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Bildungstechnologien im Bereich KI / Maschinelles Lernen Zusammenfassung

Im Dokument 2020 EDUCAUSE Horizon Report (Seite 27-30)

In einem EDUCAUSE Review Artikel vom August 2019 definierte Elana Zeide künstliche Intelligenz (KI) als den “Versuch, Maschinen zu bauen, die Dinge tun können, die bisher nur mittels menschlicher Kognition möglich waren”. Ein EDUCAUSE Review Artikel aus 2017 von Heath Yates und Craig Chamberlain beschrieb maschinelles Lernen (ML) als den Vorgang

“Maschinen beizubringen, ohne explizite Programmierung Dinge zu lernen”. Während ML auf der Idee basiert, dass Maschinen in der Lage sind durch Wiederholungsprozesse zu lernen und sich anzupassen, bezieht sich KI auf die allgemeinere Vorstellung, dass Maschinen Aufgaben intelligent ausführen können. Beide dieser sich überschneidenden Entwicklungen finden wir inzwischen im akademischen Bildungsbereich wieder. Wir sehen überall in den Hochschulen Aspekte von KI und ML: unter anderem in Lernmanagementsystemen (LMS), Studierenden-informationssystemen (SIS), Anwendungen im Büro- und Verwaltungsbereich, bei den

Bibliotheks- und Studierendenservices, in automatischen Transkriptionssystemen und mobilen Produkten, um nur ein paar zu nennen. Obwohl KI noch kein eigenes Bewusstsein erreicht hat – also die Fähigkeit autonom zu handeln – ist sie in der Lage einfachere Routinearbeit und repetitive kognitive Aufgaben zu unterstützen, die normalerweise von Menschen erledigt werden. Darüber hinaus können viele dieser Systeme mit der Zeit “lernen” und dadurch ihre Genauigkeit, Schnelligkeit und Wiedergabetreue steigern und verbessern. AlphaZero, ein KI-basiertes Programm von Deepmind, hat vor Kurzem durch selbsttätige Optimierung im Verlauf von 100 Partien den weltbesten Schachcomputer besiegt. Neue Fortschritte im Consumer-Bereich, mit Produkten wie beispielsweise dem Google Assistant, illustrieren das Potenzial von Text zu Sprache, Deep Learning und maschineller Verarbeitung natürlicher Sprache (NLP, Natural Language Processing) – alles Elemente von KI und ML.

Überblick

Die beispielhaften Projekte in diesem Bereich illustrieren eine beeindruckende Reihe von Entwicklungen, die sich dieser neuen Technologien bedienen. Eine der vielen dieser Tech-nologien, die Colleges und Universitäten nutzen, sind automatisierte Chatbot-Services.

Northwestern University und die University of Oklahoma (OU) haben KI-basierte Chatbots entwickelt, die ihnen ermöglichen außerhalb der physischen Öffnungszeiten Studierenden-services und Studierendenwerbung anzubieten. Der Chatbot der Northwestern University ist in das LMS der Universität integriert, um häufige und wiederkehrende Fragen zu beantworten, die Studierende und Lehrende erwartungsgemäß stellen. Der Chatbot wurde mit Elementen des Watson Natural Language Processing von IBM gespeist, um Entscheidungsbäume, Kontext-suche und Problemeskalation möglich zu machen. Der Chatbot verbindet sich über die Google-Suche mit der LMS-Wissensbasis, um direkte Links zur Dokumentationsbibliothek ausgeben zu können. Er kann sogar ein Helpdesk-Ticket direkt aus dem Chat-Dialog generieren.

Auch der vor Kurzem gestartete SoonerBot der University of Oklahoma (OU) wird primär für die

wurden über 28.000 studentische Interaktionen mit dem SoonerBot registriert. Diese haben zumindest teilweise dazu beigetragen, dass es im Herbst 2019 die größte Erstsemesterstu-dierendengruppe in der Geschichte der OU gab. Ergänzend haben die OU-Bibliotheken 2018 den Chatbot Bizzy gestartet, um die Recherchedienste zu unterstützen. Die ersten Schritte in Richtung KI unternahm die OU, indem sie eine Alexa Skill kreierte, die allgemeine Fragen zur Bibliothek außerhalb der Öffnungszeiten beantworten sowie Primo- und LibGuide-Recherche-portale durchsuchen konnte.

An der Arizona State University wurden Echo Dots in ausgewählten Bereichen der Studieren-denwohnheime installiert, um smarte Endgeräte anzusteuern und lehrveranstaltungsbezogene Informationen über eine KI-gespeiste Sprachausgabe zu übermitteln. Auch die Utah State University hat eine KI-gestützte Sprachassistenz entwickelt, die Lehrende mit Behinderungen nutzen, um die technische Infrastruktur in Lernräumen zu bedienen.

