen Gen wie Dhs ist es schwierig, die genaue Letalitätsursache seines Knockouts festzustellen. Die Dhs-Expressionsanalysen verschiedener Organe legten nahe, dass in diesen durch den noch unvollständigen Knockout und eine vermehrte Dhs-mRNA-Expression noch keine verminderte DHS-Aktivität spürbar sein dürfte. Allerdings waren bei der Untersuchung Organe nur als Ganzes beurteilbar und es ließ sich nicht unterscheiden, ob es in einigen Zelltypen schon zu einem effektiven KO gekommen war. Die mangelnde Qualität der erhältlichen DHS-spezifischen Antikörper lässt eine immunhistochemische Beurteilung nicht zu. In einer histologischen Untersuchung von Leber, Milz, Niere, Knochenmark, Herz, Darm, Lunge, Pankreas, Knochen und Muskel konnte in den meisten

Organen (unter dem Vorbehalt der histologischen Sichtbarkeit) keine Ursache für den starken Phänotyp gefunden werden.

Vermutlich verursacht der Dhs-KO eine Störung der blutbildenden Zellen im Knochenmark (siehe Abbildung 3-23). Eine Abnahme dieser Zellen ist am vermehrten Fettanteil im Knochenmark sichtbar. Im peripheren Blut manifestiert sich eine Störung des Knochenmarks allgemein zuerst durch eine Störung der Thrombozyten oder Leukozyten, die eine deutlich kürzere Halbwertszeit als rote Blutkörperchen haben. In den KO-Tieren weisen Blutungen in der Niere auf eine solche Störung mit einer verminderten Blutgerinnung hin. Mäuse haben mit 900  2000 x 109 Thrombozyten/L eine sehr hohe Anzahl zirkulierender Thrombozyten im Blut (Mensch: 150  350 x 109 Thrombozyten/L). Die kernlosen Thrombozyten entstehen im Knochenmark durch Abschnürung aus Megakaryozyten. Ihre Lebensdauer beträgt bei Mäusen vier bis fünf Tage (zusammengefasst in134). Könnten durch den Dhs-Knockout keine Thrombozyten mehr nachgebildet werden, wäre die Thrombozytenanzahl schon etwa zwei Tage nach vollständig erfolgtem Knockout halbiert. Die akute Letalität könnte dann durch Mikroblutungen in verschiedenen lebenswichtigen Organen wie der Niere oder dem Gehirn hervorgerufen worden sein, die beispielsweise zu Nierenversagen führen und die Schnelligkeit der Dhs-Knockout verursachten Letalität erklären. Um Belege für diese Vermutungen zu finden, sind die Anfertigung eines Blutausstriches und die genauere Analyse des Knochenmarks, insbesondere der Megakaryozytopoese geplant. Des Weiteren soll das Blutbild nach Hinweisen auf Nierenversagen wie beispielsweise dem Anstieg von harnpflichtigen Stoffen wie Kreatinin untersucht werden. Durch Verwendung eines Hämatopoese- und eines Nieren-spezifischen Knockout-Modells könnte dann untersucht werden, ob der starke Phänotyp des Dhs-Knockouts von Knochenmarkzellen, von der Niere oder von einem Zusammenspiel aus beidem verursacht wird.

4.1.3 Der DHS-Verlust hat stärkere Auswirkungen als der