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Im Dokument Alice: (Seite 40-48)

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Literatur:

Aichele, V./Schneider, J. (2006): Soziale Menschenrechte älterer Personen in der Pflege, Berlin, 2. überarb. Auflage (Deutsches Institut für Menschenrechte) BMFSFJ/BMG (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Bundesministerium für Gesundheit) (Hrsg.) (2009): Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen, Berlin

http://charta-zur-betreuung-sterbender.de/tl_files/dokumente/Charta-08-09-2010.pdf (Datum: 20.01.2012)

Dielmann, G. (2013): Krankenpflegegesetz und Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für die Berufe in der Krankenpflege. Text und Kommentar für die Praxis, 3. erw. u. akt. Aufl., Frankfurt/M.

Oelke, U. (Hg.) (2010): In guten Händen. Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege, Band 2, Berlin (http://www.amnesty.de/die-allgemeine-erklaerung-der-menschenrechte) (Datum: 05.11.2013)

http://www.amnesty-gesundheit.de/mug.henze_piechotta.pflege.pdf (Datum: 05.11.2013)

http://charta-zur-betreuung-sterbender.de/tl_files/dokumente/Charta-08-09-2010.pdf (Datum: 05.11.2013) http://www.dbfk.de/download/ICN-Ethikkodex-DBfK.pdf (Datum: 05.11.2013)

www.pflege-charta.de (Datum 05.11.2013)

Hinweis: Dieser Artikel erschien zuerst in „Editorial“ in „Pflege. Die wissenschaftliche Zeitschrift für Pflegeberufe, 2014, Heft 1, 27. Jg.: 3–5“ und durfte mit freundlicher Genehmigung des Huber/Hogrefe Verlages im alice magazin gedruckt werden.

Swantje Köbsell

Eigentlich sollte man meinen, dass die allgemeine Erklärung der Menschen-rechte von 1948 für ALLE, und damit auch behinderte Menschen Gültigkeit haben sollte. Tatsächlich jedoch wa-ren behinderte Menschen im Rahmen der UN bis ca. 1970 als Bürger_innen unsichtbar und lediglich Objekte der Medizin und Fürsorge. Damit war Be-hinderung kein Thema für die Men-schenrechtskommission, sondern für die Sozialkommission der Vereinten Nationen sowie die Weltgesundheits-organisation. In den 1970ern begann sich das Denken langsam zu verändern und es wurden erste, sogenannte wei-che – weil rechtlich nicht bindende – Völkerrechtsdokumente verabschiedet, mit denen langsam die Anerkennung der Menschenrechte behinderter Men-schen begann. Stärker in den Fokus genommen werden die Menschenrech-te behinderMenschenrech-ter Menschen erst ab den 1980er-Jahren: 1981 wurde zum „UNO Jahr der Behinderten“ ausgerufen, dem eine „UN-Dekade der Behinderten“

(1983–1992) folgte. Zum Ende dieser Dekade, in der es bereits einige erfolglo-se Vorstöße für eine eigene Menschen-rechtskonvention gegeben hatte, wurde ein Bericht über die menschenrechtliche Lage behinderter Menschen in Auftrag gegeben. Der Bericht verdeutlichte, dass Menschenrechtsverletzungen an behin-derten Menschen in allen Mitglied-staaten der UN vorgefunden wurden.

Ebenfalls 1993 erfolgte die Verabschie-dung der „Rahmenbestimmungen für die Herstellung von Chancengleichheit für Behinderte“ – auch diese waren

„weiches“ Völkerrecht und somit nicht rechtsverbindlich, trugen jedoch zur Veränderung des behindertenpoliti-schen Diskurses vieler Länder bei. 2000 wurde eine Studie zur

menschenrechtli-chen Situation behinderter Mensmenschenrechtli-chen in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse 2002 vorlagen und, wie der Bericht von 1993, weltweit massive Menschenrechtsver-letzungen an behinderten Menschen feststellte und verdeutlichte, dass eine Menschenrechtskonvention für behin-derte Menschen dringend benötigt wur-de. Parallel zur Erstellung dieser Studie wurde 2001 auf Initiative Mexikos ein sogenannter Ad-hoc-Ausschuss ein-gerichtet, dessen Aufgabe es war, eine Menschenrechtskonvention für behin-derte Menschen zu erarbeiten.

