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Für die biomechanische Analyse wurde eine Zwick-Materialprüfmaschine vom Typ 145660 Z020/TND (Zwick/Roell, Ulm, Germany) verwendet. Hierbei wurde ein Drei-Punkte- Bruchtest für Tibiae angewandt, der in dem Labor der Unfallchirurgie entwickelt wurde. Ziel dieser Entwicklung war das standardisierte Herbeiführen metaphysärer Tibiafrakturen zur Evaluation der Osteoporose (Stürmer et al. 2006).

2.8.1 Schritt 1 – Vorbereitung des Drei-Punkte-Bruchtests

Da die Knochen bei -20°C eingefroren und gelagert wurden, musste jeder Knochen vor Versuchsbeginn für 15 min aufgetaut werden. Während des Bruchtests wurde der bearbeitete Knochen konstant befeuchtet. Als Halterung für die Tibia diente ein speziell angefertigter Aluminiumblock, in den die Tibia eingelegt werden konnte. Das proximale Ende des Tibiaplateaus passte sich in eine konkave Rundung ein, sodass beide Tibiakondylen dem Aluminiumblock auflagen. Durch die s-förmige Beschaffenheit der Tibia befand sich der dritte Auflagepunkt am distalen Ende des Knochens (Malleolengabel). Um ein Kippen der Tibia in der Transversalachse zu verhindern, konnte der Knochen zwischen zwei Stellschrauben befestigt werden. Jedoch wurde stets darauf geachtet, dass ein Verschieben in longitudinaler Achse gewährleistet blieb (Abb. 14).

Abbildung 14: Darstellung des Probeknochens im Aluminiumblock; Schrauben verhindern das Kippen des Knochens bei erhaltener Beweglichkeit in longitudinaler Richtung; links in Seitenansicht, rechts in Ansicht von kranial

2.8.2 Schritt 2 – Lagekorrektur und Durchführung der metaphysären Fraktur Kompression auf die Vorderkante der Tibiametaphyse wurde durch einen eingekerbten Rollenstempel ausgeübt, der mit einer kontinuierlichen Geschwindigkeit von 50 mm/min vertikal auf die Knochenvorderkante drückte. Um die Bruchstelle bzw. die Kompression des Stempels final beurteilen zu können, wurde die Tibia bei einer durch den Stempel aufgewendeten Kraft von 1 Newton (N) fixiert. Erst nach Bestätigung der korrekten Stempelposition, übte der Stempel mit kontinuierlicher Geschwindigkeit weiter Druck auf die Metaphyse aus (Abb. 15). Der Versuch endete mit dem metaphysären Bruch der Tibia oder einem Druckabfall ≥ 25 N, der als bruchäquivalent angenommen wurde.

Abbildung 15: Darstellung der Tibia bei Kompression auf die Vorderkante nach exakter Lagekorrektur

Die biomechanische Analyse wurde mit dem Programm testXpert durchgeführt, welches die einwirkende Kraft (N) und den Weg des Stempels in einem Kurvendiagramm (Kraft-Weg-Diagramm) darstellte.

2.8.3 Validierung

Um ein standardisiertes Brechen der Tibiae und den korrekten Umgang mit der Material-prüfmaschine zu gewährleisten, wurden zehn Knochenpaare zur Validierung bearbeitet und die Ergebnisse ausgewertet. Diese Knochenpaare stammten von weiblichen Ratten, die nicht Teil des Versuchs waren. Ziel der Validierung war es, die Abweichung zwischen der linken und rechten Tibia eines Knochenpaares für die zu messenden Parameter unter 10% zu halten.

