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Die durch die Inkubation der Holzfasern mit Laccase bzw. Laccase-Mediator gebildeten freien Radikale sind bei der Herstellung bindemittelfreier Faserplatten ein wesentlicher Faktor, da die eigentliche Vernetzung der Holzfasern auf ihrem Reaktionsmechanismus beruht (BERGMANN, 1998). Im natürlich gewachsenen Holz kommen freie Radikale nicht vor (IFJU et al. 1980), sondern die Radikalbildung findet erst statt, wenn das Holz bestimmten Chemikalien, der Einwirkung durch Pilze oder Enzyme, elektromagnetischer Strahlung oder physikalisch-mechanischem Stress ausgesetzt ist (HON et al., 1981). Dabei sind einige Radikale sehr stabil, andere dagegen sehr unstabil, insbesondere gegenüber Sauerstoff.

Nach HON (1983) entstammen die freien Radikale im Holz dem Lignin, nicht aber der Cellulose. Durch das thermo-mechanische Aufschlussverfahren (TMP-Verfahren, siehe Kapitel 3.5.2) werden die Holzfasern im Mittellamellenbereich getrennt. Durch die Überschreitung der Glasübergangstemperatur bei 123 °C und die zusätzliche mechanische Bearbeitung wird das Lignin der Mittellamelle verändert. Bei diesem Vorgang entstehen im Lignin elektrische und statische Ladungen, wobei sich durch die Abtrennung der Seitenketten des Lignins freie Radikale bilden. Diese Radikale können kurzfristig sehr instabile Peroxy-Radikale bilden, die innerhalb kurzer Zeit weiterreagieren. Weiterhin werden auch Phenoxy-Radikale gebildet, die in der Regel dauerhaft und stabil sind und mittels ESR-Spektroskopie nachgewiesen werden können (HON, 1983).

Für die Untersuchungen an Laccase bzw. Laccase-Mediator inkubierten Holzfasern in dieser Dissertation bietet die Elektronenspin-Resonanz-Spektroskopie (ESR) eine Möglichkeit, einen Nachweis über das Vorhandensein bzw. die Aktivierung freier Radikale auf der Holzfaseroberfläche zu erbringen.

Wie in Kapitel 4.2.9 erwähnt, wurden die ESR-Spektren teilweise am Institut für Biophysik des Uniklinikums Saarland und teilweise am Institut für Anorganische Chemie der Universität Göttingen angefertigt. Dabei sind alle Spektren unter identischen Bedingungen aufgenommen worden, jeweils mit einem großen Scan (400 Gauss -4400 Gauss, dargestellt 500 Gauss - 4400 Gauss) und kleinem Scan (200 Gauss).

Mit dem weiten Feldbereich wird geprüft, ob irgendwelche charakteristischen Metallsignale vorhanden sind (z. B. Cu2+, Mn2+, Fe3+). Der kleine Scan wird zur Analyse der Intensität des organischen Radikals benutzt. Zur Spektrenaufnahme wurden mehrere Scans akkumuliert, so dass sich Messzeiten von maximal 3000 sec. für die einzelnen Spektren ergaben. Alle Spektren sind normiert dargestellt, d. h. durch die Anzahl der Additionen bei der Spektrenaufnahme dividiert worden.

In Abbildung 44 sind die ESR-Spektren der Kontrollprobe (in McIlvaine Puffer behandelte Holzfasern) und von Laccase-Mediator inkubierten Holzfasern dargestellt.

Abb. 44: ESR-Spektrum einer Holzfaserkontrolle und Laccase-Mediator inkubierter Holzfasern

In der Kontrollprobe sind Mn2+-Signale vorhanden, welche sich im Bereich von 3000 Gauss und 3750 Gauss befinden. Die Anhäufung der Peaks in diesem Bereich zeigt auch, dass sich

500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000

-4000 -2000

4000

Cu 2+

B [Gauss]

Kontrolle

0 2000

Laccase-Mediator inkubierte Holzfasern

Mn 2+

-6000

org.

oranische Radikale auf der Holzfaseroberfläche befinden. Ihr Vorhandensein liegt im thermo-mechanischem Aufschluss begründet. Bei dem ESR-Spektrum der Laccase-Mediator behandelten Holzfasern sind Cu2+-Signale , aber keine anderen Metalle erkennbar. Die Cu2+ -Signale stammen von der Laccase. Der wesentliche unterschied zu der Kontrollprobe ist der stark ausgeprägte Peak bei 3250 Gauss, der auf eine hohe Anzahl von freien, organischen Radikalen auf der inkubierten Faseroberfläche zurückzuführen ist. Es handelt sich hierbei um Phenoxy-Radikale. Der Verlauf des Peaks ist typisch für Laccase inkubierte Holzfasern (FELBY

et al., 1997). Dieser ist nach Felby et al. (1997) und WIDSTEN (2002) ein typisches „solid-state“-Spektrum (siehe Abbildung 45). Zu bedenken ist, dass sich in diesem Bereich auch Cu2+-Signale der Laccase befinden. Es liegt also eine Überlagerung der Peaks vor.

Entsprechend werden auch bei der Verwendung des Mediators Bestandteile des Mediators mit gemessen, dessen Peaks ebenfalls die Peaks der freien Radikale oder der Laccase überlagern können. Aus diesem Grund sind in den Abbildungen 46 und 47 durch Differenzbildung alle überlagernde Peaks der Laccase und des Mediators aus den ESR-Spektren entfernt worden, so dass lediglich in den ESR-Spektren die Peaks der organischen Radikale gezeigt werden können.

