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3. Organische Xenobiotika im Trinkwassersystem von Karachi, Pakistan

3.1. Charakteristik des Untersuchungsgebietes

Karachi ist eine der 20 Megastädte dieser Welt und mit etwa 15 Millionen Einwohnern auch die größte Stadt Pakistans. Sie liegt in der südöstlichen Provinz Sindh am Arabischen Meer, 150 km westlich des Indusdeltas[189-191] (s. Ausschnitt in Abb. 9). In diesem Gebiet herrscht subtropisches Klima mit hohen Temperaturen und sehr geringen Niederschlagsmengen (100 – 200 mm/Jahr). Diese fallen fast ausschließlich in den Monaten Juni bis September, während des Monsuns. Die gesamte Provinz Sindh ist ein mit Flüssen durchzogenes Trockengebiet (semi arid region) und zählt zu den trockensten Regionen Südostasiens. Außerhalb der Flusstäler dominieren Wüsten und wüstenähnliche Landstriche, östlich des Indus die Wüste Thar und westlich davon sandige Felsenwüsten, welche die Hafenstadt Karachi umgeben[192-197]. Karachi ist der größte Hafen und das größte Industrie- und Handelszentrum Pakistans, in dem über 30 % der industriellen Produktion erwirtschaftet und 95 % des internationalen Handelsvolumens umgeschlagen werden. Die Gesamtwirtschaftsleistung Karachis

trägt zu über 20 % des Bruttoinlandsproduktes Pakistans bei. Das Stadtgebiet von Karachi umfasst eine Fläche von mehr als 800 km2 mit einer Küstenlinie von etwa 40 km. In ihr sind 5000 registrierte und unzählige unregistrierte Industriebetriebe angesiedelt. Über die Hälfte dieser Betriebe gehören zur Textilproduktion oder Lederverarbeitung, welche das Rückgrat der industriellen Produktion Pakistans bilden. Aber auch eine Vielzahl von Unternehmen anderer Branchen produzieren in Karachi. Dazu gehören Ölraffinerien, petrochemische Industriebetriebe, Stahlwerke und andere Eisen verarbeitende Industrie, Hersteller von Pharmazeutika und Lebensmitteln, chemische Industriebetriebe, Glas- und Keramikhersteller sowie Betriebe der Papierindustrie[189.193,198-201]

.

PAKISTAN INDIA AFGHA

NISTAN

KARACHI

ARABIAN SEA HUB

INDUS

HYDER ABAD

KINJHAR LAKE

HALEJI LAKE

KALRI BAGHAR CANAL

CHELIABUNB CANAL HUB DAM

KOTRI BARRAGE

4, 32 5

6

7 8 9 10

11

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30

34, 35

PAKISTAN INDIA AFGHA

NISTAN

KARACHI

ARABIAN SEA HUB

INDUS

HYDER ABAD

KINJHAR LAKE

HALEJI LAKE

KALRI BAGHAR CANAL

CHELIABUNB CANAL HUB DAM

KOTRI BARRAGE PAKISTAN

INDIA AFGHA

NISTAN

PAKISTAN INDIA AFGHA

NISTAN

KARACHI

ARABIAN SEA HUB

INDUS

HYDER ABAD

KINJHAR LAKE

HALEJI LAKE

KALRI BAGHAR CANAL

CHELIABUNB CANAL HUB DAM

KOTRI BARRAGE

4, 32 5

6

7 8 9 10

11

12

30

34, 35

Abb. 9: Probenahmestationen außerhalb des Stadtgebietes von Karachi.

