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DIE VIER BISHERIGEN EPOCHEN DES LIECHTENSTEINISCHEN FINANZ- FINANZ-UND DIENSTLEISTUNGSSEKTORS

Gegenwärtige und zukünftige Auswahlkriterien der Kundengruppen

TREUHAND- UND FINANZPLATZ LIECHTENSTEIN GESTERN UND MORGEN

2. DIE VIER BISHERIGEN EPOCHEN DES LIECHTENSTEINISCHEN FINANZ- FINANZ-UND DIENSTLEISTUNGSSEKTORS

Ohne dass hier eine tiefschürfende Analyse vorgenommen werden soll, lassen sich doch vier un-terschiedliche Epochen des liechtensteinischen Finanz- und Treuhandsektors unterscheiden:

a) Die Gründerepoche in den 20er und 30er Jahren b) Die Aufschwungsepoche in den 50er Jahren c) Die Volumenepoche in den 60er und 70er Jahren

d) Die kritischen und bedeutungsvollen Ende 70er und 80er Jahre.

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Führen wir uns in kritischer Selbstbetrachtung die charakteristischen Elemente dieser

einzelneuEpochen vor Augen (wobei es im Rahmen dieses Vortrages nicht möglich ist, zusehr.

ins, oftmals interessante, Detail einzugehen). ·

a) Die Gründerepoche der 20er und 30er Jahre

Die Gründerepoche ist klein und bescheiden. Liechtenstein ist im wesentlichen noch Agrarstaat und verfügt nur über wenige Akademiker. Die Infrastruktur des beginnenden Treuhandsektors ist minim: Eine Handvollliechtensteinische Juristen, Dr. Ludwig Marxer, Dr. Alois Ritter und Dr.

Wilhelm Beck ( zusammen mit Prof Dr. Emil Beck von der Universität Bern, die treibende ge-setzgeberische Kraft und der eigentliche Schöpfer des Personen- und Gesellschaftsrechtes ), ein unternehmerischer Kaufmann, Guido Feger, und ein zugewanderter österreichischer Jurist, Dr. Helmuth Merlin, bilden den Kern der ersten "Treuhänder", mit Ausnahme der liechtenstei-nischen Sparkasse (der heutigen Landesbank) besteht keine liechtensteinische Bankstruktur. Der Treuhandsektor vermag den darin arbeitenden Personen noch keine ausreichende Existenz zu bieten und alle die genannten arbeite auch in anderen Bereichen. Die Epoche wird überschattet durch gravierende politische Instabilitäten und wirtschaftliche Rückschläge und Fehlinvestitio-nen. Doch die ersten Wurzeln sind geschlagen und das Unternehmerische und akademische Pro-fil dieser Gründergeneration wird bereits international anerkannt

b) Die Aufschwungepoche der 50er Jahre

Nach dem Zwangsunterbruch des 2. Weltkrieges verlegt sich das Zentrum der wirtschaftlichen Entwicklung Liechtensteins auf die Industrialisierung, vorangetrieben durch die aktive industrielle Betätigung und Investitionen des Landesfüsten, das bewusste Hereinnehmen ausländischer erst-rangiger Fachkräfte und Unternehmer, die unternehmensehe Leistungsfähigkeit einer Reihe liech-tensteinischer Unternehmer, die politische Rückendeckung durch Regierung und Landtag und die steuerliche Begünstigung der jungen Industrie. Diese wird für Liechtenstein und bald auch für die umliegenden Nachbarregionen der wichtigste Arbeitgeber.

