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V.1 Die Regionen des eisenzeitlichen Süditalien

V.1.5 Binnenland

Die Situation im Binnenland wurde im Vorangehenden an-lässlich des Vergleiches der Befunde von Ripacandida mit zeit-lich und räumzeit-lich nahestehenden Stätten skizziert. An dieser Stelle sollen weiter vom eigentlichen Untersuchungsfokus ent-fernt liegende, aber gleichzeitige Fundstellen vorgestellt und der größere geographisch-chronologische Zusammenhang dis-kutiert werden.

Im Bereich der Flusstäler von Cavone, Basento und Brada-no gibt es viele eisenzeitlich-archaische Fundstellen, die rela-tiv einheitliches Fundgut aufweisen und in Spätbronze- und Früheisenzeit einige Parallelen zum benachbarten Agri-Sinni-Gebiet erkennen lassen. In der Eisenzeit setzt sich im gesamten Gebiet die Körperbestattung durch837. Ab dem 9. Jh., v. a. aber dem 8. Jh. bilden sich regional unterschiedliche Gruppen, die nicht zuletzt im Bestattungsbrauch erkennbar sind: Im Bereich von Matera entsteht die ‚transadriatische Gruppe‘ mit Tumu-lusgräbern, in denen ‚peuketische‘ und ‚iapygische‘ Produkte (Objekte mit starken Parallelen zur adriatischen Küste bzw.

Mittel- und Südapulien) vertreten sind. Einige Metallobjekte, wie etwa Ohrgehänge aus Bronzedraht oder gedrehte torques, deuten auch auf direkte früheisenzeitliche Kontakte zur östli-chen Adriaküste bzw. dem Balkanraum hin838. In Ferrandina im Basento-Gebiet zeigen Steintumuli (Grab 1, 2, 5) ohne griechische Importe und mit Keramik lokalen Typs die Ver-haftung in diesen Traditionen noch im frühen 7. Jh.839. Dass dies nicht mit fehlendem Wohlstand zu erklären ist, deutet die Frauenbestattung in einem dieser Tumuli (Grab 1) an, die mit einer umfangreichen Schmuckausstattung und einer Bronze-schale ins Grab gebettet wurde840. Obwohl zu dieser Zeit schon griechische Siedlungen an der ionischen Küste existierten, dringen im 7. Jh. importierte griechische Waren nicht zwangs-läufi g ins Binnenland vor – in Pisticci, zwischen Basento und Cavone, beginnt sogar erst ab dieser Zeit eine lokale Kera-mikproduktion italischer Prägung (typische indigene a tenda-Ware und Keramik mit geometrischer Verzierung). Zu diesem Zeitpunkt ist an und im Hinterland der ionischen Küste die gehockte Körperbestattung verbreitet841. In Küstensiedlun-gen wie Incoronata-San Teodoro erscheinen seit der zweiten Hälfte des 9. Jh. bedeutendere Bestattungen, die als Beleg für zunehmende gesellschaftliche Stratifi zierung gedeutet werden können: Dazu zählen die Verstorbenen der Gräber 230 und 454, bei denen sich Fibeln protovillanovianischer Tradition fi nden sowie eiserne Vollgriff schwerter mit Bronzescheide.

Der Stab aus Gussbronze in Grab 454 war möglicherweise ein Machtinsignium und diente der Demonstration der herausge-hobenen gesellschaftlichen Position des Toten. Ein großer Teil

Fibeln oder anderen Schmuck, aber auch Waff en fertigen konnte);

Corrente – Maggio 2008, 74–80.

837 La Genière 1979, 65.

838 Bianco 1996b, 37.

839 Popoli Anellenici 1971, 13–14. 27.

840 Bianco 1999a, 168–169.

841 Bianco 1996, 31. Etwa Hockerbestattungen in San Teodoro (älteste Gräber noch aus dem 9. Jh.) bei Metapont; d’Agostino 1989, 200.