Wie in allen Megastädten in Ländern der sich entwickelnden „Dritten“ Welt konnten die erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen nicht mit der rapide expandierenden Bevölkerung und Industrialisierung Schritt halten. Insbesondere die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und die Entsorgung der Abwässer kommunalen und industriellen Ursprungs stellen das größte Problem Karachis dar. Offiziellen Statistiken zufolge sollen 85 % der Bewohner Karachis Zugang zu sauberem Trinkwasser haben und 80 % über adäquate sanitäre Einrichtungen verfügen[158,189,191,198,202-204]

. Dennoch sind etwa 80 % aller Erkrankungen und 40 % aller Todesfälle auf Krankheiten zurückzuführen, welche durch den Genuss von verunreinigtem Trinkwasser verursacht wurden[158,191,195]

. Für den häuslichen und den industriellen Verbrauch benötigt Karachi etwa 650 mgd (mega gallons daily). Aufgrund einer fehlenden systematischen Datenerfassung und Verarbeitung schwanken diese Zahlen jedoch stark. Die zuständige Behörde, das KWSB (Karachi Water and Sewerage Board), kann jedoch nur etwa 435 mgd liefern. Davon kommen etwa 60 % über drei

Pumpstationen direkt aus dem Kinjhar Lake, 15 % über eine weitere Pumpstation aus dem Haleji Lake und 25 % über ein Kanalsystem aus dem Hub Dam Reservoir[190,195,196,202,204]

. Über die dritte Quelle, die nördlich der Stadt gelegenen Dumlottee Wells, liegen widersprüchliche Informationen vor. Laut KWSB liefern diese noch etwa 5 bis 9 mgd, einer anderen Studie zufolge sind sie bereits seit einiger Zeit ausgetrocknet[190,202,205]

. Daher wurde diese Trinkwasserquelle nicht mit in die vorliegende Untersuchung einbezogen.

Die Differenz zwischen benötigtem und verfügbarem Wasser wird sowohl von den Haushalten als auch von Industriebetrieben durch verschiedene andere Quellen gedeckt. Dazu gehört vor allem das Grundwasser, aber auch unterirdische Flussläufe, welche durch offizielle und inoffizielle Brunnenbohrungen angezapft werden. Neben den vom KWSB betriebenen Brunnen, die mit Hilfe von Tanklastwagen nicht angeschlossene Gebiete zu moderaten Preisen versorgen, ist ein großer kommerzieller Wassersektor entstanden. Das Wasser aus diesen oft illegalen Quellen wird mit Tanklastwagen, Eselskarren oder Wasserträgern in die betroffenen Gebiete gebracht und dort zu stark überhöhten Preisen verkauft[189,190,195,202,206]

. Betroffen sind davon vor allem die ärmeren Stadtteile, die Katchi Abadis, illegale Siedlungen auf regierungseigenem Land. Hier wohnen die Menschen, die im Zuge der Landflucht in die Großstadt gekommen sind und für die kein ausreichender Wohnraum zur Verfügung steht oder die sich diesen nicht leisten können. In den Katchi Abadis leben über 50 % der Bevölkerung Karachis und besonders hier fehlt es an jeglicher offizieller städtischer Infrastruktur[189,207,208]

.

Die überwiegende Menge des in Karachi verbrauchten Wassers stammt aus dem Indus, welcher über den Kalri Baghar Kanal den Kinjhar Lake und weiter über den Cheliabunb Kanal den Haleji Lake speist[155,195,209,210]

. Entlang dieser Kanäle und Seen wurden in bestimmten Abständen Proben genommen, Stationen 5 bis 10 und 30 (s. Abb. 9; Eine Tabelle mit ausführlichen Informationen zu allen Probenahmeorten, wie den genauen Positionen, findet sich im Anhang.). Der 1955 gebaute Indus-Staudamm, die Kotri Barrage, dient ausschließlich der Speisung der östlich und westlich abgehenden Kanalsysteme, welche die Großstädte Hyderabad bzw. Karachi sowie die im Einzugsgebiet gelegenen Gemeinden mit Trink- und Brauchwasser versorgen[210-212]. Direkt am Staudamm wurde in beiden Probenahmekampagnen 2006 und 2007 jeweils eine Wasserprobe am gleichen Ort aus dem Indus entnommen (Station 4 bzw. 32). Unterhalb der Kotri Barrage wurden mehrere Proben aus dem Indus entnommen. Zwei dieser Proben wurden exemplarisch in dieser Arbeit untersucht. Dabei wurde die Probe an Station 34 am Ufer und die Probe an Station 35 auf gleicher Höhe in der Flussmitte entnommen (s. Abb. 9).

