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Besonderheiten im Biotinmetabolismus beim Wiederkäuer

In den 40-er Jahren des letzten Jahrhunderts ergaben sich aus Untersuchungen der Biotin-konzentrationen in Futter und Panseninhalt erste Hinweise auf eine mikrobielle Biotinsynthe-se im PanBiotinsynthe-sen (MCELROY UND JUKES 1940;WEGNER ET AL.1941).

LARDINOIS ET AL.(1944)beobachteten, dass Zulagen von Harnstoff zu melasse- und stärke-ergänzten Heurationen gegenüber Rationen ohne Harnstoffzulage zu erhöhten Biotingehal-ten des Panseninhaltes führBiotingehal-ten und beschrieben ferner, dass in Rationen ohne schnell fer-mentierbare Kohlenhydrate oder bei einer nur geringen Mikrobendichte im Pansensaft die Synthese der Vitamine des B-Komplexes nicht maximal ausfiel.

Erstmals beschrieben AGRAWALA ET AL. (1953), dass die Versorgung mit Vitaminen des B-Komplexes bei Rindern und Schafen mit voll entwickeltem Vormagensystem durch die mikrobielle Synthese im Pansen erfolgt.

Ungewissheit besteht, ob diese Eigensynthese, auf deren Größenordnung hier noch einge-gangen wird, immer ausreicht, um z.B. bei der Milchkuh die besonders zu Beginn der Lakta-tion ablaufenden biotinabhängigen Prozesse ausreichend abzudecken (WHITEHEAD 1991).

Höhere tierische Leistungen mit daraus resultierendem höheren Nährstoff- und Energieum-satz, damit auch veränderten Fütterungsbedingungen und zunehmender Vitaminausschei-dung über die Milch haben die Frage nach einer leistungsgerechten Versorgung von Hoch-leistungstieren mit B-Vitaminen verschärft. Aufgrund des noch lückenhaften Wissens können gegenwärtig noch keine exakten Empfehlungen zur Versorgung bzw. zum Bedarf an B-Vitaminen für Wiederkäuer angegeben werden (FLACHOWSKY 1999).

2.4.1 Mikrobielle Synthese von Biotin

Die mikrobielle Synthese von Biotin verläuft ausgehend von Pimelinsäure und L-Alanin unter Mitwirkung von 7-Keto-8-Aminopelargonsäure-Synthetase, 7,8-Diaminopelargonsäure-Ami-notransferase und Dethiobiotin-Synthetase über Dethiobiotin zum D-Biotin.

Die genauen Abläufe sind aus Abbildung 3 auf der folgenden Seite ersichtlich.

Über die mikrobiell gebildete Menge von Biotin finden sich in der Literatur nur wenige Anga-ben, die in ihren Größenordnungen deutliche Unterschiede aufweisen:

FRIGG ET AL.(1993b)ermittelten auf der Basis von duodenalen Flussraten bei 190 kg schwe-ren Bullenkälbern, die mit verschiedenen Rationen auf Basis von Luzerneheu, Sudangras und extrudiertem Mais gefüttert wurden, Biotinsynthesemengen von 0 bis 10 mg/d in Abhän-gigkeit der gefütterten Ration.

ZINN ET AL.(1987) schätzten die mikrobielle ruminale Biotinsynthese auf 0,8 mg pro kg ver-dauter organischer Substanz. Unter Zugrundelegung dieses Verhältnisses läge die Synthe-seleistung bei einer Milchkuh, welche täglich 20 kg Trockenmasse mit einer Verdaulichkeit der organischen Substanz von 65% aufnimmt, bei 10mg Biotin pro Tag. In Untersuchungen an Mastrindern beobachteten MILLERET AL.(1986), dass die Biotinsynthese in den Vormä-gen, besonders im Pansen, gemessen als Differenz des mit dem Chymus am Dünndarm anflutenden und des mit dem Futter aufgenommenen Biotins, mit 0,12 bis 1,33 mg pro Tag relativ gering ausfiel.

Bemerkenswert hingegen war die Zunahme des Gehalts an Biotin im Dünndarm um 1,3 bis 4,2 mg pro Tag, die auf die bereits erwähnte Aktivität der Darmflora zurückgeführt wurde (KOPINSKI ET AL.1989,s. 2.3). Dieses enteral gebildete Biotin, das in den Zellen der Bakteri-en Bakteri-enthaltBakteri-en und daher möglicherweise nicht resorbierbar war, und die geringe Absorptions-fähigkeit des Dickdarmepithles für dieses Vitamin führte dazu, dass es zu einem großen Teil mit den Fäzes abgegeben wurde. So traten im Kot bis zu 6 mg mehr Biotin auf, als mit dem Futter aufgenommen wurde. STEINBERG ET AL. (1994) bestätigten diese Beobachtung: Sie fanden im Kot von Milchkühen bis zu 10 mg mehr Biotin als im verabreichten Futter.

