• Keine Ergebnisse gefunden

Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)

Im Dokument „Tideanschluss Billwerder Insel“ (Seite 55-58)

6.1 Arten des Anhangs IV der FFH-RL

6.1.2 Moorfrosch (Rana arvalis)

6.1.3.1 Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus)

Die Breitflügelfledermaus gehört zu den Hausfledermäusen und ist eng an menschliche Strukturen gebunden (BRAUN & DIETERLEN 2003). Sie kommt da-her vorwiegend in anthropogen geprägten Räumen (Parks, Gärten und Randbe-reiche von Großstädten) vor (u. a. SCHOBER & GRIMMBERGER 1998). Als Jagdhabitat werden Räume mit lockerem Gehölzbestand (Gärten, Parkanlagen, Alleen usw.) aber auch offene Bereiche (Gewässer, Grünländer) aufgesucht. Zu-sammenhängende Waldgebiete werden hingegen gemieden (BRAUN & DIETER-LEN 2003). Als Sommer- und Winterquartiere werden enge Hohlräume, Spalten oder Ritzen an und in Bauwerken genutzt (u. a. SCHOBER & GRIMMBERGER 1998). Die Wochenstuben der Breitflügelfledermaus werden oft gewechselt, die Art ist daher auf ein Quartiernetz angewiesen (LUBELEY 2003). Gelegentlich wer-den Zwischenquartiere genutzt, die in Art und Ausstattung wer-den Sommerquartieren

6 Artenschutzfachliche Konfliktanalyse

gleichen und oft nur wenige Kilometer von diesen entfernt liegen (KRAPP 2011, BRAUN & DIETERLEN 2003). Die Winterschlafphase beginnt im Oktober und en-det im März. Bevorzugt werden trockene Überwinterungsplätze mit niedriger Luft-feuchtigkeit und Temperaturen von 2 bis 4 °C aufgesucht (BRAUN & DIETERLEN 2003). Die Art nutzt ein weites Quartierspektrum (z. B. in Zwischendecken, Holz-stapeln, Bodenschotter usw.) zur Überwinterung (SCHOBER & GRIMMBERGER 1998). Selten überwintert sie in natürlichen Höhlen (KRAPP 2011).

Die Paarung findet meist im September und Oktober statt (DIETZ et al. 2007), ob-wohl die Paarungsaktivität vermutlich bereits im August beginnt (vgl. KRAPP 2011). Wochenstubenquartiere werden ab April/ Mai bezogen (SCHOBER &

GRIMMBERGER 1998). Von Juni bis August kommen die Jungtiere zur Welt. Sie entwickeln sich relativ schnell und sind nach 3 bis 4 Wochen flugfähig.

Als typische Hausfledermaus (Sommer- und Winterquartiere) ist diese Art durch Gebäudesanierung und Pestizideinsätze, bei denen ihre bestehenden Quartiere betroffen sind, gefährdet (BORKENHAGEN 2011, DIETZ et al. 2007). Der Wegfall von extensiv genutztem und beweidetem Grünland und von Streuobstwiesen in der Nähe der Quartiere kann langfristig die Nahrungsgrundlage vernichten (DIETZ et al. 2007). Da Breitflügelfledermäuse relativ niedrig und gerne in Alleen jagen, stellt der Straßenverkehr eine weitere Gefährdung dar (BORKENHAGEN 2001).

Die Art gilt in Hamburg als gefährdet (SCHÄFERS et al. 2016) und der Erhal-tungszustand wird derzeit als ungünstig - unzureichend angegeben (FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 2014).

6.1.3.1.2 Artenschutzfachliche Konfliktanalyse Fang, Verletzung, Tötung (§ 44 (1) Nr. 1 BNatSchG)

Besetzte Quartiere der Breitflügelfledermaus wurden bei den Erfassungen nicht nachgewiesen, möglich ist das Vorhandensein von Zwischenquartieren oder Ta-gesverstecken. Da die Gehölzentfernungen im 1. Baujahr ab 01.10. erfolgen, kön-nen Tötungen und Verletzungen nicht pauschal ausgeschlossen werden, da die Winterschlafphase erst im Oktober beginnt, in diesem Monat aber auch noch Paa-rungen möglich sind. Zur Vermeidung verbotsauslösender Tötungen und

Verlet-6 Artenschutzfachliche Konfliktanalyse

zungen sind die zu entfernenden Gehölze unmittelbar vor Inanspruchnahme auf potenzielle Zwischenquartiere durch einen Fledermausspezialisten zu überprüfen.

