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Beteiligung der SHINE-Gene an der Kutikula- und Suberinbildung

4 Diskussion

4.4 Beteiligung der SHINE-Gene an der Kutikula- und Suberinbildung

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CYP86A4 konnte die Funktion als ω-Hydroxylase spezifisch für C16-Säuren nachgewiesen werden (Li-Beisson et al. 2009b). CYP86A7 weist eine Sequenzhomologie von 69,8 % zu CYP86A4 auf und durch in vitro Studien konnte die Funktion als ω-Hydroxylase für C12-Säure nachgewiesen werden (Duan und Schuler 2005). Die Substratspezifität der CYP86A7 ω-Hydroxylase könnte in vivo auch Fettsäuren längerer Kohlenstoffkettenlängen umfassen. Die verminderte Genexpression der ω-Hydroxylasegene wird zu geringeren Mengen Enzym und folgend verminderter Synthese von ω-Hydroxysäuren und Folgeprodukte führen.

Die Microarray-Studie der shn1/2/3 Blüte weist für fünf weitere Gene aus dem Lipidstoffwechsel eine Coregulation mit den SHINE-Transkriptionsfaktorengenen auf (Shi et al. 2011): drei GDSL-Motiv-Lipasen/Hydrolasen (RXF26, At2g42990 und At5g33370); eine Hydrolase (BDG3); eine Fettsäure-CoA-Reduktase (FAR1). Keines dieser Gene ist als putative Oxidase, welche Disäuren synthetisieren, oder putative Mittketten-Oxygenase, zur Synthese mittkettig oxygenierter Säuren, ausgezeichnet. Die Funktionen der GDSL-Motiv-Lipasen/Hydrolasen und BDG3 sind nicht charakterisiert.

Diese Proteine könnten auf die Bildung des Blütenkutinpolyesters einwirken. Ihre jeweilige Funktion lässt sich aus Genen mit hoher Sequenzhomologie ableiten. Die nächstverwandten Proteine sind die putative GDSL-Lipase At2g04570 und BDG1, beides sind extrazelluläre Proteine unbekannter Funktion. Für die GDSL-Lipase konnte die Beteiligung an der Pollenwandbildung nachgewiesen werden und für BDG1 die Beteiligung an der Kutikulabildung (Kurdyukov et al. 2006a; Mayfield et al. 2001). FAR1 ist als Fettsäure-Reduktase zur Synthese von Alkoholen in Suberin und Wachs beschrieben worden (Domergue et al. 2010). Änderungen innerhalb der Alkohole wurden in der Kutikula der Blüten jedoch nicht detektiert. Diese Indizien unterstützen die Hypothese, dass die die SHINE-Transkriptionsfaktoren Gene zur Synthese der ω-Hydroxysäuren kontrollieren und daraus die Verminderung der Disäuren und mittkettig oxygenierten Säuren resultiert.

Wie in der Einleitung erläutert, ist nicht bekannt welche Fettsäurederivate zur Synthese der ω-Hydroxysäuren, Disäuren und mittkettig oxygenierter Säuren verwendet werden (Kapitel 1.2.2). Die Vorstufen können als Fettsäure in freier Form, als Thioester mit Coenzym A oder mit Glycerin verestert vorliegen. Die Umformung zu den Fettsäurederivaten benötigt die Aktivität von Acyltransferasen. Sind verminderte Mengen an Acyltransferasen vorhanden, kann dies ebenfalls zur verminderten Synthese

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der genannten Kutinmonomere führen. Auch die Transportform der Konstituenten, sowie der Transport vom ER zur Membran, in den Apoplasten und die dortige Assemblierung des Polymers ist nicht aufgeklärt. Daher könnte der Knockdown der Transkriptionsfaktoren durch Genregulation beispielsweise der Acyltransferasen, ABC-Transporter, Lipid-Transferproteinen oder Polyestersynthasen, ebenfalls zu einer veränderten Lipidzusammensetzung des Kutins führen.

