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Bewertung der Minderungspotenziale unter Einbeziehung von Kosten

2 Zusammenfassung der wichtigsten Forschungsergebnisse

2.3 Bewertung der Minderungspotenziale unter Einbeziehung von Kosten

Die mit dem RCG-Modell ermittelte Effektivitätsrangfolge der Maßnahmenbündel zur weite-ren Senkung der PM10- und PM2.5-Konzentrationen über die CLE-Refeweite-renz 2020 hinaus (siehe Kapitel 8) bezieht sich ausschließlich auf die Wirkung der untersuchten Maßnahmen-bündel auf die Konzentrationen. Zusätzlich zu dieser Rangfolge wurden auch Rangfolgen auf Basis der abgeschätzten Maßnahmenkosten mit und ohne Berücksichtigung von

Nutzenver-lusten6 erstellt. Wenn lediglich die Kosten ohne Berücksichtigung von Nutzenverlusten be-trachtet werden, sind die im Folgenden beschriebenen Maßnahmen bzw. Maßnahmenbündel kostenneutral oder führen sogar zu Kosteneinsparungen.

Maßnahmenbündel, die eine Kostenersparnis bringen, sind insbesondere Kombinationen hauptsächlich nicht-technischer Maßnahmen in den Sektoren

• Landwirtschaft,

• Straßenverkehr und

• Sonstige Mobile Quellen

Zur Kostenersparnis tragen dabei ausschließlich Maßnahmen aus dem Sektor Straßenverkehr bei. Die Kostenersparnis basiert hier auf einer Kraftstoffeinsparung aufgrund von:

• Festlegung eines Tempolimits auf Autobahnen und Außerortsstraßen (Maßnahmen V003 und V004)

• Angleichung der Mineralölsteuer für Dieselkraftstoff (Maßnahme V005)

• Verlagerung von Innerortsfahrten auf das Fahrrad (Maßnahme V008) und

• Förderprogrammen zum kraftstoffsparenden Fahren (Maßnahme V009)

Darüber hinaus wurden vier Maßnahmenbündel identifiziert, die hinsichtlich ihrer Kostenef-fektivität kostenneutral sind. Dabei handelt es sich um folgende Maßnahmen bzw. Maßnah-menbündel, die im Folgenden in Einzelmaßnahmen aufgelöst werden:

• Nutzungsbeschränkungen für hochemittierende Baumaschinen in innerstädtischen Ge-bieten (Maßnahme MM005)

• Differenzierung der Trassenpreise im Schienenverkehr (Maßnahme MM007)

• Kosteninternalisierung im Flugverkehr (Kerosinsteuer und Einbeziehung in den Emis-sionshandel) (Maßnahme MM009)

• Emissionsabhängige Landeentgelte im Flugverkehr (Maßnahme MM010)

• Veränderung der Ausbringtechnik und Verringerung der Zeit bis zur Einarbeitung von Düngern (Maßnahme A009)

Insgesamt können mit diesen Maßnahmen mindestens 9% der PM10-Emissionsminderung bzw. 4% der PM2.5-Emissionsminderung des MFR-Szenarios, d. h. des mit allen identifi-zierten Maßnahmen maximal erreichbaren Minderungspotenzials erreicht werden.

Mit diesen Maßnahmen, die auf Grundlage der im PAREST-Projekt durchgeführten Kosten-schätzungen insgesamt zu Kosteneinsparungen in der Größenordnung von 1Mrd. € pro Jahr führen, könnten insgesamt circa 15% des mit allen Maßnahmen erreichbaren PM10-Immis-sionsminderungspotenzials umgesetzt werden.

Auch das hypothetische Szenario M15 „Angepasster Konsum von tierischem Eiweiß“ hat keine technischen Kosten.

 

6 Nutzenverluste wurden hier weitgehend als Komfort- und Zeitverluste definiert. Nicht berücksichtigt wurden externe Kosten oder Kostenverringerungen wie sie z.B. durch Änderung der Lärmbelastung oder Änderung des Unfallrisikos durch verkehrsbezogene Maßnahmen entstehen können.

Unter Berücksichtigung von Nutzenverlusten sind die fünf kosteneffektivsten Maßnahmen-bündel:

• Die Veränderung der Ausbringtechnik und Verringerung der Zeit zur Einarbeitung,

• Kombination von Anpassung der Düngermengen an den Düngerbedarf und verringer-ter Einsatz von Harnstoffdüngern,

• Festlegung eines Staubgrenzwertes von 10mg/Nm3 im Tagesmittel sowohl für beste-hende als auch für neue kohlegefeuerte Großfeuerungsanlagen > 50 MW

• Abdeckung der Wirtschaftsdüngerlager

• Implementierung von Abluftreinigungsanlagen in der Schweinehaltung

Die Kosten dieser Maßnahmen liegen unter Einbeziehung der Nutzenverluste in der Größen-ordnung von 56 Mio. € pro Jahr. Das maximal mögliche PM10-Immissionsminderungspoten-zial (d.h. das PotenPM10-Immissionsminderungspoten-zial des MFR-Szenarios M20) kann damit zu circa 27% ausgeschöpft wer-den, das PM2.5-Immissionsminderungspotenzial zu ca. 22%.