Zur Verdeutlichung ist das „solid-state“-Spektrum in Abbildung 45 vergrößert dargestellt.

Abb. 45: Typisches „solid-state“ – Spektrum Laccase-Mediator inkubierter Holzfasern

2800 3000 3200 3400 3600 3800 4000

Intensität

B [Gauss]

Nach FELBY et al. (1997) katalysiert die Laccase die Bildung von Phenoxy-Radikalen und Wasser in Ein-Elektronen-Schritten aus den phenolischen Hydroxylgruppen des Lignins, wobei Sauerstoff reduziert wird. Die Reaktion läuft wie folgt ab:

4 Phe-OH + Laccase + O2 Æ 4 Phe-OH+ + H2O

In Abbildung 46 sind die ESR-Spektren der mit 200 U/ml Laccase (L 200) und 200 U/ml Laccase + 10 mM Mediator HBA (L 200 + HBA 10) inkubierten Holzfasern verglichen. Die Inkubationszeit betrug 2 Stunden. Wie erwähnt, sind alle möglichen überlagernde Peaks der Laccase und des Mediators aus dem Spektrum durch Differenzbildung entfernt worden.

Abb. 46: ESR-Spektren der Laccase (L 200) und Laccase-Mediator (L 200 + HBA 10) inkubierter Holzfasern

Sowohl bei der Probe L 200 als auch bei der Probe L 200 + HBA 10 sind im Bereich 3250 und 3500 Gauss deutliche Peaks zu erkennen, die durch das Vorhandensein freier Phenoxy-Radikale auf der Holzfaseroberfläche entstanden sind. Dabei wird deutlich, dass die Intensität der Peaks bei Laccase-Mediator inkubierten Holzfasern stärker ist als bei Laccase inkubierten Holzfasern.

Der Grund hierfür muss eine durch den Mediator hervorgerufene stärkere Radikalisierung der Liginmoleküle auf der Holzoberfläche sein.

500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000

-6000 -4000 -2000 4000

B [Gauss]

0 2000

L 200 + HBA 10

L 200

Ein Vergleich der ESR-Spektren bei unterschiedlichen Laccasekonzentrationen (100 U/ml und 200 U/ml), aber einer gleich bleibenden Mediatorkonzentration (10 mM) ist in Abbildung 47 zu sehen. Die Fasern wurden 2 Stunden lang inkubiert.

Abb. 47: ESR-Spektren Laccase-Mediator inkubierter Holzfasern mit unterschiedlichen Laccasekonzentrationen

Aus der Abbildung wird deutlich, dass der Peak der Probe L 200 + HBA 10 stärker ist, als der der Probe L 100 + HBA 10. Somit hat die Erhöhung der Laccasekonzentration eine stärkere Bildung freier Radikale auf der Holzfaseroberfläche bewirkt.

Die Untersuchungen der Laccase bzw. Laccase-Mediator inkubierten Holzfasern mittels Elektronenspin-Resonanz haben, wie auch schon andere Analysen (z. B. die Bestimmung des Gehaltes an phenolischen Hydroxyl-Gruppen in Kap 5.7) gezeigt, dass mit der Verwendung des Mediators bessere Ergebnisse erzielt werden können, als bei der alleinigen Inkubation mit Laccase. Dabei wird bei einer Laccasekonzentration von 200 U/ml und einer Mediatorkonzentration von 10 mM die höchste Intensität an freien Radikalen gemessen. Für die spätere Verpressung der inkubierten Holzfasern sind dann diese Radikale von Bedeutung, um mit sich mit anderen freien Radikalen zu vernetzen bzw. miteinander zu verkleben. Um diese Funktion erfüllen zu können, müssen sie auf der Faseroberfläche „verbleiben“ (FELBY et al., 1997). Dem zur Folge muss verhindert werden, dass sich zu viele phenolische Gruppen bzw. Phenoxy-Radikale von der Faseroberfläche ablösen. Dies kann dadurch erfolgen, dass die Holzfasern nur für eine bestimmte Zeit lang inkubiert werden dürfen, da ansonsten eine Ablösung der Radikale zu erwarten ist (FELBY et al., 1997). In den anderen analytischen

500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000

-6000 -4000

-2000 4000

B [Gauss]

0 2000

L 200 + HBA 10

L 100 + HBA 10

Untersuchungen dieser Dissertation ist eine Inkubationszeit von 2 Stunden als geeignete Dauer ermittelt worden. In dieser Zeit können genügend freie Phenoxy-Radikale gebildet werden, um anschließend miteinander zu reagieren. Weiterhin ist es von Bedeutung, in welchem Verfahren die Holzfasern inkubiert werden. Bei der Inkubation der Fasern im Nassverfahren (vgl. Kapitel 3.8.2) muss damit gerechnet werden, dass sich durch die stark flüssige Umgebung (Inkubationslösung) viele Radikale lösen können, mit entwässert werden und somit für eine Vernetzung der Holzfasern nicht mehr zur Verfügung stehen. Dagegen können die im Trockenverfahren (vgl. Kapitel 3.8.1, in diesem Fall Sprühinkubation) gebildeten freien Radikale weitgehend auf der Faseroberfläche verbleiben und für eine

„Verklebung“ zur Verfügung stehen.