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2.3 CI-Therapie. Neurowissenschaftlich basiertes Rehabilitationsverfahren

2.3.4 CI-Therapie. Anwendungbereiche in der Neurologie

Zahlreiche Studien bestätigten die beträchtliche Verbesserung der Handfunktion bei Pati-enten mit chronischer Hemiplegie durch die CI-Therapie (Taub, 1980; Taub, 1994, Taub et al., 1998a, Taub et al., 1993, Taub et al., 1999b, Bauder et al., 1999a, Kopp et al., 1999, Liepert et al., 2000, Liepert et al., 1998).

Aus den CI-Techniken, welche ein neurowissenschaftlich basiertes Rehabilitationsverfah-ren für die Wiedererholung motorischer Funktionen darstellen, wurden Therapieansätze zur Verbesserung der Handfunktion bei Patienten mit Schädelhirntrauma, zur Verbesse-rung der Beinfunktion bei Patienten mit chronischer Hemiplegie, zur RehabilitieVerbesse-rung der Fortbewegung bei Patienten mit Querschnittslähmung, zur Verbesserung der Sprachfunk-tion bei Patienten mit chronischer Hemiplegie (Pulvermüller et al., 2000) und zur Verbes-serung der Fingerkoordination bei Patienten mit fokaler Dystonie der Hand (Candia et al., 1999) abgeleitet.

Die erfolgreiche Anwendung der CI-Therapie auf andere neurologische Störungen ist da-von abhängig, ob diesen Störungen „der gelernte Nichtgebrauch“ zugrunde liegt. Der

„gelernte Nichtgebrauch“ kommt zustande, wenn eine organische Verletzung die Fähig-keit, den behinderten Körperteil einzusetzen, beeinträchtigt, so dass der Einsatz bestraft und dann ersetzt wird; es gibt eine potentielle Wiedererholung der Funktion, aber das Nichteinsetzen des betroffenen Körperteils, konditioniert in der Akutphase, bleibt beste-hen (Taub et al., in press).

2.3.4.1 CI-Therapie zur Verbesserung der Handfunktion bei Patienten mit Schädel-hirntrauma

Die CI-Therapie wurde auch zur Verbesserung der Handfunktion bei Patienten mit Schä-delhirntrauma eingesetzt. Bisher wurden 8 Patienten mit SchäSchä-delhirntrauma mit überwie-gend unilateralen Störungen der Handfunktion in den Laboratorien von Prof. Taub therapiert. Patienten mit bilateralen Störungen der Handfunktion wurden einer gleichzei-tigen Therapie beider Hände unterzogen. Die Ergebnisse zeigten, dass Schädelhirntrau-ma-Patienten (SHT) mit unilateraler Störung der Handfunktion Verbesserungen zeigten, die mit den Verbesserungen von Patienten mit chronischer Hemiplegie vergleichbar wa-ren. Hingegen zeigten Patienten mit bilateralen Störungen eine geringere Verbesserung der Handfunktion. Vermutlich ist das gleichzeitige Trainieren der beiden Hände nicht die geeignete Therapieform für die Behandlung solcher Fälle. Hier wird die sukzessive Be-handlung der Arme vorgeschlagen (Shaw et al., 2000).

2.3.4.2 CI-Therapie zur Verbesserung der Beinfunktion bei Patienten mit chroni-scher Hemiplegie

Ein weiterer Anwendungsbereich für die CI-Therapie ist die Beinrehabilitation. Patien-ten mit chronischer Hemiplegie wurden in den Laboratorien von Prof. Taub mit Erfolg trainiert, um die Beinfunktion zu rehabilitieren (Taub et al., 1999a). 23 Patienten wurden bisher einer Therapie der Beinfunktion unterzogen. Die Therapie der Beinfunktion be-steht aus verschiedenen Übungen wie dem Gehen auf der Tretmühle mit Unterstützung des Körpergewichts, Gehen auf dem Boden, vom Sitzen zum Stehen, vom Liegen zum Sitzen, Treppen steigen und verschiedene Balanceübungen. Die Übungen wurden bis zu 7 Stunden am Tag über einen Zeitraum von 3 Wochen durchgeführt. Ein elektrischer Go-niometer und ein Armlastmonitor lieferten Feedback über die Veränderung des Gelenk-winkels sowie der eingesetzten Kraft. Es wurde keine Restriktion des gesunden Beines vorgenommen. Die therapierten Patienten zeigten nach der Beendigung der Therapie un-terschiedliche Ergebnisse, die von der Verbesserung des Ganges, über das Gehen mit Un-terstützung bis hin zu selbständigem Gehen reichte. Schließlich zeigte eine Kontrollstudie, dass die durch Shaping trainierten Patienten eine bessere Beinfunktion

aufwiesen als Patienten, die ein Fitness-Training absolvierten. Die Verbesserung der Beinfunktion war sowohl in Laborsituationen als auch in normalen Alltagssituationen zu sehen. Es fehlten allerdings die Follow-up-Ergebnisse (Taub et al., 1999a).