Die kostengünstigsten Maßnahmen sind aber nicht notwendigerweise die Maßnahmen, die die größten Effekte im Sinne einer weiteren Minderung der PM10-Immissionen aufweisen. Aus der über die Ausbreitungsrechnung ermittelten Rangfolge kann zur weiteren Senkung der PM10-Immissionen folgende Rangfolge der 6 wichtigsten Maßnahmen abgeleitet werden (Kapitel 8):

Deutschland (gesamt):

1. M45: Kleinfeuerungsanlagen, Novellierung der 1. BImSchV, (30% des Immissions-minderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

2. M47: Großfeuerungsanlagen, Novellierung der IED-Richtlinie, UBA-Entwurf, (18%

des Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

3. M46: Großfeuerungsanlagen, Novellierung der IED-Richtlinie, (17% des Immissions-minderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

4. M43: Landwirtschaft, MFR-Tierhaltung, (13% des Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

5. M73: Landwirtschaft, Maßnahme A007, „Einsatz von Abluftreinigungen im der Schweinehaltung“ (7% des Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

6. M51: Landwirtschaft, Maßnahme A012, „Kombination von Dünger nach Empfehlung und verringerter Einsatz von Harnstoff-Dünger“, (7% des Immissionsminderungspo-tenzials des MFR-Szenarios M20)

Ländliche Regionen:

1. M45: Kleinfeuerungsanlagen, Novellierung der 1. BImSchV, (23% des PM10-Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

2. M47: Großfeuerungsanlagen, Novellierung der IED-Richtlinie, UBA-Entwurf, (22% des PM10-Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

3. M46: Großfeuerungsanlagen, Novellierung der IED-Richtlinie, (20% des PM10-Immissi-onsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

4. M43: Landwirtschaft, MFR-Tierhaltung, (17% des PM10-Immissionsminderungspotenzi-als des MFR-Szenarios M20)

5. M73: Landwirtschaft, Maßnahme A007, „Einsatz von Abluftreinigungen im der Schwei-nehaltung“ (10% des PM10-Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

6. M51: Landwirtschaft, Maßnahme A012, „Kombination von Dünger nach Empfehlung und verringerter Einsatz von Harnstoff-Dünger“, (9% des PM10-Immissionsminderungspoten-zials des MFR-Szenarios M20)

Ballungsgebiete:

1. M45: Kleinfeuerungsanlagen, Novellierung der 1. BImSchV, (33% des PM10-Immis-sionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

2. M47: Großfeuerungsanlagen, Novellierung der IED-Richtlinie, UBA-Entwurf, (16% des PM10-Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

3. M46: Großfeuerungsanlagen, Novellierung der IED-Richtlinie, (15% des PM10-Immis-sionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

4. M43: Landwirtschaft, MFR-Tierhaltung, (9% des PM10-Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

5. M52: Großfeuerungsanlagen, Absenkung des Staubemissionsgrenzwertes, (6% des PM10-Immissionsminderungspotenzials des MFR-Szenarios M20)

6. M51: Landwirtschaft, Maßnahme A012, „Kombination von Dünger nach Empfehlung und verringerter Einsatz von Harnstoff-Dünger“, (6% des PM10-Immissionsminderungspoten-zials des MFR-Szenarios M20)

Diese Maßnahmen, bei denen keine Kosten durch Nutzenverluste entstehen, stellen ohne Doppelzählung (M46 und M47 zielen auf dieselbe Emittentengruppe ab) circa 80% des mit dem MFR-Maßnahmenbündel M20 erreichbaren maximalen PM10-Immissionsminderungs-potenzials in ländlichen Regionen und circa 70% des maximalen PM10-Immissionsminde-rungspotenzials in Ballungsräumen. Die Kosten für diese Maßnahmen liegen bei circa 1.2 Milliarden € (circa 70% der Gesamtkosten des MFR-Szenarios M20 von 1.8 Milliarden €, ohne Nutzenverluste).

Insgesamt lässt sich festhalten, dass es keine Maßnahme gibt, die auf der einen Seite geringe Kosten verursacht und auf der anderen Seite ein großes PM10-Minderungspotenzials besitzt.

Dies gilt unabhängig davon, ob Nutzenverluste berücksichtigt werden oder nicht.