Form ihres Grundrisses830, was auch darauf hinweist, dass die Idee des rechteckigen Grundrisses nicht notwendigerweise als griechisches Konstruktionsprinzip in die indigene Architektur gelangt ist, sondern einheimische Vorbilder für diese Technik existieren831. Trotzdem bleiben im größten Teil Nordapuliens Bauten mit abgerundetem Grundriß das ebenso wie im Süden der Region vorherrschende Konstruktionsprinzip in der frü-hen Eisenzeit832.

Auch die Anfänge der Siedlung von Lavello, deren Gräber-felder bereits besprochen wurden, sind ins 8. Jh. zu setzen. Aus dieser Zeit stammen rundliche oder ovale, insgesamt sehr unre-gelmäßige Grubenhütten mit in den lokalen Tuff eingetieften Pfosten. Die ausgedehnte Grabungsfl äche (ca. 140 × 300 m) zeigte, dass die frühe Hüttensiedlung aus drei Siedlungsnuklei jeweils mit ca. 50 m Abstand zueinander bestand. Im Bereich dieser Nuklei fand sich eine hohe Dichte von Gruben mit un-regelmäßiger Form und Ausrichtung. Zwischen diesen Nuklei, und damit innerhalb des Areals der Streusiedlung, waren nicht nur weitere vereinzelte Grubenhütten, sondern auch zeitglei-che Gräber angelegt. Eine analoge Situation zeichnet sich in der etwa altersgleichen Siedlung von Banzi ab, die mit weniger und kleineren Hütten hierarchisch etwas tiefer eingestuft wer-den muss833. Die rundlich-unregelmäßigen Hütten werden in Lavello bis ins 6. Jh. genutzt, dann fi nden sich auch hier Kon-struktionen mit Fundamentmauern, die noch eine rundliche Form aufweisen. Ab dem 6. Jh. werden Apsidenbauten errich-tet. Nicht ganz geklärt ist der Zeitpunkt des Aufkommens von Rechteckbauten in Lavello: Während Bottini diese Konstruk-tionsweise erst im 5. Jh. erkennt834, legen neuere Untersuchun-gen nahe, dass diese schon im 6. Jh. neben den Apsisbauten in Benutzung waren835. Insgesamt ändern sich Siedlungsbild und Hausformen an der gesamten Ostküste und deren Hinterland im 7. Jh. nur wenig und ähneln dem vorausgehenden Jahrhun-dert – Veränderungen zeichnen sich erst ab dem 6. Jh. ab836.

830 Russo Tagliente 1992, 29.

831 s. auch unten S. 183–185.

832 In Cannae wurde der Teil einer wohl runden Hütte des 8. Jh. er-graben, die mit einer zentralen Herdstelle, in den Fels eingetieften Pfostenlöchern und Verbindungsgräben ausgestattet war; Russo Ta-gliente 1992, 30. Dass dieses Konstruktionsprinzip auch in späterer Zeit teilweise beibehalten wurde, zeigt eine in Cupola gefundene Rundhütte (mit Pfostengraben und umgebender unregelmäßig-mehreckiger Pfostenstellung), die ins 5./4. Jh. datiert werden kann;

De Juliis 1977b.

833 Russo Tagliente 1992, 40–41.

834 Bottini 1982, 156–157.

835 Russo Tagliente 1992, 77; Giorgi, in: Giorgi u. a. 1988, 31–33.

836 Auch wenn die Informationen für diese Zeit nicht besonders üppig sind; Russo Tagliente 1992, 37–46. Erwähnt sei hier Minervino Murge, am Übergang vom Ofanto-Tal zur hohen Murge: Auch hier fanden sich kleine Nekropolen, die neben kleinen Siedlungsnuklei (Ende 6. Jh.) aus jeweils mehreren kleinen Hütten lagen und ab dem 5. Jh. von rechteckigen Häusern mit Steinfundamenten und Tondach abgelöst wurden. Dass auch in solchen kleinen Siedlungen handwerkliche Tätigkeiten ausgeführt wurden, zeigen die Befunde in Minervino Murge, die örtliche Metallbe- bzw. -verarbeitung belegen (eine Metallwerkstatt, die zumindest einfache Dinge wie