An der Erstellung dieser Konvention waren sehr viele Mitgliedstaaten, aber auch viele NGOs beteiligt. Letztere sorgten auch dafür, dass die zunächst nicht berücksichtigten besonderen Be-nachteiligungen behinderter Mädchen*

und Frauen*, die damit in der Konven-tion unsichtbar geblieben wären, mittels des sogenannten „twin-track-approach“

in der Konvention sichtbar wurden: Mit Artikel 6 – „Frauen* mit Behinderun-gen“ wurde explizit die intersektionale Diskriminierung behinderter Frauen*

benannt. Darüber hinaus gibt es Ver-weise auf geschlechtsbezogene Aspekte in anderen Artikeln.

Durch die Konvention ist Behinderung jetzt weltweit kein medizinisches oder sozialrechtliches „Problem“ mehr, son-dern eine Menschenrechtsangelegenheit geworden. Dieser Paradigmenwechsel spiegelt sich auch in dem zugrunde liegenden Behinderungsbegriff, der das in den Behindertenbewegungen entwickelte soziale Modell aufgreift:

(als behindert gelten) „Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geis-tige oder Sinnesbeeinträchtigungen ha-ben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen,

wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können“ (Art.  1 Abs.  2). Mit der UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) werden keine neuen oder gar „spezielle“

Menschenrechte für behinderte Men-schen eingeführt, sondern die bestehen-den Menschenrechte anhand der von zahlreichen Menschenrechtsverletzun-gen geprägten Lebenswirklichkeit be-hinderter Menschen „ausbuchstabiert“

und die inzwischen 172 Unterzeich-nerstaaten verpflichtet, diese in gelten-des Recht umzusetzen. Die UN-BRK wurde am 13. Dezember 2006 von der UN-Generalversammlung verabschie-det. In Deutschland ist sie seit 26. März 2009 in Kraft. Dass auch Deutschland davon noch weit entfernt ist, hat die Staatenprüfung 2015 mehr als deutlich gezeigt – allerdings ist die UN-BRK für Organisationen und Akteur_innen im Themenfeld Behinderung ein gutes In-strument, immer wieder auf Missstän-de hinzuweisen und Missstän-deren Abschaffung einzufordern.

Prof. dr. Swantje köbsell Professorin für Disability Studies koebsell@ash-berlin.eu

Menschenrechte für

behinderte Menschen – Entwicklungen und

aktuelle Lage

Band 1506Theresia Degener / Elke Diehl (Hrsg.) Handbuch Behindertenrechtskonvention

Theresia Degener / Elke Diehl (Hrsg.)

Handbuch Behindertenrechtskonvention

Teilhabe als Menschenrecht – Inklusion als gesellschaftliche Aufgabe

Weiterführende literatur:

Theresia Degener, Elke Diehl (Hg.) (2015):

handbuch behindertenrechts-konvention.

Teilhabe als Menschenrecht – Inklusion als gesellschaftliche Aufgabe, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn.

Im Mittelpunkt

Ina Schmidt

Das Menschenrecht auf Gesundheit ist in mehreren internationalen Verträgen und Übereinkommen geregelt, darun-ter der völkerrechtlich bindende UN-Sozialpakt und die seit 2009 für alle EU-Mitgliedstaaten rechtsverbindliche Grundrechtecharta der Europäischen Union. Trotzdem haben in Deutschland mehrere hunderttausend Asylbewer-ber_innen, Geflüchtete und illegalisierte Menschen nur einen sehr eingeschränk-ten Zugang zur gesundheitlichen Re-gelversorgung und zu Angeboten der Gesundheitsförderung und Prävention.

Dabei sind es gerade diese Menschen, die durch erlebte Menschenrechtsverletzun-gen vor, während und nach der Flucht gesundheitlichen Mehrfachbelastun-gen ausgesetzt sind. Denn eine prekäre materielle Lage, aufenthaltsrechtliche Unsicherheit, erlebter Rassismus oder das eingeengte und segregierte Leben in Gemeinschaftsunterkünften stellen nach der Ankunft in Deutschland psy-chosomatische Stressfaktoren dar.

Zusätzlich führen Verständigungs-probleme bei der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen zu

Fehldiagno-sen und Falschbehandlungen, die oft eine Verschlimmerung des Zustandes und lange Krankheitsverläufe zur Fol-ge haben. Grund dafür sind nicht nur sprachliche und kulturelle Barrieren, sondern auch mangelnde transkulturel-le Kompetenz bei Fachkräften des Ge-sundheits- und Sozialsystems.

