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depressive Symptomatik

4.5 Burnout als Prädiktor und Mediator der Depression

In diesem Abschnitt wird zunächst geprüft ob ohne weitere Adjustierung (ausge-nommen Alter und Geschlecht, die immer berücksichtigt werden) Burnout als Prädik-tor für depressive Symptome wirkt. Bei positivem Ergebnis kann man die Analyse aufgrund des Querschnittscharakters aber nicht als Nachweis der Hypothese be-trachten, dass Burnout auch Vorstufe der Depression ist.

Im zweiten Schritt wird dann geprüft, inwieweit die bereits identifizierten relevanten personen- und arbeitsbezogenen Prädiktoren ihre Bedeutung behalten bzw. verlie-ren, wenn für Burnout als potentielle Mediatorvariable adjustiert wird. Auch hier kann streng genommen keine Kausalkette bewiesen werden, es scheint aber doch plausi-bel, dass Burnout hier eine Mediatorfunktion ausüben könnte.

Diese Analysen können als Vorstufe betrachtet werden für die komplexeren Pfadmo-delle, in die sich die hier betrachteten Ansätze als Teilmodelle einordnen.

Im Einzelnen werden die folgenden Analysen mit multipler Regression dargestellt:

Zum einen wird sequentiell überprüft, ob der Einfluss der Arbeitsbedingungen nach Aufnahme des Burnouts ins Modell geringer wird, zum anderen wird in genau umge-kehrter Reihenfolge geprüft, in welchem Umfang der Einfluss des Burnouts erhalten bleibt, wenn zuerst die Arbeitsbedingungen geprüft werden.

Die Mediatorrolle des Burnouts für den Zusammenhang von Arbeitsbedingungen und depressiven Symptomen wird als gegeben angesehen, wenn:

(1) Burnout aus den Arbeitsbedingungen vorhergesagt werden kann,

(2) Burnout unabhängig von den Arbeitsbedingungen als starker Prädiktor persistiert, (3) Arbeitsbedingungen nach Berücksichtigung des Burnouts an Bedeutung verlie-ren.

Aufgrund der vorherigen Analysen wurden als relevante arbeitsbezogene Faktoren für depressive Symptome quantitative Anforderungen, Arbeitsplatzunsicherheit, Füh-rungsqualität, Entwicklungsmöglichkeiten und Entscheidungsspielraum betrachtet.

Die allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung sowie die Anzahl der erlebten kritischen Lebensereignisse wurden als relevante personenbezogene Variable eingeschlossen.

Burnout als Prädiktor für die depressive Symptomatik 4.5.1

Die Regressionsanalyse ergab, dass Burnout für die gesamte Gruppe sowie für Männer und Frauen separat betrachtet einen starken Prädiktor für die depressive Symptomatik darstellt (Tab. 4.18). Ein höherer Grad von Burnout sagte stärker aus-geprägte depressive Symptome voraus. Darüber hinaus zeigte sich, dass das Alter keinen Einfluss auf die depressive Symptomatik hatte (siehe auch Abschnitt 4.3.2), dagegen erwies sich das Geschlecht als signifikanter Prädiktor, was mit dem Ergeb-nis aus Abschnitt 4.3.2 übereinstimmt, dass Frauen im Vergleich zu Männern stärker ausgeprägte depressive Symptomen zeigten.

Tab. 4.18 Regressionsanalyse: Burnout als Prädiktor für die depressive Symptomatik

Prädiktoren

Gesamte Stichprobe R2korrigiert = 0,312

Männer R2korrigiert = 0,285

Frauen R2korrigiert = 0,325

βstand p-Wert βstand p-Wert βstand p-Wert

Geschlecht 0,096 < ,001 -- --

Alter -0,012 ,371 -0,022 ,278 -0,004 ,827 Burnout 0,551 < ,001 0,535 < ,001 0,571 < ,001

Burnout als Mediator für die depressive Symptomatik 4.5.2

Die Frage, ob Burnout ein Mediator für die Vorhersage depressiver Symptome aus den Arbeitsbedingungen ist, muss für jede relevante Arbeitsbedingung separat über-prüft werden: Es kann zunächst festgehalten werden, dass die quantitativen Anforde-rungen nach Berücksichtigung des Burnouts keinen zusätzlichen Beitrag zur Erklä-rung der depressiven Symptomatik leisten bzw. deren Relevanz sogar komplett ver-loren geht, wenn Burnout als weiterer Prädiktor miteinbezogen wird (Tab. 4.19). Die-ses Ergebnis muss kontrastiert werden zu den Ergebnissen aus den Abschnitten 4.3.1 und 4.3.3, in denen sich die quantitativen Anforderungen – ohne Berücksichti-gung des Burnout-Einflusses – als einer der stärksten Prädiktoren für den Grad der depressiven Symptomatik herausstellten.