Zusätzlich zum Kutinpolymer wurden auch Veränderungen in der Zusammensetzung des Blattwachses beobachtet. Dort liegen die Alkane C29, C31 und C33 signifikant erhöht vor. Um diesen Effekt in der transgenen Linie zu erklären, kann der Lipidsyntheseweg der erhöht vorliegenden Wachsbestandteile herangezogen werden. Die Alkane stammen aus dem Decarbonylierungszweig der Wachsbiosynthese. Man nimmt an, dass dort sehr langkettige Fettsäuren (C20-C34) durch Fettsäure-CoA-Reduktasen zu Aldehyden und nachfolgend durch Aldehyd-Decarbonylasen zu Alkanen umgeformt werden (Cheesbrough und Kolattukudy 1984; Vioque und Kolattukudy 1997). Die Vorstufen der Alkane, die C30- bis C34-Fettsäuren und -Aldehyde, liegen im Vergleich zum Wildtyp mengenmäßig unverändert vor. Demzufolge ist eine Beteiligung der SHINE-Transkriptionsfaktoren frühestens bei der Decarbonylierung in der Alkansynthese möglich. Falls die Transkriptionsfakoren die Alkansynthese über die Aldehyd-Decarbonylase regulieren würde im vorliegenden Fall eine Funktion als Repressor angenommen werden. Durch eine geringere Menge an SHINE-Transkriptionsfaktoren würde die Alkansynthese entsprechend gesteigert werden. Spekuliert wird die Rolle von CER1 als Decarbonylase (Aarts et al. 1995). Transgene CER1-Linien weisen geringere Mengen Alkane und Folgeprodukte auf, jedoch auch verminderte Mengen primärer Alkohole. Die zu erwartende Decarbonylasefunktion konnte nicht erfolgreich nachgewiesen werden. Eine Mittketten-Alkan-Hydroxylase der Wachsbiosynthese synthetisiert sek. Alkohole und Ketone aus Alkanen. Wird dieser Syntheseschritt verringert, werden weniger Alkane zu Folgeprodukten umgesetzt und können akkumulieren. Die in silico Coexpressionsstudie (Kapitel 1.2.5, Abbildung 7-15) zeigt eine Coregulation von SHN3 und CYP96A15. CYP96A15 kodiert das Enzym MAH1 (MAH1:

mid-chain alkane hydroxylase1), dem die Funktion einer Mittketten-Alkan-Hydroxylase nachgewiesen werden konnte (Greer et al. 2007). Es ist in der Lage Alkane zu sekundären Alkoholen und folgend zu Ketonen umzuwandeln. Möglicherweise unterliegt CYP96A15 der Kontrolle von SHN3, dann würde die Expression im

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Knockdown herunter reguliert sein und die verminderte Menge des Enzyms MAH1 könnte wie oben beschrieben die Akkumulation der Alkane bewirken. Die Genexpression von CYP96A15 wurde im Blatt der Knockdownlinie nicht geprüft. Die Ketone und sek. Alkohole kommen im Blattwachs nur in Spuren vor und wurden hier nicht detektiert, daher fehlen weitere Indizien für diese Hypothese (Aharoni et al. 2004).

Das Blattkutin der shn1/2/3-Linie wies keine Unterschiede der Polyesterzusammensetzung im Vergleich zum Wildtyp auf.

Aufgrund der Expression von SHINE-Transkriptionsfaktorengenen in der Wurzel wurde die Suberinkomposition der shn1/2/3-Linie untersucht (Kapitel 1.3.4). Das Suberinpolymer der Wurzel weist in der Knockdownlinie im Vergleich zum Wildtyp keine Änderungen in der Lipidkomposition auf, was verschiedene Ursachen haben kann.

Die in silico Studie zeigt eine Expression von SHN1 und SHN3 in der juvenilen Wurzel.