Auch in den akeramischen Grabausstattungen zeigen die Ge-meinschaften dieses Gebietes Merkmale, die denen der um-liegenden italischen Nekropolen ähneln. Von den archaischen Gräbern von Cairano enthalten drei Helme jeweils unter-schiedlichen Typs, darunter ein apulo-korinthischer aus Grab XVI850. Eines der Helmgräber (XVII) enthält zusätzlich einen cinturone sowie ein Schwert, dessen beste Parallelen aus dem nordapulisch-melfesischen Raum stammen851. Nur wissen-schaftsgeschichtlich erklärbar ist die Trennung der Oliveto-Cairano-Gruppe von der sog. Valle Platano-Kultur. Ihr werden Stätten wie Oppido Lucano, Cancellara, Buccino und Atena Lucana, aber auch Baragiano zugerechnet852. Als ihr kerami-sches Kennzeichen im 6. und 5. Jh. gilt die Nestoris/Trozzel-la, jedoch kann sie dem Kreis der mattbemalten Keramik der Ruvo-Satriano-Art zugerechnet werden853. Die Toten in ihrem Gebiet (etwa zwischen Atena Lucana und Ruvo del Monte) werden in Hockerlage bestattet, die Beigaben am Fußende des Grabes deponiert. Die grundlegenden Charakteristika der Geschirrsets und der Importwaren gleichen mit sehr geringen Varianten den Zuständen im Gebiet der heutigen Nordbasi-likata854. Als Beispiele für diese Homogenität können die Be-funde von Atena Lucana und Cancellara angeführt werden:

Nekropole und Siedlung von Atena Lucana liegen auf einer Höhe am Rande des Vallo di Diano. Die Stätte überblickt den Übergang zum Valle dell’Agri und kontrolliert so potenziell auch weitere Verbindungen ins Landesinnere und an die io-nische Küste855. Zwischen dem ‚nordlukanischen‘ Gebiet und der stärker und früher etruskisch bzw. griechisch beeinfl ussten Küste gelegen, könnte es sich bei dieser Stätte ähnlich wie bei Ripacandida um einen Grenzort gehandelt haben856. Zwar fi n-den sich durch die Überbauung des antiken Zentrums kaum Siedlungsspuren857, aber verstreute Hinweise deuten auf eine bis in die Kupferzeit zurückreichende Besiedlungsgeschichte.

Einen besonderen Aufschwung erfuhr die Stätte ab der zweiten Hälfte des 7. Jh., sichtbar an zahlreichen Bestattungen mit z. T.

reicher Ausstattung. Die in Clustern angeordneten Einzelgrä-ber reichen vom Ende des 7. bis ins 5. Jh., die Mehrzahl wurde

italiens verbinden, veranlasste manche Forscher zu der Vermutung, dass ihre kulturellen Verbindungen sogar bis ins adriatische Gebiet reichten (Ridgway 1992, 124; Pontrandolfo-Greco vermutet sogar Einwanderergruppen aus dem Balkan, s. Greiner 2003, 43).

850 Bailo Modesti 1980, 24–26.

851 Bailo Modesti 1980, 29–31.

852 Bottini – Setari 1995, 13.

853 Vgl. Horsnæs 2002, 137.

854 Variationen fi nden sich v. a. in der Form des Großgefäßes: im Valle Platano ist es meist Nestoris oder Kolonettenkrater; im Valle di Di-ano ein Krater/großer Kantharos, im Agri-Tal die Olla; v. a. im frü-hen 5. Jh. dann Kylix Typ C statt ionischer Schale und einheimisch-subgeometrische Keramik wird langsam durch Schwarzfi rnisware ersetzt; Horsnæs 2002, 96.

855 Tardugno 2009, 53–55 sieht bronzene Importgüter als Zeichen der Wegekontrollfunktion der indigenen Gesellschaft.

856 Vgl. auch antike Autoren: Cic. div. 1, 59; Val. Max. 1, 7, 5; Plin.

nat. 2, 225. 3, 98.

