4 Neue chirale Phasentransfer-Katalysatoren 4.1 Chirale Guanidiniumsalze als PT-Katalysatoren
4.1.3 Darstellung der chiralen Guanidiniumsalze
Nach Brunelle et al. können hexasubstituierte Guanidiniumsalze allgemein in einer zweistufigen Eintopf-Synthese dargestellt werden (Gleichung 11).[58]
N N
O
R´
R R´
R
N N
Cl
R´
R R´
R
+
Cl
-- CO2 N N R´
R R´
R N
R´´
R´´
R``2NH RT
(A) (B) (C)
Toluol, COCl2 + Cl
-für R=R`und R=R`
Gleichung 11: Syntheseweg für hexasubstituierte Guandiniumsalze
Im ersten Schritt wird dabei aus dem tetrasubstituierten Harnstoff (A) durch Umsetzung mit Phosgen in Toluol unter Schutzgasatmosphäre das entsprechende Chlorformamidiniumchlorid (B) dargestellt. Dabei reagiert Phosgen mit dem Harnstoff zu einem O-alkylierten Zwischenprodukt, einem Vilsmeier-Addukt, das unter CO2-Abspaltung das Chlorformamidiniumchlorid (B) bildet. Dieses Salz wird dann direkt ohne weitere Aufreinigung mit dem sekundären Amin zum hexasubstituierten Guanidiniumsalz (C) umgesetzt.
4.1.3.1 Darstellung chiraler Guanidiniumsalze aus N,N,N´,N´-Tetraethylharnstoff
Tetraethylharnstoff 18 wird wie vorstehend erwähnt mit den chiralen sekundären Aminen (S)-Prolinol 2, (+)-(S)-2-(Methoxymethyl)pyrrolidin 5, (S)-(+)-2-(N-Methylamino)-3-phenylpropanol 8, (S)-(+)-2-(N-Methylamino)-3-methylbutanol 11, (all-R)-3-Hydroxymethyl-2-azabicyclo-[3.3.0]octan 13 und (1R,2S)-(-)-Ephedrin 14 umgesetzt.
Eine Übersicht der durchgeführten Umsetzungen ist in Schema 15 abgebildet.
N N
O
N N
Cl
+
Cl
-- CO2 Toluol, COCl2
1. 0°C 2. 70°C
+ X
-+
OH N
N N
CH3
+ X
-N N
N CH2OH
CH3
+ +
X
-N
N N
H
OH H
+
X
-N N
N
Me O
H Me X
-N
N N
H OMe N
N N
H OH
X
-X: Cl, Br
18 18-a
21 22
23
24
25 26
2, RT -2-HCl
5, Et3N
RT -Et3N-HCl
14, RT
11, Et3N RT 13, RT 8,RT
-13-HCl
c. A. 60 % c. A. 17 %
c. A. 19 %
Schema 15: Synthese chiraler Guanidiniumsalzen aus Tetraethylharnstoff
Im ersten Schritt der zweistufigen Eintopfsynthese fällt Tetraethylchlorformamidiniumchlorid 18-a als farbloses Salz aus. Es wird direkt mit den chiralen Aminen umgesetzt.
Anschließend können die Guanidiniumsalze 21, 22 und 26 als die entsprechenden Bromide isoliert werden.
Die Umsetzung von Tetraethylchlorformamidiniumchlorid 18-a mit (S)-Prolinol 2 im zweifachem Überschuß, das selbst als „HCl-Fänger“ dient, liefert das Guanidiniumchlorid, das zur Kristallbildung durch Anionenaustausch in das entsprechende
(2S)-1-% überführt wird.
In analoger Weise wird Tetraethylchlorformamidiniumchlorid 18-a mit (+)-(S)-2-(Methoxy-methyl)pyrrolidin 5 umgesetzt. Bei dieser Reaktion wird Triethylamin als „HCl-Fänger”
eingesetzt. Nach Anionenaustausch kristallisiert (2S)-1-(Bis(diethylamino)methylen)-2-(methoxymethyl)pyrrolidiniumbromid 22 in einer Ausbeute von 17 % aus.
Offenbar führt der Einsatz von Triethylamin anstelle des chiralen Amins 5 selbst als „HCl-Fänger“ dazu, daß ein Teil des (+)-(S)-2-(Methoxymethyl)pyrrolidins 5 ebenfalls als „HCl-Fänger“ dient und zum Hydrochlorid 5-HCl abreagiert, woraus die niedrige Ausbeute resultiert.