Die Griffith University in Queensland, Australien, hat den allgemeiner einsetzbaren SAM chatbot entwickelt, der alle Aspekte studentischen Lebens unterstützt, darunter Bibliotheksservices, Fragen zum Wohnen und Leben auf dem Campus, sowie Einschreibung und Kursfragen. SAM wird bald in das gesamte Universitätsportal integriert werden, sodass Studierende den Service jederzeit nach Bedarf nutzen können.

Die Penn State University nutzt indessen ML-Algorithmen, um die Noten von Studierenden vorauszuberechnen – und das schon, bevor ein Kurs überhaupt begonnen hat. Auf Basis von über 8,5 Millionen Einträgen aus dem Zeitraum 2005 bis 2016 hat die Universität ein Modell entwickelt, Daten aus dem Studierendeninformationssystem (SIS) zu heben, darunter Zeugnis-daten und Informationen aus Bewerbungsunterlagen. Mithilfe dieses Vorhersage-Algorithmus kann die Hochschulverwaltung Studierende identifizieren, die möglicherweise ein erhöhtes Risiko für Leistungsprobleme aufweisen, und so bereits im Voraus Interventionsstrategien entwickeln. In einem weiteren ehrgeizigen Projekt hat das Online Computer Library Center (OCLC) in Koordination mit siebzig Bibliothekar*innen und Spezialist*innen aus verschiedenen Organisationen Responsible Operations entwickelt: Responsible Operations nutzt ML und KI, um den Austausch mit verschiedenen Bibliotheksdiensten zu tracken und zu dokumentieren.

Die Aktivitäten werden über sieben Bereiche hinweg analysiert, darunter Personalentwicklung und Data-Science-Service.

Um die wachsende Datenbank der KI-Projekte zu dokumentieren, hat die OU die Projects in Artificial Intelligence Registry entwickelt, die institutionsübergreifende Zusammenarbeit unter-stützt und Förderaktivitäten im Bereich KI auffindet und nachhält. PAIR dient als globales Verzeichnis aktiver und archivierter KI-Projekte in der Forschung und könnte künftig als Ausgangspunkt für diverse Initiativen fungieren.

Für viele dieser neu entstehenden Projekte erweist sich der ursprüngliche Aufwand als sehr

“365 Tage rund um die Uhr” abzudecken. Anhand von ML-Anwendungen könnten Hochschulen wichtige Daten zu Studienerfolgsfaktoren erheben.

Relevanz für Lehren und Lernen

Diese Systeme sind eine wichtige Technologielösung für viele Institutionen. Elemente von KI sind eingebettet in kommerzielle Produkte wie Softwares zur Testerstellung und Plagiatserken-nung, Anwendungen für Barrierefreiheit und sogar in ganz normale Textverarbeitungs- und Präsentationssoftware. LMS beinhalten heutzutage KI-Technologien, die Studierende identi-fizieren und markieren, deren Studienerfolg gefährdet ist. Neue Lehr-/Lernmaterialen enthalten Algorithmen, die Studienerfolgsfaktoren messen und maßgeschneiderte, adaptive Lernwege generieren, sodass jede*r Studierende ein Lernangebot erhält, das auf die eigenen Bedürfnisse individuell zugeschnitten ist. Um die Validität der Tests zu verbessern, können KI-Systeme nun genutzt werden, um eine auffällige oder verdächtige Bearbeitung seitens der Studierenden aufzuspüren und die Studierenden für eine Nachprüfung zu markieren.

Die Einführung dieser Technologien in die akademische Lehre ist jedoch nicht unumstritten.

Systeme, die studentische Daten erheben und intelligente Interventionsentscheidungen auf Basis von Leistungsmetriken treffen, werden eng überwacht. Sogenannte “Nudge-Produkte”

und Anwendungen für geführte Lernwege, die individualisierte Lerninterventionen anbieten, werden in einigen Kreisen kritisch hinterfragt. Die feine Gratwanderung zwischen diesen neuen Technologien und Datenschutz, Ethik sowie Zugang zu studentischen Daten bleibt ein

umstrittenes Thema. Und der Umstand, dass viele Systeme inzwischen cloudbasiert sind, erhöht die Bedrohung des potenziellen Datenmissbrauchs.

Leseempfehlungen

New York Times

The Machines Are Learning, and So Are the Students The University of Oklahoma

OU Uses Artificial Intelligence in Recruitment

Utah State University

Blind Instructor Now Uses Amazon Alexa to Manage Her Classroom

Im Dokument 2020 EDUCAUSE Horizon Report (Seite 27-30)