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4.4 Degradation und Regeneration von mc-Si Wafern unter Ladungsträgerinjektion bei

4.4.5 Betrachtungen und Einfluss der Beleuchtung

Aus Abschnitt 4.4.2 ist deutlich geworden, dass die Ladungsträgerinjektion während des ITPs einen deutlichen Einfluss auf die Lebensdauer hat. Bisherige Betrachtungen der Zeitentwick-lung der Lebensdauer fanden bei isogenerativen Bedingungen mit der Beleuchtung von 2 Son-nen statt, da nach den Erkenntnissen aus Abschnitt 4.4.2 dort die größten Änderungen zu erwarten sind. In diesem Abschnitt soll der Einfluss der Ladungsträgerinjektion durch Beleuch-tung bei isothermen Bedingungen untersucht werden. Der Einfluss der BeleuchBeleuch-tung bei Raumtemperatur wird ebenfalls untersucht, um den Unterschied von τAH und τAH-ai herauszu-arbeiten.

Abbildung 4.14 zeigt die Zeitentwicklungen der Lebensdauer von mc-Si Proben bei verschie-den starker Beleuchtung während des ITPs und verschie-den Temperaturen 130°C, 220°C und 310°C.

Bei allen Temperaturen wird deutlich, dass die Beleuchtung einen dominanten Einfluss auf die Reaktionskinetik hat. Besonders auffällig zeigt sich dies bei tiefen Temperaturen um 130°C in Abbildung 4.14 (a). Die nicht beleuchtete Probe4 zeigt innerhalb der ersten Stunde nur eine leichte Degradation von τ0 = 148 µs auf τAH-ai(30 min) = 140 µs. Bei etwa einer Stunde scheint die Degradation der Oberfläche zunehmend die Zeitentwicklung zu beeinflussen. Bereits eine schwache Beleuchtung scheint einen deutlichen Einfluss auf die Reaktionskinetik zu nehmen.

Die Beleuchtung mit 0,1 Sonnen führt nach wenigen Minuten zu einer erkennbaren Degrada-tion. Beginnend bei τ0 = 145 µs fällt die Lebensdauer τAH-ai innerhalb einer Minute auf 116 µs.

Bei 2 Sonnen nimmt die Geschwindigkeit der Degradation nochmals zu. Die Lebensdauer ver-schlechtert sich innerhalb einer Minute mit anfangs τ0 = 135 µs auf fast die Hälfte mit τAH-ai(1 min) = 78 µs.

4 Obwohl hier von „nicht beleuchteter Probe“ gesprochen wird, wird dennoch von einem gewissen Streulicht ausgegangen, für das 10-5 Sonnen angenommen werden.

Dieser besonders deutliche Unterschied kann die Änderung der Lebensdauern der in Ab-schnitt 4.4.2 gezeigten Proben nach isochroner Behandlung von 3 min erklären: Nicht be-leuchtete Proben weisen unterhalb von 250°C innerhalb 3 min keine signifikante Änderung auf.

Dies zeigt sich auch bei den Lebensdauern der bei 220°C behandelten Proben in Abbil-dung 4.14 (b). Die nicht beleuchtete Probe zeigt eine schwache Degradation von τ0 = 163 µs auf τAH-ai(1 min) = 153 µs, die etwas stärker ausfällt als bei der Vergleichsprobe bei 130°C. Die schwache Beleuchtung von 0,1 Sonnen führt auch hier zu einer merklichen Degradation von τ0 = 152 µs auf τAH-ai(1 min) = 110 µs. Die Kombination aus Volumenregeneration und Ober-flächendegradation führt zu einem relativ breiten Minimum. Die mit einer Sonne und zwei Sonnen beleuchteten Proben verhalten sich ähnlich und erreichen das Minimum bereits in weniger als 5 s. Danach setzt mit vergleichbarer Rate die Regeneration ein. Alle Proben schei-nen ein beleuchtungsunabhängiges Minimum (2. Minimum) bei etwa einer Stunde

aufzuwei-(a) (b)

(c)