Eine Beteiligung der Transkriptionsfaktoren an der Wurzelsuberinbildung ist möglicherweise in einem bestimmten Entwicklungsstadium erforderlich und spielt in der adulten Wurzel keine Rolle. Außerdem konnte für SHN3 mittels GUS-Lokalisationsstudie die Expression im Zentralzylinderparenchym der Wurzel, in der kein Suberin eingelagert wird, nachgewiesen werden (Shi et al. 2011).

Möglicherweise regulieren die SHINE-Transkriptionsfaktoren dort andere Entwicklungsprozesse. In Gerste (Hordeum vulgare) konnte die Beteiligung des SHINE-Orthologs Nud (Nudum) bei der Einlagerung einer Substanz in die Karyopse nachgewiesen werden (Taketa et al. 2008). Die Funktion der Substanz besteht offenbar in der Vermittlung der Adhäsion der Karyopsenhülle mit dem Samen. Fehlt die Substanz, wie es in der natürlich vorkommenden Mutante vorkommt, haftet die Hülle nicht am Samen. Mittels Färbung mit lipophilen Farbstoffen konnte die lipophile Natur der Substanz nachgewiesen werden, die Zusammensetzung wurde jedoch nicht aufgedeckt.

In Oryza sativa konnte mittels ektopischer Expression von AtSHN2 eine starke Veränderung der Menge und Zusammensetzung des Lignins und der Zellulose hervorgerufen werden (Ambavaram et al. 2011). Die Mutante wies einen Anstieg der Zellulose um 34 % und eine Verringerung des Lignins um 45 % in den Sprossachsen auf.

Man schloss daraus auf die integrale Rolle der SHINE-orthologen Transkriptionsfaktoren in Reis bei der Entwicklung des Festigungsgewebes. In A. thaliana konnte mittels FT-IR (Fourier Transform Infrarot Spektroskopie) eine veränderte Zellwandzusammensetzung in den Petalen der shn1/2/3-Linie nachgewiesen

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werden (Shi et al. 2011). Möglicherweise kommt den Transkriptionsfaktoren im Zentralzylinder von A. thaliana eine ähnliche Rolle zu, beispielsweise bei der Regulation von Genen die an der Bildung apoplastischer Lipide, dem Aufbau des Festigungs- oder Leitgewebes oder der Zellwand beteiligt sind.

In der vorliegenden Studie konnte durch Knockdown der SHINE-Transkriptions-faktorengene in A. thaliana die Beteiligung am Aufbau der Kutikula nachgewiesen werden. Die Änderungen der Lipidkomposition weisen auf eine spezifische Wirkung der Transkriptionsfaktoren in der Lipidsynthese hin. Im Blütenkutin sind die ω-Hydroxy-säuren und dessen Folgeprodukte betroffen und im Blattwachs die Alkane. Für diese Substanzklassen konnten in Studien von SHN1-Überexpressionslinien die stärksten Änderungen in den Kutikulazusammensetzungen der Blüte, des Blattes und der Sprossachse beobachtet werden (Aharoni et al. 2004; Broun et al. 2004; Kannangara et al. 2007). Indizien (s.o., Abbildung 7-15) weisen auf eine spezifische Regulation der ω-Hydroxylierung in der Kutinbiosynthese und der Mittketten-Alkan-Hydroxylierung in der Wachssynthese durch die SHINE-Transkriptionsfaktoren hin. Die Expressionsdaten der ω-Hydroxylasen CYP86A4 und CYP86A7 untermauern diese Annahme, eine Expressionsstudie der Mittketten-Alkan-Hydroxylase CYP96A15 steht aus. Eine Beteiligung der Transkriptionsfaktoren an der Bildung des Suberinpolymers konnte nicht nachgewiesen werden. Die Expressions- und Lokalisationsmuster der SHINE- Transkriptionsfaktoren deuten auf eine Beteiligung am Aufbau des Zentralzylinders hin.

Eine Analyse der Zellwandzusammensetzung könnte weiteren Aufschluss über die Rolle der SHINE-Transkriptionsfaktoren bei der Zellwandbildung geben.

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