Aufgrund anhaltender Dürren und des rapide wachsenden Wasserbedarfs Karachis wurde 1981 auch der Hub Fluss aufgestaut. Das etwa 70 km nordwestlich der Stadt gelegene Hub Dam Reservoir versorgt über ein mit Pumpstationen ausgestattetes offenes Kanalsystem die nordwestlichen Stadtteile Karachis mit Trinkwasser[196,213,214]

. Von den dort genommenen Wasserproben wurden insgesamt zwei repräsentativ in die Untersuchung mit einbezogen. Die Probe an Station 11 wurde aus

dem Stausee an dem Punkt entnommen, an dem das Wasser in das Kanalsystem geleitet wird, aus dessen weiterem Verlauf Probe 12 entstammt (s. Abb. 9). Das Trinkwasser aus allen zuvor beschriebenen offiziellen Quellen wird vom KWSB vor der Distribution über die bestehenden Leitungsnetze aufbereitet. Die Aufbereitung findet in Filtration Plants statt. Dabei handelt es sich um eine einfache Behandlung aus den folgenden drei Grundschritten: Koagulation (Flokkulation und Sedimentation), Filtration und anschließende Desinfektion mit Chlor[190,196].

Laut offiziellen Analysen des KWSB entspricht das behandelte Trinkwasser den WHO Standards. Vereinzelt durchgeführte Untersuchungen anderer pakistanischer Institute widersprechen diesen Angaben jedoch und belegen, dass 90 % des Trinkwassers nicht für den menschlichen Genuss geeignet ist[158,190,195,196,215,216]

. Diese Diskrepanz ergibt sich aus den gewählten Probenahmeorten. So erfolgen die Untersuchungen des KWSB direkt nach der Behandlung in den Filtration Plants, die der anderen Institute in den Haushalten der Verbraucher[196]. Somit wird klar, dass die Kontamination des Wassers in den Leitungen erfolgt. Diese Leitungssysteme wurden ohne Konzept verlegt und befinden sich aufgrund mangelnder Wartung in einem sehr maroden Zustand. Durch das über Kreuz und parallele Verlegen von Trinkwasser- und Abwasserleitungen kommt es zu starker Kontamination des Trinkwassers durch das Eindringen von Abwasser in die Leitungen. Dadurch, dass mangels Masse und des Ausfalls der Pumpen aufgrund der verbreiteten Stromausfälle die Trinkwasserleitungen oft trocken fallen, die Abwasserleitungen jedoch immer unter Volllast laufen, wird dieser Effekt noch verstärkt[190,195,196,202,204,217-219]

.

Dabei ist weiterhin zu beachten, dass die hier von beiden Seiten durchgeführten Untersuchungen gemäß den WHO-Standards nur physikalische und chemische Parameter wie den chemischen und biologischen Sauerstoffbedarf, den pH-Wert, die Trübung, die Kationen der Alkali- und Erdalkalimetalle, den Ammoniumgehalt, einige Anionen (Cl-, SO4

2-, NO3 -, NO2

-, HCO3 -, PO4

3-), sowie das Vorkommen einiger pathogener Bakterienstämme untersuchen. Hinsichtlich des Vorkommens chemischer Kontaminanten existiert nur eine Handvoll sporadischer Untersuchungen, die meist auf Schwermetalle beschränkt sind. Organisch-chemische Kontaminanten wurden bisher noch gar nicht untersucht, mit Ausnahme einzelner Pestizide, hauptsächlich aus der Gruppe der zwölf prioritären Substanzen gemäß der Stockholm Konvention[152,157,158,190,195,205,217,220-223]

(vgl. hierzu Abschnitte 1.1., 2.8.1. u. 3.3.).