(2S, 3aR, 6aR)-1-[Bis(diethylamino)methylen]-2-(hydroxymethyl)octahydrocyclopenta[b]-pyrrolidiniumbromid 26 wird ebenfalls bei der Umsetzung von 18-a mit (all-R)-3-Hydroxy-methyl-2-azabicyclo[3.3.0]octan 13 in 19 %-iger Ausbeute erhalten
Obwohl bei dieser Reaktion wieder das Amin 13 selbst als „HCl-Fänger“ eingesetzt wird, kann die Ausbeute nicht erhöht werden.
Bei den Umsetzungen von Tetraethylchlorformamidiniumchlorid 18-a mit den Aminen (1R)-(2S)-Ephedrin 14, (S)-(+)-2-(N-Methylamino)-3-phenylpropanol 8 und (S)-(+)-2-(N-Methyl-amino)-3-methylbutanol 11 können dagegen die gewünschten Produkte 23, 24 oder 25 nicht erhalten werden. Trotz variierter Reaktionsbedingungen hinsichtlich der Temperatur, des Lösungsmittels, des „HCl-Fängers“ usw. werden die Amine bzw. Amin-Hydrochloride 14-HCl, 11-HCl und 8-HCl und Tetraethylharnstoff 18 reisoliert.
4.1.3.2 Versuch der Darstellung chiraler Guanidiniumsalze aus 1,1´-Carbonyldipyrrolidin und 1,1`-Carbonyl-(2S)-(+)-2,2`-(dimethoxymethyl)pyrrolidin
Das Chlorformamidiniumchlorid 15-a, das aus 15 mit Phosgen in Toluol gebildet wird, kann mit (S)-Prolinol 2 nicht zum gewünschten Produkt umgesetzt werden (Gleichung 12). Nach der Hydrolyse können ausschließlich die Edukte 2 und 15 reisoliert werden.
N N O
COCl2, Toluol 1. 0°C
2. 70°C, 3 h
N N
Cl
+
Cl
-N N N
OH
+
X -2
X: Cl, Br
15 15-a
27 Gleichung 12: Versuch der Darstellung von 27
Auch nach Variation der Reaktionszeit, des Lösungsmittels und der Reaktionstemperatur kann das gewünschte Produkt nicht erhalten werden. Die Vermutung liegt nahe, daß sich das Chlorformamidiniumchlorid 15-a nicht vollständig bildet. Es wird zwar beobachtet, daß sich ein Salz bildet und ausfällt, jedoch kann es auf Grund der leichten Hydrolysierbarkeit weder IR-spektroskopisch noch dünnschichtchromatographisch identifiziert werden.
Ein weiterer Syntheseversuch ist die Umsetzung des Harnstoffs 16 mit Phosgen zum Chlorformamidiniumsalz 16-a, das mit zwei Aminen (S)-Prolinol 2 und Pyrrolidin zu den Guanidiniumsalzen 28 und 29 umgesetzt werden soll (Gleichung 13).
N N OMe O
MeO
COCl2, Toluol 1. 0°C 2. 70°C, 3 h
N N OMe Cl
MeO
+
Cl
-Pyrrolidin oder 2 Toluol, RT, 15 h
N N N OMe
MeO
+ X
-N N N OMe
MeO
OH
+
X
-X: Cl, Br
16 16-a
28
29
Gleichung 13: Versuche der Darstellung von 28 und 29
Sowohl bei der Reaktion mit (S)-Prolinol 2 als auch mit Pyrrolidin werden keine Guanidiniumsalze gebildet. In diesem Fall könnte der sterische Anspruch der Methoxy-Gruppen des Harnstoffs 16 ein weiterer Grund dafür sein, daß die Reaktion nicht stattfindet. Hierzu muß aber angemerkt werden, daß keine Reaktionoptimierung erfolgte.
4.1.3.3 Darstellung der chiralen Guanidiniumsalze aus 1,1´-Carbonyldipiperidin
Nach Reaktion 1,1´-Carbonyldipiperidin 17 mit Phosgen in Toluol wird das dabei entstandene N,N,N´,N´-Bis(pentamethylen)chlorformamidiniumchlorid 17-a mit vier chiralen Aminen, 2, 5, 13 und 14 umgesetzt. Die Reaktionen sind in Schema 16 zusammengefaßt.