In diesem Umfeld der wirtehaftliehen Erholung Europas im allgemeinen und des wirtschaftlichen Aufschwungs Liechtensteins im besonderen, verbunden mit ständig wachsenden internationalen Kontakten und begünstigt durch das Bestreben einer internationalen Klientel, ihre Vermögen und Firmenstrukturen aus einengenden Devisenkontrollen herauszuhalten, sie steuergünstigst zu struk-turieren und sie soweit wie möglich gegenüber politischen Fehlentwicklungen und Enteignungen zu schützen, beginnt der Treuhandsektor in Liechtenstein langsam aber stetig zu wachsen. Die Gründer stehen, mit Ausnahme des leider viel zu früh verstorbenen Dr. Wilhelm Beck, noch ak-tiv im Geschäftsleben und geniessen international einen hervorragenden Ruf Die zweite Genera-tion beginnt sich ab Mitte der fünfziger Jahre zu etablieren, und kann teils auf dem Geschaffenen aufbauen oder schafft sich neue Unternehmen im Treuhandbereich. Die Bankenlandschaft hat sich verändert, und es stehen nunmehr neben der Liechtensteinischen Landesbank zwei weitere aufstrebende Banken im Geschäft, die Bank in Liechtenstein als neuer Kernpunkt der unterneh-mefischen Tätigkeiten der fürstlichen Familie und die aus einer Wechselstube sich langsam aber stetig entwickelnde Verwaltungs- und Privatbank, begünstigt durch einen höchst einfallsreich zusammengesetzten Aktionärskreis. Eine erste Generation liechtensteinischer Hochschulabsol-venten übernimmt in den immer noch kleinen Banken und Treuhandgesellschaften Geschäftsfüh-rungen und beginnt den Grundstein für eine wachsende Infrastruktur zu legen. Ausländische Fachkräfte werden benötigt und bewusst nach Liechtenstein geholt. Noch aber ist das Wachstum

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langsam~ doch es beginnt schneller zu werden~ begünstigt durch die kraftvolle Expansion des schweizerischen Bankgeschäftes~ in dessen Umfeld Treuhandstrukturen immer häufiger werden.

c) Die Volumenepoche der 60er und 70er Jahre

Mitgezogen durch den allgemeinen Konkunkturboom der 60er Jahre und zusätzlich begünstigt durch eine Reihe weiterer Faktoren nimmt das Volumen des Treuhandgschäftes rasant zu~ ohne dass es zunächst zu einem ebensolchen Wachstum der Treuhandinfrastruktur kommt Das Volu-mengechäft blüht und Anstaltsstatuten kommen von der Presse wie Banknoten von der Noten-presse eines überschuldeten Staates. Schweizerbanke~ Vermögensberater~ Steuerberater~

englische und amerikanische Anwälte und Buchhalter/Steuerberater lassen in Liechtenstein

grün-de~ das Gründungsgeschäft und die jährlichen Verwaltungshonorare lassen die bestehenden und neugebildeten Treuhandfirmen reich werden. Während die Banken bereits beginnen~ ihre

personelle Infrastruktur aufzubauen~ fehlt diese Handlungsweise noch weitgehend bei den Treuhandfirmen. Dies liegt daran, dass der ausländische "Zutreiber", die Ba~ der Anwalt, der Vermögens- und Steuerberater, in wahrscheinlich der Mehrzahl der aller Fälle, die tägliche

Verwaltung der liechtensteinischen Sitzgesellschaft, Stiftung oder Treuhänderschaft selbst besorgt und den liechtensteinischen Treuhänder lediglich als Statthalter benutzt. Diese Ausgestaltung des liechtensteinischen Treuhandgeschäfts ist bedingt durch eine Mehrzahl von Faktoren, auf die noch zurückzukommen sein wird. Das Arrangement behagte dem internationalen Zutreiber und dem liechtensteinischen Treuhänder.

Im Jahre 1963 kommt es zu einer ersten gesetzgebensehen Intervention im Treuhandbereich, in-dem das PGR dahingehend geändert wird, dass der berühmte Art. 180a eingefügt wird: Ab nun-mehr genügt ein in Liechtenstein wohnhafter Repräsentant nicht nun-mehr: Jede Verbandsperson be-darf nunmehr eines in Liechtenstein wohnhaften V erwaltungsrates. Die liechtensteinischen Treu-händer sind nunmehr nicht mehr nur Repräsentante~ sondern plötzlich in einer (Zu)vielzahl von Verwaltungsorganen liechtensteinischer Verbandspersonen. Eine unmittelbare Auswirkung dieses Vorganges ist die proportionale Erhöhung der Verwaltunsgebühren. Auch der liechtensteini-sche Fiskus beginnt stärker zuzugreifen: Steuerpauschalvereinbarungen sind nicht mehr gestattet und die jährliche Kapitalsteuer wird erhöht.

Der Kuchen des Banken- und Treuhandsektors ist bis Ende der sechziger Jahre gut gewachsen.

