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I. Hauptteil: Totalsynthese des Metaboliten Mansouramycin

I.3. Arbeiten zur Totalsynthese der Mansouramycine

I.3.1. Darstellung des Mansouramycins A

Ermutigt durch die erfolgreiche Synthese sollte nun auf dem gleichen Weg das Mansouramycin A dargestellt werden. Zunächst wurde dafür 2,5-Dimethoxyacetophenon (105) mit Nitroethan zur Reaktion gebracht. Hierbei konnte allerdings nach beiden unter 1.2.1. bereits beschriebenen Verfahren, sowohl in Nitroethan als Lösungsmittel als auch in konzentrierter Essigsäure, nach jeweils 3 h bei 100 °C kein Umsatz zum entsprechenden Zielprodukt beobachtet werden, vielmehr wurde das Edukt zurückgewonnen. Eine mögliche Ursache für die geringere Reaktivität verglichen mit der Aldehydfunktion des 2,5-Dimethoxybenzaldehyds könnte die sterische Abschirmung des Ketons durch die

Methyl-werden.[51] Diese setzten verschiedene Nitroalkane mit Acetophenon für 2 h bei RT um und erhielten die entsprechenden Nitroalkene in guten Ausbeuten.

Aufgrund dieser Ergebnisse musste ein anderer Zugang zur gewünschten Nitroverbindung gefunden werden. Es sollte überprüft werden, ob ein Zugang zum 2-(2,5-Dimethoxyphenyl)-3-nitrobutan (107) über 1-(2,5-Dimethoxyphenyl)-2-nitroprop-1-en (106) möglich ist. In Anlehnung an die erfolgreiche Umsetzung beim Caulibugulon A wurde daher 2,5-Dimethoxybenzaldehyd mit Nitroethan in Anwesenheit von Ammoniumacetat in Essigsäure umgesetzt (Schema 21). Es wurde zunächst ein Reaktionsansatz bei 100 °C gewählt, welcher nach 12 h Reaktionszeit aber hauptsächlich Zersetzungsprodukte im NMR-Spektrum aufwies.

Eine Verkürzung der Reaktionszeit und Verringerung der Temperatur brachte deutliche Verbesserungen. Hierbei konnte 106 als Hauptkomponente in einem nicht ganz reinen Rohprodukt identifiziert werden; es wurde ausschließlich das E-Produkt gebildet, wie Vergleiche mit den Ergebnissen von Pecunioso et al. zeigten.[54] Eine Umsetzung mit Ammoniumacetat in Nitroethan als Lösungsmittel lieferte 68% Ausbeute nach Umkristallisation aus Ethanol, was ebenfalls ein noch optimierbares Ergebnis war. Erst der Einsatz von Ethylendiammoniumdiacetat als Kondensationskatalysator, welches nach einer Vorschrift von Tietze und Eicher[52] verwendet wurde, lieferte nach einer Reaktion in Methanol bei verschiedenen Ansätzen 106 in 83-95%-iger Ausbeute nach Umkristallisation aus Ethanol (Schema 21). Einen weiteren Vorteil dieses Verfahrens stellt der Einsatz von geringeren Mengen des Nitroalkans dar, welches auch im Hinblick auf die späteren Darstellungen anderer Mansouramycine aufgrund der dann eingeschränkten Verfügbarkeit nicht als Lösungsmittel eingesetzt werden kann. Somit konnte eine Synthese von 106 mit sehr guten Ausbeuten entwickelt werden.

O

O

NO2 O

O

O

H EtNO2 (3 Äq.)

C2H10N2(OAc)2 (0.2 Äq.) MeOH, 50 °C, 18 h

95%

83 106

Schema 21: Henry-Reaktion.