Pimelinsäure

ADP + Orthophosphat + CDP

Biotin

Abb. 3: Mikrobielle Synthese von Biotin (DAKSHINAMURTI UND CHAUHAN 1989)

LITERATURÜBERSICHT 15

Durch eine höhere Biotinzufuhr mit dem Futter wird die Vermehrung biotinbildender Bakteri-en gefördert. DiesBakteri-en Schluss ziehBakteri-en MILLER ET AL.(1986) aus Untersuchungen, bei denen nach Verfütterung einer biotinreichen Ration mehr Biotin beim Übergang in den Dünndarm nachzuweisen war als bei einer vitaminärmeren Ration.

2.4.2 Mikrobieller Biotinabbau

Der mikrobielle Abbau von Biotin liefert als Endprodukte Harnstoff, NH4+

, HCO3

und L-Cystein (CHRISTNER ET AL.1964;BRADY ET AL.1966).

Der Kohlenstoff, den die Mikroorganismen zum Wachstum benötigen, stammt aus dem Ace-tat. Dieses entsteht durch schrittweise β-oxidative Spaltung der Valeriansäure-Seitenkette.

Es verbleibt dann Bisnorbiotin (bei Verkürzung um 2 Kohlenstoffatome) oder Tetranorbiotin (bei Verkürzung um 4 C-Atome) als Molekül.

IWAHARA ET AL.(1969)waren der Ansicht, dass diese β-Oxidation der Seitenkette des Biotins mit der Abspaltung beider Acetat-Einheiten Voraussetzung für die anschließende Spaltung des Harnstoff-Ringes ist, welche in zwei Schritten abläuft: Zuerst wird der Harnstoff ab-gespalten, der dann weiter zu NH4+ und CO2 hydrolysiert wird.

Der Abbau des verbleibenden Thiophen-Ring-Fragmentes liefert organischen Schwefel so-wie Schwefel auf verschiedenen Oxidations-/Reduktions-Niveaus (MCCORMICK 1975).

Da nach Verfütterung biotinsupplementierten Futters und oraler Applikation des Vitamins beobachtet wurde, dass die Biotinflussraten am Duodenum und die Blutplasmaspiegel für Biotin anstiegen, wird der Abbau des Vitamins durch die ruminalen Mikroorganismen als nur gering eingeschätzt (ZINN ET AL.1987;FRIGG ET AL.1993b ).

Die Schritte des mikrobiellen Abbaus von Biotin sind in Abbildung 4 noch einmal schema-tisch dargestellt.

Abb. 4: Mikrobieller Abbau von D-(+)-Biotin nach MCCORMICK (1975)

Valeriansäure-Seiten-Kette mit Freisetzung von Acetat

Die schwarzen Markierungen symbolisieren die Orte der Spaltungen, die Ordnungszahlen in den Be-schreibungen die Reihenfolge der ablaufenden Reaktionen

Abb. 4: Mikrobieller Abbau von D-(+)-Biotin (nach MCCORMICK 1975)

2.4.3 Biotin in der Wiederkäuerfütterung

HAYES ET AL.(1966) beobachteten, dass bei Bullen die Aufnahme von Biotin nach Fütterung einer Ration aus viel Heu und wenig Mais größer war als bei umgekehrten Verhältnissen.

MILLER ET AL. (1986) bestätigten die höhere Biotinaufnahme bei grundfutterreicher Ernährung im Vergleich zu kraftfutterreicher durch die im Vergleich zu Konzentraten höheren Biotinge-halte in Grundfuttermitteln. Die Forschergruppe führte an duodenal- und ilealkanülierten Bul-len 2 verschiedene Untersuchungen durch. Im ersten Versuchsblock wurden Testdiäten auf Basis verschiedener Getreidearten eingesetzt, im zweiten Block wurde eine konzentrathalti-ge mit einer konzentratarmen Ration verglichen. Die Biotinaufnahme war in Abhängigkeit der verschiedenen Getreidearten und ihrer Biotingehalte (vgl. Tabelle 2) im Versuch 1 unter-schiedlich. Wie bereits unter 2.4.1 beschrieben, fiel bei der Auswertung der Chymusproben besonders auf, dass die Biotinsynthese im Pansen, gemessen als Differenz des mit dem Chymus am Dünndarm anflutenden und des mit dem Futter aufgenommenen Biotins, im Ge-gensatz zu der Synthese der andere erfassten B-Vitamine Niacin, Thiamin und Riboflavin, gering ausfiel, hingegen aber eine bemerkenswerte Synthese des Vitamins im Dünndarm stattfand. Die Auswertung des zweiten Versuchs mit den Testdiäten verschiedenen