Es kommt auch in Liechtenstein zu dem, wozu es immer wieder in der Wirtschaftsgeschichte der Länder gekommen ist: Protektionismus. Die bisherige Liberalität im Bereich des Tätigwer-dens im Treuhand und Bankensektor nimmt ein abruptes Ende: Ausländischen oder neuen Ban-ken wird der Zugang zum Bankgeschäft in Liechtenstein verwehrt (die Konzessionsgewährungs-zuständigkeit des Landtages bietet die notwendige Handhabe~ und die politischen Entscheidungs-träger machen hiervon Gebrauch), ein neues Gesetz reserviert im wesentlichen die Berufsaus-übung als Rechtsanwalt, Rechtsagent, Teuhänder dem liechtensteinischen Staatsbürger und im Falle von Treuhandfirmen im Gewand einer juristischen Person wird verlangt~ dass die Kapital-mehrheit in liechtensteinischen Händen ist

In der zweiten Hälfte der 60er Jahre platzen die ersten "Missbrauchsbomben" und der Begriff der Haftung des Verwaltungsorganes beginnt erkannt zu werden. Einige Treuhandfirmen haben früher schon die Zeichen der Zeit erkannt und die pesonelle Infrastruktur aufzubauen begonnen.

Nunmehr drängen alle auf den Arbeitsmarkt und stellen Kundenberater, Sachbearbeiter, Buch- . halter ein, um die Kontrolle der Verwaltungstätigkeiten der Sitzgesellschaften zu gewährleisten.

Leider ist die Konstellation auf dem Arbeitsmarkt der späten 60er und frühen 70er Jahre nicht

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sehr geeignet für dieses Vorhaben: Die Konjunktur ist in vollem Gange? Banken und Treuhand-finnen belasten mit ihren Erfordernissen den Arbeitsmarkt übermässig? die Industrie verliert in einem gewissen Umfang ihr Arbeitsreservoir und schliesslich beginnt der politische Sachverstand festzustellen? dass erstens die Konjunktur gebremst werden muss und dass zweitens das Verhält-nis der in Liechtenstein wohnhaften Ausländer zu den Li echtensteinern ein Ausmass erreicht hat, das eine eigentliche staatliche oder politische Identitätskrise zu bewirken in der Lange ist. Der früher leichte Zuzug von qualifizierten Arbeitskräften kommt ins Stocken, insbesondere im Treu-hand- und Bankensektor. Spätere Untersuchungen werden einmal aufzeigen, ob die immer wieder monierte Bevorzugung der Industrie in diesem Bereich Dichtung oder Wahrheit ist. Der Treu-hand- und Bankenbereich hat jedoch Glück im Unglück: Die mächtig einsetzende elektronische Datenverarbeitung vermag in gewissem Umfang den Personalmangel auszugleichen und ermög-licht vor allem eine wesentlich stärkere Kontrolle und Uebersichtlichkeit des "Firmenportfolios"

der einzelnen Treuhänder. Zwischen 1965 und 1975 wachsen die ersten Bürotürme des liechtensteinischen Treuhandsektors und die Ausbauten der Bankengebäude. Der nächste Bau-boom wird gegen Mitte der 80er Jahre wieder einsetzen.

d) Die kritischen und bedeutungsvollen späten 70er und die 80er Jahre

Der Gelschock und die Energiekrise sowie diel973 bis 75 Rezession gingen spurlos am Treu-handsektor vorbei. Auch die Petrodollars fanden Eingang in liechtensteinische Firmenstrukturen und der Wiederaufschwung der Liegenschaftsmärkte sowie in den 80e Jahren das unaufhaltsame Wachsturn der Finanzdienstleistungen und Finanzmärkte und die dadurch geschaffenen Reichtü-mer brachten der liechtenteinischen Treuhandindustrie erhebliches Neugeschäft. Mit der nun-mehr geschaffnen personellen und technischen Infrastruktur, insbesondere dem Einzug der Text-verarbeitungsmaschinen und dann insbesondere des Personal Computer, sowie dem berufli~hen

Einstieg einerneuen Generation von Hochschulabsolventen zu Beginn der siebziger Jahre

vermochte dieser neuerliche Volumenanstieg verkaftet zu werden. Die Treuhandbranche hat nicht nur wachstumsmässig zugenommen, sondern hat dies auch verkraftet und hat erfolgreich ihr frü-heres stark passives Geschäftsgebaren in ein aktives und eigenverantwortliches Verwalten um-setzen können.