Die Verbraucher, die über das offizielle Leitungssystem des KWSB versorgt werden, lassen sich in drei Nutzerklassen unterteilen. Die erste Klasse besteht aus den wenigsten und privilegierten Nutzern, die Hausanschlüsse besitzen, welche fast rund um die Uhr mit Wasser versorgt werden. Zur zweiten Klasse zählen die Verbraucher, die Hausanschlüsse besitzen, welche aber nur stundenweise funktionieren. Die dritte Klasse schließlich wird über so genannte public stand pipes versorgt. Dies sind Wasserhähne an öffentlich zugänglichen Orten[195]. Zur ersten Klasse zählt die Probenahmestation 44 im Institut für Ozeanographie im wohlhabenden Stadtteil Clifton. Zur zweiten Klasse gehört die Probenahmestation 2 in einem Textilbetrieb im KITE (Korangi Industrial and Trading Estate), in dem

sich auch Wohngebiete (Katchi Abadis) befinden[208,223] (s. Abb. 10). Eine weitere Art der Trinkwassergewinnung ist das offizielle Anzapfen vom Grundwasser oder von unterirdischen Flussläufen mit eigenen Pump- und Filterstationen. Dies ist jedoch nur großen Betrieben und Institutionen möglich, wie z.B. der Universität von Karachi. Hier wurden im Reservoir der Pumpstation (Station 17), an einem Trinkwasser- und einem Brauchwasseranschluß in einem Institutsgebäude Proben genommen (Stationen 18 und 19; s. Abb. 10). Trink- und Brauchwasser unterscheiden sich hier, indem ersteren noch drei Filter- und Ionentauscherkartuschen vorgeschaltet sind.

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Abb. 10: Probenahmestationen innerhalb des Stadtgebietes von Karachi

Weitere Versorgungswege für Haushalte ohne Leitungsanschluss sind Lieferungen von Tanklastwagen, wobei es die offiziellen Versionen des KWSB und autorisierter Händler gibt, sowie die inoffizielle Version von Händlern, die ohne Genehmigung Wasser entnehmen und verkaufen[189,195,202]

. Zu einer der beiden letzteren Versionen gehört die an Station 3 beprobte Füllstation für Tanklastwagen im Stadtteil Landhi (s. Abb. 10). Dieses von privaten Händlern zu meist stark überhöhten Preisen verkaufte Trinkwasser verstärkt die Wasserknappheit in Karachi auf besonders perfide Weise. Oft sind die Quellen dieser Händler illegal angebohrte Wasserleitungen des KWSB[195,202]. Eine 2008 veröffentlichte pakistanische Studie schätzt, dass durch diese von korrupten Offiziellen gedeckte Form der organisierten Kriminalität etwa 40 % des von der KWSB gelieferten

Privatleuten illegal aus den Leitungen entnommen[195,202,206]

. Dies erfolgt durch Hand- oder elektrische Pumpen und hierzu zählt wahrscheinlich der in Landhi beprobte Privathaushalt (Station 22; s. Abb.

10). Die offiziellen Tanklastwagen des KWSB oder der autorisierten Betriebe beliefern die nicht an das Netz angeschlossenen Haushalte. Die Zwischenspeicherung erfolgt dabei in unterschiedlicher Weise. Station 14 ist ein etwa öltankgroßer Speicher, welcher auf einem Hügel über einem Wohngebiet im Stadtteil Orangi steht. Von diesem Tank gehen Leitungen entweder in die Häuser oder an zentrale Punkte, deren Versorgung allein durch die Schwerkraft erfolgt.

