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Rikard Graß, Sabrina Nagler, Ulf Böttcher, Hella Ahrends, Henning Kage

Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Her-mann-Rodewald-Str.9, 24118 Kiel,

E-Mail: grass@pflanzenbau.uni-kiel.de

Zusammenfassung: In einem Feldversuch mit 220 Winterweizen-Genotypen wurden Bestandestemperaturen (Tc) auf zwei Weisen gemessen, traktorgestützt mit Infrarott-hermometern und UAV-gestützt mit Wärmebildaufnahmen. Die Unterschiede zwischen den Messergebnissen ließen sich weitgehend über Unterschiede in den Witterungsbe-dingungen (Lufttemperatur, Nettostrahlung, Windgeschwindigkeit) zwischen den Zeit-punkten beider Messungen erklären (r² = 0,76). Beide Verfahren sind prinzipiell zur Phänotypisierung im Rahmen von Zuchtprogrammen auf Trockenstresstoleranz geeig-net. Während die im Wärmebild ermittelten Tc für Parzellen direkt miteinander ver-gleichbar sind, ist es traktorgestützt möglich, die für eine Auswertung der Messergeb-nisse und für die Selektion notwendigen Umgebungsbedingungen direkt mitzubestim-men.

Deskriptoren: Phänotypisierung, Trockenstress, Pflanzenzüchtung, Bestandestempe-ratur, bodengestützt, luftgestützt, UAV

Abstract: In a field trial containing 220 winter wheat genotypes canopy temperature (Tc) was measured by two methods: tractor based using infrared thermometry and UAV based using thermal imagery. The difference in measuring results could be mainly at-tributed to differences in weather conditions (air temperature, net radiation, wind speed) between the time of both measurements (r² = 0.76). Both methods are suited for pheno-typing purposes in breeding programs aimed at drought tolerance. While the Tc values identified for plots from thermal imagery can compared directly, tractor based meas-urements allow for simultaneous recording of the environmental conditions necessary for analysis of measurements and for selection.

Keywords: High throughput phenotyping, drought stress, plant breeding, canopy tem-perature, ground based, aerial based, UAV

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1 Einleitung

Bestandestemperatur (Tc) ist ein guter Indikator zur Erfassung von Trockenstress in Pflanzenbeständen und kann somit ein interessantes Phänotypisierungsmerkmal für die Züchtung auf Trockentoleranz sein. Tc-Unterschiede können durch genotypische Un-terschiede wie Durchwurzelungstiefe oder Stomatareaktion (NEUKAM et al. 2015) aber auch durch Bodeneigenschaften hervorgerufen werden.

Für große Parzellenversuche kann Tc punktuell in jeder Parzelle mit Infrarotthermome-tern oder flächenhaft mit bildgebenden Wärmebildkameras erhoben werden. Zur quanti-tativen Auswertung von Tc werden mikrometeorologische Einflussgrößen benötigt, die eine Berechnung der Energiebilanz an der Bestandesoberfläche erlauben (JACKSON et al. 1981). Diese Einflussgrößen können bei traktorgestützter Messung in jeder Parzelle simultan zu Tc gemessen werden. Eine gleichzeitige Erfassung vieler Parzellen ist so jedoch nicht möglich, was die Vergleichbarkeit zwischen Parzellen und somit die Identi-fikation genotypischer Unterschiede erschwert.

Die gleichzeitige Erfassung vieler Parzellen unter gleichen Umgebungsbedingungen ist bildgebend aus der Luft mit UAV möglich. Dabei ist jedoch neben den Herausforderun-gen einer Georeferenzierung der Wärmebilder die Erfassung der aktuellen lokalen mik-rometeorologischen Umgebungsbedingungen in den jeweiligen Parzellen nur mit gro-ßem technischem Aufwand möglich.

Ziel der Arbeit ist es deshalb, die Ergebnisse von traktorgestützten Messungen mit Inf-rarotthermometern und UAV-gestützten Wärmebildaufnahmen für die Erhebung von Tc in Versuchsparzellen zu vergleichen.

2 Material und Methoden

In einem Winterweizenversuch mit 220 Genotypen wurden während der Vegetationspe-riode 2015 ab Schossbeginn Tc parzellenspezifisch unter möglichst stabilen sonnigen Witterungsbedingungen erfasst. Die Parzellengröße betrug 1,25 m x 6 m, der gesamte Versuch umfasste 2052 Parzellen. Traktorgestützt wurde Tc mit Infrarotthermometern (IRTS-P, Apogee Instruments, Logan, Utah, USA) und zusätzlich Windgeschwindigkeit, Nettostrahlung, Lufttemperatur und relative Luftfeuchtigkeit gemessen. Die Datenerhe-bung für alle Parzellen im gesamten Versuch erforderte ca. vier Stunden, was etwa acht Sekunden je Parzelle entspricht. Die Aufzeichnung der Messdaten erfolgte sekündlich, so dass in jeder Parzelle eine Fläche von etwa 8 x 0,022 m² erfasst wurde. Die Position des Traktors wurde ebenfalls sekündlich mit einem RTK-GPS aufgezeichnet, so dass die einzelnen Messungen den Parzellen, über denen sie erfolgten, zugeordnet werden konnten. Messungen im Randbereich der Parzellen bis 0,3 m wurden verworfen, die übrigen Messungen wurden für jede Parzelle zu einem Parzellen-Mittelwert zusammen-gefasst.