Bei einer kombinierten kosten-immissionsbezogenen Bewertung der Maßnahmen ist es insbe-sondere für eine Reihe der nicht-technischen Maßnahmen von grundsätzlicher Bedeutung, ob Nutzenverluste, die hier weitgehend Komfort- und Zeitverluste sind, in die Betrachtung mit einbezogen werden oder nicht.

Ein Großteil der hier diskutierten nicht-technischen Maßnahmen ist im Sinne der hier vorge-nommenen Kostenschätzung kostenneutral oder führt sogar zu Kosteneinsparungen wenn Komfort- und Zeitverluste nicht berücksichtigt werden. So könnte allein durch den angepass-ten Konsum von tierischem Eiweiß (Maßnahmenbündel M15) ein zusätzliches, im MFR-Sze-nario nicht enthaltenes PM10-Immissionsminderungspotenzial freigesetzt werden, das im Mittel über Deutschland knapp 40% des Minderungspotenzials des MFR-Maßnahmenbündels M20 beträgt.

Beim Maßnahmenbündel Tempolimit (M50) muss hinsichtlich der immissionsseitigen Wir-kungen und der Bewertung der Kosteneffektivität mit und ohne Nutzenverlusten noch weiter differenziert werden in Tempolimit innerorts und Tempolimit auf Außerortsstraßen auf der einen Seite und Tempolimit auf Autobahnen auf der anderen Seite. Ein flächendeckendes Tempolimit auf Autobahnen von 120 km/h würde im Gegensatz zu den beiden anderen

Tem- 

polimit-Maßnahmen selbst unter Berücksichtigung von Nutzenverlusten zu einer geringfügi-gen jährlichen Kostenersparnis von 10 Mio. Euro führen, d.h. in etwa kostenneutral sein. Die Maßnahme „Tempolimit 120 km/h auf Autobahnen“ würde emissionsseitig etwa 4.3 kt NOx

(79% des Maßnahmenbündels Tempolimit, M50), 0.02 kt PM10 (70% des Maßnahmenbün-dels Tempolimit, M50) und 0.02 kt PM2.5 (70% des MaßnahmenbünMaßnahmenbün-dels Tempolimit, M50) mindern. Die immissionsseitigen Auswirkungen eines flächendeckenden Tempolimits von 120 km/h wurden jedoch nicht konkret modelliert. Es kann aufgrund der emissionsseitigen Minderungswirkung der Maßnahme jedoch geschätzt werden, dass die immissionsseitige Minderung im Mittel etwa 70% der Minderung des Maßnahmenbündels Tempolimit (M50) beträgt.

Fazit:

Die im Projekt PAREST untersuchten Maßnahmen schöpfen etwas weniger als 25% des theo-retisch noch verfügbaren Emissionsminderungspotenzials aus. Allein auf Basis dieser Maß-nahmen wird es nicht möglich sein, die PM10-Immissionen noch so weit abzusenken, dass die Grenzwerte der europäischen Luftqualitätsrichtlinie (2008/50/EG) überall eingehalten werden können.

Ein großes Potenzial zur weiteren Senkung der PM10-Immissionen bieten die NH3 -Emissio-nen der Landwirtschaft, die bis zum Jahre 2020 leicht zunehmen und auch im MFR-Szenario M20 nur mit einer circa 17%-igen Minderung belegt werden. Die Wirkung einer NH3 -Emissonsminderung auf die PM10-Immissionen steigt mit zunehmender Emissionsminde-rungsrate erheblich an (=> nichtlinearer Effekt). Verstärkte Minderungen der Emissionen die-ses Stoffes, wie sie z.B. durch eine Reduktion des Konsums von tierischem Eiweiß erreicht werden können, sind daher ein effektives Mittel zur Senkung der PM10-Konzentrationen.

Auch der hypothetische Ersatz von holzbefeuerten Öfen durch Ölfeuerungen wäre eine nahme, die sehr viel effektiver wäre als die meisten der hier diskutierten technischen Maß-nahmen. Ein flächendeckendes Tempolimit auf Autobahnen von 120 km/h würde einen Teil zur NOx-Minderung beitragen und wäre auch unter Berücksichtigung von Nutzen-, d.h. Zeit-verlusten, kostenneutral bzw. würde sogar zu einer geringfügigen jährlichen Kostenersparnis führen.

Die Umsetzung von nicht-technischen Maßnahmen wie ein Tempolimit, die Veränderung der Essgewohnheiten oder die Vermeidung von Holzfeuerungen erfordert wegen der damit ver-bundenen Komfort- und Zeitverluste aber ein gesellschaftliches Umdenken, das einer mögli-chen Verbesserung der Luftqualität ein höheres Gewicht einräumt als eventuellen Komfort- und Zeitverlusten.