Zusammenfassend kann man sagen, dass die CI-Therapie auch zur Verbesserung der Beinfunktion bei Patienten mit chronischer Hemiplegie erfolgreich eingesetzt werden kann.

2.3.4.3 CI-Therapie zur Rehabilitierung der Fortbewegung bei Patienten mit unvoll-ständiger Querschnittslähmung

Des Weiteren wurden Studien durchgeführt, die über den Einsatz der CI-Therapie bei Pa-tienten mit Rückenmarkverletzungen berichteten. Das Rückenmark verfügt über lokomotorische Zentren und kann als Lokomotionsrhythumsgenerator angesehen werden.

Lange Zeit glaubte man, dass im Laufe der Ausreifung des Nervensystems die lokomotorischen Zentren unter eine so starke supraspinale Kontrolle kommen, dass sie keine eigenständige Arbeit mehr entwickeln können. Hingegen zeigten neuere Studien, dass das menschliche Rückenmark unter bestimmten Bedingungen unabhängig von der Hirnkontrolle lokomotorische Funktionen ausführen kann wie z.B. unter der Last des Beingewichtes (Edgerton et al., 1997).

Beruhend auf diesen Erkenntnissen wurde die CI-Therapie, die aus aktivem schrittweisen Trainieren20 der Fortbewegung bestand, bei Patienten mit unvollständiger Querschnitts-lähmung eingesetzt. Alle Patienten saßen vor der Therapie im Rollstuhl und gingen nicht weiter als ein paar Schritte. Nach der Therapie verringerte sich ihre Abhängigkeit vom Rollstuhl, und sie konnten im Schnitt 100 Schritte gehen (King et al., 1999). Allerdings wurde keine dauerhafte selbständige Fortbewegung erreicht.

20 Die Patienten gehen auf dem Laufband, und dabei wird schrittweise die Gewichtsübernahme erhöht.

2.3.4.4 CI-Therapie zur Verbesserung der Sprachfunktion bei Patienten mit chroni-scher Hemiplegie

Die Aphasie entsteht als Folge einer fokalen Gehirnläsion, meistens nach einem Schlag-anfall. Die Erfahrungen mit der CI-Therapie zur Behandlung der Hand- und Beinfunktion bei Schlaganfallpatienten lassen vermuten, dass die CI-Therapie auch bei der Behandlung der Sprachfunktion anwendbar sein kann. Patienten mit chronischer Aphasie, deren Sprachfunktion mittels CI-Therapie trainiert wurde, zeigten deutliche Verbesserungen der Sprachfunktion bis zu optimaler Rehabilitierung. Die Therapie bestand aus täglich 3 Stunden Sprachtherapie und sozialen Sprachübungen. In der Regel wurden 3 Patienten einem Therapeuten zugewiesen (Pulvermüller et al., 1993). Die Therapie erstreckte sich über 10 Werktage. Es wurden beträchtliche Verbesserungen der Sprachfunktion unter Laborsituationen und in den Alltagssituationen als Folge der CI- Therapie beobachtet (Pulvermüller et al., 2000).

2.3.4.5 Fingerkoordinierung bei Musikern mit fokaler Dystonie der Hand

Fokale Dystonie der Hand ist eine organische Störung, die mit dem Verlust der Kontrolle über die Motorik einzelner Finger einher geht (Conrad und Ceballos-Baumann, 1996).

Bisher gab es keine Therapie, die bei der fokalen Dystonie längerfristige Erfolge erzielen konnte. Es wurde gezeigt, dass bei der fokalen Dystonie der Hand eine übungsabhängige Verschmierung der somatosensorischen Repräsentation der Finger im menschlichen Ge-hirn auftritt (Elbert et al., 1998, Elbert et al., 2000, Bara-Jimenez et al., 1998). Es lag na-he, dass eine Verhaltensintervention effektiv für die Überwindung der Symptomatik sein könnte. Diese Verhaltensintervention bei der fokalen Dystonie der Hand wurde teilweise von der CI-Therapie abgeleitet (Candia et al., 1999). Die Therapie bestand aus der Re-striktion der nichtdystonischen Finger und intensiven Übungen mit den dystonischen Fingern bis zu zweieinhalb Stunden täglich über einen Zeitraum von 10 Tagen. Die Er-gebnisse zeigten eine beträchtliche Verbesserung der Motorik der dystonischen Finger, die unterschiedlich bis zu zwei Jahre nach der Therapie beibehalten wurden.