Diskriminierende Gesetzeslage Dass in Deutschland rechtliche, struk-turelle und politische Gegebenheiten für Geflüchtete durchaus als krankmachend bezeichnet werden können, zeigt sich am

deutlichsten im Aufenthaltsrecht. Das Asylbewerberleistungsgesetz gewähr-leistet nur in akuten Notfällen eine ge-sundheitliche Versorgung. Illegalisierte nehmen Gesundheitsleistungen aus Furcht vor Aufdeckung und Abschie-bung gar nicht oder erst bei lebensbe-drohlichem Zustand in Anspruch. Und nicht wenige Menschen befinden sich in der aussichtslosen und paradoxen Situa-tion, dass ihr Aufenthaltsstatus auf einer schweren Erkrankung basiert und eine Gesundung zur Abschiebung führen würde.

Dieser desolaten Situation muss ganz klar ein gesellschaftliches Plädoyer gegen die diskriminierende Gesetzes-lage und für gleiche Rechte für alle in Deutschland lebenden Menschen ent-gegengesetzt werden. Doch was können wir als zukünftig praktizierende Sozial-arbeiter_innen konkret und in der all-täglichen Praxis tun?

Obwohl wir auf die rechtlichen, strukturellen, gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten nur bedingt Einfluss nehmen können ist es möglich, die individuellen Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und ge-sundheitsförderlich zu gestalten.

Dies lässt sich am besten an der Sozi-alen Arbeit in Gemeinschaftsunterkünf-ten für Geflüchtete veranschaulichen:

Ihre Aufgabe ist einerseits die Erken-nung der Bedarfe und Ressourcen der Bewohner_innen, andererseits die Ver-mittlung an bestehende Angebote der Gesundheitsförderung in der Umgebung sowie deren Koordination. Sozialarbei-ter_innen in Gemeinschaftsunterkünf-ten fungieren als Multiplikator_innen im Lebensumfeld der Geflüchteten.

Zur Gesundheitsförderung bei Ge-flüchteten gibt es aktuell einige Ma-terialien und Empfehlungen, die der Kooperationsverbund Gesundheitliche Chancengleichheit auf seiner Website zur Verfügung stellt. Zudem hat sich am 15. März 2017 eine Satellitentagung zum Kongress Armut und Gesundheit in Ber-lin mit dem Thema beschäftigt.

Die Aufgaben, die uns im Beruf er-warten sind schwierig und oft frustrie-rend. Doch jede und jeder von uns kann die Welt ein Stück weit menschlicher und gerechter machen.

ina Schmidt

Studentin der Sozialen Arbeit

Gesundheit für alle?

Asylbewerber_innen, Geflüchtete und illegalisierte Menschen haben in Deutschland nur einen sehr eingeschränkten Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung und zu Angeboten der Gesundheitsförderung und Prävention

In Deutschland haben mehrere hunderttausend Asylbewerber_innen, Geflüchtete und illegalisierte Menschen nur einen sehr eingeschränkten Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung und zu Angeboten der Gesundheitsförderung und Prävention

© fotolia.com

Menschenrechte

als Thema in der Weiterbildung

Menschenrechte als Thema in der Weiterbildung 49.17

Alltagsrassismus als Thema in der Kita (03.04.2017, 10.00 – 17.00 Uhr) 66.17

Restorative Justice: Verantwortungsübernahme,

Opferperspektive und Wiedergutmachung in der Sozialen Arbeit (11.05.2017, 10.00 – 17.00 Uhr)

68.17

„Da kommen ja nur junge Männer*“–

Gender in der Auseinandersetzung mit Rassismus und Sexismus (15.05.2017, 09.30 – 16.30 Uhr)

83.17

Argumentationsseminar: Rassismus und Sexismus zurückweisen (19.06. bis 20.06.2017, 10.00 – 17.00 Uhr)

87.17

Wie kann Soziale Arbeit mit der zunehmenden Ungleichheit in unserem Land umgehen?

(23.06. bis 24.06.2017, 10.00 – 17.00 Uhr) 89.17

Sprache und Macht in der Sozialen Arbeit (26.06.2017, 10.00 – 17.00 Uhr)

108.17

Institutionelle Gewalt in der Behindertenhilfe (13.09.2017, 10.00 – 17.00 Uhr)

117:17

Interkulturelle Beratung

(25.09. bis 28.09.2017, 10.00 – 17.00 Uhr) 131.17

Geflüchtete: Zugänge zu medizinischer und psychotherapeutischer Behandlung (19.10.2017, 10.00 – 17.00 Uhr) 137.17

Sexistisch und rassistisch – das sind nur die anderen (03.11. und 07.11.2017, 10.00 – 17.00 Uhr)

142.17

Willkommen konkret – Kinder geflüchteter Familien in der Kita (13.11. bis 15.11.2017, 10.00 – 17.00 Uhr)

148.17

Transkulturalität als Haltung im sozialarbeiterischen Handeln (20.11.2017, 10.00 – 17.00 Uhr)

154.17

Let’s talk about rascism: Machtkritische Perspektiven auf migrationsgesellschaftliche Verhältnisse

(01.12. bis 02.12.2017, 10.00 – 17.00 Uhr) E.02.17

Soziale Arbeit mit Geflüchteten – Möglichkeiten und Grenzen professionellen Handelns. Zertifikatskurs.