Nun sollte das erhaltene 1-(2,5-Dimethoxyphenyl)-2-nitroprop-1-en über eine konjugierte Addition in 107 überführt werden. Hierfür stellen sowohl Methyllithium als auch ein entsprechendes Methyl-Grignardreagenz mögliche Nukleophile dar. Hansson et al.

berichteten über die Addition von Methyllithium mit Kupfer(I)iodid an 1-Nitro-2-phenylethen zum 1-Nitro-2-phenylpropan bei -40 °C in Diethylether mit einer Ausbeute von 33%.[53] Die Umsetzung von 106 unter denselben Bedingungen führte allerdings nicht zum gewünschten Addukt, sondern zu einem nicht identifizierbaren Produktgemisch. Auch die Umsetzung mit Methyllithium – mit und ohne Kupfersalz – in Et2O bei -40 °C brachte keine Fortschritte.

Somit musste auf ein anderes Metallorganyl ausgewichen werden. Daher wurde überlegt, die Methylgruppe über ein Alanat einzuführen. Zunächst wurde dafür zu einer Lösung von Trimethylaluminium bei 0 °C Methyllithium gegeben und anschließend 106 als Lösung in Diethylether zugetropft. Nach 2 h wurde die Reaktion durch Zugabe von 1 molarer Salzsäure beendet. Man erhielt dabei ein Rohprodukt, das neben der Zielverbindung einen Großteil an nicht identifizierten Produkten enthielt. Auch Variationen der Reaktionsdauer und Temperatur brachten hierbei keinen entscheidenden Fortschritt. Pecunioso et al. beschrieben die 1,4-Addition von verschiedenen Trialkylaluminium-Verbindungen an 1-Phenyl-2-nitroprop-1-en (108) in guten bis sehr guten Ausbeuten (Schema 22).[54]

NO2

NO2 AlEt3

n-Hexan, 0 °C, 1 h

108 87% 109

Schema 22: 1,4-Addition von AlEt3 an Nitroalkene nach Pecunioso et al.[54]

Unter anderem erhielten sie so mit Triethylaluminium 3-Phenyl-2-nitropentan (109) in 87%-iger Ausbeute und mit einer Diastereoselektivität von 2:1 (erythro/threo), der Einsatz von Trimethylaluminium wurde von ihnen nicht untersucht. Sie beobachteten bei der Darstellung, dass die Art der Aufreinigung eine wichtige Rolle für das Ergebnis hat. So erhielten sie das Keton 110 je nach Aufarbeitung als Neben- oder sogar als Hauptprodukt. Beim Abbruch der Reaktion durch Zugabe von 0.1 M wässriger Salzsäure zum Reaktionsgemisch bei 0 °C isolierten sie nach Extraktion der wässrigen Phase nur 16% von 110, die Zugabe einer 3-M Lösung derselben Säure lieferte allerdings fast ausschließlich das Keton (86%). Dies lässt

Säurekonzentration (pH < 1) beide Sauerstoffatome der Nitrofunktion leicht zu protonieren sind, was nach anschließender Wasseraddition und Abspaltung von HNO zur Ausbildung des Ketons 110 führt. Die Darstellung eines Ketons aus einer Nitroverbindung ist allgemein auch als Nef-Reaktion bekannt (Abb. 12).

N

Abb. 12: Mechanismus der Nef-Reaktion.

In Anlehnung an diese Ergebnisse wurde die Umsetzung von 1-(2,5-Dimethoxyphenyl)-2-nitroprop-1-en (106) mit Trimethylaluminium untersucht. Nach 2 h bei 0 °C wurde die Reaktion durch Zugabe von wässriger Salzsäure unterschiedlicher Konzentrationen abgebrochen. Analog zu den Ergebnissen von Pecunioso et al. wurde schon bei der Zugabe von 1 M-Salzsäure ein großer Anteil an 2-(2,5-Dimethoxyphenyl)-3-butanon (112) erhalten.

Die Aufarbeitung mit 0.1 M wässriger Salzsäure bei 0 °C hingegen lieferte sauberes Zielprodukt, allerdings konnten auch nach mehrfacher Extraktion nur 63% isoliert werden.