857 Tardugno 2009, 53–55.

der männlichen Bestattungen in Incoronata-San Teodoro ist mit Waff en ausgestattet, wobei Speere und Lanzenspitzen aus Bronze überwiegen. Insgesamt zehn Toten wurde ein Schwert mit zur letzten Ruhe gegeben. Etwa gleichzeitig werden auch einige Frauenbestattungen reicher und zeichnen sich durch Grabensembles mit Bernsteinbeigaben und kleinen Goldplätt-chen (ähnlich Valle Sorigliano) aus. Die keramische Beigaben-ausstattung ist im 9. Jh. noch reduziert und besteht meist nur aus einer einhenkligen Impasto-Schale, ab dem 8. Jh. wird der Formschatz umfangreicher und qualitätvoller: Die Gefäße sind aus besserem Ton gefertigt und verziert, nicht selten mit proto-tenda-Motiven. Zudem wird die Kombination von Krug und Tasse oder scodella typisch842.

Auf der Nekropole von Cairano sind Hockerbestattungen nur aus der ältesten Phase bekannt und werden dort schnell durch die Sitte der Bestattung in gestreckter Rückenlage ab-gelöst843. Die Stätte liegt am Oberlauf des Ofanto etwas un-terhalb des modernen Siedlungshügels, nur wenige Kilometer vom Zusammenfl uss von Sele und Tanagro bei Oliveto Citra entfernt und ist namensgebender Fundort der Oliveto-Cai-rano-Gruppe844. Die eisenzeitliche Nekropole nimmt eine Zwischenstellung zwischen dem etruskisch beeinfl ussten Wes-ten und der Mitte bzw. dem OsWes-ten Süditaliens ein845. Chro-nologisch reichen die Gräber etwa von der Mitte des 9. bis zur Mitte des 6. Jh. und weisen in ihrer Beigabenausstattung weite Beziehungen auf, die insbesondere in Metallformen wie etwa der fi bula ad arco serpeggiante ad occhio über die kampa-nischen Villanova-Zentren bis nach Latium reichen846. Die gu-ten binnenländischen Verbindungen des Gebiets nach Osgu-ten spiegeln sich besonders in den italischen Keramikwaren, die im Gegensatz zu Metallobjekten kaum über lange Distanzen transportiert wurden: Nordapulisch-‚daunische‘ Keramik fi n-det sich schon ab dem 7. Jh. in den Gräbern von Bisaccia847. Sie ist neben der lokal produzierten einheimischen Keramik dieses Gebiets gut erkennbar, denn bei letzterer handelt es sich um eine Impasto-Ware, die eine weitgehende Einheitlichkeit in ihrem Verbreitungsgebiet (Oliveto Citra, Cairano, Calitri, Bisaccia etc.) besitzt848. Im Unterschied zu anderen kampa-nischen Stätten, die viel stärker von den Apoikien beeinfl usst werden, ist griechische Keramik in diesen Nekropolen noch im 7. Jh. sehr selten, während besonders in Frauengräbern entenförmige Askoi ‚daunischer‘ Tradition verbreitet sind849.

842 Bianco 1999a, 155–156.

843 Colucci Pescatori 1971, 496–524; Bottini 1979, 82.

844 De Juliis 1996, 58–61; vgl. Bailo Modesti 2009, 19–21; zur Lage Bailo Modesti 1980, 3–5 Taf. 4. 5.

845 Colucci Pescatori 1971, 481.

846 Colucci Pescatori 1971, 526–527.

847 Bailo Modesti 2009, Abb. 2.

848 Einen guten Vergleich für die in Ripacandida singuläre Olla 72/1 mit zwei zusätzlichen Öff nungen bietet ein Gefäß aus Grab 4 (1.

Hälfte 6. Jh.) dieser Stätte: Colucci Pescatori 1971, 523 Abb. 38.12;

Bailo Modesti 1980, Taf. 9, 72B.