(03.11.2017 bis 17.06.2018, 8 Termine) Karin Schwarz

Im neuen Jahresprogramm 2017 des Zentrums für Weiterbildung der Alice Salomon Hochschule Berlin hat die Thematik rund um die Menschenrechte einen breiten Platz gefunden. Wir verstehen dies als Weiterentwicklung aus den Inhalten der letzten zwei Jahre rund um das Thema Migration, Flucht und Asyl.

Was ist uns wichtig in Bezug auf dieses Weiterbildungsthema?

■ Förderung gesellschaftlicher Vielfalt

■ Reflektion persönlicher Einstellungen und Werte

■ Vermittlung von praxisorientierten Ansätzen

■ Klare Positionierung gegen Rassismus und Sexismus

Wir hoffen, dass uns die Auswahl der Seminarthemen gelungen ist.

Eine kleine Auswahl möchten wir hier kurz vorstellen.

Gebühren und weitere Hinweise entnehmen Sie bitte den jeweiligen Ausschreibungen im Internet auf den Seiten der Weiterbildung unter: www.ash-berlin.eu/weiterbildung

Anmeldungen per E-Mail an

schwarz@ash-berlin.eu oder über www.ash-berlin.eu/weiterbildung/

Im Mittelpunkt

VieL*Bar

In der Werkschau „All included“ im Jugendmuseum Schöneberg (April–Oktober 2016): Von Jugendlichen erstellte Demo-Schilder zum Thema „Deine Freiheit, meine Freiheit“

Mart Busche und Jutta Hartmann

Der Bezug auf Menschenrechte bie-tet neben einer rechtlichen auch eine ethisch-normative Grundlage für Diver-sity-Zugänge. Es geht um Anerkennung von Vielfalt und Würde jedes Einzelnen, um Gleichwertigkeit und Gleichberech-tigung, um Nichtdiskriminierung und Prävention von Gewalt. Bildung kommt die Aufgabe zu, Menschenrechte zu fördern und lebendig werden zu las-sen, z. B. das Recht auf sexuelle Selbst-bestimmung. Zweifelsohne mag die Kenntnis der Yogyakarta-Prinzipien, in denen 2007 eine internationale Gruppe von Rechtsexpert_innen die Menschen-rechte in Bezug auf Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans*-Personen aus-buchstabiert hat, förderlich wirken für eine anerkennende Haltung gegenüber gelebter Vielfalt.

Im IFAF-geförderten Praxisforschungs-projekt VieL*Bar beschäftigen wir uns mit Bildungsarbeit, die dem Ziel folgt, vielfältige geschlechtliche und sexuelle Lebensweisen zum selbstverständlichen Horizont der Lebensgestaltung werden zu lassen. Nicht zuletzt aufgrund einiger Beobachtungen im Forschungsfeld fra-gen wir uns, inwiefern es dabei sinnvoll ist, einen dezidiert menschenrechtsori-entierten Ansatz als primären Zugang zu wählen. Inwiefern lernen Kinder und Ju-gendliche vielfältige geschlechtliche und sexuelle Lebensweisen dann nicht von Anfang an als über potenzielle Diskri-minierung gekennzeichnet kennen? Und inwiefern laufen solche Zugänge weiter Gefahr, die der vorherrschenden Ord-nung heterosexueller Zweigeschlecht-lichkeit zugrunde liegenden Differenzen

und Logiken – wie die binären Unter-scheidungen in Frau–Mann, homo–he-tero, cis und trans*, Norm(alität) und Abweichung – eher bestätigend aufzuru-fen statt sie auf altersangemessene Weise machtkritisch zu reflektieren?