In diese Landschaft fallen die ersten Schatten von Bedrohungen: Noch relativ unbemerkt von vielen hat die amerikanische Steuergesetzreform 1974/75 amerikanischen Staatsbürgern die legale steuereffiziente Nutzung von Firmen und Trusts in Niedrigsteuerlänern praktisch verun-möglicht Die Bundesrepublik Deutschland führt ein mit scharfen Zähnen bewehrtes Aussen-steuergesetz ein, Frankreich enteignet seine Bürger und setzt scharfe Devisenkontrollvorschrif-ten durch, ausländische SitzgesellschafDevisenkontrollvorschrif-ten mit Liegenschaftsbesitz in Frankreich fallen unter erschwerte Besteuerung und selbst im Land der klassischen Steuerplanung? Grossbritannien?

beginnt ein andeter Wind zu wehen: Die jahrhundertealte Maxime der Anerkennung und Bei-behaltung der zivilrechtliehen Form weicht auch hier, wenn auch noch nicht in letzter Konse-quenz? der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ( substance before form) und in die Steuergeset-ze kommen die ersten Anti-A voidance Bestimmungen. _In der Europäischen Wirtschaftsgemein-schafft kommt es J 977 zur Richtlinie über gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen? aufgrund von Veto immer noch in der Schublade und nicht aktiv? in neuen Doppelbesteuerungsabkommen werden standardmässig Informationsaustausch und Amtshilfe eingebaut Und es hätte nicht viel gefehlt? dass die von der OECD und dem Europarat ausgereift vorgeschlagene Interfipol Wirk-lichkeit geworden wäre. Von einer tatkräftigen Verteidigungsstellung der liechtensteinischen Vertreter im Europarat war nicht viel zu verspüren.

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Damit jedoch nicht genug: Der missionarische Eifer der USA in der Bekämpfung von Insider-trading, Drogenhandel und organisiertem Verbrechen sowie Korruption beginnt Auswüchse zu zeugen, die zu den ernsthaftesten Bedenken für das Weiterbestehen freiheitlicher Rechtsstaaten Anlass geben. Selbst wenn man die Bekämpfung von Insidertrading, Drogenhandel, Korruption und organisiertem V erbrechen als notwendig und begründet anerkennt (und hinsichtlich der er-sten drei besteht in keiner Weise allgemeiner Konsens), so ist es mehr als nur furchterregend erkennen zu müssen, mit welch weitreichenden Befugnissen die ermittelnden Behörden ausge-stattet sind. Post- und Telephon- sowie Briefgeheimnis gehören ganz offensichtlich einer ver-gangeneu Epoche an.( ... ) Extraterritoriales Ausdehnen von Verwaltungshandlungen bereiten keinerllei Kopfzerbrechen mehr. Die USA hat erfolgreich begonnen, ihre eigenen

Rechtsauffassungen und politischen Entscheidungen der übrigen Welt aufzuoktruieren und auch durchzusetzen.interessanterweise ist ihr dies in den genannten Teilbereichen am schnellsten und umfassendsten in der Schweiz - und in Liechtenstein gelungen. Es wird später noch auf diesen Teilbereich zurückzukommen sein.

Diese exogenen Bedrohungen bilden keineswegs die einzigen Gefährdungen des liechtenstei-nischen Treuhandsektors. Eine ganze Reihe ·endogener Gefahrenfaktoren sind ebenfalls vorhan-den, die hier kurz angetönt werden müssen:

- Das Ungenügen der Proffessionalität und Flexibilität der liechtensteinischen Steuerverwaltung im Bereihe der Strukturierung von internationalen Firmenorganisationen. Während früher über den Weg der Pauschavereinbarungen interessante Strukturen in Liechtenstein domiziliert werden konnten, sehen sich heute die Praktiker einer (mit wenigen löblichen Ausnahmen) unflexiblen Steuerbürokratie gegenüber, die am Wortlaut des Gesetzes hängt und offensichtlich gar nicht daran interessiert ist, zukunftsweisende Strukturen mit langfristiger Dauer anzusiedeln.

-Die Couponsteuer von 4% bildete seit ihrer Einführung ein erhebliches Hindernis für die An-siedlung internationaler Konzerne und deren Holdingstrukturen. Trotz Kenntnis dieses Faktums hat die liechtensteinische Politik dem Anliegen keine Beachtung geschenkt.