849 Cuozzo 2007, 240–242. Die Achsenstellung der Stätten der Olive-to-Cairano-Gruppe im Bereich der Quellgebiete der beiden Fluss-täler des Sele und des Ofanto, die die West- mit der Ostküste

Süd-Stätte kommen Waff en immer mit rechten Hockern vor867 – allerdings sind nur fünf Individuen mit Waff en ausgestattet, sodass wahrscheinlich ist, dass sie wie in Ripacandida nicht in allen Männergräbern vorkommen868. Die in den Gräbern de-ponierten Ollae fi nden sich auch in der zugehörigen Siedlung, die in Form eines Grabens und mehrerer Hütten unregelmä-ßiger Form aus vergänglichen Materialien festgestellt werden konnte869. Es handelt sich bei der Stätte um ein kleineres Zen-trum, das gegenüber Serra di Vaglio nur sekundäre Bedeutung hatte870.

Eine der am besten untersuchten Stätten des Binnenlandes ist Botromagno bei Gravina in Puglia. Die Anfänge des Sied-lungsareals reichen zurück bis in die Früheisenzeit (10.–8. Jh.).

Obwohl die Struktur dieser frühen Phase des Siedlungsplat-zes unklar ist, lässt sich auf dem Siedlungsplateau die Existenz einzelner Gruppen von aus Pfosten errichteten Hütten mit abgesenkten Böden, von denen allerdings nur unvollständige Grundrisse bekannt sind, nachweisen871. Ab ca. 650–500 er-scheinen erstmals rechteckige Steinbauten. Dieser Trend ver-stärkt sich im späteren 6. Jh., in dem nun zunehmend (statt Grubenhütten mit Pfostenwänden) Gebäude in Trockenstein-architektur erbaut werden (Building 1)872. In diesen Zeitho-rizont gehören auch Fragmente von Dachterrakotten, die als Zeichen für steigenden griechischen Einfl uss, der sich schon ab dem späten 8. und frühen 7. Jh. in Form von Dekorations-elementen auf der lokalen handgemachten Keramik feststellen lässt, gewertet werden können. Schon in dieser Zeit fi nden einige griechische Importe ihren Weg in die Siedlung. Die gute Vernetzung der Stätte lässt sich auch im Keramikspek-trum der geometrischen Waren des 7./6. Jh. nachvollziehen, das eine breite Varianz aufweist und Warenarten aller angren-zenden Gebiete beinhaltet873. Im 5. Jh. fi nden sich griechische sowie einige nordapulische Keramikimporte in Siedlung und Gräbern874. Die meisten Bestattungen stammen aus dem 6. Jh.

und sind einfache Grabgruben, die in Einzelfällen steinerne Sarkophage bargen. Aus der zweiten Jahrhunderthälfte stammt das Grabpaar 1 und 2. Trotz antiker Beraubung konnten aus Grab 1 noch die Reste von mindestens 24 Gefäßen (als Trink-gefäße v. a. Knickrandschalen, eine attische Sianaschale und Kleinmeisterschalen) sowie zwei Lanzenspitzen, ein Helm

867 Russo Tagliente 1991, 112.

868 Auch die weiteren Ausstattungsmerkmale ähneln sehr den Befun-den von Ripacandida; Russo Tagliente 1991, 110–114.

869 Russo Tagliente 1991, 97.

870 Russo Tagliente 1991, 114–115.

871 Small 1992a, 6; Streiff ert Eikeland 2006, 184–185, 242.

872 Whitehouse u. a. 2000, 238–243; Streiff ert Eikeland 2006, 242.

873 Small 1992, 7–12.

874 Streiff ert Eikeland 2006, 180, 230–231; nach Streiff ert Eikeland 2006, 241 deutet die Nutzung von griechischer Importkeramik, im Siedlungskontext Botromagnos in Fußboden bzw. Herdbasis verbaut, darauf hin, dass im nicht-elitären Umfeld griechischen Importen keine Wertschätzung entgegengebracht wurde – in zer-scherbter Form wurde die Importware wie jede andere Keramik verwendet. Das ist allerdings aufgrund des nicht wiederverwendba-ren Charakters dieser Gattung nicht überraschend und sollte nicht überinterpretiert werden.