Themen werden über Zugänge kons-tituiert. Wie kann der in den Menschen-rechten eingelassene Sinn sexueller Selbstbestimmung nicht nur im Verhält-nis der Menschen zueinander – Freiheit von: Diskriminierung –, sondern gerade auch im Verhältnis der Einzelnen zu sich selbst – Freiheit zu: vielfältigen Lebens-weisen – lebendig gemacht werden, ohne dieser von vornherein die vorherrschen-de Struktur von Norm und Abweichung zu unterlegen?

Herausforderungen eines menschen-rechtsorientierten Zugangs werden in der konkreten Bildungsarbeit auch dort sichtbar, wo Jugendliche Menschenrech-te nicht als einen gemeinsamen Nenner gelten lassen, z. B. vor dem Hintergrund eines eigenen prekären (Aufenthalts) Status, dem Erleben von Krieg und Flucht oder einer identitäre Sicherheit versprechenden Orientierung auf Cis-geschlechtlichkeit und Heterosexuali-tät. Die Gefahr ist groß, als Pädagog_in dann eine Erzählung zu wiederholen, die den Umgang mit Menschenrechten zu einem Indikator von Fortschrittlich-keit und Liberalität erhebt – und damit Jugendlichen ihre (Herkunfts)Kontex-te als rückständig und aufholbedürftig vorführt.

Ein anderer Zugang kann demge-genüber darin liegen, die Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt

auch als widersprüchlichen Teil nati-onalstaatlicher Identitätskonstruktio-nen des globalen Nordens zu begreifen.

Zu diesen gehört, Homo- und Trans-feindlichkeit auf (Migrations)andere zu projizieren und damit bestimmte Selbst- und Fremdidentitäten zu schaffen. So betrachtet lösen die beschriebenen Abwehrreaktionen weniger Verwunde-rung aus. Auch sind wir herausgefor-dert alternative Thematisierungsweisen von Vielfalt zu entwickeln, die solche Produktionsweisen von aufeinander verweisenden Identitäten, aber auch die darin eingelassenen Ambivalenzen (z. B.

gleichzeitig von beidem etwas zu sein) und Möglichkeiten (z. B. strategisch mal das eine, mal das andere zu sein) aufzei-gen. Darüber hinaus können gemeinsam Widersprüche und Auslassungen der Menschenrechte aufgespürt und dabei deren (hetero)normative und (post)kolo-niale Grundlagen kritisiert und verscho-ben werden.

dipl. Pol. Mart busche

Wiss. Mitarbeiter* IFAF-Projekt „VieL*Bar“

(Vielfältige geschlechtliche und sexuelle Lebensweisen in der Bildungsarbeit – Didaktische Potenziale und Herausforderun-gen museumspädagogischer Zugänge) ASH Berlin/ HTW Berlin

mart.busche@ash-berlin.eu Prof. dr. jutta hartmann

Professorin für Allgemeine Pädagogik und Soziale Arbeit

Studiengangsleitung BA Soziale Arbeit jutta.hartmann@ash-berlin.eu

Queere Bildung

Potenziale und Grenzen von Menschenrechtsperspektiven

© Pia Müller

Im Mittelpunkt

Ruth Großmaß

Dass ein Nachdenken über die Be-deutung der Menschenrechte zu einer professionellen, fachlich begründeten Sozialen Arbeit gehört, ist spätestens seit der Zunahme von Aufgaben bei der „Un-terstützung und Versorgung geflüch-teter Menschen“ weitgehend akzeptiert und in öffentlichen Diskussionen häu-fig zu hören. Wie die Grundrechte der Verfassung, die moralischen Konzepte von Gerechtigkeit, Anerkennung oder Respekt, gehören auch die Menschen-rechte zu den normativen Grundlagen, die in der beruflichen Praxis eine Rolle spielen.

Doch – wie können die notwendigen ethischen Reflexionen in der berufli-chen Praxis wirksam werden? Es hilft ja nicht, Begriffe wie „Würde“, „Ge-rechtigkeit“, „Anerkennung“, „Selbst-bestimmung“ oder „Inklusion“ immer im Munde zu führen. Im Gegenteil:

Normative Begriffe nutzen sich schnell ab, sie werden hohl und verlieren ihre moralisch bindende Kraft. Auch wenn man Verstöße gegen diese Normen (Dis-kriminierungen z. B. oder Ungleich-behandlungen) kritisiert, ist damit das eigene berufliche Handeln noch nicht

„gut“ bzw. verantwortbar gestaltet.

