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2. L ITERATURÜBERSICHT

2.4 E RKRANKUNGEN DES F ESSELGELENKES

2.4.2 T RAUMATISCHE A RTHRITIDEN

2.4.2.4 D EGENERATIVE G ELENKERKRANKUNGEN (O STEOARTHRITIDEN )

Synonyme Bezeichnungen für degenerative Gelenkerkrankungen sind Arthropathia/Arthrosis deformans oder in der englischsprachigen Literatur degenerative joint disease, Osteoarthritis und Osteoarthrosis (SCHULZ u.

DÄMMRICH 1991; McILWRAITH 1996).

Degenerative Gelenkerkrankungen sind durch Zerstörung des Gelenkknorpels, begleitet von Knochen- und Weichteilveränderungen, einschließlich subchondraler Knochensklerosierung und marginaler Randzackenbildung charakterisiert. Die Erkrankung wurde in der Human- und Pferdeliteratur unterschiedlich definiert, was in der Vergangenheit zu Verwirrungen führte. Übereinstimmung besteht darin, dass es zum Verlust der Funktion des Knorpels kommt. In der Humanmedizin wurde die Osteoarthritis (OA) in eine primäre und eine sekundäre Form unterteilt. Bei der primären OA sind die ätiologischen Ursachen unbekannt, zu ihr zählt die OA alter Menschen. Bei der sekundären OA sind die ätiologischen Ursachen, wie beispielsweise vorangegangene bakterielle Arthritiden oder intraartikuläre Frakturen, nachweisbar. Anfangs wurde der Begriff degenerative Gelenkerkrankung synonym zur primären OA verwendet. Heute hat die Unterteilung in primäre und sekundäre OA an Bedeutung verloren und die Bezeichnung degenerative Gelenkerkrankung wird synonym zu jeder Form der OA verwendet (HOWELL et al. 1992). Die OA hat ein charakteristisches Bild des Knorpelumbaues mit unterschiedlichen Graden an Knorpelhypertrophie und Knochenremodellierung, so dass verschiedene Autoren die OA eher als pathologische, denn als klinische Einheit betrachten (HOWELL et al.

1992).

Wesentliche pathologische Merkmale sind unterschiedliche Grade lokaler Einrisse und Auffaserungen des Knorpels bis hin zu kompletter Erosion und Verlust des Gelenkknorpels (AUER 1980; McILWRAITH 1982, 1996). Die equine OA geht fast immer mit einer Entzündung der Synovialmembran einher und klinische Anzeichen sind Schmerz und Dysfunktion des betroffenen Gelenks. Obwohl die morphologischen Geschehnisse einer OA gut beschrieben wurden, besteht eine mangelhafte Korrelation zwischen den morphologischen Veränderungen und ihrer klinischen Bedeutung (McILWRAITH 1996). Die frühere Betrachtungsweise, dass die OA die eigentliche Erkrankung des Knorpels ist, hat sich dahingehend verändert, dass ein enzymatischer Umbau als zentrales Merkmal der OA angesehen wird und dem morphologischen Zusammenbruch vorausgeht (McILWRAITH 1996).

Es werden drei Hauptgruppen ätiologischer Faktoren diskutiert. Die erste basiert auf der Grundlage von physikalischen Kräften und von fehlerhaftem Gelenkknorpelgewebe. Die zweite schreibt einen Hauptteil der Erkrankung der fehlerhaften Chondrozytenantwort des Knorpels auf Insulte zu, wobei die Chondrozytenantwort sowohl den Umbau- als auch den Reparationsprozess betrifft.

Die dritte beinhaltet Knochenremodellierung, Reaktionen der Synovialmembran, Mikrofrakturen, Durchblutungsveränderungen und andere außerhalb des Gelenkknorpels liegende Faktoren als primäres Problem mit nachfolgender sekundärer Knorpelveränderung (McILWRAITH 1996).

Eine ähnliche Theorie wurde von FRICKER et al (1993) aufgestellt, die den erhöhten Gewebsdruck in den am Gelenk beteiligten Knochen als pathogenetischen Faktor degenerativer Gelenkerkrankungen betrachten. Durch verschiedene Noxen verursachte Entzündungen führen zu einer erhöhten Gefäßpermeabilität. Daraus resultiert ein interstitieller Druckanstieg, der wiederum die Mikrozirkulation beeinträchtigt und damit das Sauerstoffangebot reduziert. Die Funktion und Struktur der Zellen werden beeinträchtigt und können mit dem Zelltod enden. Aus den zellulären Schäden können neben den weiteren Störungen der Gefäßpermeabilität und dem Freiwerden von osmotisch aktiven Substanzen auch pathologisch-anatomische Gelenkveränderungen resultieren, womit sich der Circulus vitiosus schließt.