Das Längenwachstum der Röhrenknochen von Menschen und Ratten geschieht durch epiphysäres Wachstum (enchondrale Ossifikation). Untersuchungen der Wachstumsfuge bei weiblichen Sprangue Dawley Ratten zeigten, dass die Wachstumsfuge vom sechsten bis zum 18. Monat knöchern überbaut wird und somit das Längenwachstum mit der Zeit sistiert (Martin et al. 2003). Somit war die tibiale Wachstumsfuge der Versuchstiere zu Versuchsende (Tiere waren 6,5 Monate alt) noch nicht vollständig verknöchert. Während der Bearbeitung der Validierungsknochen fiel auf, dass die Epiphyse durch den zunehmenden Druck auf die Metaphyse zuerst abgesprengt und dies durch den daraus resultierenden Druckabfall fälschlicherweise als Bruchereignis registriert wurde. Ebenfalls änderte sich dadurch die Kontaktstelle an der metaphysären Vorderkante, was zu verwackelten Kurvendiagrammen führte. Dieses Phänomen wurde bei einem großen Teil der Validierungsknochen beobachtet.

Somit war ein standardisiertes Brechen der Knochen unmöglich. Deswegen wurde im Folgenden die Epiphyse abpräpariert, sodass die Tibiae auf den verknöcherten Anteilen der Kondylen auflagen (Abb. 16). Sowohl die s-förmige Beschaffenheit des Knochens als auch das Prinzip des Drei-Punkte-Bruchtests konnten durch diese Modifikation beibehalten werden. Dadurch konnte ein regelmäßiger Kurvenverlauf im Kraft-Weg-Diagramm und Ergebnisse mit zufriedenstellender Abweichung generiert werden.

Abbildung 16: Tibia nach Entfernung der Epiphyse

2.8.4 Messparameter und Interpretation des Kraft-Weg-Diagramms

Die biomechanische Analyse diente dazu, die Elastizität (stiffness), die Streckgrenze (yield load) und die Maximalkraft (Fmax) der einzelnen Knochen zu bestimmen und zwischen den fünf Versuchsgruppen zu vergleichen.

Dabei zeigte sich ein typischer Kurvenverlauf im Kraft-Weg-Diagramm. Nachdem die korrekte Position der Vorderkante unter dem Rollstempel bei einer Vorkraft von 1 N bestätigt wurde, stieg die Kurve des Kraft-Weg-Diagramms stetig an. Dies ist der Bereich der elastischen Deformation, bei der es zur reversiblen Verformung des Knochens kommt.

Dann nahm die Steigung der Kurve etwas ab und erreichte ihre Maximalkraft (Fmax). Dies ist der Bereich der plastischen Deformation, bei der erste Mikrofrakturen im trabekulären Netzwerk zur irreversiblen Verformung des Knochens führen. Zwischen den beiden Kurvenverläufen befindet sich die Streckgrenze (yield load), die den Übergang zwischen elastischer (reversibler) und plastischer (irreversibler) Verformung darstellt (Stürmer et al.

2006; Cole und van der Meulen 2010).

2.8.4.1 Elastizität – stiffness

Die Elastizität wird über die Steigung im Beriech der elastischen Deformation berechnet. Es wurde der Quotient aus der Kraft (F)und Weg (s) an jeweils zwei Punkten bestimmt, an denen die Kurve den steilsten Verlauf genommen hatte.

Elastizität = (𝐹(𝑠2 − 𝐹1)

2 − 𝑠1) ; Einheit N/mm 2.8.4.2 Streckgrenze – yield load

Die Streckgrenze (yield load) ist definiert als der Punkt, an dem die elastische Deformation des Knochens in eine plastische Deformation übergeht. Im Bereich dieses Übergangs wurde eine Regressionsgerade und die Standardabweichung bestimmt. Als Streckgrenze wird dann der Punkt definiert, an dem die Steigung (stiffness) um mehr als das Zweifache einer Standardabweichung abgenommen hat (Stürmer et al. 2006). Die Streckgrenze (yield load) wird in Newton (N) angegeben.

2.8.4.3 Maximalkraft – Fmax

Die Maximalkraft ist die größte Kraft, die der Knochen standhalten kann. Nach Fmax nimmt die Kraft so lange ab, bis der Knochen frakturiert ist. Die Maximalkraft (Fmax) wird in Newton angegeben.