Abbildung 4.14: Zeitentwicklung der effektiven Le-bensdauer τAH-ai nach dem ITP bei verschiedener Be-leuchtung und den Temperaturen (a) 130°C, (b) 220°C und (c) 310°C von Lebensdauerproben auf mc-Si

sen (siehe Pfeile in Abbildung 4.14). Die Rate der danach einsetzenden Regeneration der stär-ker beleuchteten Proben ist vergleichbar. Abbildung 4.14 (c) zeigt die generationsabhängige Zeitentwicklung bei 310°C. Besonders auffällig ist das Fehlen eines ausgeprägten Minimums im Vergleich zu den Proben, welche bei tieferen Temperaturen behandelt wurden. Lediglich bei den nicht bis schwach beleuchteten Proben lässt sich eine geringe Degradation innerhalb der ersten Minute ausmachen, die die Lebensdauer um weniger als 4 µs reduziert. Bei allen Proben findet eine Verbesserung statt, deren Effekt und Geschwindigkeit von der Beleuch-tung abhängt. Die nicht beleuchteten bis schwach beleuchteten Proben zeigen eine Verbesse-rung der Lebensdauer von etwa 1,65·τ0 nach etwa 6 h.

Mit einer Verbesserung von etwa 2,1·τ0 ist die AH bei den mit 1 - 2 Sonnen beleuchteten Pro-ben deutlich ausgeprägter und erreicht das Maximum bei etwa 100 min deutlich früher. Die Beleuchtung von 25 Sonnen wurde mit einer leistungsstarken Halogenlampe aus nächster Nähe erreicht. Durch den starken Wärmeeintrag ist nicht mehr von einer stabilen Temperatur auszugehen. Während des ITPs in Zeitschritten von 1 min erwärmte sich die Probe langsam auf etwa 370°C. Der deutlich stärkere Anstieg der Lebensdauer bei dieser Probe ist also nicht ausschließlich auf die Beleuchtungsstärke zurückzuführen. Das Maximum tritt bereits nach etwa 1 min auf, die Verbesserung liegt bei 1,8·τ0.

Nach den Betrachtungen von Abschnitt 4.4.2, unterscheiden sich beleuchtete und nicht be-leuchtete Proben im Anteil positiv und negativ geladenen Wasserstoffs aufgrund des unter Beleuchtung beeinflussten Fermi-Niveaus. Das Auftreten einer Degradation im Kurzzeitbe-reich scheint mit dem Ladungszustand von H oder mit der Lage des Fermi-Niveaus in Zusam-menhang zu stehen.

Die in Abschnitt 4.4.1 eingeführten Probenzustände nach fortschrittlicher Wasserstoffpassi-vierung und nach Beleuchtung sind mit den Lebensdauern τAH und respektive τAH-ai verknüpft.

Die unter Beleuchtung bei Raumtemperatur nicht stabile Lebensdauer τAH ist zusammen mit der Lebensdauer τAH-ai nach Beleuchtung in Abbildung 4.15 gezeigt. Beispielhaft werden dort die Verläufe der Lebensdauern bei 220°C im Dunkeln und unter Beleuchtung von einer Sonne gezeigt. Sowohl τAH als auch τAH-ai zeigen eine qualitativ vergleichbare Zeitentwicklung und sind eng miteinander verknüpft. Die Differenzlebensdauer τAH-ai - τAH ist in Blau in dem jewei-ligen Diagramm mit eingezeichnet. Die Lebensdauern der beiden Probenzustände nach schrittlicher Wasserstoffpassivierung unterscheiden sich im Bereich von 10 - 15 µs. Mit fort-schreitender Zeit nimmt die Differenzlebensdauer ab und scheint bei der nicht beleuchteten Probe in Abbildung 4.15 (a) sogar ins Negative umzuschlagen.

Verwunderlich ist das Auftreten einer Differenzlebensdauer bei der in Abbildung 4.15 (b) dar-gestellten Probe. Obwohl die Probe während des ITP beleuchtet wird, scheint dennoch eine weitere Änderung durch Beleuchtung bei Raumtemperatur aufzutreten. Ursache könnte der Probenzustand sein, der sich nach dem ITP nochmal ändern kann, da die Probe während der Abkühlung nicht beleuchtet ist und dadurch beleuchtungsinduzierte Effekte rückgängig ge-macht werden könnten.

Das Auftreten einer Differenzlebensdauer könnte mehrere Gründe haben, die durch Beleuch-tung bei Raumtemperatur verursacht werden:

 Dissoziation von Eisen-Bor Paaren: Da der Effekt auch bei FZ-Si Wafern auftritt, wer-den Eisen-Bor Defekte und deren Dissoziation als Ursache für dieses Phänomen aus-geschlossen [229].