-Das Ungenügen des liechtensteinischen Gerichtswesens. Der Referent will hier in keiner Weise der Professionalität unserer Richter in Zweifel ziehen. Es war jedoch seit Jahrenjedem Beobach-ter des Treuhandbereiches und insbesondere auch den RichBeobach-tern klar, dass eine gewaltige Arbeits-last auf das liechtensteinische Gerichtswesen zukommen würde. Trotz Mahnrufen seitens der Richter und seitens besorgter Professionalisten im Treuhandbereich ist es nie zu einer dem Volu-men und der Koplexität der Sachverhalte angepassten quantitativen und qualitativen Aufstockung unseres Gerichtswesens gekommen. Auch gewichtige Stimmen des Auslandes hierzu verhalten ungehört.

-In der Volumenepoche der 60er und 70er Jahre wurde manches schlecht oderunprofessionell strukturiert und die Standardlösungen begannen mit dem Wegsterben der Grünbderklienten die vorhersehbaren Schwierigkeiten zu bereiten.

- Die Politik ist nie offiziell und determiniert hinter dem Treuharrwesen gestanden. Im Zuge der aussenpolitischen Profilierung des Staates Liechtenstein hat es die offizielle Politik noch weniger für notwendig befunden, den Stellenwert des Treuhandwesens zu betonen. Dies ganz im Unter-schied zu den Reierungen verUnter-schiedener anderer Off-Share-Zentren.

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-Die professionelle Analyse der Auswirkungen des EWR Beitrittes Liechtenteins auf die Zukunftdes liechtensteinischen Treuhandwesens ist unterblieben- oder jedenfalls nicht der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht worden, falls sie erstellt worden ist

3 .. DIE AUSWIRKUNGEN DER POLITIK IM BEREICHE DES ARBEITSMARKTES UND IM BEREICHE DER MISSBRAUCHSBEKAEMPFUNGSGESETZGEBUNGEN UND DIE WILLFÄHRIGE ANPASSUNG AN SCHWEIZERISCHE VORSCHRIFTEN

a) Arbeitsmarkt

Wie oben erwähnt, ist der Zuzug ausländischer qualifizierter Sachbearbeiter im Treuhand- und Bankenbereich massiv erschwert, wenn nicht gar verunmöglicht worden. Es scheint, dass auch hier der Bankensektor ewas wohlwollender behandelt wurde als der reine Treuhandsektor. Das Manko konnte noch teil weise über den Zugriff auf den scheizerischen Arbeitsmarkt wettgemacht werden, bis die entsprechende Vereinbarung mit der Schweiz über liechtensteinische Initiative zu einem Ende kam und de Zuzug von schweizerischen Arbeiskräfte ebenso schwierig war wie der von Drittausländern. Im Treuhandwesen hättte diese Entwicklung zu keinem schlechteren Zitpunkt kommen können: Die qualitativ hochstehende Klientel, insbesondere die mit

weitläufigen Beteiligungen, begann sich im Anschluss an die sich stetig durchsetzende "manage-ment and control" Maxime ernsthaft mich dem Gedanken zu befassen, ihre in Liechtnstein bereits bestehenden Einheiten "aufzubuttern" oder neue echte Holdingstrukturen in Liechtenstein aufzu-bauen. Es versteht sich von selbst, dass solche nicht ausschliesslich in den Händen firmenfremder liechtensteinischer Treuhänder verbleiben konnten, sondern dass eine geringe Anzahl von

hochqualifizierter Mitarbeiter des Konzerns ihre Arbeit in Liechtenstein verrichtenwerden müsste.

Im Unterschied zu vielen anderen Off-shore-Zentren kann Liechtenstein sich rühmen, die geringste Anzahl gewichtiger Holdingstrukturen zu domizilieren - eine direkte Folge der falsch gesetzten Prioritäten im Zuzug ausländischer Arbeitskräfte undeine direkte Folge der

Couponsteuer. Diese Politik hat die Klientel des liechtenteinischen Treuhandwesens beschränkt:

Die ganz grossen Konglomerate finden keinen Platz hier, die grossen Familienkonglomerate können lediglich die -Familienautbänger (Stiftungen, Trusts) hier domizilieren, und zwar erheblich nachteiliger als an anderen Off-Share-Zentren, und es verbleiben als Klientel die guten