Tab. 4.19 Burnout und quantitative Anforderungen als Prädiktoren für die

Delta R2nicht sig-nifikant

Eine hohe Arbeitsplatzunsicherheit war bei Männern und Frauen mit stärker ausge-prägten depressiven Symptomen verbunden (siehe auch Abschnitt 4.3.1 und 4.3.3).

Diese negative Wirkung blieb bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Burnouts zwar bestehen, schwächte sich allerdings etwas ab (Tab. 4.20). Im Gegensatz dazu ver-änderte sich der Einfluss des Burnouts durch Berücksichtigung der Arbeitsplatzunsi-cherheit nur marginal (der standardisierte Regressionskoeffizient verringerte sich je-weils lediglich um einen Wert von 0,03).

Tab. 4.20 Burnout und Arbeitsplatzunsicherheit als Prädiktoren für die depressive Symptomatik

Ganz ähnliche Ergebnisse konnten im Hinblick auf die arbeitsbezogenen Faktoren Führungsqualität, Entwicklungsmöglichkeiten und Entscheidungsspielraum beobach-tet werden. Wie bereits in den Abschnitten 4.3.1 und 4.3.3 beschrieben wurde, hatten diese drei Variablen eine protektive Wirkung für die depressive Symptomatik. Aller-dings konnte keiner dieser Faktoren den negativen Einfluss des Burnouts auf das Ausmaß der depressiven Symptomatik abschwächen (Tab. 4.21,4.22 und 4.23). Mit anderen Worten: Der Einfluss des Burnouts ist nicht durch das Fehlen einzelner pro-tektiv wirkender arbeitsbezogener Faktoren zu erklären, umgekehrt aber scheint – je nach Faktor in stärkerem oder in schwächerem Maße – der Einfluss dieses Faktors über das „Zwischenstadium“ Burnout erklärbar zu sein.

Tab. 4.21 Burnout und Führungsqualität als Prädiktoren für die depressive Symptomatik Tab. 4.22 Burnout und Entwicklungsmöglichkeiten als Prädiktoren für die

depressive Symptomatik

Tab. 4.23 Burnout und Entscheidungsspielraum als Prädiktoren für die depressive Symptomatik

Männer Block 1a:

R2 korrigiert = 0,285 Block 1b:

R2 korrigiert = 0,027 Block 2:

R2 korrigiert = 0,287

βstand p-Wert βstand p-Wert βstand p-Wert

Alter -0,022 ,278 -0,017 ,461 -0,024 ,225

Burnout 0,535 < ,001 -- -- 0,525 < ,001

Entscheidungsspielraum -- -- -0,167 < ,001 -0,046 < ,05

Frauen Block 1a:

R2 korrigiert = 0,325 Block 1b:

R2 korrigiert = 0,032 Block 2:

R2 korrigiert = 0,327

βstand p-Wert βstand p-Wert βstand p-Wert

Alter -0,004 ,827 0,022 ,353 -0,007 ,730

Burnout 0,571 < ,001 -- -- 0,561 < ,001

Entscheidungsspielraum -- -- -0,180 < ,001 -0,044 < ,05 Dieses Phänomen war auch dann zu beobachten, wenn alle fünf arbeitsbezogenen Faktoren gleichzeitig berücksichtigt wurden. Der standardisierte Regressionskoeffi-zient für Burnout verringerte sich um maximal 0,07 und blieb mit Abstand nach wie vor der stärkste Prädiktor für Frauen und Männer.

Es kann zusammengefasst werden, dass im Hinblick auf die depressive Symptoma-tik der Einfluss aller relevanten psychosozialen Arbeitsfaktoren – und zwar unabhän-gig davon, ob sie eine negative oder protektive Wirkung haben – durch die gleichzei-tige Berücksichtigung von Burnout deutlich abgeschwächt wird bzw. sogar im Fall der quantitativen Anforderungen ganz verloren geht. Aber umgekehrt bleibt Burnout bei Berücksichtigung der psychosozialen Arbeitsfaktoren – nahezu unverändert prädiktiv für depressive Symptomatik. Dies rechtfertigt es – trotz fehlender Längsschnittdaten - einen Mediatoreffekt für Burnout zumindest zu postulieren. Eine mögliche Erklärung, die durch Querschnittsdaten aber nicht überprüfbar ist, wäre, dass eine durch Ar-beitsbedingungen hervorgerufene Depression zunächst als Burnout sichtbar wird.

Sollte sich dieses Ergebnis im Längsschnitt bestätigen, würde im Sinne präventiver Maßnahmen ein „Burnout-Assessment“ naheliegen. Unbestritten ist natürlich, dass mögliche Interventionsmaßnahmen nicht das „Symptom“ Burnout sondern die als ursächlich vermuteten Arbeitsbedingungen betreffen müssten.