Einmal während dieses Zeitraumes wurden mit einem Oktokopter (MK Okto XL, Hitems GmbH, Moormerland, Deutschland) und Wärmebildkamera (FLIR T335, Flir Sys-tems, Wilsonville, Oregon, USA) UAV-gestützt Wärmebildaufnahmen des gesamten Versuches gemacht. Die einzelnen Wärmebildaufnahmen wurden anhand des Parzel-lenplans in QGIS 2.0.1 (QGIS Development Team) georeferenziert (GDAL-Georeferenzierung 3.1.9, Thin-Plate-Spline-Transformation, nearest neighbour). Ein Randbereich von 0,4 m wurde innerhalb jeder Parzelle als Puffer verworfen, die Werte im etwa 2,3 m² großen Kernbereich der Parzelle (entspricht etwa 40 Bildpixel) wurden zu einem Parzellenmittelwert zusammengefasst.

Die Messungen beider Verfahren wurden gegenüber gestellt. Anschließend wurde sta-tistisch untersucht, inwieweit die Änderung der mikrometeorologischen Umgebungsbe-dingungen zwischen dem Zeitpunkt der traktorgestützten Messung und dem Zeitpunkt der UAV-gestützten Wärmebildaufnahme die Unterschiede der mit beiden Verfahren ermittelten Tc erklären können.

3 Ergebnisse

Die ausgewerteten Messungen umfassten zwei Blöcke des gesamten Versuches mit je 220 Parzellen, wovon insgesamt 8 Parzellen nicht auf den UAV-gestützten Wärmebild-aufnahmen abgebildet waren (Abbildung 1).

Abbildung 1: UAV-gestütztes Wärmebild eines der beiden ausgewerteten Blöcke

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Die traktorgestützten Messungen von Tc in den betrachteten Parzellen erfolgten zwi-schen 11:20 Uhr und 14:30 Uhr und ergaben Werte zwizwi-schen 26,1°C und 31,6°C. Die Lufttemperatur stieg in diesem Zeitraum von etwa 26,5°C auf knapp über 29°C an. Die UAV-gestützten Tc-Messungen basierten auf vier Wärmebildaufnahmen, die zwischen 15:00 Uhr und 15:18 Uhr aufgenommen wurden. Sie ergaben Werte für die einzelnen Parzellen zwischen 26,9°C und 31,0°C bei einer Lufttemperatur von 28,2°C.

Abbildung 2: Traktorgestützte Bestandestemperaturmessung (TcBef) sowie traktorgestützte Messung korrigiert um die Lufttemperatur (TcTdiff) und korrigiert um Lufttemperatur, Nettostrah-lung und Windgeschwindigkeit (TcMod) gegen Tc aus UAV-gestützten Wärmebildaufnahmen. a) Lineare Korrelation und b) Abweichungen

Eine direkte Korrelation zwischen den beiden Messverfahren ergab einen nur schwa-chen linearen Zusammenhang (r² = 0,25; Abbildung 2a). Dabei ist deutlich zu erken-nen, dass die Unterschiede zwischen beiden Messverfahren einen klaren zeitlichen Trend je nach Messzeitpunkt der traktorgestützten Messung aufweisen (Abbildung 2b).

Die Korrektur der traktorgestützten Messungen um die zwischen den Messungen in den einzelnen Parzellen und dem Zeitpunkt der Wärmebildaufnahme geänderte Lufttempe-ratur (TcTdiff), ergab einen deutlich engeren Zusammenhang (r² = 0,54). Eine weitere Verbesserung des Zusammenhanges ließ sich durch eine Berücksichtigung von Net-tostrahlungs- und Windgeschwindigkeitsänderungen zusätzlich zur Lufttemperaturände-rung erzielen (r² = 0,76). Der Einfluss von Lufttemperatur, Nettostrahlung und Windge-schwindigkeit auf den Unterschied zwischen traktorgestützter und UAV-gestützter Mes-sung von Tc wurde in der Statistiksoftware R 3.2.3 (The R Foundation for Statistical

Computing 2015) als lineares Modell getestet. Die Wechselwirkungen von Lufttempera-tur und Nettostrahlung sowie von Nettostrahlung und Windgeschwindigkeit hatten kei-nen signifikanten Einfluss, so dass die traktorgestützten Tc-Messungen (TcBef) mit fol-gendem Modell korrigiert wurden:

𝑇𝑐𝑀𝑜𝑑 = 2,11 + 0,94 𝑇𝑐𝐵𝑒𝑓− 0,85 𝑇𝑎 − 0,0061 𝑅𝑛 + 0,29 𝑢 − 0,92 𝑇𝑎 ∙ 𝑢 + 0,0079 𝑇𝑎 ∙ 𝑅𝑛 ∙ 𝑢

4 Diskussion und Ausblick

Während das traktorgestützte Verfahren eine Erfassung der Witterungsbedingungen am Ort der Messung erlaubt, ermöglicht das UAV-gestützte Verfahren eine gleichzeitige Messung aller Parzellen unter gleichen Bedingungen (LI et al. 2014). Eine Kombination beider Verfahren erscheint vielversprechend, um die Dynamik von Tc während einer traktorgestützten Messfahrt in der Auswertung zu berücksichtigen.

Witterungsbedingungen haben wesentlichen Einfluss auf den zeitlichen Verlauf von Tc.

Eine Korrektur der traktorgestützten Tc-Messungen um die Witterungsbedingungen macht, wie bei den UAV-gestützten Messungen, die Messergebnisse für verschiedene Parzellen vergleichbarer. Das erlaubt eine statistische Auswertung zur Detektion von genotyp- oder bodenbedingten Tc-Unterschieden. Eine quantitative Auswertung der Messergebnisse kann allerdings nur über die Energiebilanz an der Bestandesoberflä-che (JACKSON et al. 1981, GAGO et al. 2015) stattfinden, welche die aktuellen Witte-rungsbedingungen zum Messzeitpunkt benötigt.

Die berechneten Korrekturen um die Witterungsbedingungen erfolgen in der erwarteten Richtung. War die Lufttemperatur zum Zeitpunkt der traktorgestützten Messung höher als zum Zeitpunkt der Wärmebildaufnahme, wird die traktorgestützt gemessene Tc nach unten korrigiert. Gleiches gilt für den Einfluss der Nettostrahlung, während die Windge-schwindigkeit entgegengesetzt wirkt (vergleiche MAES & STEPPE 2012). Die Korrektur erfolgte mit einem linearen Modell, obwohl die Einflüsse der Witterung auf Tc teilweise nichtlinear sind. Für kurze Messzeiträume, in denen sich die Witterungsbedingungen nur in einem begrenzten Rahmen ändern, erscheint die näherungsweise Annahme line-arer Einflüsse jedoch hinreichend genau, um die Messungen vergleichbar zu machen.

Sowohl eine UAV-gestützte Erhebung der Bestandestemperatur mittels Wärmebildauf-nahmen als auch eine traktorgestützte Messung mit Infrarotthermometern mit nachfol-gender Korrektur der Messdaten um die Witterungseinflüsse erlaubt Vergleiche zwi-schen Parzellen und erscheint somit für Zwecke der Phänotypisierung großer Populati-onen im Rahmen von Zuchtprogrammen geeignet. Allerdings muss das Merkmal Be-standestemperatur für die Selektion in die aktuellen Bedingungen eingeordnet werden, um eine Entscheidung treffen zu können, ob Genotypen mit niedrigerer oder solche mit höherer Bestandestemperatur bevorzugt werden sollen (REBETZKE et al. 2012). Dazu ist eine Messung der aktuellen Witterungsbedingungen und eine Beobachtung oder Model-lierung des Bodenwasserhaushalts erforderlich. Dann können Bestandestemperaturen

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einen wesentlichen Beitrag zur Selektion auf den Wasserhaushalt betreffende Sortenei-genschaften liefern.

Literaturverzeichnis

GAGO J. et al. (2015): UAVs challenge to assess water stress for sustainable agriculture. Agri-cultural Water Management, 153, pp.9–19

JACKSON R.D. et al. (1981): Canopy temperature as a crop water stress indicator. Water Re-sources Research, 17(4), pp.1133–1138

LI L., ZHANG Q., HUANG D. (2014): A Review of Imaging Techniques for Plant Phenotyping.

Sensors, 14(11), pp.20078–20111

MAES W.H., STEPPE K. (2012): Estimating evapotranspiration and drought stress with ground-based thermal remote sensing in agriculture: a review. Journal of Experimental Botany, 63(13), pp.4671–4712

NEUKAM D., BÖTTCHER U., KAGE H. (2015): Modelling Wheat Stomatal Resistance in Hourly Time Steps from Micrometeorological Variables and Soil Water Status. Journal of Agronomy and Crop Science, p.n/a–n/a

PASK A.J.D. et al. (2012): Physiological breeding II: a field guide to wheat phenotyping. Availa-ble at: http://repository.cimmyt.org/xmlui/handle/10883/1288 [Accessed February 12, 2016]

REBETZKE G.J. et al. (2012): Genomic regions for canopy temperature and their genetic associ-ation with stomatal conductance and grain yield in wheat. Functional Plant Biology, 40(1), pp.14–33

Nachweis der Wirkung von Zuschlagstoffen zur