Bei entsprechenden Befunden sind die Tiere vor der Fällung zu vergrämen und die Spalten zu verschließen. Damit wird verhindert, dass die Tiere nach der grämung wieder in die kurz vor der Fällung stehenden Bäume einfliegen. Die Ver-grämung stellt eine Störung dar, die aber aufgrund der Betroffenheit von Einzeltie-ren nicht populationswirksam sein kann und damit nicht verbotsauslösend ist. Das Vorhandensein von Winterquartieren im Eingriffsbereich kann ausgeschlossen werden. Tötungen und Verletzungen während der nächtlichen Jagd in den Mona-ten September und Oktober können ausgeschlossen werden, da die Bautätigkei-ten zur Hauptaktivitätszeit der Fledermäuse ab 20:00 Uhr beendet sind und zum anderen die Baufahrzeuge nur langsam fahren und keine Kollisionsgefahr darstel-len.

Störungen (§ 44 (1) Nr. 2 BNatSchG)

Aufgrund der Sperrzeiten sind Störungen von Fledermäusen lediglich in den Mo-naten September und Oktober zu besorgen. Da die Bautätigkeiten zur Hauptaktivi-tätszeit der Fledermäuse ab 20:00 Uhr beendet sind und die Baustelle nachts nicht beleuchtet wird, sind Störungen i. S. d. § 44 (2) BNatSchG auszuschließen.

Entnahme, Beschädigung, Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten (§ 44 (1) Nr. 3 BNatSchG)

Das Vorhandensein besonders Wert gebender Quartiere bzw. der Verlust zentra-ler Lebensstätten (z. B. Wochenstuben) im Untersuchungsgebiet ist für die Breit-flügelfledermaus auszuschließen. Demgegenüber ist aber eine zumindest spora-dische Quartiernutzung durch die Art - z. B. als zeitlich beschränkt aufgesuchte Balz- und / Tagesverstecke (Zwischenquartiere) - in den Gehölz- und/oder Sied-lungsstrukturen möglich. Bei vorhabenbedingter Fällung von Gehölzen ist somit der Verlust von Balz- und / oder Tagesverstecken nicht auszuschließen. Ein Ver-lust solcher potenziellen Lebensstätten mit vergleichsweise eingeschränkterer Be-deutung ist dabei in Hinblick auf § 44 (1) Nr. 3 nicht verbotsauslösend. Die

ökolo-6 Artenschutzfachliche Konfliktanalyse

gische Funktion kann im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden, weil auch nach Durchführung des Vorhabens den Tieren noch genügend naturschutz-fachlich geeignete potenzielle Zwischenquartiere zur Verfügung stehen (vgl.

FREIE UND HANSESTADT HAMBURG 2014).

Hinsichtlich der Jagdnutzung stellt die Anbindung der beiden nördlichen Becken an die Tide und damit den Verlust des Stillwassercharakters keine Zerstörung ei-ner essenziellen Nahrungsstätte dar. Ein möglicher Tideeinfluss würde aufgrund des periodischen Freifallens des Gewässerbodens eine andere Artenzusammen-setzung der Insekten bedingen, die als Futterorganismen für Fledermäuse in Fra-ge kommen. Es ist aber davon auszuFra-gehen, dass auch unter Tideeinfluss Insekten als Nahrungsquelle in ähnlicher Quantität im Vergleich zum Ausgangszustand zur Verfügung stehen. Der geplante Tideeinfluss der Becken D und C würde die Ent-wicklung von Süßwasserwatten bedingen, da ein Salzeinfluss, der der EntEnt-wicklung von Insekten entgegenstünde, nicht vorhanden ist.

Die beiden südlichen Becken behalten dagegen ihren Stillgewässercharakter. Ab-schließend ist das Vorliegen von Verbotstatbeständen i. S. d. § 44 (1) Nr. 3 BNatSchG auszuschließen.

6.1.3.2 Fransenfledermaus (Myotis nattereri)

Im Dokument „Tideanschluss Billwerder Insel“ (Seite 55-58)