im 6. Jh. angelegt858. Spuren von Holzeinbauten wurden nicht festgestellt, selten wurden die Grabgruben mit Steinkisten ausgekleidet. Die Toten wurden in semirannicchiata-Stellung niedergelegt. Die einzigen echten Hocker des Gräberfeldes stammen aus dem 7. Jh., die einzige gestreckte Rückenlage aus dem 4. Jh.859 Nach Maria Luisa Tardugno sind 30 Bestat-tungen in ihrer Lage bestimmbar, wobei das Verhältnis von Lage zu Geschlecht hier sehr inkongruent erscheint: Jeweils ein Drittel der linken Hocker sollen Männer und der rechten Ho-cker Frauen sein – jedoch erfolgte die Geschlechtsbestimmung allein aufgrund der Beigaben, die oft ambivalent sind860. Klar dominante Keramikwaren sind die Ruvo-Satriano-Ware und die v. a. in der zweiten Belegungshälfte des Friedhofs genutz-te Streifenware, gefolgt von westlukanischer Ware (typisch für Agri- und Diano-Tal) und Impasto. An vierter Stelle folgen schon die typischen griechischen Importwaren861. Das kerami-sche Inventar ist, was Formen und Warenarten angeht, mit den meisten Stätten des gleichzeitigen süditalischen Binnenlandes vergleichbar862. Dasselbe scheint auch für die akeramische Ausstattung zu gelten, obwohl ein genauer Vergleich bis zur umfassenden Publikation des Fundplatzes abzuwarten bleibt.

Die Fibeltracht scheint zumindest Fundorten wie Ripacandida zu entsprechen863. Auch die grundsätzliche Waff enausstattung aus gedoppelten Lanzen, selteneren Schwertern und Helmen als Defensivwaff en, seltenen Beinschienen und ab dem 5. Jh.

auch cinturoni, deren jeweilige Zuordnung leider nicht aus Tardugnos Vorlage ersichtlich ist, gleicht dem Muster anderer Nekropolen der Zeitregion864.

Die Siedlung des 6.–4. Jh. von Cancellara liegt auf einem Hügel im Bradano-Tal, der eine weite Sicht über das Umland bietet865. Sowohl Siedlung als auch Nekropole waren auf der Akropolis des Hügels positioniert. Es wurden insgesamt 35 Bestattungen ergraben, die aus dem 6./5. Jh. stammen und jeweils in kleinen Gruppen angelegte, gehockte Bestattungen bargen. Die einzigen beiden Ausnahmen sind die als enchytris-moi gebildeten Bestattungen von Kindern866. Auch an dieser

858 Tardugno 2009, 56. 59 Abb. 6b. Bis auf ein als enchytrismos gebil-detes Kleinkindgrab fi nden sich keine Neugeborenengräber.

859 Tardugno 2009, 57–58.

860 Tardugno 2009, 59 Abb. 6a Anm. 36; s. auch die untypischen rech-ten Hocker von Ripacandida.

861 Tardugno 2009, 59–60 Abb. 7.

862 Nicht nur mit westlichen Stätten wie Buccino, Baragiano und Sa-triano (Tardugno 2009, 59–61), sondern auch mit Ripacandida, nur dass hier statt westlukanischer daunische Keramik den größten nicht-zentralbinnenländischen Import ausmacht.

863 Tardugno 2009, 64.

864 Tardugno 2009, 62.

865 Russo Tagliente 1991, 94; vorbei an der Stätte führt ein antiker tratturo (Viehtriftweg), der das Innere Lukaniens (Serra di Vaglio, Oppido Lucano, Banzi) mit Apulien verbindet bzw. konkret Serra di Vaglio mit Pietragalla; Russo Tagliente 1991, 99.