Erst nach Aufarbeitung mit 25%-iger wässriger Natrium-Kalium-Tartratlösung, welches die Aluminiumionen komplexiert, konnte auch ohne weitere Säurezugabe 3-(2,5-Dimethoxyphenyl)-2-nitrobutan (111) in 71%-iger Ausbeute gewonnen werden (Schema 23);

der dr lag analog zur Addition von AlEt3 nach Pecunioso bei 2:1 (erythro/threo). Diese hatten die relative Konfiguration mittels GLC-Analyse bestimmt, so dass durch Vergleich der entsprechenden NMR-Daten 111 und 113 zugeordnet werden konnten.

O

Schema 23: Konjugierte Addition und anschließende Reduktion.

Während der Übertragung der Methylgruppe bildet sich wahrscheinlich zunächst ein stabiler 6-gliedriger Übergangszustand 114 aus, wobei durch die Zwischenstufe 115 die vorherige E-Konfiguration aufgehoben wird. Die anschließende Addition des Protons ist kinetisch kontrolliert und führt durch den sterischen Einfluss der an der Nitro-Funktion sitzenden Methylgruppe bevorzugt zum Erythro-Produkt (Schema 24).

O

Schema 24: Mechanismus der 1,4-Addition von AlMe3.

Ein Rückblick auf die Umsetzungen mit LiAlMe4 zeigte, dass auch bei diesen Reaktionen die Aufarbeitung den entscheidenden Faktor darstellte. Bei erneuter Untersuchung der NMR-Spektren konnten größere Mengen des Ketons identifiziert werden, allerdings waren auch noch geringe Mengen an weiteren unbekannten Produkten enthalten. Aufgrund dieser Erkenntnisse und des einfacheren Umsatzes mit Trimethylaluminium anstelle des Alanates wurde auf weitere Reaktionen mit Letzterem verzichtet.

Das erhaltene 111 wurde nun durch Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid zum Amin 113 in 94%-iger Ausbeute umgesetzt (Schema 23). Daraufhin sollte der Ringschluss durch die Pictet-Spengler-Reaktion folgen. Hierfür wurde, analog zur Synthese des Caulibugulon A, 113 mit Formaldehyd zum Imin umgesetzt und anschließend in halb-konzentrierter Salzsäure

Das 5,8-Dimethoxy-3,4-dimethyl-1,2,3,4-tetrahydroisochinolin (116) konnte dabei nach Säulenchromatographie in 78%-iger Ausbeute erhalten werden. Auch die Oxidation an Palladium zum 5,8-Dimethoxy-3,4-dimethylisochinolin (117) lief erfolgreich ab. Allerdings musste hierbei die Temperatur etwas verändert werden. So wurde bei 200 °C Reaktionstemperatur und einer Reaktionszeit von 17 h ein größerer Anteil an Zersetzungsprodukten verzeichnet. Bei 185 °C für die gleiche Zeit konnte dann aber nach Säulenchromatographie eine Ausbeute von 41% erzielt werden. Die anschließende Oxidation mit Cer-ammoniumnitrat verlief analog zur Darstellung des Caulibugulons A ohne Probleme und lieferte nach Säulenchromatographie 73% des Isochinolindions 118. Bei der Aminierung mit Methylamin musste nach 2 h bei -20 °C eine Umsetzung zu den beiden Regioisomeren beobachtet werden. Dabei ergab sich ein Isomerenverhältnis von 2:1 zu Gunsten des gewünschten Zielproduktes 13. Nach Auftrennung der Isomere durch Säulenchromatographie konnten 35% des Mansouramycins A (13) und 13% des C-6-Regioisomers 119 gewonnen werden (Schema 25).

Schema 25: Abschluss der Synthese von Mansouramycin A.

Somit ergibt sich eine Gesamtausbeute der Synthese von 6% über 7 Stufen. Zu optimieren wäre vermutlich die Dehydrogenierung an Palladium. Hier konnte lediglich eine Ausbeute von 42% erzielt werden, was unter anderem an einer geringeren Thermostabilität oder auch an einer partiellen Zersetzung während der Säulenchromatographie an Kieselgel gelegen haben könnte.