„Ethical reasoning“ (s. Großmaß & Per-ko 2011; Großmaß 2016) ist eine Metho-de, die ethische Fragen auf der Ebene alltäglicher Praxis klären hilft. „Ethik“

hat dabei weniger mit Vorschriften und Idealen zu tun als mit Konflikten, Di-lemmata und

Entscheidungsschwierig-keiten: Oft reichen z. B. die Ressourcen nicht, um alle Bedürfnisse der Personen zu befriedigen, um deren Wohl man sich kümmern muss. Wie lässt sich in solchen Situationen Gerechtigkeit her-stellen? Manchmal bewegt sich die So-ziale Arbeit in einem Spannungsfeld zwischen ihrem administrativen Rah-men und den professionellen Standards.

Was tun? Lassen sich Kompromisse finden oder muss man (sozial-)poli-tisch aktiv werden? Die Menschenrech-te öffnen oft eine Spannung zwischen universal geltenden Rechten/Pflichten und partikularen Normen und Regeln.

„Menschenwürde“ etwa ist ein Prinzip (Habermas 2011), das für jede einzelne Person in gleicher Weise gilt. Dem ge-genüber steht die individuell, kulturell und geschlechtsspezifisch unterschied-liche „Würde“, in der sich „eine Art zu leben“ (Bieri 2013) ausdrückt. Solche Fragen unter Offenlegung von Argu-menten und mit Bezug auf eine einzel-ne Handlungssituation zu diskutieren, Handlungsspielräume auszumachen und verantwortbare Lösungen zu fin-den – dies ist Aufgabe des „ethical rea-soning“. Das bereits genannte Lehrbuch (Großmaß & Perko 2011) zeigt Wege dazu auf.

Prof. dr. ruth Großmaß

Professorin für Ethik der Soziale Arbeit i.R.

grossmass@ash-berlin.eu

Ethische Reflexion Menschenrechte in der Sozialen Arbeit – ein Einsatzfeld für

„ethical reasoning“

literatur Bieri, Peter (2013):

Eine Art zu leben.

Über die Vielfalt menschlicher Würde.

München: Hanser Großmaß, Ruth (2016):

Ethische Reflexion in der Sozia-len Arbeit. In: Soziale Arbeit 3. 2016, 89–101

Habermas, Jürgen (2011):

Das Konzept der Menschenwür-de und die realistische Utopie der Menschenrechte.

In: Ders. Zur Verfassung Europas.

Berlin: Suhrkamp (edition suhrkamp)

Großmaß, Ruth und Perko, Gudrun (2011):

Ethik für Soziale Berufe.

Paderborn: Schöningh (utb)

Gedanken zu Anti-/Rassismus an der Hochschule

Iman Attia

An der Alice Salomon Hochschule Berlin gibt es – wie an vie-len anderen Hochschuvie-len auch – weder ein Antirassismusbüro noch sind antirassistische oder rassismuskritische Ziele in den Leitlinien explizit aufgeführt oder Strategien einer rassismus-reflektierenden Organisationsentwicklung wirksam. Dennoch wird die Hochschule in hohem Maße mit Engagement gegen Rassismus sowie mit Rassismus reflektierender Lehre und

For-schung assoziiert. Das hängt sicherlich mit tatsächlichen Akti-vitäten zusammen, die in Publikationen, Veranstaltungen und Interventionen einiger Hochschulangehöriger sichtbar werden.

Diese punktuellen Bemühungen, Rassismus zu thematisieren und zu bekämpfen, dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch die ASH Berlin weit davon entfernt ist, ein rassismusfreier Ort zu sein. Wie könnte das auch anders sein: Die Hochschule ist Teil der Gesellschaft, einer Gesellschaft, in der Rassismus auf all seinen Ebenen hervorgebracht und wirksam wird – der strukturellen, institutionellen, diskursiven, kulturellen, sozi-alen, kommunikativen und subjektiven Gesellschaft. Neben allgemeinen Verstrickungen ihrer Mitglieder in rassistische Diskurse und Strukturen, ist die Hochschule eine Instituti-on, in der Wissen hervorgebracht, verbreitet und verhandelt wird. Wissensproduktionen sind in gesellschaftliche Diskurse verstrickt, aber auch in disziplinäre und professionelle Wis-senskulturen, die sowohl rassistisches als auch rassismuskriti-sches und antirassistirassismuskriti-sches Wissen hervorbringen. Die in der

Rassismusforschung diskutierten Ebenen sind in all ihren Di-mensionen und Formen auch an Hochschulen bedeutsam und wirkmächtig, insbesondere dann, wenn Rassismus ausgeblen-det, verharmlost oder geleugnet wird. Ich will im Folgenden exemplarisch einige utopische Situationen skizzieren, die im Hinblick auf eine rassismuskritische Hochschule diskutiert werden könnten.