866 Russo Tagliente 1991, 110–113; das Gräberfeld (Grab 1–10) wird von Fabbricotti 1976 detailliert vorgestellt, die (ebd. 346) auch auf die Frage nach dem einzigen beigabenlosen Grab 7 eingeht, dessen Bestattung in gestreckter Rückenlage aufgefunden wurde – sie hält dieses Grab für jünger als die übrigen Bestattungen und somit nicht zur ursprünglichen Nekropole zugehörig.

Murgecchia aus rechteckigen Hütten, die z. T. mit Zwischen-wänden ausgestattet waren, zusammengesetzt884.

Die bekannteste Stätte des Gebietes, und zwischen Ober-läufen von Basento und Bradano fast im Zentrum des süd-italischen Binnenlandes gelegen, ist Vaglio/Basilikata. Hier wurden mehrere weitläufi g verstreute eisenzeitliche Stätten lokalisiert885. Auf dem Plateau von Serra di Vaglio lässt sich spätestens seit der Bronzezeit menschliche Präsenz feststellen, gut dokumentiert ist die Siedlungsaktivität ab dem 8. Jh.886 Bei den Resten dieser Phase handelt es sich um runde Hütten, die in kleinen Nuklei angeordnet sind. Nahezu alle Hütten waren mit einem umlaufenden Steinsockel ausgestattet, der oft eine innere Kieselpfl asterung umfasst. Einzelne Hütten scheinen größere Dimensionen zu besitzen und aus luftgetrockneten Lehmziegeln oder Stampfl ehm auf dem Steinsockel errichtet worden zu sein; da hier auch Herd und Mahlstein vorkommen, könnte es sich um besondere Gebäude, assoziiert mit Vorrats-haltung und Nahrungsmittelproduktion, gehandelt haben887. In dem weitläufi gen Areal alternieren in der zweiten Hälfte des 7. Jh. Häusernuklei mit Gräbern. Es handelt sich um einfache Grubengräber mit Hockerbestattungen, die nicht selten von einem kleinen Tumulus bedeckt waren; z. T. fi nden sich auch enchytrismoi von Kindern888. Die durch Hüttengruppen mit benachbarten freien Flächen und Gräbern gekennzeichnete Siedlungsstruktur ist typisch für Zentral- und Nordbasilikata und Nordapulien. Da die Siedlung mit ihrer exponierten Lage über dem Basento-Tal an wichtigen Verkehrswegen lag, könn-te sie so etwas wie ein Bezirkshauptort gewesen sein889. Dafür spricht auch die spätere Entwicklung: Ab Anfang des 6. Jh.

lässt sich eine verstärkte Siedlungstätigkeit feststellen und die ersten mit architektonischen Terrakotten griechischer Machart verzierten Steinhäuser werden errichtet890. Dieser Trend ver-stärkt sich ab dem Ende des 6. Jh. und führt im 5. Jh. zu einer umfassenden Reorganisation der Stätte: die rechteckigen Ge-bäude sind nun um eine gepfl asterte Fläche angeordnet bzw.

entlang einer Straße angelegt891. Diese Entwicklungen fallen zeitlich mit Ende der Aktivität im nahen ‚Heiligtum‘ von Brai-da di Vaglio zusammen892.

Torre di Satriano liegt ca. 25 km südwestlich von Serra di Vaglio, bereits im Einzugsgebiet des Sele-Flusses, jedoch nahe

884 Russo Tagliente 1992, 31.

885 Zwar sind im lukanischen Gebiet ca. 40 befestigte Orte bekannt, aber die allermeisten datieren erst in die zweite Hälfte des 4. Jh.;

Isayev 2007, 61.

886 Greco – Soppelsa 2009, 421.

887 Greco – Soppelsa 2009, 429–433.

888 Bianco 1999a, 170; Bottini – Setari 1995, 21; in der Grabsitte scheint sich ein gewisser Traditionalismus zu manifestieren, denn selbst reiche Bestattungen aus dem späten 6. bis in die Mitte des 5.

Jh. werden noch in Hockerposition und in Holzkiste unter einem

Jh. werden noch in Hockerposition und in Holzkiste unter einem

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