N N O
N N Cl
+
Cl -N
N N
H
+ OH
N H
OMe
N N
+
N H
H
OH N N
+
COCl2, Toluol, Et2O
1.-10°C 2. RT, 4 h
c. A. 30 %
c. A. 40 %
c. A. 21 % Br
-Br -Br
-N N
N O H Me Me
+
X
-X: Cl, Br
17 17-a
30
31
32
33
2, RT -2-HCl
5, RT -5-HCl
13, RT -13-HCl 14
Schema 16: Synthese chiraler Guanidiniumsalze aus 1,1´-Carbonyldipiperidin
Bei der Umsetzung des Chlorformamidiniumchlorids 17-a mit den sekundären Aminen können die Guanidiniumsalze 30, 31 und 32 durch Anionenaustausch des Guanidiniumchlorids als die entsprechenden Bromide isoliert werden. Die Umsetzung von 17-a mit (-)-Ephedrin 14 führte auch hier nicht zu dem gewünschten Produkt 33.
Die erhaltenen Ausbeuten für 30, 31 und 32 liegen zwischen 20 und 40 %. Die Ausbeuten der Guanidiniumsalze 31 (40 %) und 32 (21 %) konnten im Vergleich zu denen der Guandiniumsalze 22 (17 %) und 23 (19%) (Kapitel 4.1.4.1) aus Tetraethylharnstoff verdoppelt bzw. erhöht werden.
Die Darstellung des Chlorformamidiniumchlorids 17-a erfolgt bei –10°C. Die Umsetzungen mit den Aminen werden alle bei 0°C durchgeführt, da das Salz 17-a und das gerade entstandene
Guanidiniumsalz bei Temperaturerhöhung in zunehmendem Maße hydrolysiert, so daß zwar eine längere Reaktionszeit benötig wird, aber die Ausbeuten auch gesteigert werden.
Als Erkennungsmerkmal für alle dargestellten chiralen hexasubstituierten Guanidiniumsalze kann das 13C-NMR-Signal des quartären C-Atoms des Guanidiniumgerüstes herangezogen werden, das in allen Fäälen im Bereich von 160-162 ppm liegt.
4.1.3.4 Versuche der Darstellungen chiraler Guanidiniumsalze aus N,N´-Dimethyl-N,N´-diphenylharnstoff und 1,3-Dimethyl-2-imidazolidinon
N,N´-Dimethyl-N,N´-diphenylharnstoff 19 hat mit den Phenylringen ein interessantes Katalysatorstrukturelement. Es wird versucht, 19 mit Phosgen in Toluol zum entsprechenden N,N´-Dimethyl-N,N´-diphenylchlorformamidiniumchlorid 19-a umzusetzen.
N N
O
CH3 C
H3
N N
Cl
CH3 C
H3
+
Cl -COCl2, Toluol
19 19-a
Gleichung 14: Versuch zur Darstellung von 19-a
Mit den bislang verwendeten Reaktionsparametern ist es jedoch nicht gelungen, das Chlorformamidiniumchlorid 19-a zu erhalten. Da der Harnstoff 19 in Toluol bei 0°C und auch bei RT nur wenig löslich ist, wird eine Reaktionstemperatur von 70°C gewählt, bei der der Harnstoff 19 in Toluol gelöst vorliegt. Die Bildung des Salzes 19-a, das aus der Lösung ausfallen sollte, kann jedoch auch nach Zugabe der Phosgenlösung im Überschuß nicht beobachtet werden.
1,3-Dimethyl-2-imidazolidinon ist ein cyclischer Harnstoff, dessen Derivate schon Ishikawa et al für die Synthese von monocyclischen Guanidinen eingesetzt wurde.[66]
Das 2-Chloro-1,3-dimethylimidazoliniumchlorid 20-a wird durch Umsetzung von 20 mit Phosgenlösung in Toluol dargestellt und in einer Ausbeute von 45 % isoliert (Lit.[66]: 41 % für Analogverbindungen) (Gleichung 15).
N N
O
CH3 C
H3 COCl2, Toluol
1. 0°C 2. 70°C, RT
N N
Cl
CH3 C
H3 +
Cl- 2 oder 5 oder 13
N N
N CH3
C H3
OH
+ X
-N N
N CH3
C H3
OMe
+ X
-N N
N CH3
C H3
H
H
OH
+ X
-oder oder
34
35
36
20 20-a
Gleichung 15: Versuche der Darstellung von Guanidiniumsalze aus 20
Die weitere Umsetzung von 20-a mit den Aminen (S)-Prolinol 2, (+)-(S)-2-(Methoxymethyl)pyrrolidin 5, (all-R)-3-Hydroxymethyl-2-azabicyclo[3.3.0]octan 13 führt aber nicht zu den chiralen Guanidiniumsalzen 34, 35 oder 36.
Ishikawa et al beschreiben ausschließlich Umsetzungen mit primären Aminen, die die entsprechenden chiralen Guanidine bilden. Anscheinend läuft die Reaktion des Chlorformamidiniumchlorids 20-a mit sekundären Aminen sehr langsam oder gar nicht ab.