Der Lebenslauf als Falle Ressource Lebensläufe von Studierenden und Mitarbeiter_innen der unterschiedli-chen Statusgruppen werden nicht nur – vermeintlich objektiv und zielführend – danach bemessen, welche formalen Zeugnisse und beruflichen Qualifikati-onen in welcher Zeit erbracht wurden.

Vielmehr interessiert sich die Hochschule dafür, welche Ressourcen im jeweils kon-kreten Fall zur Verfügung standen und unter welchen Umständen und in wel-cher Weise sie genutzt wurden, wie groß also die Differenz zwischen Ausgangssi-tuation und aktuellem Stand ist. Selbst unter neoliberalen und meritokratischen Gesichtspunkten kann auf diese Weise die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft einer Person angemessener beurteilt wer-den, als lediglich vom Ergebnis her zu entscheiden. Sie berücksichtigt aber ins-besondere, dass andere als die üblichen formalen Daten und bezifferten Wertungen wichtige Quali-fikationen sein können, insbesondere in einem beruflichen Kontext, der auf die Arbeit mit Menschen vorbereitet. Zudem kommt die Hochschule ihrem Leitbild einen Schritt näher, indem sie etwa „gesellschaftliche Verantwortung“ (Leitbild 1) übernimmt und sich für „Fairness, Akzeptanz und Wertschät-zung von personeller Vielfalt“ (Leitbild 8) einsetzt, da sie his-torischem Unrecht und gesellschaftlichen Machtverhältnissen entgegenwirkt.

Harmonie und Identifikation Diversität und Konfliktfähigkeit

Es spielt für Arbeitsgruppen- und Stellenbesetzungen keine Rolle, ob eine Person ins Team passt oder bereits ehrenamtlich oder prekär für die Hochschule gearbeitet hat. Vielmehr ist die Hochschule bestrebt, die harten Effekte weicher Kriterien zu minimieren. Das, worüber sich Studierende und Mitarbei-ter_innen außerhalb des Büros, des Seminars oder des Gre-Die Fassade der ASH Berlin

Im Mittelpunkt

miums unterhalten und wie sie es tun, spielt keine Rolle. Eine nette Atmosphä-re und das Bier nach Feierabend fühAtmosphä-ren ebenso wenig zu Ausschlusskriterien wie Vorleistungen für und Verbun-denheit mit der Institution. Menschen, deren Familien aufgrund der Einwan-derungspolitik meist über weniger öko-nomisches Kapitel verfügen als andere Menschen mit akademischen Ambitio-nen, können es sich häufig nicht leisten, ehrenamtlich zu arbeiten oder an einer wissenschaftlichen Karriere über Lehr-aufträge und Gremienarbeit zu basteln.

Zudem spielen bereits bei der Vergabe entsprechender Positionen weiche Kri-terien eine Rolle, die sich potenzieren, wenn ihnen nicht offensiv begegnet wird. Das soziale, symbolische und kul-turelle Kapital rassialisierter Menschen eröffnet ihnen in der Regel andere als akademische Laufbahnen an Hoch-schulen, insbesondere dann, wenn sie nicht in entsprechenden Elternhäusern die notwendigen Verhaltensweisen er-lernt und Netzwerke gesponnen haben.

Potenziellen weißen Bündnispartner_

innen und Netzwerken fehlen häufig die Sensibilität und Reflexionsbereit-schaft für die Rassismuserfahrungen Schwarzer und Wissenschaftler_innen of Color, sodass nette, unverfängliche Gespräche nur selten möglich sind.

Anstelle weicher Kriterien werden deswegen bei Stellenbesetzungen und Arbeitsgruppenzusammensetzungen rassismusreflektierende berücksichtigt und anstelle der Suche nach Reproduk-tion des Eigenen und harmonisieren-dem Konsens werden Vielfalt, Dissens und Konfliktfähigkeit zum Ausgangs-punkt, um unterschiedliche Interessen konstruktiv zu regeln.

Rassismus ist kein genuiner Bestand-teil von Forschung und Lehre

Eigene Verstrickungen in Rassismus und Rassismuserfahrung werden reflektiert, um diesbezüglich angemessen und pro-fessionell mit den künftigen Zielgrup-pen umgehen zu können. Rassismus wird als institutionelle Struktur, soziale Praxis und persönliche Erfahrung ana-lysiert und findet Eingang in die Kon-zipierung von Lehre und Forschung.