Von McILWRAITH (1996) wurde eine Einteilung, der degenerativen Gelenkerkrankungen in die drei Kategorien vorgenommen: Die erste geht mit einer Synovialitis und Kapsulitis einher (häufig im Karpus, Fesselgelenk, distalen Tarsalgelenk und Hufgelenk). Die zweite ist verbunden mit bzw. gewöhnlich sekundär nach anderen bekannten Verletzungen oder Problemen, einschließlich intraartikulärer Frakturen, traumatischer Gelenkknorpelverletzungen, Osteochondrosis, Subchondraler Knochenverletzungen und -erkrankungen, subchondraler zystischer Veränderungen, septischer Arthritis und Fragmentierung der distalen Patellabereiche. Bei dem dritten Typ handelt es sich um zufällig festgestellte oder nicht progressive Erosion des Gelenkknorpels.

Der pathogenetische Ablauf der degenerativen Gelenkerkrankung wird von verschiedenen Autoren in fünf Stadien unterteilt (FASSBENDER 1983; DÄMMRICH 1993):

1. Primärläsionen des Gelenkknorpels: Mechanische Insulte oder Teildemaskierungen der Kollagenfasern stören die kontinuierliche Glätte der Gelenkoberfläche und bieten Ansatzpunkte für Scherkräfte bei weiteren Bewegungen. Diese erste Rauhigkeit in Form multipler kleiner Einrisse kann durch das Lubrikationsvermögen der Synovialflüssigkeit längere Zeit kompensiert werden, vor allem wenn der Knorpel der gegenüberliegenden Seite noch glatt ist.

Im Mittelpunkt der Pathogenese stehen Stoffwechselstörungen der Chondrozyten und deren Folgen. Geringgradige Stoffwechselstörungen führen zur beschleunigten Mauserung der Grundsubstanz, schwerwiegendere Formen beeinflussen die Synthese und Sekretion der Grundsubstanz.

2. Einrisse und Abrisse des Gelenkknorpels: Weist auch die Gegenseite Knorpelläsionen auf, reicht das Lubrikationsvermögen der Synovia nicht mehr für eine hinreichende Glättung der Oberfläche aus und die Einrisse vertiefen sich.

Ältere Fissuren zeigen im Gegensatz zu frischen Knorpelläsionen abgeschliffene, gerundete Ränder. Gelegentlich kommt es auch zu Tangentialabrissen entsprechend dem arkadenartigen Faserverlauf der oberflächlichen Kollagenfasern, die dann als fahnenartige Substanzabrisse im Gelenkspalt

flottieren. Für die Entstehung der sekundären Synovitis ist diese Art der Läsion von besonderer Bedeutung.

3. Knorpelabrieb: Von einem gewissen Grad der Ein- und Abrisse an nimmt die schrittweise Zerstörung des geschädigten Knorpels ihren Lauf. Tangentiale Scherkräfte finden bei jeder Gelenkbewegung Ansatzpunkte. Das abgeriebene Knorpelmaterial gelangt mit der Synovialflüssigkeit in den Synovialrezessus. Der Knorpelverlust wird von einer Knochenneubildung und sklerotischen Verstärkung der subchondralen Knochenlamelle begleitet. Während im Belastungsbereich des Gelenkes Knorpelsubstanz zerstört wird, können außerhalb der Belastungszone spongiöse Osteophyten entstehen, deren Oberfläche von Faserknorpel bedeckt wird. Freigelegter subchondraler Knochen wird durch die Scherbewegungen regelrecht glatt poliert und es entsteht die eburnisierte „Knochenglatze“.

4. Knochenabschliff: Der Knochenabschliff kann schrittweise weitergehen, wobei auch die subchondrale Knochenlamelle nicht verschont bleibt. Mit ihrer Zerstörung werden die Markräume eröffnet und Synovialflüssigkeit in die Markhöhle hineingepresst. Im weiteren Verlauf können Knochensplitter und Knorpeldetritus in die entstandenen Höhlen hineingetrieben werden, die sogenannte „Geröllzyste“ entsteht.

5. Bindegewebige Remodellierung der Gelenkoberfläche: Nach Eröffnung der Markhöhle dringen Blutgefäße, Fibroblasten und Bindegewebsfasern von dort an die Gelenkoberfläche vor. Sie bilden zunächst ein Granulationsgewebe, aus dem sich eine lockere Narbe entwickelt und zunächst die „Knochenwunde“ schließt.

Mit zunehmendem Alter wird die Narbe faserreicher und zellärmer, ihre Oberfläche wird unter mechanischer Belastung in die Kontur der Gelenkoberfläche glättend eingebaut. Durch die fibrös-narbige Remodellierung wird die Gelenkfläche wieder weitgehend funktionsfähig.