Durch die explodierende Bevölkerungszunahme kamen auch diese Maßnahmen nicht mehr hinterher, so dass in Orangi, dem größten Katchi Abadi mit über einer Million Einwohnern, ein weiteres Konzept entwickelt wurde. Diese von pakistanischen NGOs angestoßene, von den Rangern (paramilitärische Polizei) überwachte und von der Bevölkerung verwirklichte Einführung so genannter Awami (Volks-) Tanks versorgt die Mehrheit der Bewohner in diesem Stadtteil[202]. Diese Awami Tanks sind entweder größere unterirdische Speicher in Moscheen und von wenigen Philantrophen gebaute Speicher auf Privatgrund oder von den Bewohnern selbst gebaute oberirdische Betontanks, oft ohne Dichtung und Abdeckung, welche auf öffentlichen Plätzen stehen und ein- bis zweimal pro Woche nachts von Tanklastwagen befüllt werden. Zu letzterer Art gehört der an Station 13 beprobte Awami Tank (s. Abb. 10). Zu der am wenigsten sicheren Versorgungsart gehört das an Station 40 beprobte Trinkwasser (s. Abb. 10). Diese Station liegt in einem Slum gegenüber der Universität. Hier verkauft ein Bewohner mit einem kleinen, offenen und offensichtlich verschmutzten Betontank das Trinkwasser aus fragwürdiger Quelle in kleinen Mengen an seine Nachbarn.

Die Entsorgung der entstehenden kommunalen und industriellen Abwässer unterliegt offiziell strengen Vorschriften. Es existieren von der pakistanischen Umweltbehörde veröffentlichte NEQS (National Environmental Quality Standards), deren Einhaltung ähnlich des in Kapitel 1 erwähnten Environmental Impact Assessment durch entsprechende Gesetze geregelt ist. Jedoch unterbleibt auch hier mangels Wissen, Willen und notwendiger Kapazitäten die Durchsetzung dieser Vorschriften[30,158,189,195,198,199,201,210]

. An das Abwasserleitungssystem des KWSB sind nur etwa 10 % der Bevölkerung angeschlossen[208]. Der KWSB betreibt weiterhin drei Wiederaufbereitungsanlagen (sewage treatment plants) mit einer offiziellen Gesamtkapazität von 60 mgd. Studien belegen, dass diese aber nur mit einer maximalen Auslastung von 25 % laufen, da die Leitungen so schlecht gewartet sind, dass allein von diesem geringen Anteil am Abwasser etwa die Hälfte durch die Lecks unterwegs versickert[195,202,208]

. Für Industriebetriebe herrschen offiziell Vorschriften für die Aufbereitung anfallender Abwässer, welche jedoch nur in einigen wenigen Fällen eingehalten werden[195,198,200]

. Selbst der Anschluss an das unterirdische Abwassersystem des KWSB bedingt nicht notwendigerweise eine Behandlung der Abwässer.

Aufgrund der beschriebenen mangelnden Kapazitäten werden auch diese größtenteils unbehandelt in das Arabische Meer eingeleitet[208]. Dies geschieht im Falle der zentralen, wohlhabenden Stadtteile z.B. über eine direkte Einleitung durch Rohre die am stark frequentierten

Strand enden. Das Abwasser läuft dann quer über den Strand in das Meer. Diese Art der Abwasserentsorgung wurde an Station 15 (Clifton Beach Einleiter) in die vorliegende Arbeit mit aufgenommen (s. Abb. 10). Eine andere Version ist die Einleitung durch ober- und unterirdische Kanäle in die Hafenlagune, die über einen schmalen Ausfluss mit dem Arabischen Meer verbunden ist. An diesem Übergang wurde eine weitere Wasserprobe genommen (Station 16; s. Abb. 10). Mehr als 90 % der anfallenden kommunalen und industriellen Abwässer werden ohne jegliche Behandlung direkt in die Umwelt eingeleitet[158,189,190,198,208]