 Aufladungseffekt der SiNx:H/Si Grenzfläche: Ähnlich wie der von Lüder beschriebene Ladungseffekt durch Beleuchtung einer Al2O3-Schicht [227], wäre eine Umladung der Oberflächenzustände an der SiNx:H/Si-Grenzfläche denkbar. Schmidt et al. geben für das SiNx:H/Si-System ein mögliches Banddiagramm an [230]. Demnach könnten durch Licht angeregte Elektronen aus dem Silizium positiv geladene Defektzustände an der Grenzfläche besetzen. Jedoch anders als bei Al2O3 weist SiNx:H eine positive Ladungs-dichte an der Oberfläche auf, die dadurch reduziert würde. Die durch die positiven La-dungen entstandene Inversion der Silizium-Bänder verkleinerte sich dann, sodass Ma-joritäten an der Grenzfläche nicht mehr effektiv zurückgedrängt werden. Gerade bei niedrigen Injektionsniveaus 𝑛 < 1015cm-3 würde das zu einer Erhöhung der Rekombi-nation der Minoritäten führen und die Lebensdauer reduzieren [231]. Eine vergleich-bare Verbesserung der Lebensdauer nach Beleuchtung wurde auch von Seiffe et al.

beschrieben [232]. Mit einem Stapelsystem aus SiNx:H/SiOy passivierte FZ-Si Wafer zeigen nach Beleuchtung bei Raumtemperatur eine höhere Lebensdauer. Erklärt wird dies mit der Tatsache, dass an Grenzflächendefekten gefangene Löcher aus dem Silizi-um mit Elektronen aus dem SiliziSilizi-um oder der Passivierschicht rekombinieren können.

Im zweiten Fall führt dies zu einer Erhöhung der Ladungsdichte der Schicht und zu

ei-(a) (b)

Abbildung 4.15: Zeitentwicklung der Lebensdauer nach ITP bei 220°C und (a) ohne Beleuchtung sowie (b) mit einer Sonne Beleuchtung. Gezeigt sind die Lebensdauer τAH direkt nach dem ITP und die Lebensdauer τAH-ai nach dem ITP und einer zusätzlichen Beleuchtung von 20 s bei Raumtemperatur. Die Differenzlebensdauer τAH-ai - τAH ist mit aufgetragen.

ner stärker ausgebildeten Inversion, die die Löcher von der Grenzfläche fernhält, wo-mit die SRH-Rekombination reduziert wird.

 Neutralisation der Defekte an der Grenzfläche: Die elektrische Deaktivierung der De-fektzustände an der Grenzfläche könnte durch mobilen Wasserstoff erfolgen. Dieser auf der lichtinduzierten Heilung (light induced curing, LIC) basierende Effekt wurde von Joos et al. beschrieben [233, 234].

 Passivierung von Defekten im Volumen: Denkbar ist auch eine Passivierung von Defek-ten im Volumen. Im Verlauf der Arbeit wird gezeigt, dass eine Verbesserung der Le-bensdauer durch Beleuchtung bei Raumtemperatur umso ausgeprägter ist, je heißer eine Probe gefeuert wird. Da aber bereits bei niedrigeren Temperaturen um 700°C Wasserstoff aus der SiNx:H-Schicht in das Volumen gelangt und der Effekt bei um 700°C gefeuerten Proben nicht auftritt, scheint eine Defektpassivierung im Volumen durch Beleuchtung eher fraglich.

 Veränderung der Schicht durch Einwirken von Photonen: Da die Verbesserung der Le-bensdauer unabhängig davon auftritt, welche Seite beleuchtet wird, wird der Effekt mehr dem durch Beleuchtung induzierten Ladungsträgerüberschuss als einer direkten Einwirkung der Photonen auf die Schicht zugeschrieben. Würden Photonen die Schicht verändern und nur eine Seite beleuchtet werden, so sollte die Lebensdauer durch die nicht beleuchtete Schicht negativ beeinflusst werden. Da sich die Lebensdauer nach einseitiger Beleuchtung im Vergleich zu beidseitiger Beleuchtung aber nicht ändert, kann davon ausgegangen werden, dass das Injektionsniveau und nicht Photonen einen Einfluss auf die Schichten nimmt.

Im Langzeitbereich scheint sich der lichtinduzierte Effekt der Verbesserung zu minimieren.

Dies lässt darauf schließen, dass das System einem stabilen Zustand zustrebt, welcher sich nicht mehr durch Ladungsträgerinjektion beeinflussen lässt.

4.5 Degradation und Regeneration der Lebensdauer von solarzellenähnlichen