• Keine Ergebnisse gefunden

2   Material und Methoden

2.6   Biomechanischer Test

2.6.1 Durchführung des biomechanischen Tests

Dieser Test diente der Auswertung der Steifigkeit und der Widerstandskraft der Kal-lusse der Tibiae. Es galt herauszufinden, ob Unterschiede hinsichtlich der Elastizität und der Streckgrenze zwischen den einzelnen Gruppen zu erkennen waren. Dazu übte man eine Kraft senkrecht auf die vordere Kante der Tibiametaphyse (1mm unterhalb der Osteotomielinie) aus. In einem Diagramm wurde während des Versuches die ein-wirkende Kraft gegen den Weg aufgetragen.

Zunächst mussten die Tibiae rund 15 min. im 5 ml Röhrchen auftauen.

Die Durchführung des Tests erfolgte mit einer Werkstoffprüfmaschine. (Typ 145660 Z020/TND Zwick/Roell, Ulm, Deutschland), welche mit Hilfe des Programms

“testXpert®“! (Zwick/Roell, Ulm, Deutschland) gesteuert wurde. Ein wichtiger Be-standteil der Maschine war eine speziell dafür entwickelte Trägerplatte für die Kno-chen, ein Metallblock mit zwei senkrecht zueinander stehenden Kerben und vier Schrauben zum individuellen Positionieren der Tibiae (Abb. 2). Die Knochen mussten so eingespannt werden, dass sie sich in Richtung ihrer Longitudinalachse zwar aus-dehnen, aber seitlich nicht verrutschen konnten. Die Tibiae sollten sich also ohne Probleme herausheben lassen. Richtig positioniert, berührten sie genau an drei Stellen ihre Auflagefläche. Als Auflagepunkte dienten die beiden Kondylen, die in der einen Kerbe liegen sollten und die ehemalige distale tibiofibulare Synosthose, die in der an-deren Kerbe positioniert wurde.

Die zweite wichtige auch speziell entwickelte Vorrichtung war ein Rollenstempel mit zirkulärer Nut. Die vordere Tibiakante sollte während der Durchführung möglichst

genau in dieser Nut liegen. Nach dem korrekten Positionieren der Knochen auf der Trägerplatte, positionierte man diese unter der Stanze (Abb. 3).

Abb. 2: Trägerplatte für die Tibiae Abb. 3: Korrekte Position der Trägerplatte samt Tibia in der Werkstoffprüfmaschine Eine ständige Befeuchtung mit NaCl verhinderte das Austrocknen der Tibiae während des Tests.

Der Rollenstempel wurde nun mit einer Geschwindigkeit von 50 mm/min abgesenkt.

Nachdem eine Vorkraft von 1N erreicht wurde, sollte noch einmal die korrekte Lage der Tibia überprüft werden. Es erfolgt nun ein kontinuierliches Absenken des Rollen-stempels, wodurch die einwirkende Kraft zunahm. Alle 0,1 mm Absenkung des Rol-lenstempels wurde die entsprechende Kraft von der Software registriert und gespei-chert. Am Bildschirm konnte der Kurvenverlauf des Kraft-Weg-Diagramms direkt mit verfolgt werden. Da die Tibia nur gebogen aber nicht gebrochen werden sollte, wurde der Test automatisch abgebrochen, wenn es zu einem Abfall der Kurve über 2 N be-ziehungsweise zu einer Änderung des linearen Kurvenverlaufs von mehr als 2 mm kam (Stuermer et al. 2006).

Den Test führte man nun nacheinander mit jeder einzelnen Tibia durch.

2.6.2 Interpretation der Kraft-Weg-Diagramme

Im typischen Kraft-Weg-Diagramm ließen sich drei Phasen definieren. In der ersten Phase war ein linearer Anstieg zu beobachten (Abb. 4, Bereich a). Im Knochen kam es zur reversiblen Dehnung der Kollagenfasern. Dieser Vorgang wurde als elastische Deformation bezeichnet. Die zweite Phase begann mit der sogenannten Streckgrenze (yield load) und endete mit der Maximalkraft (Abb. 4, Bereich b). Die Kurve stieg in diesem Bereich nicht mehr linear an. In den Tibiae traten nun vereinzelt

Mikrofraktu-ren der Trabekel auf. Man sprach daher von einer plastischen Deformation. In der dritten Phase war ein Abfall der Kurve zu erkennen (Abb. 4, Bereich c). Es ereigneten sich zahlreiche Mikrofrakturen im Knochen, welche schließlich zu einem vollständi-gen Bruch führten (Stuermer et al. 2006). Den vollständivollständi-gen Bruch des Knochens galt es jedoch zu verhindern, da die Tibiae für die folgenden Versuche unbrauchbar wären.

Daher wurde der Versuch am Ende der zweiten Phase also nach Erreichen der Maxi-malkraft von der Software automatisch abgebrochen.

Abb. 4: typisches Kraft-Weg-Diagramm: a=elastische Deformation, b=plastische Deformation, c=beginnender Knochenbruch, 1=yield load, 2=Maximalkraft; Testgruppe SHAM

2.6.3 Messparameter

2.6.3.1 Elastizität

Die Elastizität der Tibiae ist ein Maß für die Steigung der Kurve im Kraft-Weg-Diagramm. Dieser Messparameter besitzt die Einheit N/mm.

Sie wird errechnet, indem man den Quotienten aus den Differenzen zweier Kraftwerte (F2-F1) und entsprechender Wegwerte (s2-s1) im linearen Teil der Kurve bestimmt.

2.6.3.2 Streckgrenze (yield load)

Als Streckgrenze ist der Wert definiert, an dem die Kurve im Kraft-Weg-Diagramm nicht mehr linear ansteigt und als Äquivalent im Knochen die Kollagenfasern maxi-mal gedehnt sind. Sie bildet den Übergang von der elastischen zur plastischen Defor-mation.

Sie wird bestimmt, indem man eine Regressionsgerade und eine Standardabweichung aus den individuellen Daten des linearen Teils des Graphen berechnet. Der Wert, bei dem es zu einer Abnahme der Elastizität (Steigung) um mehr als das doppelte einer Standardabweichung kommt, wird als Streckgrenze definiert. Dieser Messparameter wird in N angegeben.

2.6.3.3 Maximalkraft (Fmax)

Die Maximalkraft ist die größte Kraft, der die Tibiae standhalten können. Nach Errei-chen der Maximalkraft kommt es zum Abfall der Kurve. Dieser Messparameter wird in N angegeben (Stuermer et al. 2006).

2.6.4 Validierung

Um den Messfehler durch den Untersucher möglichst gering zu halten, sollte vor dem eigentlichen Test eine Validierung erfolgen. Dazu dienten 20 Tibiae aus 10 Testratten, die in Größe und Gewicht den Versuchstieren ähnelten. Nach dem Kennenlernen und Beherrschen der Arbeitsschritte der Methode wurden wie im eigentlichen Test die Messparameter Elastizität, Streckgrenze und Maximalkraft bestimmt. Die Einweisung in die Geräte und Arbeitsschritte und die Überprüfung der Ergebnisse erfolgte durch ein erfahrenes Mitglied der Arbeitsgruppe im Umgang mit der Methode. Nur wenn die Abweichung der Ergebnisse zwischen der linken und der rechten Tibia eines Tie-res und der einzelnen Testtiere untereinander unter 10% lag, wurde der Test mit den Versuchstibiae durchgeführt.