Individual/Familienkunden, und die qualitativ schlechtere Individualkundschaft. Es gibt keinen Zweifel, dass die Qualität der Durchschnittskundschaft des liechtensteinischen Treuhandwesens gesunken ist

b) Die Missbauchsgesetzgebungen

Praktisch alle legislativen Schitte der letzten dreissig Jahre sind unter dem Titel der Bekkämpfung des Missbrauchs im liechtensteinischen Gesellschaftswesen unternommen worden. Zweifelsohne enthalten alle diese neuen Gesetze Betimmungen, die geeignet sind, Missbräuche zu bekämpfen bzw. das Niveau der Professionalität des liechtensteiniscllen Treuhänders zu erhöhen. Eine unvor-eingenommene Analyse zeigt jedoch ein zumindest erstaunliches Ergebnis:

-Die 1963 Reform bezweckt vermehrte Inlandkontrolle und führt den liechtesteinischen Pflicht-verwaltungsrat ein. Gleichzeitig wird dadurch eine Einkommensdomäne dem Liechtensteiner vorbehalten.

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- Das Gesetz über die Rechtsanwälte etc. von 1968 definiert die Qualifikationsvoraussetzungen für Rechtsanwälte~ Rechtsagenten~ Treuhänder etc. und führt entsprechende Prüfungen ein. Das Ziel ist wiederum die Erhöhung der Professionalität Im gleichen Zug wird wiederum die Berufs-ausübung dem Liechtensteiner reserviert bzw. der juristischen Person~ die kapitalmässig liech-tensteinisch beherrscht ist

- Die 1979 Reform de PGR versucht einen weiteren Schritt der Hebung der Professionalität~

indem sie bestimmte Qualifikationserfordernisse an den liechtensteinischen Verwaltungsrat stellt Die einzige andere Bestimmung~ die Anspruch erheben kann~ Missbrauch zu bekämpfen~

ist die Vorlagepflicht des Vermögens gegenüber dem Handelsregister bei nicht kommerziellen Firmen und die Vorlage von Bilanzen an die Steuerverwaltung bei kommerziell tätigen Firmen.

Inwieweit dies eine geeignete Massnahme darstellt, mag dahin gestellt bleiben. Sicher ist

jeden-falls~ dass sie systematisch mit den Rechnunglegungsvorschriften des PGR~ die für alle Yer-baudspersonen gelten~ in absolutem Widerspruch stehen. Alle übrigen Aenderungen sind rein kosmetisch, zum teil geradezu falsch~ und die Zwangshinterlegung bzw. Eintragung von

Treuhänderschafren hat lediglich damit zu tun, dass er Fiskus einen besseren Ueberblick über die

liechtenteinischen Treuhandschafren erhält ·

c) Die Anpassung an schweizerische Vorschriften

Vom Mutual Agreement of U nderstanding~ jener rechtsstaatlich unhaltbaren Konstruktion eines gentlernen agreementzwischen zwei Staatsdepartmenenten und dessen vertraglicheUeberwälzung auf die Bankiervereinigung~ deren Mitglieder und diese wieder auf ihre Kunden bis zur vorletzten Aenderung der Sorgfaltspflichtvereinbarung~ alle diese Schritte sind auf sanften Druck hin sofort übernommen worden. Lediglich die letzte Aenderung (nämlich Beendigung der Vereinbarung mit der Nationalbank und Aufnahme in die Standesregeln der Bankiervereinigung) wurde nicht mehr übernommen und durch eine Vereinbarung zwischen den liechtensteinischen Banken und der Re-gierung ersetzt. ReRe-gierung und Banken müssen sich den Vorwurf gefallen lassen~ dass alle diese Schritte ohne Konsultation des Treuhandsektors erfolgt sind. Der Wortlaut der

Sorgfaltspflicht-erklärung~ die der liechtensteinische Geheimnisträger unterzeichnen muss~ ist gelinde gesagt schaudererregend.

Ein Blick in die anderen Rehtsordnungen hätte genügt~ um zu erkennen~ dass die schweizerische Bankenkommission und Bankenwelt päpstlicher als der Papst geworden war. Es wären

durch-·, aus andere Lösungsmöglichkeiten zur Bekämpfung von Missbrauch möglich gewesen~ es ist aber keine andere in Betracht gezogen worden.

Wie lange Liechtenstein seine derzeitige Regelung behalten kann~ steht in den Sternen. Fest steht~

dass Liechtensteins Bankenwelt einiges an Liquidität aus der Schweiz herüberziehen konnte~ doch für wie lange? Die irrtenationale Kundschaft betrachtet die shweizerishe Entwicklung mit einiger Sorge und hält ein wachsames Auge aufLiechtenstein.