Grundlegend wird etwa berücksichtigt, dass Rassismus das Wohlbefinden von

definition von rassismus Iman Attia

Rassismus konstruiert „Rassen“, sodass körperliche, kulturelle oder religiöse As-pekte als genuine Gruppenmerkmale erscheinen, die für alle Gruppenmitglieder zentral bedeutsam seien und einen grundsätzlichen Unterschied zur „eigenen Gruppe“ markierten. Die Konstruktion von „Rassen“ hat zum Ziel und/oder als Effekt, dass eine Gruppenidentität durch Abgrenzung von anderen geschaffen wird und dass Aggressionen, Aus- und Einschlüsse sowie Privilegierungen und Diskriminierung damit legitimiert werden.

Der erste Satz dieser Definition nimmt das Othering in den Blick: Homogenisie-rung (alle gleich), EssentialisieHomogenisie-rung (weil ihre Rasse, Ethnie, Kultur, Religion so ist) und Dichotomisierung (anders als wir). Der zweite Satz thematisiert Rassismus als gesellschaftliches Machtverhältnis. Dabei kann Rassismus ein Ziel verfolgen, aber auch ohne eindeutig zielgerichtet motiviert zu sein und bewusst danach zu handeln entsprechende Effekte haben. Sowohl die Ziele als auch die Effekte betreffen zwei Bereiche der Differenzierung: die Teilhabe an Gesellschaft und die Nicht-/Zugehörigkeit zu ihr, und zwar im politischen, ökonomischen, kulturellen und sozialen Zusammenhang. Mithilfe von Rassismus werden also Selbst- und Fremdbilder verhandelt und zu schließen versucht, Ressourcen und Zugänge ermöglicht bzw. begrenzt und ihre Verteilung legitimiert, Privilegien und Diskri-minierungen sowie Ein- bzw. Ausschlüsse begründet.

Dieser Definition zufolge sind „Rassen“ ein Produkt von Rassismus und nicht um-gekehrt, wobei „Rasse“ heute (in der BRD) häufig ersetzt wird durch Ethnie, Kultur oder Religion. Das heißt natürlich nicht, dass es keine Unterschiede zwischen Menschen gäbe, im Gegenteil: Dingen werden in unterschiedlichen Kontexten verschiedene Bedeutungen zugewiesen, ohne dass die eine fortschrittlicher, emanzipierter oder wertvoller sein muss; soziale Praktiken und ethische Werte unterscheiden sich auch jenseits rassialisierter Kontexte; historische Prozesse, politische Entscheidungen und rechtliche Normen führen zu unterschiedlichen Zugängen und Positionierungen von Subjekten und Gruppen und dies auch aufgrund von Rassismus. Im Unterschied zur Anerkennung kultureller und so-zialer Differenzen bei gleichzeitigem Ausgleich der Effekte historischer, politi-scher, diskursiver und rechtlicher Differenzierungen und Diskriminierung, zielt das Othering im Kontext gesellschaftlicher Machtverhältnisse darauf, Nicht-/

Zugehörigkeit zu fixieren und Privilegien bzw. Diskriminierungen zu rechtferti-gen. Obwohl Rassismus eine Funktion hat, bedeutet das wiederum nicht, dass jede_r mit Absicht rassistisch ist, wohl aber, dass alle in rassistische Diskurse und Verhältnisse verstrickt sind. Die Vernachlässigung von Rassismus etwa hat regel-mäßig rassistische Effekte zur Folge, denn sie missachtet die unterschiedlichen Positioniertheiten, Perspektivierungen, Bedeutungszuweisungen, Ressourcen, Zugänge, Empfindlichkeiten, Lebensläufe usw. Aus diesem Grund wird Rassismus an seinen Effekten, nicht an seinen Motiven erkannt.

Als gesellschaftliches Machtverhältnis ist Rassismus also kein Vorurteil, Klischee oder Stereotyp und nicht per se gegen Ausländer_innen oder Fremde gerichtet, sondern gegen Menschen, die zu anderen gemacht werden, gegen Sinte_zza und Rom_nja, Jüd_innen, Muslim_innen, People of Color und Schwarze. Verschiedene Formen von Rassismus können unterschiedliche Funktionen erfüllen und Effekte haben, sich transformieren und überlappen und mit anderen gesellschaftlichen Machtverhältnissen verwoben sein. Als komplexes gesellschaftliches Verhältnis wirkt Rassismus also auch im Hochschulbereich auf unterschiedlichen Ebenen.

Im Dokument Alice: (Seite 40-48)