. Dies geschieht über mehrere Wege. Im Falle der Anrainer der beiden Flüsse Lyari und Malir über die direkte Einleitung in diese Oberflächengewässer, in deren Flussbetten auch große Mengen fester Abfälle entsorgt werden. Dementsprechend ist auch der Zustand der Flüsse, deren hohe Belastung schon durch den äußeren Anschein, schwarze Farbe und stark schwefliger Geruch, deutlich wird. Außerhalb des Monsun (Juni bis September) bestehen die beiden Flüsse ausschließlich aus Abwässern und entbehren schon seit Ende der achtziger Jahre jeglicher Art von Fauna[200,222,224-226]

. Aus beiden Flüssen wurden exemplarisch Proben entnommen, eine aus dem Malir River (Station 1) und zwei aus dem Lyari River (Stationen 24 und 41; s. Abb. 10).

Diese Flüsse transportieren auch den Hauptanteil der Abwässer von nicht direkt an ihnen gelegenen privaten und industriellen Abwassererzeugern. So wird der Hauptanteil aller in Karachi erzeugten Abwässer ohne Behandlung entweder über die offiziellen, betonierten und offenen Kanalsysteme oder über die natürlichen Abflusswege (natural drains/nalas) in die Flüsse oder direkt in das Meer geleitet[156,158,189,195,204,208,223]

.

Zur ersteren Art gehört der Korangi drain, welcher die Abwässer der Stadtteile Korangi und Landhi in die Gizri Bucht leitet (s. Abb. 10). Auch Korangi und Landhi zählen zu den Katchi Abadis, diese sind in und um zwei große Industriegebiete entstanden, dem KITE (Korangi Industrial and Trading Estate) und dem LITE (Landhi Industrial and Trading Estate)[198,200,206,208,223]

. Der Korangi drain wurde in dieser Untersuchung von Anfang bis zum Eintritt der Abwässer in die Gizri Bucht beprobt (Stationen 20, 21, 23 und 28). Zu den natürlichen Nalas gehört der Orangi Main Nala, welcher die gesamten kommunalen und industriellen Abwässer der nordwestlichen Stadtteile in den Lyari River einleitet[204,208] (s. Abb. 10). Im Zuge eines pakistanischen NGO Projekts, dem OPP (Orangi Pilot Project), wurde das Katchi Abadi Orangi in Eigenregie mit adäquaten sanitären Anlagen und Abwasserkanälen versorgt, welche alle im Orangi Main Nala münden[204,207,208]

. Zwar sollte von offizieller Seite dieser zu einem betonierten, geschlossenen Kanalsystem erweitert und vor der Mündung in den Lyari River mit einer Kläranlage bestückt werden, jedoch ist dies bis zum heutigen Zeitpunkt nicht geschehen[204,208]. Die Einflüsse des Orangi Main Nala wurden mit der Probe an Station 24 an seiner Mündung in den Lyari River mit in die Untersuchung einbezogen.

In vielen Fällen lässt man das Abwasser auch einfach an Ort und Stelle im Boden versickern, was erheblich zur Kontamination des als Trinkwasser genutzten Grundwassers beiträgt. In gleichem Maße trägt hierzu auch die Entsorgung fester Abfälle auf illegalen Müllkippen oder am Straßenrand bei. Diese großen Mengen an Abfällen prägen das Stadtbild und werden ab und zu durch Anzünden

reduziert. Es wird geschätzt dass in dieser Form über 80 % der festen Abfälle Karachis entsorgt werden[158,189,190,195,198,216,217]

. Wie für den Fall des Trinkwassers zuvor beschrieben, existieren auch für die Oberflächengewässer und Abwässer nur eine Handvoll Studien bezüglich chemischer und physikalischer Parameter, mikrobiologischer Kontamination oder zum Vorkommen von Schwermetallen[154,158,212,216,221,222,225,227,228]

. Zur Belastungssituation hinsichtlich organisch chemischer Kontamination von aquatischen Umweltkompartimenten im Raum Karachi existieren bisher nur zwei Studien zum Vorkommen von Pestiziden[27,153].